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Zugfeste und biegungsfeste Verbindung von Stahlbeton-Fertigteilen
Das Wesentliche der Stahlbetonbauweise besteht darin, daß innerhalb eines Verbundbaukörpers
die Zugkräfte durch Bewehrungen und die Druckkräfte durch Beton oder einen betonähnlichen
Baustoff aufgenommen werden. Diese Bauweise bringt es mit sich, daß Bauwerke in
Stahlbeton nicht in einem Guß, sondern absatzweise, z. B. beim Skelettbau stockwerkweise,
hergestellt werden. Bei den Baugliedern, bei denen die Bewehrung über einen bestimmten
Bauabschnitt weitergeführt werden muß, ist es durchaus bekannt, Bewehrungen mit
einer Länge, die sich rechnerisch ermitteln läßt, aus dem fertiggestellten Beton
heraustreten zu lassen, derart, daß sich im nächsten Bauabschnitt an dieser Stelle
die Bewehrungen überlappen.
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Etwas anders liegen die Verhältnisse jedoch, wenn Konstruktionen aus
Betonfertigteilen erstellt werden sollen. Bei der Anwendung derartiger Fertigbetonteile
war es bisher nicht möglich und auch nicht üblich, die angelieferten Fertigteile
an ihren Stoßstellen ohne Zuhilfenahme besonderer Stahlkonstruktionsteile oder ähnliche
Maßnahmen biegungsfest zu verbinden. Infolgedessen war die Verwendung von Fertigbauteilen
begrenzt und insofern auch unwirtschaftlich, weil derartige Bauteile in den meisten
Fällen als Träger auf zwei Stiftzen berechnet werden mußten. Die Anwendung derartiger
Betonfertigteile entsprach daher durchaus nicht dem Prinzip der Stahlbetonbauweise,
bei der es darauf ankommt, durch biegungsfeste Verbindungen die Größe der Feldmomente
zu verringern.
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Durch die Erfindung wird es ermöglicht, Betonfertigteile an ihren
Stoßstellen biegungsfest zu verbinden. Erfindungsgemäß wird so verfahren, daß Fertigbetonteile
an den Enden, die zu einer Stoßstelle führen, herausragende, schlaufenförmig geführte
Bewehrungsstäbe erhalten, die an beiden Enden und im Fertigbetonteil verankert und
damit
in sich geschlossen sind. Als Bewehrung können die üblichen
Betonstähle, Drähte, verdrillte Drähte usw. benutzt werden. Die Betonfertigteile
Nverden an der Montagestelle so zusammengesetzt, daß die erwähnten schlaufenförmig,
außerhalb des Betons gefiilirten @lewehrungen ineinander- oder übereinander-reifen.
Der Raum zwischen den Fertigteilen wird dann mit Beton oder Mörtel ausgefüllt. Durch
eine derartige Anordnung werden die Zugkräfte der Bewehrungen infolge der durch
die Schlaufenforin entstehenden Krümmung allmählich als Druckspannungen auf den
von den Bewehrungen eingeschnürten Betonkern übertragen und von dieseln wiederum
als Zugkräfte auf die Bewehrung der anstoßenden B Betonfertigteile übertragen. Es
ist ohne weiteres verständlich, daß eine derartige Verbindung zur Aufnahme von Zugkräften.
Druckkräften und Biegungsmomenten befähigt ist. Es ist ferner möglich, die Bewehrungen
teilweise diagonal zu führen, so daß auch schräge Zugspannungat ohne weiteres aufgenommen
werden können. Der von dett herausstehenden Schlaufen umschnürte Betonkern innerhalb
einer Stoßstelle kann außer-(lern durch eine zusätzliche Unnschnürungsbewehrung
oder eine Querbewehrung verstärkt werden. Die Anwendung von diagonal geführten Schlaufen
kann ferner noch dadurch ergänzt werden, daß an den Enden der Fertigbetonteile Verzahnungen,
Auf rauhungen oder Einkerbungen vorgesehen werden.
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Hei Verbindungen von Fertigbetonteilen mit vorgespannten Bewehrungen,
insbesondere bei größeren Bauwerken, kann es auch zweckmäßig sein, die herausragenden
Bewehrungsschlaufen vorzuspannen oder durch die Verwendung eines Treibzementes eine
Vorspamiung zu erzielen.
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Die Erfindung kann praktisch bei fast allen bekannten Konstruktionen
angewendet werden, z. 11. für Rahmen, Fachwerk. Bögen, Balken und Decken. Der Vorteil
der Erfindung gellt am einfachsten aus der Tatsache hervor. daß beispielsweise durchgehende
Balkenlagen, die früher bei Verwendung von Betonfertigteilen als Träger auf zwei
Stützen berechnet werden mußten, nunmehr als .durchlaufende Träger berechnet werden
können. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß auf diese und ähnliche Weise sehr
wirtschaftliche Konstruktionen aus Fertigbetonteilen 'hergestellt werden können.
Auch können längere biegungssteife Bauteile aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt
werden.
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Das Wesen der Erfindung ist an verschiedenen Ausführungsbeispielen
erläutert.
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Abb. i bis 3 zeigen drei Ausführungsformen von B e-,% -ehrungsschlaufen
außerhalb der Betonfertigteile; Abb. .I bis 7 zeigen an dem Beispiel von Balken-und
Deckenstoßstellen die fertigbetonierten Verbindungsstellen; _111b. 8 bis io zeigen
Maßnahmen zur Aufnahme von Scher- und Schubkräften; Abb. ii und 13 zeigen
die Anwendung der Erfindung bei einem Stahlbetonrahmen mit Anschlußstellen für Pfetten
und Randträger; Abb. 1:I erläutert die Erfindung an dem Beispiel eines Fachwerkträgers.
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Die :'11t11. i zeigt eineu f talken i tnit tintenliegender Zugbewehrung,
die als Schlaufe 2 aus dem Träger herausgezogen und mit ihren Enden 3 in der Druckzone
des Balkens endet. Die Abb. 2 zeigt einen Balken i mit tintenliegender Zugbewehrung.
Es ist eine besondere Bewelirting zugelegt, die außerhalb des Balkens eine Schlaufe
.I bildet, im oberen Teil des Balkens finit (lein Ende 5 in der Druckzone verankert
ist und am anderen Ende mittels einer diagonal geführten Bewehrung 6 ebenfalls in
der Druckzone endet.
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Die Abb. 3 zeigt einen Balken i finit oben- und unterliegender Bewehrung,
die außerhalb des Balkens eine zweifach gescliltiligene Schlaufe 8 ergibt. Diese
Ausführungsform dürfte hesorders für die Fälle geeignet sein, wo infolge des Herstellers
einer biegungsfesten Stoßstelle in der oberen Kante des Balkens Zugkräfte auftreten
können, wobei natürlich auch eine Schlaufe angeordnet werden kann. Diese Ausfiihrurgsforin
ist auch für Zugbänder geeignet.
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Es ist ohne weiteres ersichtlich, (laß diese Ausführungsbeispiele
auch für 1)ecketiteile gelten, die biegungsfest verbunden werden sollen.
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Die Abb. d zeigt edle fertiggestellte Verbindutigsstelle, etwa entsprechend
c1er Abb.3. Innerhalb der Schlaufen ist der Betonkern 9 eingebracht worden, der
von den ",clllaufeti S umschnürt ist. Die '1b11. 5 zeigt eine Aufsicht ztt Abb.
I und erläutert, wie die Doppelschlaufen 8 ineinandergreifen. Die Ausführungsform
gemäß Abb. 6 unterscheidet sich von der in _1b11. 4 dadurch, daß eine -zusätzliche
Ouerbewehrung io vorgesehen wurde, die den Widerstand (1es Betonkerns 9 gegen die
ausgelösten Druckkräfte verst;irkt. Bei der Ausffihrtingsform nach Abb. 7 ist noch
eine Umschnürung im Innern des Betonkerns zur Verstiii-1<ttilg desselben vorgesehen.
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Die :111b.8 zeigt ein Ausführungsbeispiel, bei (lern die Enden der
Betonfertigteile zur Aufnahme von Scher- oder Schul>kr:iftcn eine Verzahnung i i
erhalten hallen. Bei der Ausführungsform nach Abb. 9 wurde die Verzahnung i i durch
eine Auskerbung 13 entsprechend der Form der Umschnürung 8 vorgesehen. Abh.
io zeigt die Anwendung von teil-,veise diagonal gefiihrten Schlaufen 12 zur Aufnahme
von Scher- oder Schubkräften bzw. zur Aufnahme der schrägen Zugspannungen.
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In der Abb. ii wird ein Rahmenbinder 14 gezeigt, der biegungsfeste
Verbindungsstellen a, b, c
aufweist. Aus diesem Beispiel ergibt sich, daß
ein derartiger Rahmenbinder nunnielir aus 6 einzelnen Betonfertigteilen hergestellt
werden kann, deren A)messungen noch so gering sind, daß sie ohne weiteres transportiert
werden 1« innen. Die Montage eines derartigen Binders ist einfach, weil die Einzelteile
der Binder und Pfetten bei leichter Abstützung verlegt werden können, worauf das
Ausgießen der Stoßstellen erfolgen kann.
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Es ist dabei auch sehr wesentlich, daß derartige Arbeiten von ungelernten
Arbeitern hergestellt
werden können, wenn ein Schema für die Ausleguiig
der l,' ertigliatiteile angegeben ist. Stahlbetonbauwerke müssen dagegen immer noch
mit einem beträchtlichen Aufwand an Fachkräften hergestellt werden, weil die Herstellung
der Verschalung und die Verlegung der Bewehrungen nur an Hand voll technischen Zeichnungen
einwandfrei durchgeführt werden kann.
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Die Abb. 12 zeigt eine Aufsicht auf den Knotenpunkt a und erläutert,
wie die herausragenden Bewehrungsschlaufen sowohl von den Binderteilen 14 und den
Pfetten 15 ineinandergreifen. Die Abb.13 zeigt nochmals eine Aufsicht auf die Knotenpunkte
a, h und c.
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Die Abb. 1 4 zeigt als letztes Anwendungsbeispiel einen Fachwerk-träger,
bestehend aus den oberen waagerechten Fachwerkstä'ben 17 und den unteren Stuben
IR, den Ständern 19 und den Druckdiagonalen 20. Eine Auflagerung 16 ist links angedeutet.
Die Fachwerkstäbe sind durch Knotenpunkte d und e verbunden. Eine
Zugverbindung von den Knotenpunkten zu den Diagonalen 20 ist nicht erforderlich.
weil diese nur auf Druck beansprucht werden können.
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Ein besonderer Vorteil der Erfindung- liegt darin, daß zum Vergießen
der Verbindungsstellen oder Knotenpunkte eine andere Zementart als bei den Fertigteilen
verwendet werden kann; denn eine chemische Einwirkung auf den erhärteten Beton der
Fertigteile ist nicht zu befürchten. Es kann infolgedessen sehr vorteilhaft sein,
einen Schmelzzement zu verwenden, der sehr rasch erli:irtet, so daß die biegungsfest
gemachten Konstruktionen sehr schnell belastet werden können. In besonderen Fällen
könnte es auch zweckmäßig sein, einen Treibzement zur Erzielung einer gewissen Vorspannung
zu verwenden. Eine Vors.pannung kann gegebenenfalls auch dadurch erzielt werden,
daß die Enden waagerecht- oder schrägliegender Fertigbetonteile in etwas überhöhter
Lage an ihren Stoßstellen vergossen werden.