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Verfahren zur Herstellung von kalthärtenden Organopolysiloxanmassen
Im wesentlichen lineare hydroxylendblockierte Diorganopolysiloxane können nach den
bekannten Verfahren durch die Zugabe eines Vernetzers und eines Vernetzungskatalysators
bei Raumtemperatur zu Elastomeren vernetzt, d. h. vulkanisiert bzw. gehärtet werden;
als Vernetzer werden Kieselsäureester bzw.
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Polykieselsäureester sowie Organokieselsäureester, als Vernetzungskatalysator
bevorzugt Metallsalze, Organometallverbindungen und Amine verwendet (vgl. zum Beispiel
deutsche Auslegeschrift 1 254 und belgisches Patent 550105). Sofort nach der Zugabe
des Vernetzers und des Vernetzungskatalysators beginnt die Kalthärtung des Diorganopolysiloxans.
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Diese an sich erwünschte Tatsache ist insofern praktisch unangenehm,
als die mit Vernetzer und Katalysator versehenen Organopolysiloxanmassen sofort
verarbeitet werden müssen, weil sie nur eine beschränkte Topfzeit aufweisen (die
Topfzeit ist bekanntlich die Zeit, die zwischen dem Einarbeiten des Vernetzers und
des Katalysators und der elastischen Verfestigung verstreicht, so daß nur innerhalb
dieser Topfzeit die Masse plastisch verformbar ist, nach Ablauf der Topfzeit sie
dagegen wertlos wird und bis dahin nicht verarbeitete Reste der Masse als Verluste
gebucht werden müssen). Dieses unerwünschte Verhalten führt dazu, daß kalthärtende
Organopolysiloxanmassen der bisher bekannten Art nur dort eingesetzt werden können,
wo eine genaue Planung der Verarbeitungsbedingungen und der verarbeiteten Mengen
möglich ist. Der Versand und die Lagerung der Komponenten muß zudem in getrennten
Behältern in einer Weise erfolgen, daß eine Härtung der Mischungsanteile vermieden
wird.
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Es sind bereits einige Verfahren zur Verlängerung der Topfzeit von
kalthärtenden Organopolysiloxanmassen vorgeschlagen worden. Das wirkungsvollste
Verfahren besteht in einer Tiefkühlung der mit Vernetzer und Katalysator versehenen
Masse; eine Tiefkühlung ist jedoch in vielen Fällen praktisch nicht durchführbar.
Ein weiteres günstiges Verfahren besteht darin, die kaltvemetzbaren Organopolysiloxane
in Lösung zu bringen und diesen Lösungen außerdem noch sauerstoffhaltige Lösungsmittel,
wie Alkohole, Ketone, Ester, zuzufügen; dieses Verfahren ist jedoch meistens deshalb
ebenfalls unpraktisch, weil die zugesetzten Lösungsmittel eine starke Schrumpfung
der Vulkanisate bewirken.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis, daß zu einer
erfolgreichen Kalthärtung von vulkanisierbaren Organopolysiloxanen mit Hilfe von
Kieselsäureestern als Vernetzer und Vernetzungskatalysatoren nicht nur lineare,
hydroxylendblockierte Diorganopolysiloxane, Vernetzer und Katalysatoren gehören,
sondern daß dazu die Gegenwart von Wasser erforderlich ist. Die dazu benötigten
Mengen an Wasser sind sehr gering; sie liegen in der Größenordnung zwischen t/ro
und 1/ioooo und werden daher normalerweise mit den gleichzeitig dem linearen Diorganopolysiloxan
zugesetzten Füllstoffen in die Organopolysiloxanmassen eingeschleppt. Dadurch erklärt
es sich, daß die in der Literatur beschriebenen kalthärtenden Organopolysiloxanmischungen
in der Praxis durchhärten, obwohl Wasser als Mischungsbestandteil nicht zugesetzt
wurde. Der Einfluß des Wassers auf den Kalthärtungsvorgang ist nicht recht verständlich,
obwohl der Effekt sehr deutlich vorhanden ist.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß man diesen Effekt
zu einer Verlängerung der Topfzeit von Organopolysiloxanmassen bzw. zu einer Herstellung
in feuchter Luft härtender Organopolysiloxanmassen verwenden kann, wenn man alle
Mischungsbestandteile bei der Herstellung solcher Kaltkautschukmischungen vorher
sorgfältig trocknet. Bei Verwendung vollkommen trockener Mischungskomponenten zeigt
sich nun überraschenderweise, daß keinerlei Kalthärtung eintritt. Bringt man jedoch
eine solche Mischung in Berührung mit Luftfeuchtigkeit oder Wasser bzw. Wasserdampf,
so findet eine verhältnismäßig schnelle Härtung von der Oberfläche her statt.
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Die Trocknung kann entweder dadurch geschehen, daß man die einzelnen
Bestandteile völlig wasserfrei herstellt, oder dadurch, daß man die Mischung aus
linearem Diorganopolysiloxan und Füllstoff vor der
Zugabe des Vernetzers
bzw. des Vernetzungskatalysators völlig trocknet. Natürlich müssen auch der Vernetzer
und der Vernetzungskatalysator wasserfrei sein. Das Trocknen kann geschehen entweder
durch mehrstündiges Erhitzen der Komponenten auf Temperaturen zwischen 100 und 2000
C oder durch Trocknung bei Raumtemperatur im Vakuum unter dem Einfluß wasserentziehender
Mittel.
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Als Vernetzer gelten Kieselsäureester bzw. Polykieselsäureester und
Organokieselsäureester, wie Tetraäthylsilikat, Methyltrimethoxysilan, Phenyltributoxysilan,
Hexaisopropoxydisiloxan, Polyäthylsilikat, der Kieselsäureorthoester des Methylglykols.
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Als Vernetzungkatalysatoren gelten Metallsalze, Metallchelate, Organometallverbindungen,
organische Säuren und Basen. Die Topfzeitverlängerung tritt besonders ausgeprägt
bei der Verwendung von Metallverbindungen in Erscheinung. Geeignete Metallverbindungen
sind z. B. Bleioctoat, Zinnrizinoleat, Aluminiumacetylacetonat, Dibutylzinndilaurat,
Dioctylzinnmonoacetat und andere Dialkylzinnacylate. Als organische Säure kommt
Essigsäure in Frage. Von den organischen Basen werden sekundäre Amine, z. B. das
Dibutylamin, bevorzugt.
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Die Organopolysiloxanmischungen können außer dem linearen Diorganopolysiloxan,
dem Vernetzer und dem Katalysator selbstredend noch andere übliche Bestandteile,
wie Füllstoffe, Farbstoffe und Zusatzstoffe zur Verbesserung der elastischen Eigenschaften,
enthalten. Vorzugsweise werden jedoch Füllstoffe und Zuschlagstoffe verwendet, die
sich auf Grund ihrer Oberflächenstruktur und ihres chemischen Verhaltens leicht
trocknen lassen. Ferner werden erfindungsgemäß Zuschlagstoffe bevorzugt, die selbst
in der Lage sind, Wasser chemisch zu binden, z. B. gebrannter Gips.
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Der besondere Vorteil der nach dem neuen Verfahren erhaltenen Massen
ist deren Abfüllbarkeit für den Versand und die Lagerung in einem einzigen Behälter,
z. B. einer Tube, so daß die umständliche Mischung der Komponenten in dem erforderlichen
Verhältnis durch den Verbraucher entfällt. Die erfindungsgemäß erhaltenen Massen
sind daher vielseitig anwendbar, z. B. zur Herstellung von Dichtungsmaterialien,
Elektroisolierungen, Anstrichen und Zahnzementen.
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Die Härtung der Massen erfolgt durch Einwirkung der Luftfeuchtigkeit
oder durch Übergießen der Massen bzw. der geformten Körper mit Wasser, durch Einrühren
von Wasser in die Massen oder indem man auf eine andere Weise Wasser oder auch Wasserdampf
hinzutreten läßt.
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Beispiel 1 Erfindungsgemäß werden 100 Teile eines hydroxylendblockierten
Dimethylpolysiloxans mit einer Viskosität von 16500 cSt, das absolut wasserfrei
sein
muß, mit 50 Teilen Quarzmehl, das 1 Stunde bei 2000 C getrocknet wurde, etwa
mit 0,5 Teilen Tetraäthylsilikat und 0,2 Teilen Dibutylzinndilaurat, die beide über
geglühtem Natriumsulfat getrocknet wurden; gemischt und in eine Tube abgefüllt.
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Eine vergleichsweise mit ungetrocknetem Quarzmehl hergestellte gleiche
Mischung zeigt eine Topfzeit von 2 Stunden und ist nach Sstündiger Lagerung bei
Raumtemperatur bereits hochelastisch.
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Die in die Tube abgefüllte Mischung mit getrocknetem Quarzmehl ist
dagegen nach 14tägiger Lagerung noch flüssig. Ein aus der Tube herausgedrückter
Strang dieser Organopolysiloxanmasse härtet jedoch nach weiterer Sstündiger Lagerung
bei Raumtemperatur unter der Einwirkung von Luftfeuchtigkeit vollständig durch.
Beim Übergießen des zu einer Schicht von 5 mm Stärke herausgedrückten Tubeninhalts
mit Wasser erfolgt eine Durchhärtung innerhalb von 25 Minuten bei Raumtemperatur.
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Beispiel 2 100 g eines hydroxylendblockierten Dimethylpolysiloxans
mit einer Viskosität von 32000 cSt werden auf einem Dreiwalzenstuhl mit 50 g Gips,
0,5 g Methyltrimethoxysilan und 0,3 g Bleirizinoleat in luftfeuchtem Zustand vermischt;
das erhaltene Produkt zeigt eine Topfzeit von 10 Stunden und ist nach 20 Stunden
bei Raumtemperatur vollkommen durchgehärtet.
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Wird die gleiche Mischung erfindungsgemäß dagegen mit völlig wasserfreien
getrockneten Rohstoffen hergestellt und in einer Dose mit Schraubdeckelverschluß
und Gummidichtung aufbewahrt, so ist sie nach 3 Wochen noch fließfähig und verarbeitbar.
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Bei Entfernung des Deckels tritt bereits nach wenigen Minuten eine
Härtung ein, die sich durch Hautbildung bemerkbar macht. Wenn dieses Produkt mit
Toluol zu einer 500/oigen Lösung angerührt wird, kann man es als lufttrocknende,
d. h. unter dem Einfluß von Luftfeuchtigkeit trocknende Anstrichfarbe benutzen.