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Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Adipinsäuredinitril
Es ist aus der deutschen Patentschrift 904650 bekannt, verdampfte Adipinsäure mit
Ammoniak an wasserabspaltenden Katalysatoren bei 250 bis 5500 C in Adipinsäurenitril
überzuführen. In unerwünschter Nebenreaktion entstehen bei der Verdampfung der Adipinsäure
durch Zersetzung Cyclopentanon und Kohlensäure. Cyclopentanon reagiert unter den
erforderlichen Reaktionsbedingungen zu harzartigen Verbindungen, die einerseits
im Verdampfer durch Zersetzung einen pechartigen Rückstand ergeben, andererseits
kohlige Ablagerungen am Katalysator verursachen, die dessen Wirksamkeit beeinträchtigen.
Häufige Reinigung des Verdampfers, kurze Lebensdauer des Katalysators und erhebliche
Ausbeuteminderung sind die Nachteile dieser Arbeitsweise.
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Für eine schonende Verdampfung der Adipinsäure verwendet man bei
aus den deutschen Patentschriften 1043 334 und 1081444 bekannten Verfahren hochtourige
Kreiselverdampfer oder Dünnschichtverdampfer. Die Verdampfertemperatur beträgt in
beiden Fällen 320 bis 3400 C und die Adipinsäuredämpfe werden mit Hilfe von Ammoniak
in die Reaktionszone geführt.
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Diese Verfahren haben den Nachteil, daß die geschmolzene verdampfende
Adipinsäure bei hoher Temperatur intensiv mit der Metallwand des Verdampfers in
Berührung kommt, wodurch die Decarboxylierung und Cyclopentanonbildung begünstigt
werden. Alle Apparate, Pumpen und Leitungen, die mit der geschmolzenen Adipinsäure
in Berührung kommen, müssen aus korrosionsfestem Material bestehen. Die üblicherweise
verwendeten Edelstähle sind nicht ganz korrosionsfest, während Aluminium, das an
sich beständig ist, ungenügende Wärmefestigkeit besitzt. Hinzu kommen noch Schwierigkeiten
technischer Art, die sich durch die Verwendung vergleichsweise schnell rotierender
Teile bei hoher Temperatur ergeben.
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Nach einem weiteren aus der französischen Patentschrift 1240 541
bekannten Verfahren verdampft man die Adipinsäure in einem heißen Ammoniakstrom
in einer Kammer. Die Adipinsäure wird als trockenes Pulver mit Hilfe eines Ammoniakstromes
in die Verdampfungskammer eingebracht. Voraussetzung bei dieser Arbeitsweise ist
die Verwendung gut getrockneter Ausgangsstoffe, da sonst beim Dosieren und Fördern
der Adipinsäure durch Ammoniumsalzbildung Störungen eintreten. Die völlige Trocknung
der Ausgangsmaterialien erfordert aber einen erheblichen technischen Aufwand. Außerdem
werden bei diesem Verfahren die obenerwähnten Nachteile nicht ganz vermieden, weil
die Adipinsäure noch vor Erreichen der Katalysatorschicht verdampft und auf Reaktionstemperatur
gebracht wird, wobei teilweise Zersetzung eintreten kann.
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Das erfindungsgemäße kontinuierliche Verfahren zur Herstellung von
Adipinsäuredinitril aus gegebenenfalls geringe Mengen Wasser enthaltender Adipinsäure
und Ammoniak an feinteiligen Katalysatoren bei 250 bis 5500 C ist dadurch gekennzeichnet,
daß man die Adipinsäure in fester, rieselfähiger Form pulverförmig in einen Ammoniakstrom
und durch diesen Strom mit einer Temperatur unter 500 C in eine auf die Reaktionstemperatur
erhitzte, durch einen Ammoniakstrom erzeugte Wirbelschicht einbringt.
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Es ist vorteilhaft, das Einbringen der Adipinsäure in den Ammoniakstrom
in Gegenwart einer kleinen Menge eines Inertgases, insbesondere Sticktsoff, vorzunehmen,
wobei der Stickstoff mit durch die Wirbelschicht geführt wird. Das Inertgas wird
vorteilhaft in einer Menge von 0,001 bis 0,02 Volumteilen, insbesondere von 0,003
bis 0,006 Volumteilen je Volumteil Ammoniak angewendet, entsprechend 0,1 bis 2,
vorzugsweise 0,3 bis 0,6 Volumprozent, bezogen auf Ammoniak.
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Die Adipinsäure wird pulverförmig, d. h. mit einer Korngröße bis
zu etwa 0,5 mm, zugeführt. Man kann zwar auch größere Kristalle verwenden, aber
der pneumatische Transport in den Reaktionsraum wird dann zunehmend schwieriger.
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Das Verfahren hat besondere Bedeutung für die Verwendung von Adipinsäure,
wie sie bei der großtechnischen Produktion erhalten wird. Diese tech-
nische
Adipinsäure enthält etwa 0,1 bis 0,2 Gewichtsprozent Wasser. Derartige Adipinsäure
muß bei dem bekannten Verfahren noch einmal gesondert getrocknet werden, während
dies bei vorliegendem Verfahren nicht erforderlich ist. Man kann sogar Adipinsäure
verwenden, die bis etwa 1 Gewichtsprozent Wasser enthält.
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Die Adipinsäure bleibt bei dem Verfahren bis zum Zusammentreffen
mit dem heißen Katalysator in fester Form. Ein Schmelzen wird vor der Berührung
mit dem Katalysator also vermieden. Daher hält man den Ammoniakförderstrom auf einer
Temperatur unterhalb 500 C. Außerdem empfiehlt es sich, den Förderweg unmittelbar
vor der Reaktionskammer, z. B. mit Wasser, zu kühlen, damit ein Schmelzen der Adipinsäure
und damit ein Verkrusten vermieden wird.
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Für die Förderung der Adipinsäure werden etwa 0,2 Gewichtsteile Ammoniak
je Gewichtsteil Adipinsäure benötigt. Die erforderliche Ammoniakmenge hängt in gewissem
Umfang von der Beschaffenheit der Adipinsäure ab. In der Regel verwendet man 0,2
bis 0,5 Nms Ammoniak je kg Adipinsäure.
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Man kann aber auch noch mehr Ammoniak verwenden. Bei Vorliegen feinpulvriger,
extrem trockener Adipinsäure benötigt man weniger Ammoniak als bei Vorliegen grobpulvriger
oder solcher, die einen geringen Wassergehalt aufweist. Die Adipinsäure muß fiieß-
oder rieselfähig sein, d. h. sie darf nicht bereits im Vorratsbehälter zusammenbacken
oder -kleben.
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Das Erwärmen der Wirbelschicht kann durch Zuführung von heißem Ammoniak
erfolgen, vorzugsweise erfolgt schon das Erhitzen mit Hilfe von Heizmänteln von
außen oder Heizelementen, die im Innern der Wirbelschicht angeordnet sind.
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Die Wirbelschicht erzeugt man mit einem -Ammoniakstrom. Vorteilhaft
wird der Katalysator durch Wärmezuführung über Heizmäntel von außen oder durch Heizelemente
in der Wirbelschicht auf die Reaktionstemperatur gebracht. Besonders bewährt hat
sich die Verwendung von Gasbrennern, wie sie in der deutschen Patentschrift 1 003
190 beschrieben sind.
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Die Reaktionsbedingungen entsprechen denen der bekannten Verfahren.
Die Reaktionstemperatur liegt - wie bereits erwähnt - bei 250 bis 5500 C. Bevorzugt
werden Temperaturen von 350 bis 4200 C.
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Das Verfahren wird üblicherweise unter Normaldruck durchgeführt. Man
kann es aber auch unter vermindertem oder schwach erhöhtem Druck, z. B. bei 1,2
ata, durchführen.
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Als wasserabspaltende Katalysatoren verwendet man Kieselgel, Borphosphat
oder phosphorsäurehaltige Katalysatoren, die durch kleine Mengen Alkalioxyd aktiviert
sein können. Besonders bewähren sich Phosphorsäurekatalysatoren auf Kieselgel. Da
der Katalysator während der Umsetzung in wirbelnder Bewegung gehalten wird, wird
eine Korngröße von 0,1 bis 0,4 mm bevorzugt.
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Die Katalysatormenge und der für die Erzeugung der Wirbelschicht
erforderliche Ammoniakstrom wird so bemessen, daß sich für die Adipinsäure bzw.
das Dinitril Verweilzeiten von 4 bis 6 Sekunden, bezogen auf den leeren Katalysatorraum
unter den Reaktionsbedingungen, ergeben.
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Ammoniak wird insgesamt in einer Menge von wenigstens 2Mol je Mol
Adipinsäure angewendet
Im allgemeinen verwendet man 4 bis 20 Mol Ammoniak je Mol
Adipinsäure, obwohl man auch noch höhere Überschüsse anwenden kann. Das Ammoniak
wird dann zweckmäßig im Kreis geführt.
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Falls man beim Eindosieren der Adipinsäure eine kleine Menge Stickstoff
in den Kreislauf bringt, ist es zweckmäßig, durch Abzweigen eines entsprechenden
Teils dafür Sorge zu tragen, daß der Stickstoffgehalt im Kreisgas nicht über 10°/o
ansteigt.
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Das Verfahren wird an Hand einer schematischen Zeichnung in einer
beispielsweisen Ausführungsform näher erläutert. Die rieselfähige pulverförmige
Adipinsäure wird aus einem Vorratsbehälter 1 über eine Dosiervorrichtung 2, z. B.
ein Zellenrad, durch einen bei 3 eingepreßten Stickstoffstrom in die Mischkammer
4 eingebracht, wo sie von einem durch die Leitung5 kommenden Ammoniakstrom aufgenommen
wird, der eine Temperatur unter 500 C besitzt, und durch die Leitung 6, die an der
Eintrittsstelle in den Reaktionsraum mit einer wasserdurchflossenen Kühlvorrichtung
7 versehen ist, in den Reaktionsraum 8 gefördert wird. Es ist vorteilhaft, den Querschnitt
der Leitung von der Dosiereinrichtung zur Mischkammer vergleichsweise klein zuhalten,
um so eine geringe Stickstoffzugabe zu ermöglichen. Im Reaktionsraum wird durch
einen durch die Siebplatte 9 eintretenden Ammoniakstrom der Katalysator 8 in wirbelnder
Bewegung gehalten.
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Die Erhitzung des Katalysators erfolgt mit Hilfe einer Heizschlange
11. Oberhalb der Wirbelschicht 8, deren obere Grenze bei 10 angedeutet ist, befindet
sich ein Gasraum, in dem die mitgerissenen Feststoffteilchen teils infolge der Schwerkraft
wieder absinken teils durch einen Zyklon abgeschieden werden. Die abziehenden Gase
und Dämpfe passieren den Wärmeaustauscherl2, dann die Kühler 13 und 14; aus dem
Wärmeaustauscher und den Kühlern wird das Kondensat, im wesentlichen Adipinsäuredinitril
und Wasser, durch nicht gezeichnete Leitungen entnommen. Die Reaktionsprodukte werden
in üblicher Weise, z. B. durch Abtrennen der organischen Schicht, Extraktion der
wäßrigen Schicht mit einem aromatischen Kohlenwasserstoff und Destillation der organischen
Phasen aufgearbeitet. Die Ammoniakdämpfe werden mit Hilfe der Pumpe 15 über den
Wärmeaustauscher 12 in den Reaktionsraum8 zurückgeführt. Über eine nicht gezeichnete
Abzweigung wird so viel Ammoniak-Stickstoff-Gemisch aus dem Kreisgasstrom entfernt,
daß der Stickstoffgehalt nicht über 10 Volumprozent ansteigt.
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Die Vorteile des Verfahrens sind in der höheren Ausbeute und der
größeren Reinheit des Adipinsäuredinitrils zu sehen. So ist z. B. Cyclopentanon
im rohen Adipinsäuredinitril nur in Spuren und Cyanocyclopentylamin nur in einer
Menge von 0,3 bis maximal 1,0% vorhanden. Die Menge der Nebenprodukte hängt unter
anderem auch vom Durchsatz ab. Bei kleineren Durchsätzen entstehen vergleichsweise
mehr Nebenprodukte als bei größeren. Da das Verfahren eine hohe Belastung des Katalysators,
z. B. 600 g Adipinsäure je Liter Reaktionsraum und Stunde, ermöglicht, werden sehr
hohe Raum-Zeit-Ausbeuten erzielt.
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Beispiel 1 In einem senkrecht stehenden Reaktionsgefäß aus Edelstahl
mit 100 mm Durchmesser und 1200 mm Länge befinden sich 41 eines mit 10 Gewichtsprozent
Phosphorsäure
getränkten Kieselgel-Katalysators. Der Träger des Katalysators wurde durch Sprühtrocknung
in sphärischer Form hergestellt. Er besitzt Korngrößen von 50 bis 300 y. Nach dem
Tränken mit Phosphorsäure wurde der Katalysator 6 Stunden auf 3000 C erhitzt.
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Die elektrisch auf eine Temperatur von 300 bis 4000 C erhitzte Katalysatorschicht
wird durch einen auf 3000 C vorerhitzten Ammoniakstrom von stündlich 1000 Nl in
wirbelnder Bewegung gehalten. In diese Wirbelschicht werden stündlich 1500 g Adipinsäure
zusammen mit wenig Stickstoff mit einem Strom von stündlich 1000 kl Ammoniak und
mit einer Temperatur unter 500 C eingebracht. Die Reaktionsprodukte werden nach
Verlassen des Reaktionsraumes kondensiert. Die organische Schicht wird aus dem Kondensat
abgetrennt, die wäßrige Schicht mit Toluol extrahiert, der Toluolextrakt und die
organische Schicht werden vereinigt und destilliert. Man erhält stündlich 1140 g
rohes Adipinsäuredinitril. Bei dessen Fraktionierung im Siedebereich 153 bis 1560
C bei 10 Torr werden 94°/o der Theorie, bezogen auf eingesetzte Adipinsäure, Adipinsäuredinitril,
das nur 0,64°/o Cyanocyclopentanamin enthält, erhalten.
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Beispiel 2 In ähnlicher Weise wie im Beispiel 1 werden unter Verwendung
von 5 1 eines Borphosphatkatalysators, der neben Borsäure und Phosphorsäure 5 Gewichtsprozent
Flockengraphit enthält und eine Korngröße von 200 bis 400 p besitzt, bei 4000 C
innerhalb von 6 Stunden 6000 g Adipinsäure umgesetzt. Die Adipinsäure wird zusammen
mit Ammoniak und wenig Stickstoff mit gleicher Geschwindigkeit und Temperatur wie
im Beispiel 1 in die Wirbelschicht eingebracht.
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Bei der üblichen Aufarbeitung des Reaktionsproduktes werden 4555
g rohes Adipinsäuredinitril erhalten, woraus durch Fraktionieren 4240 g (92,80/(
der Theorie) reines Adipinsäuredinitril (Kplo = 153 bis 1560 C) mit einem Gehalt
von 0,8 °/o Cyanocyclopentenamin erhalten.
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Beispiel 3 In einem Reaktionsraum von 400 mm Durchmesser und 3400
mm Länge befinden sich 300 1 des im Beispiel 1 verwendeten Katalysators. Mit einem
Ammoniakstrom von 25 Nms je Stunde werden stündlich 70 kg Adipinsäure in den durch
einen Gasbrenner auf 390 bis 4000 C erhitzten Katalysator eingebracht. Zusammen
mit der Adipinsäure werden je Stunde 350 bis 400 Nl Stickstoff in das Ammoniakfördergas
eingeschleust. Durch den Verteilerboden gelangen je Stunde weitere 50 Nms Ammoniak,
die im Wärmeaustauscher mit dem Reaktionsprodukt auf 250 bis 3000 C aufgeheizt wurden,
in den Reaktionsraum. Aus dem Reaktionsgemisch werden in
einem Wärmetauscher und
in den Kühlern die Reaktionsprodukte auskondensiert und das überschüssige Ammoniak
durch ein Gebläse dem Reaktionsraum wieder zugeführt. Durch das Abziehen von stündlich
3 bis 4 Nm8 Ammoniak-Stickstofl-Gemisch wird der Stickstoffgehalt im Kreisgas vor
Eintritt in den Reaktionsraum unter 5e/o gehalten. Durch Aufarbeiten des Kondensats
wie oben werden durchschnittlich 95 bis 96 0/o der Theorie wasser- und ammoniakfreies
Adipinsäuredinitril mit einem Cyanocyclopentenamingehalt zwischen 0,4 und 0,70/0
erhalten.
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Beispiel 4 In einem Wirbelofen von 80 mm Durchmesser und 1000 mm
Länge befinden sich 3 1 eines Katalysators, der iOO/o Phosphorsäure und 30/0 K2O
auf einem Kieselgelträger enthält. In den auf 380 bis 4000 C erhitzten Katalysator
werden stündlich 1800 g durch wenig Stickstoff geschützte Adipinsäure zusammen mit
800 Nl Ammoniak von Raumtemperatur eingeblasen. 600 Nl Ammoniak je Stunde werden
in einem Gasvorheizer auf etwa 3000 C erhitzt und durch einen Verteilerboden in
die Wirbelschicht geleitet. Durch Kondensation der Reaktionsprodukte werden stündlich
1360 g rohes Adipinsäuredinitril erhalten, die bei fraktionierter Vakuumdestillation
1252 g Adipinsäuredinitril (940/0 der Theorie) mit einem Cyanocyclopentenamingehalt
von 0,24 0/o ergeben. ähnliche Ergebnisse werden mit Katalysatoren erhalten, die
kleine Mengen Lithiumoxyd oder Natriumoxyd an Stelle von Kaliumoxyd enthalten.