-
Verfahren zum Verformen von Körpern aus kristallinen, spröden Werkstoffen
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren, das gestattet, in sehr kurzer Zeit
Stangen, Rohre, Leisten, Bänder oder ähnlich geformte Körper aus kristallinen, spröden
Stoffen in einfacher Weise gezielt zu deformieren.
-
Es wurde gefunden, daß sich Körper aus kristallinen, spröden Werkstoffen,
z. B. Gußeisen oder Silicium, in sehr kurzer Zeit, z. B. in wenigen Sekunden, in
erwärmtem Zustand des zu verformenden Bereiches mit einem anschließenden Abkühlen
dadurch biegen, verdrillen, stauchen, dehnen und anderweitig bleibend verformen
lassen, wenn der Körper im Verformungsbereich teilweise in seinem Querschnitt aufgeschmolzen
wird.
-
Das Verfahren ist anwendbar bei spröden Elementen, wie Germanium,
Silicium, Bor, Antimon, Arsen, Wismut, Uran, bei allen spröden Verbindungen daltonidischer
und nichtdaltonidischer Zusammensetzung, wie Siliciden, Nitriden, Boriden, Germaniden,
Carbiden, Oxyden, keramischen Stoffen, organischen und anorganischen Halogeniden,
Nitraten, festen Salzen allgemein, festen Stoffen, die keine eindeutige chemische
Zusammensetzung besitzen, d. h. festen Konglomeraten und Mehrstoffsystemen, bei
allen spröden Legierungen, vornehmlich bei Legierungen, die die Elemente Silicium,
Kohlenstoff, Germanium, Indium, Aluminium, Arsen, Antimon, Wismut, Gallium, Thallium,
Cer, Stickstoff, Phosphor und Uran enthalten, sowie bei Mineralien, wie z. B. Silikaten.
-
Der im Innern der Schmelzzone verbleibende feste Kern richtet sich
nach dem Querschnitt der zu deformierenden Stelle des Körpers sowie dessen Sprödigkeit.
Bei großen Querschnitten und mittlerer Sprödigkeit läßt man einen festen Kern bzw.
eine äußere feste Zone von etwa 10 bis 901% des ursprünglichen Querschnitts stehen.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß nicht immer der feste Anteil von der Schmelzzone
vollständig umhüllt sein muß. Beispielsweise bei Bändern erzeugt man nur auf einer
Breitseite eine Schmelzzone und läßt auf .der anderen Seite einen dünnen Steg festen
Materials stehen. Bei sehr kleinen Querschnitten und großer Oberflächenspannung
des geschmolzenen Stoffes ist es nicht nötig, übertriebene Anforderungen an die
Abmessungen des festen Kerns zu stellen, da das Verfahren auch dann durchführbar
ist, wenn der gesamte Querschnitt aufgeschmolzen ist. So können 3 bis 6 mm dicke
Siliciumstäbchen sehr rasch und ohne Abtropfen der Schmelzzone gebogen werden. Will
man diese Arbeitsweise auch bei größeren Querschnitten anwenden, so ist es vorteilhaft,
die Schmelzzone vor dem Abtropfen durch bekannte Vorrichtungen zu schützen. Dazu
eignen sich elektromagnetische Stützfelder, betrieben mit Frequenzen von etwa 50
Hz bis etwa 100 Hz. Aber auch Halter, die unmittelbar die Schmelze berühren und
diese in ihrer Stabilität bewahren, sind geeignet. Im einfachsten Falle lagert man
das Werkstück beim Biegen so, daß die Schmelze nicht abtropfen kann. Die Stabilität
der Schmelzzone wird erhöht, wenn man in Flüssigkeiten biegt, deren Dichte annähernd
jener der Schmelze entspricht.
-
Die in Celsiusgraden gemessene Temperatur des festen Kerns oder der
.äußeren noch festen Zone liegt etwa 1 bis 20'11/a unterhalb des .Schmelzpunktes.
Ist der Temperaturunterschied größer, so kann das Biegen nicht so rasch durchgeführt
werden. Dies gilt auch für den Fall, daß beim Biegen keine schmelzflüssige Zone,
sondern nur eine erhitzte erzeugt wird.
-
Bei einer Reihe von Stoffen ist es nicht notwendig, eine Schmelzzone
neben einem festen Kern zu erhalten. In diesem Falle ist es jedoch für eine schnelle
Deformation notwendig, das Material bis knapp unterhalb des Schmelzpunktes zu erhitzen.
Dabei rnuß darauf geachtet werden, daß der gesamte Querschnittdes Materials diese
Temperatur vor .dem Biegen erreicht.
-
Das Deformieren kann je nach Stoff in Luft, Schutzgas, Vakuum oder
in einer die Deformation fördernden Flüssigkeit erfolgen. Bei Stoffen, die leicht
verdampfen, ist es meist nötig, bei erhöhtem Druck zu arbeiten.
-
Als umhüllende Gase, die als Schutzgase dienen können, eignen sich
Wasserstoff, Stickstoff, Kohlensäure,
Kohlenoxyd, Wasserdampf, Sauerstoff,
Edelgase sowie geeignet zusammengesetzteGemische der genannten Gase sowie bei der
Erwärmung entstehende Dämpfe. Dieser Fall trifft bei Stoffen zu, die 'bei der Erwärmung
eine oder mehrere Komponenten abgeben, z. B. Antimon, Schwefel, Phosphor.
-
Als Flüssigkeiten eignen sich Öle, Salzschmelzen und oxydische Schmelzen,
wie niedrig schmelzende Gläser.
-
Der Gasdruck in der Biegevorrichtung muß je nach Stoff oft eine bis
mehrere Atmosphären betragen. Arbeitet man bei Unterdruck, so ist je nach Flüchtigkeit
des zu biegenden Stoffes meist der Bereich von 10-1 bis 10-3 Torr ausreichend.
-
Mit dem Biegevorgang kann gleichzeitig :das Eindiffundieren oder Zusetzen
anderer Stoffe erfolgen und so eine Deformationsstelle erzeugt werden, die andere
Eigenschaften als das Ausgangsmaterial besitzt. Das Zusetzen fremder Stoffe bzw.
das Vergüten der Deformationsstelle kann mittels Gasen, Dämpfen oder festen Stoffen
erfolgen. Oxydische Schutzschichten werden vorteilhafterweise mit Sauerstoff, der
Zusatz von Phosphor mit Phosphorwasserstoff oder Phosphorchloriden, der Zusatz von
Stickstoff mit Ammoniak oder Stickstoffgas, der Zusatz von Bor mit Bortrichlorid
oder Borwasserstoff, der Zusatz von Schwefel durch Schwefelwasserstoff, Schwefeldampf
oder schwefelhaltige Gase erreicht. Silizierungen führt man vorteilhafterweise mit
Siliciumwasserstoffen, Siliciumhalogeniden, wie z. B. Siliciumchloroform, Siliciumtetrachlorid
und Homologen, durch.
-
Bei Halbleitern können allgemein Hydride oder Halogenide der genannten
Stoffe bzw. dotierend wirkende Stoffe zum Verändern der Deformationsstelle in p-
oder n -Leiter benutzt werden.
-
Die Erhitzungsszone kann auch durch Zugabe fester Stoffe in ihren
chemischen, elektrischen und mechanischen Eigenschaften verändert werden. Das Aufkohlen
der Deformationsstelle oder Verwandeln in Carbide geschieht vorteilhafterweise mit
Kohlenwasserstoffen, Öldämpfen oderelementarem Kohlenstoff.
-
Die Änderungen der Eigenschaften der Deformationsstelle können auch
durch flüssige, die Erhitzungsstelle berührende Stoffe geschehen. Arbeitet man bei
vermindertem Druck, so können flüchtige Stoffe die Deformationsstelle verlassen.
Dadurch erreicht man eine Reinigung und/oder eine Veränderung der chemischen und
physikalischen Eigenschaften der Deformationsstelle.
-
Der Zusatz von Schutzgas hat nicht nur die Aufgabe, das Material vor
Oxydation oder Zerstörung zu schützen. Es kann bei geeigneter Zusammensetzung reinigend
wirken und aus der Deformationsstelle ausgedampfte, Stoffe abführen.
-
Als Erhitzungsquelle eignet sich für metallartige Stoffe und Metalle
vorteilhaft die induktive Erwärmung mittels elektrischer Hoch- oder Mittelfrequenz,
vornehmlich das Gebiet von 1 kH aufwärts. Für Silicium, Germanium und Bor ist das
Frequenzgebiet von 10 bis etwa 100 kH vorteilhaft anzuwenden. Es wurde gefunden,
daß bei höherer Frequenz die Schmelzzone genauer in ihren Ausmaßen, insbesondere
in ihrer Tiefe, eingestellt werden kann als bei tieferer.
-
Bei nichtmetallischen Stoffen kann ebenfalls mit elektrischer Hochfrequenz
erhitzt werden, wenn die Energie dem Werkstück kapazitiv zugeführt wird. In diesem
Falle arbeitet man vorteilhafterweise im Gebiet von einem bis mehreren tausend Megahertz.
-
Welche Art der Erwärmung benutzt wird, hängt vornehmlich von der Art
des Stoffes ab, insbesondere davon, welchen Temperaturgang seine elektrischen Eigenschaften
besitzen. So gibt es Stoffe, die bei Zimmertemperatur sich nicht induktiv erwärmen
lassen, jedoch -bei erhöhter Temperatur dies tun. In diesen Fällen wird der zu deformierende
Körper an der vorgesehenen .Stelle mit anderen bekanntn Mitteln bis zur Aufnahme
der induktiven Leistung erhitzt.
-
Es eignen sich ferner heiße, scharf gebündelte Gasstrahlen, so z.
B. hocherhitzte Edelgase, Wasserstoff, Stickstoff sowie Gasstrahlen aus atomaren
Gasen, wie z. B. atomarer Wasserstoff. Aber auch gewöhnliche, ausreichend heiße
Flammen sind geeignet, wenn das Material durch die Gase der Flamme nicht verunreinigt
oder verändert wird. Während der Erhitzung ist es günstig, das Werkstück zu bewegen,
um die Oberfläche gleichmäßig zu erwärmen.
-
Bei Stäben, Rohren, Bändern und ähnlichen Körpern läßt man das Werkstück
beispielsweise um die Längsachse rotieren und benutzt eine ringbrennerförmige Erhitzungsvorrichtung.
-
Das gilt auch für den Fall der Erhitzung mittels einer elektrischen
Entladung, z. B. mittels eines Lichtbogens oder Glimmlichtbogens.
-
Für eine Reihe von Stoffen eignet sich ferner die Erhitzung mittels
Elektronenbombardement, Lichtenergie in scharf gebündelter Form oder gewöhnlicher
Strahlungswärme.
-
Die Erhitzung mittels Strahlungswärme ist einfach durchzuführen und
eignet sich für alle genannten Stoffe. In allen Fällen kann die Erwärmung von einer
oder mehreren Richtungen aus auf das bewegte oder ruhende Werkstück einwirken.
-
Ein Weg, die Deformationsstelle ausreichend hoch zu erhitzen, ist
die Erwärmung mittels direktem Stromdurchgang von Gleich- .oder Wechselstrom. Wird
die Deformationsstelle ausreichend isoliert oder zusätzlich mit den bekannten Erhitzungsquellen
erhitzt oder wärmeisoliert bzw. ihr Querschnitt kleiner als die anliegenden Querschnitte
gewählt, so erhitzt sich die Deformationsstelle ausreichend hoch.
-
Für viele Zwecke ist es möglich, einfach durch Abschalten der Erhitaungsquelle
erstarren und abkühlen zu lassen. Bei besonders spannungsfreiem Material ist es
jedoch vorteilhaft, m einem programmgesteuerten Kühlofen die Abkühlung durchzuführen.
-
Der Erstarrungsvorgang kann so durchgeführt werden, daß :an der Deformationsstelle
das Material nach dem Deformieren in einkristalliner oder polykristalliner Form
vorliegt. Einkristallines Wachstum wird in bekannter Weise dadurch erreicht, daß
man langsam erstarren läßt. Es wird weiterhin durch einen festen Kern oder einen
außenliegenden festen Anteil begünstigt. Arbeitet man mit einem flüssigen Anteil,
so kann der Deformationsvorgang gekoppelt werden mit einem Ansetzen eines neuen
Werkstückes, z. B. Einführen eines Stabes in die erhitzte Zone und nachfolgendes
Erstarrenlassen.
-
So lassen sich aus einfachen Stäben z. B. stimmgabelähnliche Körper
herstellen. Aber auch komplizierter aufgebaute Körper können so geformt werden.
-
Die Erfindung wird an Hand der Zeichnung erläutert. Es zeigt Abb.
1 eine Biegevorrichtung unter Verwendung eines in einem Quarzrohr zugeführten Schutzgases,
Abb.
2 das Quarzrohr, gesehen in Richtung A der Abb. 1, Abb. 3 den Biegevorgang eines
Stabes mittels der Vorrichtung nach Abb. 1 in drei Stufen, Abb. 4 eine Hochfrequenzspule
zum Biegen von Rohren.
-
Die Biegevorrichtung nach Abb. 1 dient zum U förxnigen Biegen eines
runden, 1 m langen und 10 mm dicken Siliciumstabes 1 hoher Reinheit (100 Ohmzentimeter).
Der Siliciumstab 1 liegt in einem Quarzrohr 2 und ruht mit seinem rechten Ende im
Halter 3 aus Molybdän. Durch das Quarzrohr 2 kann Schutzgas, z. B. Argon, nachströmen
und die Deformationsstelle vor Oxydation schützen. Das Quarzrohr 2 besitzt auf der
rechten Seite einen nach unten gekehrten Schlitz 4 (Abb. 2), der etwa 11 bis 11,5
nun breit ist. Mittels eines nicht gekennzeichneten energiereichen Lichtbündels
wird der Siliciumstab an der zu biegenden Stelle vorgewärmt und sobald er elektrische
Hochfrequenzenergie aus der wassergekühlten Hochfrequenzspule 5 ,aufnimmt, allein
weiter auf Schmelztemperatur erhitzt, jedoch in seinem Querschnitt nicht ganz durchgeschmolzen.
Die Schmelzzone ist etwa 10 mm breit, und der nicht geschmolzene Kern liegt in den
meisten Fällen bei 1 bis 4 mm.
-
Ist die Schmelzzone in ihrer Länge und Breite eingestellt, so läßt
man den Halter 3 in der kreisförmigen Nut mit dem Radius r1 mit etwa 1 bis 30° pro
Sekunde um 90° wandern, drosselt dann in wenigen Sekunden die Hochfrequenzleitung
und läßt die Schmelzstelle erstarren. Der noch warme Stab wird um die Strecke b
(Abb. 3) bei unveränderter räumlicher Stellung der Hochfrequenzspule nach rechts
geschoben, vorsichtig, wie beschrieben, aufgeschmolzen, auf einer zweiten Kreisbahn
r2 = a2 + bz wieder um 90° .abgewinkelt und erstarren gelassen.
-
Der so hergestellte U-förmig gebogene Siliciumstab besitzt im Bogen
noch ein gerades Stück, das gegebenenfalls vermieden werden kann, wenn das Abwinkeln
des einen Schenkels, im Nachführen des anderen Schenkels in die Hochfrequenzspule
kontinuierlich erfolgt. Diese Arbeitsweise benutzt man auch bei der Herstellung
von Spiralen und Ringen. Die hier geschilderte Manipulation kann in Fällen, wo keine
besonders genauen Endmaße erwünscht sind, .auch mit freier Hand ausgeführt werden.
-
Es ist ferner gelungen, kegelförmige und zylindrische Spiralen aus
Silicium, Germanium und Bor sowie Rohrbögen herzustellen. Zum Erhitzen von Rohren
für das Biegen eignet sich vorteilhaft eine Spulenanordnung, die Abb. 4 zeigt.