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Verfahren zur Herstellung von Gebilden, wie Fäden, Fasern oder Filmen,
aus .Acrylnitrilpolymerisaten oder -mischpolymerisaten Gemäß der Erfindung werden
Acrylnitrilpolymerisate oder -mischpolymerisate oder Polymerisatmischungen mit einem
Gehalt von wenigstens 70% AcryInitril, gegebenenfalls unter Zusatz von Mischpolymeren
mit 30 bis 90% Vinylpyridin, das alkylsubstituiert sein kann, und 70 bis 10% Acrylnitril,
in einemLösungsmittelgemisch aus lObis15%Äthylensulfit und 50 bis 90% N,N-Dimethylacedamid,
N,N-Dimethylformamid oder 0,5 bis 3%Wasser aufweisendemNitromethan gelöst und dann
in bekannter Weise verformt.
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Lösungsmittelgemische, die einen höheren Anteil als 50% Äthylensulfit
enthalten, lösen Acrylnitrilpolymerisate nicht leicht und ergeben keine genügend
viskose Lösung für Spinnzwecke. Lösungsmittelgemische mit weniger als 10%, Äthylensulfit
ergeben nicht die erwünschten farblosen Gebilde. Vorzugsweise werden Lösungsmittelgemische
verwendet, die 15 bis 5011o, Äthylensulfit und 50 bis 85% N,N-Dimethylacetamid,
N,N-Dimethylformamid oder Nitromethan, das 0,5 bis 3 % Wasser enthält. Wasserfreies
Nitromethan ist kein brauchbares Lösungsmittel für AcrylnitriIpoIymerisate, gleichgültig,
ob es mit oder ohne Äthylensulfit verwendet wird.
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Da die Polymeren sich bei Raumtemperatur in den genannten LösungsmitteIgemischen
langsam lösen, ist ein allmähliches Erwärmen erwünscht, um eine raschere Auflösung
der Polymeren herbeizuführen. Eine allmähliche Erwärmung der Polymeren in einem
der genannten Lösungsmittelgemische auf 50 bis 100° C ergibt Lösungen von erwünschten
Viskositätsbereichen. Die so hergestellten Lösungen können auf Raumtemperatur und
darunter abgekühlt werden, ohne daß es zur Bildung von Gelen oder Ausfällung des
gelösten Polymerisats kommt.
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Die genannten Lösungsmittelgemische sind ausgezeichnete Lösungsmittel
für Acryhnitrilhomopolymerisate oder -mischpoIymerisate aus 70% oder mehr AcryInitriI
und bis zu 30% anderen polymerisierbaren Monomeren, insbesondere für NfischpoIymerisate
mit wenigstens 85% Acryinitnl und bis zu 15% eines anderen polymerisierbaren Monomeren.
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Die anderen Monomeren in den Acrylnitrilmischpolymerisaten können
z. B. sein: Vinylacetat und andere Vinylester von Monocarbonsäuren, Methylmethacrylat
und andere Alkylester von Methacrylsäure, Athylacrylat und andere Alkylester von
Acrylsäure, Methacrylnitril, Vinylidenchlorid, Äthylmaleat und andere Alkylester
von Maleinsäure, Äthylfumarat und andere Alkylester von Fumarsäure, Styrol und andere
vinyIsubstituierte aromatische Verbindungen, a-Methylstyrol und andere aromatische
Isopropenyl-Kohlenwasserstoffe, Vinylchlorid und andere Vinylhalogenide, 2-Vinylpyridin,
2-Methyl-5-vinylpyridin und andere vinylsubstituierte heterocyclische Amine.
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Gemäß der Erfindung können bei Verwendung der genannten Lösungsmittelgemische
auch aus Terpolymerisaten, die Acrylnitril, ein Vinylpyridin, das gegebenenfalls
alkylsubstituiert sein kann, und ein mit den beiden anderenKomponenten mischpolymerisierbares
Monomeres enthalten, Gebilde, wie Fäden, Fasern und Filme, vorzüglicher Qualität
erzeugt werden.
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Die bei Ausführung des Verfahrens gemäß der Erfindung verformten Polymerisatlösungen
sind farbloser als Lösungen, die mit bisher bekannten Lösungsmitteln hergestellt
sind. Es ist daher auch möglich, farblose Gebilde, wie Fasern, Fäden oder Filme,
zu erzeugen, die außerdem noch überlegene physikalische Eigenschaften besitzen.
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Äthylenearbonat ist als Lösungsmittel für Acrylnitrilpolymerisate
und -mischpolymerisate bekannt. Man kann aber durch dessen Anwendung nicht die Vorteile
erzielen, die durch die erfindungsgemäß anzuwendenden Lösungsmittelgemische erhalten
werden.
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Es ist ferner bekannt, daß außer N,N-Dimethylformamid und N,N-Dimethylacetamid
andere Lösungsmittel
für acrylnitrilhaltige Kunststoffe zur Herstellung
färbbarer Fasern verwendet werden können, wie Äthylencarbamat, Äthylencarbonat,
N-Methyl-2-pyrrolidon oder -,-Butyrolacton. Es handelt sich hierbei um Lösungsmittel,
welche nicht die vorteilhaften Wirkungen der erfindungsgemäß anzuwendenden Gemische
mit einem Gehalt von 10 bis 50% Äthylensulfit haben.
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Aus der französischen Patentschrift 996 447 ist bekannt, daß eine
besondere Gruppe von Acrylnitril enthaltenden Polymerisaten, die weniger als 10%
eines bestimmten Monovinylaminoalkoholäthers als mischpolymere Komponente enthalten,
nach dem Naß- oder Trockenspinnverfahren verarbeitet werden können, wobei als Lösungsmittel
niedere Alkylenearbonate, gegebenenfalls unter Zusatz von etwas Nitromethan, zum
Einsatz gelangen können. Die geformten Gegenstände, deren übliche Eigenfärbung auch
hierbei unvermeidlich bleibt, können anschließend einem Färbevorgang mit den meisten
sauren Farbstoffen unterworfen werden.
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Die erfindungsgemäß zu verwendenden Gemische sind auch als Lösungsmittel
zur Herstellung von Gebilden aus Polymerisatmischungen geeignet. Da viele Acrylnitrilpolymerisate
nach üblichen Färbeverfahren nicht anfärbbar sind, hat man sie mit Polymerisaten
gemischt, die mit Farbstoffen chemisch reagieren können. Aus derartigen Polymerisatmischungen
hergestellte Produkte erlangen eine solche Anfärbbarkeit, daß sie für allgemeine
Zwecke brauchbar sind. Ein geeigneter Mischungsbestandteil besteht aus Polyrnerisatenvon
Monomeren, die tertiäreAminoradikale oder andere Radikale enthalten, welche in tertiäre
Aminogruppen nach derPolymerisation umgewandelt werden können. So sind z. B. geeignet:
Mischpolymerisate von Vinylpyridinen, z. B. 2-Vinylpyridin, Alkylvinylpyridine,
z. B. 2-Methyl-5-vinylpyridin. Ferner sind verwandte Allyl- und Methallylderivate
der obengenannten Verbindungen brauchbar. Die Vinyl-, Allyl- und Methallylhalogenacetate
können mit sekundären Aminen entweder vor oder nach der Polymerisation umgesetzt
und die daraus gebildeten Polymerisate mit nicht färbbaren Acrylnitrilpolymerisaten
gemischt werden. Das einzumischende Polymerisat enthält 10 bis 70 Gewichtsprozent
Acrylnitril und 30 bis 90 Gewichtsprozent eines Vinylpyridins oder eines alkylsubstituierten
Vinylpyridins. Geeignete Gemische der Polymeren sind solche, die wenigstens 75 Gewichtsprozent
Acrylnitril aufweisen, bezogen auf die gesamten polymerisierten Monomeren in der
Mischung, und 2 bis 10,% der gesamten vorhandenen polymerisierten Monomeren, die
farbstoffreaktionsfähigeKomponente darstellen. Die gleiche hoheFarbstoffaffinität
kann auch durch die Bildung von Terpolymerisaten aus Acrylnitril, einem mischpolymerisierbaren
Monomeren und einer mischpolymerisierbaren farbstoffreaktionsfähigen Komponente
erzielt werden. Vorzugsweise werden Terpolymere aus 85 bis 95,% Acrylnitril, 3 bis
8 0% einer Verbindung aus der Vinylpyridine und alkylsubstituierte Vinylpyridine
umfassenden Gruppe und 2 bis 7,% eines der obengenannten mit Acrylnitril mischpolymerisierbaren
Monomeren verwendet.
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Bei der Herstellung von nur aus Acrylnitril bestehenden Fasern ist
das Molekulargewicht des Polymerisats von wesentlicher Bedeutung. Das Polymerisat
soll ein Molekulargewicht über 10 000 und vorzugsweise über 25 000 besitzen. Bei
der praktischen Ausführung der Erfindung werden diePolymerisate zweckmäßig in fein
zerteilter Form benutzt. Man kann feste Polymerisate auf die gewünschteTeilchengröße
mahlen. Vorzugsweise werden jedoch Polymerisate benutzt, die nach dem Lösungsmittel-Nichtlösungsmittel-Polymerisationsverfahren
gewonnen sind. SolchePolymerisate, die durch Sprühtrocknen der Emulsionen oder durch
Filtern und darauffolgendes Trocknen erhalten sind, können unmittelbar verwendet
werden. Die feinzerteilten Polymerisate können mit dem Lösungsmittelgemisch in einer
Mischvorrichtung gemischt werden. Es ist erwünscht, eine Lösung mit einer möglichst
hohen Konzentration des Polymerisats zu benutzen; die maximale Konzentration hängt
jedoch von dem Molekulargewicht des Polymerisats ab.
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Um Fasern oder Fäden mit optimalen physikalischen Eigenschaften zu
erhalten, werden Polymerisate mit einemMolekulargewicht über 25 000 benutzt, von
denen man jedoch praktisch nur bis 35 % in den erfindungsgemäß zu verwendenden Lösungsmittelgemischen,
ohne über praktisch brauchbare Viskositätswerte hinauszugehen, lösen kann. Die Konzentration
des Polymerisats in der Lösung liegt vorzugsweise zwischen 7 und 20 %; sie wird
jedoch praktisch durch die gewünschten physikalischen Eigenschaften der Faser und
die gewünschte Spinngeschwindigkeit bestimmt. Die optimalen Anteile können dadurch
bestimmt werden, daß man ein Polymerisat von gleichförmigem Molekulargewicht, das
gute faserbildende Eigenschaften hat, ausgewählt und in der kleinsten Menge eines
der Lösungsmittelgemische löst, die notwendig ist, um eine viskose Lösung zu bilden,
die bei geeignetenTemperaturen ausgesponnen werden kann.
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Die Lösung des Polymerisats in einem der Lösungsmittelgemische kann
in üblicher Weise durch eine Spinndüse mit einer Vielzahl von Öffnungen in ein Medium
ausgesponnen werden, welches das Lösungsmittel entfernt.
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Auch nach üblichen Trockenspinnverfahren kann gearbeitet werden, bei
welchen Luft, Dampf, Stickstoff oder ein anderes Gas oder Gasmischungen, die bei
der Spinntemperatur inert sind, benutzt werden, um das Lösungsmittelgemisch zu entfernen.
Das Trockenspinnverfahren ist insbesondere für hohe Spinngeschwindigkeiten geeignet.
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Beispiel 1 Es wurde ein Gemisch von 5 Gewichtsteilen Äthylensulfit
und 5 Gewichtsteilen N,N-Dimethylformamid hergestellt. Diesem Gemisch wurde dann
l Teil Polyacryhütril zugesetzt. Das Gemisch wurde unter Rühren auf ungefähr 80°
C erwärmt und ergab in wenigen Minuten eine farblose flüssige Lösung. Die erhaltene
klare viskose Lösung war nach Abkühlen auf Raumtemperatur stabil. Diese Lösung war
zum Herstellen von Fasern und Filmen mittels eines Koagulierbades aus einem Nichtlösungsmittel,
wie Wasser oder einem niederen Alkohol, geeignet. Beispiel 2 Es wurde ein Gemisch
von 25 Teilen nassem Nitromethan mit einem Gehalt von 1,% Wasser und 5 Teilen Äthylensulfit
hergestellt, und es wurden darin 3 Teile eines Mischpolymerisats von 940% Acrylnitril
und 6,% Vinylacetat innerhalb 15 Minuten bei 80° C unter Rühren gelöst. Die sich
ergebende klare viskose Lösung war nach Abkühlung auf Raumtemperatur
stabil
und gut zur Herstellung von Fasern und Filmen mittels eines Koagulierbades aus einem
Nichtlösungsmittel geeignet. Beispiel 3 1 Teil einer Mischung aus 880/9 eines Mischpolymerisats
von 94% Acrylnitril und 6% Vinylacetat und 12% eines Mischpolymerisats von 50% Acrylnitril
und 50 0/0 2-Methyl-5-vinylpyridin wurde jeweils in 19 Teilen der in der nachstehenden
Tabelle aufgeführten Lösungsmittelgemische unter Rühren während 15 Minuten bei 80°
C aufgelöst.
N,N-Dimethyl- Äthylensulfit Äthylensulfit-Anteil |
acetamid |
12M1 8 ml 50 0/0 |
13M1 7 ml 44,5% |
14m1 6 ml 39,01/o |
Sämtliche erhaltenen Lösungen waren klar, viskos und zur Herstellung von Fasern
und Finnen mittels eines F'ällbades aus einem Nichtlösungsmittel geeignet. Beispiel
4 1 Teil einer Mischung aus 880% eines Mischpolymerisats von 94% Acrylnitril und
6% Vinylacetat und 12% eines Mischpolymerisats von 50% Acrylnitrü und 50% 2-Methyl-5-vinylpyridin
wurde in 19 Teilen eines Lösungsmittelgemisches von 25 0/0 Äthylensulfit in N,N-Dimethylacetamid
bei 80° C gelöst. Zum Vergleich wurde ein Teil der gleichen Polymerisatmischung
in 19 Teilen N,N-Dimethylacetamid bei 80° C gelöst. Beide Lösungen wurden 2 Stunden
lang auf 80° C gehalten, und es wurden die Farben der Lösungen am Ende dieser Zeit
verglichen. Es wurde gefunden, daß die Polymerisatlösung in dem Lösungsmittelgemisch
wahrnehmbar farbloser war als die Lösung, die lediglich N,N-Dimethylacetamid allein
enthielt.