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Verfahren zur fortlaufenden Trennung von Stoffgemischen in einem
Lösungsmittel mit unterschiedlichen Verteilungskoeffizienten Zur schonenden physikalischen
Trennung von Stoffen haben sich in zunehmendem Maße Gegenstromverteilungsverfahren
bewährt und in die Technik eingeführt. Dabei wird im allgemeinen das gelöste Stoffgemisch
zwischen zwei gegeneinandergeführten Lösungsmitteln, die nur begrenzt miteinander
mischbar sind, verteilt. Jede Komponente des Gemisches verteilt sich dabei unabhängig
von der Anwesenheit anderer Stoffe. Wird also durch intensiven Austausch zwischen
den beiden Phasen fortlaufend das Lösungsgleichgewicht für die darin gelösten Stoffe
hergestellt, beispielsweise durch schubweises oder fortlaufendes Fortbewegen einer
oder beider Lösungsmittel, so reichern sich die einzelnen Komponenten in der Reihenfolge
ihrer Verteilungskoeffizienten an bestimmten Schwerpunkten der laufenden Reihe an.
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Die schubweise Verteilung arbeitet mit sehr hoher Selektivität, jedoch
wird bei dem langwierigen Prozeß nur eine relativ kleine Stoffmenge getrennt. Eine
Erhöhung der Stufenzahl (= Erhöhung der Selektivität) bedeutet weitere Herabsetzung
der Stoffkapazität.
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Es sind zwar schon Vorrichtungen bekanntgeworden, die eine halbkontinuierliche
Trennung gestatten; dafür muß aber eine wesentliche Herabsetzung der Selektivität
in Kauf genommen werden.
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Die Methoden der gleichförmigen Verteilung sind ebenfalls für die
Trennung im großen Maßstab in der Technik herangezogen worden. Hierbei fließt mindestens
eine der beiden Phasen gleichförmig durch die Anlage. Das Lösungsmittelgewicht für
die zu trennenden Stoffe stellt sich zwischen den einzelnen Tröpfchen der Phasen
ein. Damit ist die mögliche theoretische Stufenzahl unvergleichlich viel höher als
bei der schubweisen Verteilung, wo die praktische der theoretischen gleichkommt.
Die technisch erreichbare Stufenzahl bleibt aber meistens weit hinter der theoretischen
zurück, da es außerordentlich schwer ist, Konvektionsströmungen innerhalb kleinster
Bezirke zu vermeiden.
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Zur Gruppe der gleichförmigen multiplikativen Verteilungsverfahren
zählen auch die Füllkörpersäulen. Sie arbeiten mit einer beweglichen und einer stationären
Phase. Die stationäre Phase ist auf die möglichst große Oberfläche eines Trägers
aufgezogen, und die mobile bewegt sich mit einer steuerbaren Geschwindigkeit über
diesen Flüssigkeitsfilm hinweg.
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Auf diese Weise ist die Gleichförmigkeit ohne störende Konvektion
sichergestellt. Eine derartige Anordnung wurde zum ersten Male als multiplikative
Verteilung angesprochen und erprobt und als »Verteilungschromatographie« bezeichnet.
Die an diese
Prinzipien geknüpfteEntwicklungwar sehr stürmisch und führte unter anderem
auch zur Papierchromatographie mit ihren Modifikationen und Möglichkeiten.
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Bezüglich der Selektivität für analytische Zwecke sind diese Methoden
denen der multiplikativen Verteilung mit freien Phasen sehr weit überlegen.
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Die bisher bekannten Verfahren mit einer oder zwei beweglichen freien
Phasen oder mit einer auf einer Oberfläche aufgezogenen stationären und einer beweglichen
freien Phase führen mit Ausnahme der einfachen Gegenstromextraktionen zu stationären
Endzuständen, die hintereinander fraktionsweise an den Austrittsstellen zu entnehmen
sind oder eine Auflösung des gesamten Systems zur Entnahme bedingen. Somit arbeiten
alle erwähnten Verfahren diskontinuierlich.
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Demgegenüber wurde ein wenig aufwendiges multiplikatives Verfahren,
das mit zwei nicht oder nur begrenzt untereinander mischbaren Flüssigkeiten fortlaufend
zu arbeiten gestattet, wobei das zu trennende Stoffgemisch laufend zugeführt und
die aufgetrennten Fraktionen gleichzeitig ständig entnommen werden können, gefunden.
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Erfindungsgemäß wird die eine Flüssigkeit entlang dem Schuß, die
andere entlang der Kette eines Gewebes aus Baumwolle, Wolle, Cellulose, Kunstfasern,
Glas oder Asbest geführt, die Lösung des zu trennenden Gemisches zweckmäßig an derjenigen
Stelle fortlaufend zugeführt, an welcher die beiden Extraktionsflüssigkeiten zuerst
aufeinander treffen. Die Stoffe des Gemisches während der gleichförmigen Verteilung
entsprechend
ihrem Verteilungskoeffizienten unterschiedlich mit der Maßgabe ausgelenkt, daß die
mit einem Verteilungskoeffizienten kleiner als 1 auf die Seite des Austrittes der
unteren Phase, die mit einem Verteilungskoeffizienten größer als 1 auf die der oberen
Phase ausgelenkt und hier fortlaufend entnommen werden.
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Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, die beiden begrenzt mischbaren
Phasen so zu führen, daß sie wie zwei Vektorenscharen im Winkel von 900 aufeinandertreffen
und sich gegenseitig durchdringen. Das zu trennende Gemisch tritt am obersten Schnittpunkt
der Vektorenschar ein und wird entsprechend den Verteilungskoeffizienten seiner
Komponenten aufgetrennt. Das bedeutet: Die einzelnen Substanzen werden in Bahnen
unter verschiedenen Winkeln ausgelenkt. Im Falle K = obere Phase 1 c C untere Phase
wird der Stoff unter dem Resultantenwinkel von 45° mitgeführt.
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Aus einem nicht zu grob gewebten Tuch aus Baumwolle, etwa 450 450
mm, werden an den vier Seiten auf einer Breite von etwa 50 mm die Querfäden, ohne
die Struktur des Gewebes zu ändern, vorsichtig entfernt, so daß eine quadratische
unveränderte Fläche von etwa 350 350 mm, rings von Fransen umgeben, resultiert.
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In einem entsprechend großen Glaskasten wird eine Glasplatte 350
350 mm mit der Wasserwaage horizontal so eingerichtet, daß zwei Glaströge im rechten
Winkel zueinander je eine Leiste der Fransen des vorbeschriebenen Tuches aufnehmen
können.
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Die Tröge sollen nach Möglichkeit verstellbar sein, so daß die Oberkante
über das Niveau der Glasplatte gebracht werden kann. Die beiden im rechten Winkel
gegenüberliegenden Fransenleisten sollen nach unten hängen; sie ragen in Reagenzgläser
hinein, die in zwei Gestellen aufgestellt sind, oder in kleine Trichterchen, die
mit Ableitungen in größere Gefäße versehen sind (s. Abbildung). Einer der beiden
Tröge wird nunmehr zuerst mit der schwereren Phase gefüllt, während die Fransen
der beiden Leisten, die im rechten Winkel dazu liegen, nach oben umgelegt bleiben.
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Auf diese Weise tränken sich nun die Fäden der einen Richtung mit
der unteren Phase und füllen die gegenüberliegenden Reagenzgläser. Wenn diese Richtung
einige Zeit gut durchgelaufen ist, werden die Fransen für die leichtere Phase wieder
umgelegt und der Trog ebenfalls gefüllt. Nach einiger Zeit tritt in dieser Richtung
dann auch die leichte Phase dadurch, und nach Einstellung eines annähernden Strömungsgleichgewichtes
für beide Phasen kann das gelöste Gemisch fortlaufend eingebracht werden, indem
beispielsweise ein Faden über den Rand eines Gefäßes die Lösung von oben auf das
Tuch leitet. Die Aufgabestelle ist zweckmäßig möglichst nahe der Ecke zu legen,
an der die beiden Lösungsmittel in das Tuch einströmen.
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Werden zur Trennung beispielsweise Farbstoffe mit gut differenziertem
Verteilungskoeffizienten eingesetzt, so läßt sich der Trennungsgang leicht verfolgen,
wobei die verschiedenen Farbstoffe auf verschiedenen Seiten in die Reagenzgläser
abgeleitet werden.
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Die gesamte Vorrichtung muß gegen Verdampfung der Phasen geschützt
werden.
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Auf einer horizontal mit der Wasserwaage eingerichteten Glasplatte
G (Abbildung) wird eine mit der unteren Phase des Verteilungssystems getränkte,
etwa 1 mm starke Filzbahn Fl gelegt. An der Abnahmeseite ist die Filzbahn überhängend
und mit der Schere ausgezackt, so daß unter jeder Spitze zur Abnahme der unteren
Phase je ein Reagenzglas oder Trichter T 1 Platz hat. Die gegenüberliegende, ebenfalls
über die Glasplatte überstehende Seite wird in einen Trog Trl, der die untere Phase
enthält, eingelegt. Über diese Filzlage wird in gleicher Weise eine Filzbahn F2,
die mit der oberen Phase des Systems getränkt ist, so gelegt, daß die Strömungsrichtung
zu der unteren Filzlage einen Winkel von 900 hat. Die eine über die Glasplatte hinausragende
Seite ist, wie oben, gezackt, so daß die austretende obere Phase ebenfalls in die
darunter aufgestellten Reagenzgläser oder Trichter T abtropfen kann. Das gegenüberliegende
überstehende Ende wird in einen Trog Tor2, der mit der oberen Phase des Systems
gefüllt ist, eingelegt.
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Die beiden Phasen bewegen sich jetzt im Winkel von 900 übereinander,
so daß der Trenneffekt zwischen den beiden Filzschichten zur Wirkung kommt. Der
zu trennende Stoff wird mittels eines Fadens Fa aus Filz, Baumwolle u. dgl. aus
einem Gefäß Ge an der Ecke zwischen die beiden Filzlagen geführt, an der die beiden
Phasen, die aus den Trögen nachströmen, aufeinandertreffen.
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Die zu wählende Breite der Bahnen hängt von dem Unterschied der einzelnen
Verteilungskoeffizienten der zu trennenden Stoffe ab. Bei sehr geringem Unterschied
wird eine größere Trennstrecke benötigt als bei gut differenzierten Verteilungskoeffizienten.
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Die getrennten Stoffe können, je nach ihrer Auslenkung an den gegenüberliegenden
Seiten in den entsprechenden Reagenzgläsern, entnommen werden.
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Der Auslenkungswinkel läßt sich in gewissen Grenzen durch Veränderung
der Strömungsgeschwindigkeit einer der beiden Phasen erreichen. Die Beeinflussung
der Strömungsgeschwindigkeit geschieht durch Heben oder Senken des Flüssigkeitsniveaus
in den beiden Trögen und gleichzeitiger Verlängerung der überhängenden Bahn an der
Abtropfstelle. Während der Trennung selbst muß der Flüssigkeitsstand jeder einzelnen
Phase durch eine entsprechende Vorrichtung V konstant gehalten werden.
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Zur Erlangung eines größeren Stoffdurchsatzes kann so verfahren werden,
daß auf das bereits beschriebene System eine weitere dünne Glasplatte, Metallfolie
oder Kunststoffolie aufgelegt und darauf ein gleiches neues System plaziert wird.
Je nach Dichteunterschied der beiden Phasen kann auch auf die Folien verzichtet
werden. Die Zuführung des zu trennenden Stoffes erfolgt ebenso, wie beschrieben,
aus den gleichen Gefäßen wie für das erste System. Nach diesem Schema kann der Durchsatz
so weit vervielfacht werden, wie praktisch noch mit einer Tränkvorrichtung annähernd
gleiche Strömungsverhältnisse in den einzelnen Systemen gewährleistet sind.
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Ausführungsbeispiel Eine Glasplatte mit den Abmessungen 1000 1000
mm wird mit einer Wasserwaage horizontal eingerichtet. An zwei benachbarten Seiten
sind auf der gesamten Breite der Platte zwei Tröge angebracht, die in ihrer Höhe
ebenfalls horizontal verstellbar sind. Im Innern der beiden Tröge ist Vorkehrung
getroffen, daß der einmal eingestellte Flüssigkeitsmeniskus
in
den Trögen sich bei Abnahme des Spiegels mit einer Genauigkeit von etwa 1 °/o wieder
einstellt.
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Der eine der beiden Tröge wird beispielsweise mit n-Butanol gesättigtem
Wasser, der andere mit wassergesättigtem n-Butanol gefüllt. Die Niveauregelung für
jeden Trog erfolgt aus zwei größeren Vorratsbehältern (etwa 50 1). Von dem mit der
Wasserphase gefüllten Trog aus wird nunmehr eine mit dieser Flüssigkeit getränkte,
2 mm starke Filzbahn so über die Glasplatte geführt, daß die Bahn an der gegenüberliegenden
Seite noch etwa 50 mm senkrecht nach unten herabhängt. An dieser Seite der Filzbahn
befinden sich dreißig gleichmäßig aufgeteilte und ausgeschnittene Zacken genau über
dreißig darunter angeordneten Glastrichtern. Von den Glastrichtern aus führen jeweils
dreißig Schläuche in dreißig einzelne Auffanggefäße. In gleicher Weise wird eine
Filzbahn von 1 mm Stärke von dem die Butanolphase enthaltenden Trog aus über die
mit der wäßrigen Phase getränkte Bahn gelegt, so daß das ebenfalls mit dreißig Zacken
versehene Ende etwa 50 mm senkrecht herabhängt. Unter den ausgeschnittenen Zacken
befinden sich ebenso viele Trichter und Schläuche mit Auffanggefäßen.
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Die gesamte Anordnung befindet sich in einem gasdicht geschlossenen,
durchsichtigen Gehäuse, so daß keine Verdampfung für die Flüssigkeitssysteme möglich
ist. Die beiden Flüssigkeitsmenisken in den Trögen werden durch Heben oder Senken
so eingerichtet, daß auf beiden gegenüberliegenden Seiten die gleiche Menge Lösungsmittel
abfließt (etwa 800 bis 1000 milStunde). Nach etwa 1 bis 2 Stunden hat sich eine
konstante Laufgeschwindigkeit in beiden Phasenrichtungen eingestellt, so daß die
Lösung des zu trennenden Stoffgemisches eingeleitet werden kann. In den ersten vier
bis sieben Auffanggefäßen befindet sich nach dieser Zeit ein gewisser Anteil der
jeweils anderen Phase, die durch Abschwemmen in der Nähe des Troges mitgerissen
wird. An den übrigen Stellen laufen die Lösungsmittel getrennt ab.
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Die Zufuhr der Lösung des Stoffgemisches erfolgt an der der Zuführung
der beiden Phasen am nächsten liegenden gemeinsamen Ecke der Filzbahn. Sie wird
vorzugsweise in die trennwirksame Schicht zwischen den beiden Bahnen eingeleitet.
Die Zufuhr selbst erfolgt kontinuierlich mit einer Dosiervorrichtung, die eine einstellbare
konstante Zufuhr erlaubt.
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Das zu trennende Stoffgemisch enthält etwa 400/( herzwirksame Glykoside
aus den Blättern der Convallaria majalis. Dieses Glykosidgemisch läßt sich papierchromatographisch
in neun verschiedene Einzelglykoside auftrennen. Die 400/oige Lösung wird durch
Verdünnen mit wassergesättigtem Butanol aus einem Konzentrat, das etwa 55- bis 600/oil
an Glykosiden ist, hergestellt. Aus der Dosiervorrichtung wird die erwähnte Lösung
durch einen dünnen Polyäthylenschlauch, etwa 50 mm von der gemeinsamen Ecke entfernt,
in die Zwischenschicht mit einer Geschwindigkeit von 15 mVStunde eingeleitet. Nach
einiger
Zeit erkennt man deutlich durch die Bahn hindurch den vom Startpunkt aus sich langsam
verbreitenden Weg der Begleitstoffe, gekennzeichnet durch restliche Mengen Chlorophyll
und andere nicht genauer bekannte, gefärbte Substanzen.
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Die Auffanggefäße sind, von der gemeinsamen Ecke ausgehend, in jeder
Richtung mit den Zahlen 1 bis 30 numeriert. Die eben erwähnten Substanzen, die an
ihrer Färbung leicht zu erkennen sind, treten auf der Butanolseite über die Zacken
Nr. 4 und 5 aus. Insgesamt können auf der Butanolseite in den Gefäßen Nr. 1 bis
14 Glykoside nachgewiesen werden. Die übrigen Gefäße dieser Seite sind glykosidfrei
und werden aus diesem Grunde gemeinsam in einem Auffanggefäß vereinigt. Auf der
Wasserseite treten Glykoside in Gefäßen Nr. 1 bis 8 aus.
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Die in den einzelnen Vorlagen gesammelten Lösungen werden für sich
eingeengt und papierchromatographisch zugeordnet. Die entsprechend der Zuordnung
zusammengehörenden Lösungen werden vereinigt und nach Überführung in Methanol aus
diesem Lösungsmittel zur Kristallisation gebracht.
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Bei hinreichender Konstanz der Strömungsgeschwindigkeiten in den
beiden Filzbahnen kann in der beschriebenen Form ununterbrochen und kontinuierlich
getrennt werden.