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Verfahren zur Herstellung fluorhaltiger organischer Verbindungen
Es ist bereits bekannt, substituierte Perfluoralkyljodide herzustellen, indem man
Perfluorjodmethan in radikalischer Reaktion mit einem substituierten Olefin zur
Umsetzung bringt. Sollen jedoch die entsprechenden substituierten Perfluoralkylchloride
oder -bromide hergestellt werden, so muß das Jod im Perfiuoralkyljodid mittels geeigneter
Umsetzungen durch Chlor oder Brom substituiert werden.
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Weiterhin wird in der USA.-Patentschrift 2568859 die Umsetzung verschiedener
olefmischerverbindungen mit Trichlormethansulfonylchlorid in Gegenwart freie Radikale
bildender Katalysatoren beschrieben. Die auf dem Gebiet der Fluorkohlenstoffchemie
erzielten Ergebnisse unterscheiden sich jedoch im allgemeinen grundsätzlich von
denjenigen der üblichen organischen Chemie. So läßt sich z. B. C C14 direkt an Olefine
anlagern, mit CF4 läßt sich dagegen unter vergleichbaren Bedingungen keine Addition
erreichen. Daher bietet die bekannte Umsetzung zwischen C Cl3 SO2 Cl und Olefinen
keinen Hinweis dafür, daß auch CF3 SO2 Cl mit Olefinen zu reagieren vermag, zumal
andere Perchlorsulfonylchloride als Trichlormethansullonylchlorid die Umsetzung
offenbar überhaupt nicht eingehen.
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Erfindungsgemäß wird nun ein Verfahren zur Herstellung fiuorhaltiger
organischer Verbindungen der allgemeinen Formel
in der Ri ein perfluorierter Kohlenwasserstoffrest, X Chlor oder Brom und n eine
ganze Zahl ist, vorgeschlagen, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß ein Perfluorsulfonylchlorid
oder -bromid mit einer olefinisch-ungesättigten Verbindung, die keine zum Kettenabbruch
führenden Substituenten und mindestens ein Wasserstoffatom am olefinischen Kohlenstoffatom
enthält und deren restliche Bindungen durch Substituenten abgesättigt sind, deren
algebraischeHammett-Sigma-(para)-Parametersumme nicht größer als etwa +0,4 ist,
in Gegenwart eines freie Radikale bildenden Katalysators umgesetzt wird.
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Die bei den Verfahren dieser Erfindung entstehenden organischen Verbindungen
sind, da sie Fluorkohlenstoffreste enthalten, besonders brauchbar wegen ihrer
charakteristischen
oberflächenaktiven Eigenschaften.
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Der Fluorkohlenstoffrest verleiht eine Beständigkeit gegenüber Benetzung
sowohl durch Ö1 als auch durch Wasser. Da die Verbindungen außer dem Fluorkohlenstoffrest
noch viele andere funktionelle Gruppen enthalten können und der Fluorkohlenstoffrest
hinsichtlich Kettenlänge und Verzweigung stark verändert werden kann, können die
Verbindungen vielen Verwendungszwecken, wie Oberflächenbeschreibungen, Herstellung
von Polymerisaten, Wachsen, hydraulischen Flüssigkeiten und Lösungsmitteln, zugeführt
werden.
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Olefinische Verbindungen, die reaktionsfähige Gruppen, z. B. Mercapto-
oder 2,5-Dioxyphenylgruppen, enthalten und zum Kettenabbruch befähigt sind, sind
nicht zur oben beschriebenen Mischpolymerisation befähigt.
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Die behandelte Reaktion wird am besten folgendermaßen ausgedrückt:
wobei Rf ein Perfluoralkylrest, X Chlor oder Brom, n eine ganze
Zahl ist und die verbleibenden Valenzen der olefinischen Kohlenstoffatome an Reste
mit Hammett- Sigma-(para)-Parameterwerten mit einer algebraischen Summe von nicht
mehr als etwa +0,4 gebunden sind. In der obigen Gleichung- wird gezeigt, daß die
Addition des R-Restes an dem Kohlenstoffatom der olefinischen Bindung erfolgt, an
dem das Wasserstoffatom sitzt, d. h. in α-Stellung zu dem Wasserstoff. Es
ist möglich, daß auch zum großen Teil Addition von Rf erfolgt.
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Der Begriff Hammett-Sigma-(para)-Parameterwerte ist ausführlich von
H. H. Jaffe in »Chemical Reviews«, Bd. 53, 1953, S. 191ff., insbesondere auf den
Seiten 219 bis 233, erklärt worden, wo auch -p-Zahlenwerte für eine große Anzahl
von Substituenten angegeben sind.
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Die erfindungsgemäß zugänglichen neuartigen fluorhaltigen Carbonsäuren
unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei der Filmbildung auf der Wasseroberfläche
wesentlich von den bislang bekannten Perfluorcarbonsäuren. Die bekannte Verbindung
CllF23COOH wurde mit der erfindungsgemäß hergestellten Verbindung C8Fl7CH2CHCl(CH2)8COOH
durch Auftragen der molekularen Oberfläche (in Ä2) gegen die angewandte Kraft (in
dyn/cm) verglichen, unter Zugrundelegung von Messungen an monomolekularen Filmen
an der Grenzfläche Wasser-Luft.
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Die bekannte Verbindung zeigte eine Oberfläche von 21 Å2 bei 35 dyn,
40 Å2 bei 10 dyn und 60 Å2 bei 5 dyn, wobei sich ein glatter Kurvenverlauf (etwa
parabelförmig) ergab. Im Gegensatz dazu zeigte die anmeldungsgemäße Verbindung eine
molekulare Oberfläche von 30Å2 bei 43 dyn und 31Å2 bei 13 dyn, also eine praktisch
gradlinige Beziehung mit einem scharfen Knick bei 1 bis 2 dyn bis zu einer molekularen
Oberfläche von 55 Å2 bei 1 dyn. Es ergibt sich somit eine eindeutige Überlegenheit
der erfindungsgemäßen Verbindungen gegenüber den aus der Technik bekannten Perfluorcarbonsäuren
für bestimmte Anwendungsgebiete, wie z. B. die Verminderung der Oberflächenverdampfung
bei größeren Wassermengen, die in Reservoiren od. dgl. vorliegen.
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Die folgenden Beispiele dienen zur Erläuterung des Verfahrens nach
der Erfindung: Beispiel 1 3 g l-Octen (CH2 = CH C6H13) wurden mit 6,2 g Perfluor-4-äthylcyclohexansulfonylchlorid
in einem offenen Reagenzglas gemischt und das Gemisch mit einer Quarz-Quecksilberbogenlampe
15 Stunden lang bestrahlt. Es wurde Schwefeldioxyd entwickelt. Das Reaktionsgemisch
wurde fraktioniert destilliert. Es wurde ein farbloses flüssiges Produkt in 800/0iger
Ausbeute, auf die bei der Umsetzung verbrauchte Menge Fluorkohlenstoffsulfonylchlorid
bezogen, erhalten. Die Verbindung siedete bei 154"C unter einem verminderten Druck
von 25 mm Hg, hatte den Brechungsindex n205 = 1,3731 und zeigte bei der Analyse
die folgenden Werte: Analyse für Cl6Hl6Fl5Cl: Berechnet . . C 36,30/0, F 54,00/0,
Cl 6,72°/o; gefunden ... C 36X5 °/oX F 54,00/0, Cl 6,90/0.
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Die Umsetzung wird deshalb wahrscheinlich durch folgende Gleichung
richtig wiedergegeben:
Die C6Hl3-Alkylgruppe ist der -C4H0-Gruppe sehr ähnlich, die einen Hammett-Sigma-(para)-Parameterwert
von -0,161 hat.
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Beispiel 2 Ein Gemisch von 35 g l0-Hendecensäure (Undecylensäure)
und 98 g Perfluoroctansulfonylchlorid wurde am Rückfluß im Bereich von 130 bis 145°C
erhitzt, während langsam 1,6 g Di-tert.-butylperoxyd während einer Zeit von mehreren
Stunden langsam zugegeben wurden. Schwefeldioxyd wurde entwickelt, und das Gemisch
wurde dunkel. Vakuumdestillation ergab eine weiße feste Substanz, die bei 190 bis
204°C/0,5 mm Hg siedete und nach der Umkristallisation aus Äthyläther bei Temperaturen
unterhalb 0°C bei 82 bis 83"C schmolz. Die Gesamtausbeute betrug 790/0, auf die
Menge des verbrauchten Sulfonylchlorids bezogen.
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Analyse für Cl9HsoFl7ClO2: Berechnet ... C 35,8%, F 50,6%, F C35,8%,
F50,6%, C15,56°/o; gefunden ... C 35,70/0, F 50,70/0, Cl 5,58%.
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Die angegebene Umsetzung ist deshalb:
Eine Infrarotanalyse bestätigte diese Struktur des Produktes. Die H2)8 C O O H-Carboxyalkylgruppe
hat einen Hammett-Sigma-(para)-Parameterwert nahe bei den Werten für - C4H9 (-0,161)
und - CH2CH2COOH (-0,066).
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Beispiel 3 Ein Gemisch von 3,2 g Cyclohexen, 20,8 g n-Perfluoroctansulfonylchlorid
und 0,3 g Di-tert.-butylperoxyd wurde in ein Glasrohr eingeschmolzen und 18 Stunden
auf 145°C erhitzt. Unumgesetzte Substanzen wurden durch Vakuumdestillation entfernt.
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Fraktionierung des Restes ergab ein farbloses flüssiges Produkt, das
bei 166°C/60mm Hg siedete und den Brechungsindex nD = 1,3580 hatte.
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Analyse für C,,H,,F,,C1: Berechnet ... C 31,4%, F 60,2%, Cl6,61%;
gefunden ... C 31,2%, F 60,2%, Cl 6,59%.
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Demgemäß wird die Umsetzung wahrscheinlich wie folgt richtig wiedergegeben:
Die Alkylengruppe, die die beiden olefinischen Kohlenstoffatome
des Cyclohexens verbindet, hat -genau genommen - keinen Sigma-(para)-Wert. Der angegebene
Wert ist -0,477. Die Sigma-(para)-Werte für zwei Äthylgruppen betragen zusammen
-0,301.
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Der erforderliche Wert für das Cyclohexen muß von dieser gleichen
Größenordnung sein.
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Beispiel 4 Ein Gemisch von 7,0 g Allylchlorid, 15,4 g Perfluormethansulfonylchlorid
und 0,5 g Di-tert.-butylperoxyd wurde in einem verschlossenen Glasrohr 20 Stunden
auf 145C erhitzt. Es wurde ein erstes Produkt, das bei 49°C/60 mm Hg siedete und
den Brechungsindex 1,3892 hatte und ein zweites Produkt, das bei 1410 C/60 mm Hg
siedete und den Brechungsindex 1,4378 hatte, und ein nichtflüchtiger Rückstand erhalten.
Die Analyse der ersten beiden Produkte ergab: Erstes Produkt, Analyse für C4H5F3C12:
Berechnet . . . C 26,5%, F 31,5%, Cl 39,2%; gefunden . C 26,80/0, F 30,6%, Cl 40,0%.
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Zweites Produkt, Analyse für C7HloF3Cl3: Berechnet ... C 32,70/,,
F 22,1 0/0, Cl 39,8%; gefunden ... C 33,0%, F 22,4%, Cl40,5%.
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Die Umsetzungen werden wahrscheinlich durch die folgenden Gleichungen
richtig wiedergegeben:
Das erste Produkt ist damit ein Addukt der beiden Reaktionsteilnehmer im Molverhältnis
1:1, während das zweite Produkt ein telomeres Addukt der beiden Reaktionsteilnehmer
im Molverhältnis 1: 2 ist. Das dritte Produkt ist auf der gleichen Grundlage ein
Gemisch von Telomeren von noch größerem Molverhältnis.
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Die Halogenalkylgruppe von Allylchlorid hat einen Sigma-(para)-Wert
von +0,184.
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Weitere Beispiele werden in den folgenden Tabellen angegeben.
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Tabelle I Reaktionsteilnehmer
Beispiel | Reaktionsteilnehmer A | Gewicht | Reaktionsteilnehmer
B I Gewicht | Initiator | Gewicht |
5 CF3SO2C1 5,0 CH2=CHC6H,3 6,6 UVL - |
6 C8F,7SO2Cl 20,8 CH2=CHCH2Cl 3,0 t Bu Per 0,3 |
7 4-C, F,-c-C, F,, S O, C1 9,6 CH2=CHCH2Cl 3,0 Bz Per 0,5 |
8 C8F,7SO2Cl 100,0 CH2=CHCH2OH 11,2 t Bu Per 0,8 |
9 C8F17SO2Cl 20,8 CH2= CHCH2NHCOCF3 6,1 t Bu Per 0,5 |
0 |
10 CF2SO2Cl 13,5 CH2=CHCH2OCCH3 8,0 t Bu Per 0,4 |
11 C8F17SO2C1 18,1 CH3CH=CHCOOH 3,0 t Bu Per 0,3 |
HC=CH |
12 CF3S 02CI 5,0 H2C CH2 32,7 UVL - |
H2C- CH2 |
HC=CH |
13 4-C2F5-c-CBF1oS °2 Cl 3,0 H2 C CH2 1,0 UVL - |
H2C-CH2 |
Der verwendete freie Radikale bildende Katalysator, der in Tabelle I in geeigneter
Abkürzung angegeben ist, ist ultraviolettes Licht, Di-tert.-butylperoxyd bzw.
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Benzoylperoxyd. Jeder übliche Katalysator für derartige Reaktionen
ist verwendbar.
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Die -CH2O H-Oxyalkylgruppe von Beispiel 8 hat einen Sigma-(para)-Wert
von ziemlich der gleichen Größe wie die Chlormethylgruppe von Beispiel 4, nämlich
etwa + 0,184.
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Die - C H2 N H CO C F2-Acylaminoalkylgruppe von
Beispiel 9 kommt auch
der Chlormethylgruppe in ihrem Sigma- (para) -Wert gleich.
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Das Olefin von Beispiel 10 enthält eine Acyloxyalkylgruppe mit einem
Sigma-(para)-Wert, der dem der Chlormethylgruppe gleich kommt.
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Beispiel 11 bedient sich einer Kombination von Methyl- und Carboxylgruppen
an den Kohlenstoffatomen des Olefins; diese Gruppen haben Sigma-(para)-Werte von
-0,170 bzw. + 0,265, die algebraische Summe beträgt + 0,095.
Tabelle
II Produkte
Beispiel zu Formel t Siedepunkt | n2s n C I F | C1 |
5 CF3CH2CHClC8H,3 103/60 1,3935 50,0 26,3 16,4 |
50,5 25,4 16,5 |
6 C8F17CH2CHClCH2Cl 143/60 1,3458 - - 13,4 |
14,5 |
7 C2F5-c-C6F1<>CH2CHClCH2Cl 139/60 1,3698 24,6 57,8 14,4 |
27,4 55,5 14,4 |
8a C,F,, CH,CHCICH,OH 126/20 - 25,75 63,0 6,92 |
25,5 62,6 7,00 |
8b C8F17|CH2CH Cl - - - 5,8 |
CH2OH2 6,2 |
9 C0F,7CH2CHClCH2NHCOCF3 (ungefährer Schmelzpunkt 68"C; °/0
N: |
berechnet 2,31; |
gefunden 2,25) |
10 CF3CH2CHClCH2OCCH3 96/60 1,3844 35,3 27,9 17,3 |
II 34,6 28,0 16,8 |
0 |
11 C8Fl7CH(CH3)CHClCOOH (erkannt durch Infrarot- und Chloranalyse) |
12 CF3CHCHCl |
H2CCH2 83 bis 85/60 1,4121 45,1 30,6 19,0 |
i 45,4 30,3 18,9 |
H2C CH2 45,4 30,3 18,9 |
13 C2 Fs-c-C6Fl0 CH C H C1 139/25 1,3812 33,8 57,2 7,1 |
34,0 56,1 7,4 |
H2C CH2 |
H2C-CH2 |
In Tabelle II sind bei den Prozentzahlen für Kohlenstoff, Fluor und Chlor zuerst
die aus der angegebenen Formel berechneten angeführt. Unter diesem Wert steht der
durch Analyse gefundene Prozentgehalt des Elementes. Der Siedepunkt ist in "C bei
dem angegebenen Druck in Millimeter/Quecksilbersäule angegeben.
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Unter den angegebenen Bedingungen zeigen die olefinischen Reaktionsteilnehmer
in vielen Fällen eine starke Neigung zur Homopolymerisation. Diese Neigung wurde
durch die Auffindung kleiner Mengen telomerer Produkte erkannt, die einen einzigen
Fluorkohlenstoffrest in Verbindung mit bis zu 50 oder mehr olefinischen Resten enthielten.
Die Zugabe des olefinischen Reaktionsteilnehmers in kleinen Anteilen zu dem Reaktionsgemisch
verringert die Bildung telomerer Produkte und steigert die Ausbeute an dem 1: 1-Addukt.
Das Olefin wird zweckmäßig zu dem Perfluoralkansulfonylchlorid unter Rückfluß und
mit einer Geschwindigkeit gegeben, die gerade ausreicht, um die Dampftemperatur
in dem Reaktionsgefäß oberhalb des Siedepunktes des Olefins, aber deutlich unterhalb
des Siedepunktes des entsprechenden Perfluoralkylchlorids zu halten. In allen Fällen
schreitet die Reaktion unter Freiwerden von Schwefeldioxyd und Bildung von erheblichen
Mengenanteilen des 1:1-Adduktes und in den meisten Fällen unter Bildung von telomeren
Addukten einschließlich des 1: 2-Adduktes fort.
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Weitere substituierte Hydroolefine, die ebenfalls mit Perfluoralkansulfonylchloriden
oder -bromiden nach dem Prinzip dieser Erfindung reagieren können, sind: