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Stahlbetonfachwerkträger Die Erfindung bezieht sich auf einen Stahlbetonfachwerkträger
mit biegungssteifem Ober- und Untergurt.
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Weitgespannte Träger aus Stahlbeton werden im Brücken- und Hallenbau
in der Regel als vollwandige Plattenbalken- oder als Hohlkastenkonstruktionen ausgeführt.
Je weiter diese Konstruktionen gespannt sind, desto mehr werden sie durch ihr Eigengewicht
belastet. Bestrebungen zur Erreichung größerer Spannweiten müssen also hauptsächlich
von der Vermeidung toten Gewichts ausgehen.
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In derartigen Konstruktionen haben die Wände vorwiegend die Aufgabe,
die Schubkräfte des Trägers aufzunehmen, während die Biegedruck- und Zugkräfte von
den Gurten aufgenommen werden. Diese sind bei zweckmäßig gestalteten Konstruktionen
sowohl auf Druck als auch auf Zug vollständig ausgenutzt. In der Ausnutzung der
zulässigen Spannungen der Wände bestehen dagegen Schwierigkeiten, da die Wände schon
auf Grund ihrer konstruktiven Durchbildung auf Schub lange nicht in dem Maße ausgenutzt
werden können, wie z. B. die Gurte auf Druck.
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Aus diesem Grunde ist man auch schon dazu übergegangen, die Trägerstege
von weitgespannten Trägern in Fachwerke aufzulösen, wobei der Einfachheit halber
die im Stahlbau üblichen Streben- oder Ständerfachwerke in Stahl- oder Spannbeton
nachgeahmt wurden. Dabei werden zwar Vorteile hinsichtlich der spannungsmäßigen
Ausnutzung des Werkstoffes Stahlbeton erzielt, es treten aber Nachteile in verschiedener
Hinsicht auf. Insbesondere werden bei den gerade bei hohen Trägern sehr grobmaschigen
Fachwerken vor allem die die Fahrbahn tragenden Gurte, in den meisten Fällen also
die Obergurte, zwischen den Fachwerkknotenpunkten zusätzlich stark auf Biegung beansprucht.
Weiterhin entstehen an den Knotenpunkten erhebliche Nebenspannungen, die bei einem
Stahlfachwerk in der Regel vernachlässigt werden können, bei einem Stahlbeton- oder
Spannbetonfachwerk aber die dafür zulässigen Werte oft in erheblichen Maß überschreiten.
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Weiterhin ergeben sich gerade bei der Herstellung solcher Fachwerkträger
aus Stahlbeton oft große Schwierigkeiten beim Entwurf und bei der Aufstellung der
Schalung, und zwar nicht nur bei den Gurten, sondern vor allem auch bei den schrägen
Streben, die in der Regel mit doppelter Schalung hergestellt werden müssen. Weitere
Schwierigkeiten bietet die Anwendung des Freivorbaues, der sich seiner Vorteile
halber gerade in der letzten Zeit sehr stark durchgesetzt hat. Im übrigen bestehen
ziemlich fest verwurzelte, vor allem auf ästhetische Bedenken gestützte Vorurteile
gegen Fachwerke aus Stahlbeton, die einfach nicht als materialgerecht empfunden
werden, so daß sich die gewichtsmäßig an sich günstigen Fachwerkträger aus Stahlbeton
in der Praxis nicht recht durchsetzen konnten.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Nachteile der bekannten
Konstruktionen zu beheben. Sie erreicht dies durch einen Stahlbetonfachwerkträger,
dessen Fachwerk aus zwei Scharen von sich über ihre Länge jeweils mehrfach, vornehmlich
rechtwinklig, kreuzenden, untereinander parallelen Stäben besteht, die in den biegungssteifen
Gurten endigen und von denen die in der Zugrichtung verlaufenden Stäbe vorgespannt
sind.
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Die Stabscharen sind zweckmäßig unter 45' gegen die Vertikale geneigt.
Weiterhin können in der Ebene der Stabscharen sich in gleichmäßigen Abständen über
die Trägerlänge erstreckende Vertikalstäbe angeordnet sein.
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Schließlich werden noch besondere Vorteile durch die Herstellung des
erfindungsgemäßen Stahlbetonfachwerkträgers im Wege des abschnittsweisen freien
Vorbaues erreicht.
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Aus den Anfängen des Stahlbeton- bzw. Eisenbetonbaues ist zwar ein
Träger bekannt, bei dem ein fachwerkartiges Eisengerippe einbetoniert,
d. h. ganz von Beton umhüllt ist und bei dem lediglich zur Gewichtsersparnis
Aussparungen im Beton vorgesehen sind. Dieser Träger ist ausschließlich auf das
seinerzeit erst teilweise erforschte Verbundproblem abgestellt; er geht somit von
grundsätzlich anderen Voraussetzungen als der Erfindungsgegenstand aus, mit dem
er weder statisch noch konstruktiv vergleichbar ist.
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Der besondere Vorteil des erfindungsgemäßen Stahlbetonträgers liegt
darin, daß bei einem Minimum an totem Betongewicht ein Optimum an Wirtschaftlichkeit
und ein ansprechendes Aussehen erreicht
werden können. Durch die
Vielzahl von dicht nebeneinanderliegenden Fachwerkstäben werden sowohl die Knotenspannungen
als auch die Beanspruchungen der Gurte zwischen den Knoten klein gehalten, so daß
die daraus resultierenden Spannungen beherrschbar bleiben. Ebenfalls durch die Vielzahl
von schrägen Fachwerkstreben wird eine gute Aufnahme der Schubspannungen erreicht,
die fast der bei einem vollwandigen Träger gleicht. In diesem Zusammenhang
wirkt sich vor allem auch die Anwendung der Vorspannung vorteilhaft aus, da es nämlich
dann möglich wird, die Spannungen in den Zugstreben zu überbrücken und so ein in
jeder Hinsicht stetiges Tragverhalten zu gewährleisten.
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Zu erwähnen ist noch das ansprechende Bild, das ein nach der Erfindung
ausgebildeter Brückenträger im Vergleich mit einem herkömmlichen Fachwerkträger
oder auch einem Vollwandträger bietet. Bei letzterem wird als nachteilig empfunden,
daß die Sichtflächen nur unter Aufwendung besonderer Sorgfalt sauber ausgeführt
werden können und große ungegliederte Flächen von vornherein unharmonisch wirken.
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Weitere Merkmale der Erfindung und Einzelheiten der durch dieselbe
erzielten Vorteile ergeben sich aus der nachstehenden Beschreibung der in der Zeichnung
dargestellten Ausführungsbeispiele des neuen Stahlbetonfachwerkträgers. Es zeigt
F i g. 1 einen Träger mit parallelen Gurten in Ansicht, F i g. 2 einen
Querschnitt durch den Träger nach Fig. 1,
F i g. 3 in Ansicht die Anwendung
der Erfindung auf eine Brückenkonstruktion mit zwei Kragträgern, die einen horizontalen
Obergurt und einen gekrümmten Untergurt haben, F i g. 4 einen Querschnitt
zu F i g. 3 und die F i g. 5 und 6 in schematischer Darstellung
Beispiele für mögliche Anordnungen der Perforierung des Trägers.
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Wie F i g. 1 und 2 erkennen lassen, besteht der erfindungsgemäße
Fachwerkträger aus den beiden in der Trägerebene liegenden biegesteifen Gurten
1
und 2, zwischen denen zwei Scharen von sich jeweils mehrfach kreuzenden,
untereinander parallelen Stäben 4 und 5 angeordnet sind. Diese Stäbe bilden
regelmäßig gestaltete Durchbrechungen 3, die den Eindruck einer Perforierung
vermitteln. Diese Perforierung wird zweckmäßigerweise so angeordnet, daß benachbarte
Diagonalenschnittpunkte eine Entfernung von 1,5 bis 3 m haben, während
die Abmessungen der Stäbe im Querschnitt in der Größenordnung von 40 - 40
cm liegen.
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Die im linken Teil der F i g. 1 mit 5 bezeichneten Zugstäbe
erhalten in an sich bekannter Weise eine Vorspannung, und zwar zweckmäßig mit Hilfe
von hochwertigen Stahlstäben, die in längsbeweglichen Hüllrohren geführt und gegen
den erhärteten Beton angespannt werden.
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Beim dargestellten Ausführungsbeispiel verlaufen die Stabscharen 4
und 5 unter einem Winkel von 450 gegen die Vertikale geneigt. Dadurch erhalten
die Durchbrechungen 3 eine quadratische Form mit lotrecht- und waagerecht
gerichteten Diagonalen. Die Querschnittsskippe in F i g. 2 läßt erkennen,
daß der erfindungsgemäße Stahlbetonfachwerkträger eine üb-
liche Querschnittsgestaltung,
z. B. in Form eines zweistegigen Plattenbalkens, erhalten kann. Längs eines geraden
Gurtes schneiden sich die Achsen des Gurtes und der zusammenlaufenden, entgegengesetzt
geneigten Stäbe jeweils in einem Punkt. Längs eines gekrümmten Gurtes ist das nicht
möglich; es entstehen dann Exzentrizitäten zwischen dem Schnittpunkt der Achsen
entgegengesetzt geneigter Stäbe und der des Gurtes, die zu einer Biegebeanspruchung
des Gurtes führen. Der Gurt muß dann auf diese Beanspruchung dimensioniert werden.
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Ein Träger mit solch einem gekrümmten Gurt, z. B. ein Brückenträger,
ist in F i g. 3 dargestellt. Dort verläuft der Obergurt 7 horizontal,
während der Untergurt 8 bogenförmig gekrümmt ist. Die sich kreuzenden Stabscharen
sind hier mit 9 und 10 bezeichnet, wobei wiederum im linken Teil der
Darstellung mit 9 die Druckstreben und mit 10 die vorgespannten Zugstreben
bezeichnet sind. Am gegenüberliegenden Widerlager wechseln die Bezeichnungen mit
dem Vorzeichen der Kräfte. Im Bereich des Untergurtes 8 fallen die Schnittpunkte
11 der Stäbe 9
und 10 nicht mit der Achse des Untergurtes zusammen.
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Auch im Falle der F i g. 3 wirkt das Ornament der Perforierung
in seiner vorteilhaften Weise als Maßstab für die Fläche und als Gliederung, die
die Herstellung der Sichtflächen sehr erleichtert. Bei sehr hohen Trägern ist es
zweckmäßig, in regelmäßigen Abständen von etwa des dreifachen Horizontalabstandes
zweier Knotenpunkte Vertikalstäbe einzugliedern, welche die Aufgabe haben, Einzellasten
in die perforierten Wände einzuführen. Diese Vertikalstäbe sind in der F i
g. 3 mit 12 bezeichnet. Um wiederum nur ein Beispiel anzuführen, ist in der
F i g. 4 ein Querschnitt des Brückentragwerkes nach F i g. 3
wiedergegeben,
der eine Ausbildung als geschlossener Hohlkasten zeigt. Die Ausbildung der Trägerstege
nach der Erfindung ist also unabhängig von der jeweiligen Querschnittsausbildung.
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F i g. 5 und 6 zeigen mögliche Varianten für die Formgebung
der Durchbrechungen; dabei entspricht die Darstellung der F i g. 6 den auch
in F i g. 1 angedeuteten Durchbrechungen von im wesentlichen quadratischer
Form mit ausgerundeten Ecken. Die Ausrundung der Ecken kann unter Umständen so weit
fortgesetzt werden, daß kreisförmige Durchbrechungen entstehen (F i g.
5).
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Die Regelmäßigkeit des durch die Perforierung angedeuteten Musters
ist eine Grundlage für die Ausführung der Trägerstege nach dem an sich bekannten
Verfahren des abschnittsweisen freien Vorbaues. In diesem Falle wird die Perforierung
so angeordnet, daß die Länge eines Vorbauabschnittes von etwa 3 m entweder
gleich oder doppelt so groß ist wie der Horizontalabstand zweier Knotenpunkte. Die
Arbeitsfuge wird hierbei in die Mitte eines Knotens 6
verlegt. An dieser Stelle
wird jeweils die Hälfte der Spannglieder eines Zugstabes gestoßen und angespannt,
während die andere Hälfte bis zum nächsten Knoten weitergeführt wird. Die Vorspannkraft
braucht an dieser Stelle nur provisorisch verankert zu werden, da im übernächsten
Abschnitt durch das Vorspannen die zurückliegende Verankerung entlastet wird.
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Ganz allgemein führt die erfindungsgemäße Perforierung dazu, daß die
Spannweite gegenüber massiven Balkenträgern wesentlich vergrößert werden kann, wobei
eine neue, ästhetisch befriedigende Bauform entsteht.