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Verfahren zur Herstellung zentralstimulierend wirkender neuer Aminonitrile
Die Erfindung befaßt sich mit der Herstellung neuer Aminonitrile der allgemeinen
Konstitution
in welcher R eine gerade oder verzweigte gesättigte oder ungesättigte aliphatische
Kette mit 1 bis 5 Kohlenstoffatomen, Aryl oder substituiertes Aryl und R1 gleich
H oder - CH3 bedeutet.
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Es wurde gefunden, daß diese Körperklasse nach an sich bekannten
Arbeitsmethoden entweder aus Aldehyden, Phenylisopropylamin oder N-Methylphenylisopropylamin
und Alkalicyaniden oder aus o;-Halogennitrilen und Phenylisopropylamin bzw.
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N-Methylphenylisopropylamin zugänglich ist. Im letzteren Falle können
halogenwasserstoffabspaltende Reagenzien, wie Alkalicarbonate oder Triäthylamin,
zugesetzt werden. Nach der ersten Arbeitsmethode können die Aldehyde direkt verwendet
werden oder ihre Natriumbisulfitaddukte oder ähnliche Aldehydaddukte, welche für
Nitrilbildungen allgemein brauchbar sind.
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Phenylisopropylamin sowie N-Methylphenylisopropylamin können sowohl
als Racemate oder in Form ihrer optisch aktiven Isomeren verwendet werden.
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Die neue erfindungsgemäße Körperklasse zeigt überraschende und unerwartete
pharmakodynamische Eigenschaften. Sie wirkt zentralstimulierend. Es ist bereits
eine Reihe von Aminonitrilen beschrieben worden (deutsche Patentschriften 960 462,
970 435), welche sich zwar spasmolytisch als auch analgetisch wirksam erwiesen haben,
aber nicht zentralstimulierend.
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Von den Phenylisopropylaminen ist bekannt, daß ihre zentral stimulierende
Wirkung durch Einführung von Substituenten an Stelle der Wasserstoffatome am Aminostickstoff
vermindert wird, und ebenso wird die Toxizität herabgesetzt. Nur der Ersatz des
einenWasserstoffatoms durch die Methylgruppe, so daß N-Methylphenylisopropylamin
entsteht, steigert die zentralstimulierende Wirkung des Grundkörpers.
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Dies ist als einzige Ausnahme bisher bekannt (F. Hauschildt, »Naunyn-Schmiedebergs
Arch. exp.
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Pathol. Pharmakol.«, 191, S. 467 [19381). Es hat sich nun ergeben,
daß der zentralstimulierende Effekt durch Einführung einer substituierten Cyanmethylgruppe
einerseits verstärkt und andererseits verlängert wird. Dieser zentralstimulierende
und zentralstimulierend verlängernde Effekt ist nur der Nitrilgruppe zuzuschreiben,
denn wird die Nitrilgruppe zur Carbamid- oder Carbonsäuregruppe verseift, so geht
dieser
Effekt verloren. Folgende Tabelle zeigt die Toxizitätsdaten für Vertreter der neuen
erfindungsgemäßen Körperklasse gegenüber bekannten Substanzen:
DL50 |
Name subcutan |
in mg/kg |
Coffein ........................... 240 |
2-Phenyl-3-methylmorpholin 183 |
Amphetamin-Sulfat (Handelsname) . . . 46 |
α-Phenyl-α-(ß-phenylisopropylamino)- |
acetonitril ...................... 58 |
α-Äthyl-α-(ß-phenylisopropylamino)- |
acetonitril ...................... 22 |
oc-(ß-Phenylisopropylamino) - |
essigsäure ................. ...... 1200 |
α-Phenyl-α-(ß-phenylisopropyl)- |
acetamid ....................... 280 |
Die Bestimmung und Berechnung der DL«0 erfolgte nach Weil (»Biometrics«, 8, S. 249
[1952]).
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Bei Einverleibung der Vertreter der neuen erfindungsgemäßen Körperklasse
an Versuchstiere setzte sofort die Erregung ein und hielt lange an. Die erhöhte
Giftigkeit bei Vertretern der neuen erfindungsgemäßen Körperklasse ist also auf
eine stärkere zentralstimulierende Wirkung zurückzuführen.
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Nach Einverleibung von 1001o der Dosis von DL50 sowohl von 2-Phenyl-3-methyl-morpholin,
Amphetamin-Sulfat, - Phenyl - 9ç- ( - phenylisopropylamino)-acetonitril und α-Äthyl-α-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
hielt
die erregende Wirkung der beiden letzteren nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
dargestellten Körper doppelt so lange an als nach den beiden ersteren Körpern Die
entsprechenden Amide und Säuren, also o; - Phenyl - 9s - (,B - phenylisopropylamino)
- essigsäure und cc-Phenyl-cc- (ß-phenylisopropylamino) - acetamid, zeigten keine
wesentliche zentralstimulierende Wirkung.
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Das unsubstituierte cc - ( - Phenylisopropylamino)-acetonitril, welches
bereits bekannt ist (H. D. Moed J. van Dijk und N. Niewind, »Recueil des travaux
chimiques des Pays Baß«, 74, [1955] S. 922) zeigte bei gleicher Versuchsanordnung
eine schwächere zentralstimulierende Wirkung als Amphetamin. Eine Substitution von
R durch mindestens eine Alkyl- (z. B.
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Äthyl) oder Arylgruppe (z. B. Phenyl) ist also für die stärkere und
längere zentralstimulierende Wirkung von großer Bedeutung.
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Bekanntlich läßt sich die stimulierende Wirksamkeit einer Substanz
ähnlich wie diejenige einer sedativ wirksamen Substanz durch Motilitätsmessungen
an Mäusen durchführen. Nach Einverleibung der zu prüfenden Substanzen an Mäuse werden
diese unruhig, vor allem beweglicher. Die Veränderung der Beweglichkeit der Versuchstiere
gilt nun als Kriterium für die pharmakodynamische Beeinflussung des Zentralnervensystems.
Um nun diese Beweglichkeit in Zahlen angeben zu können, wird die Methode des Rotationszitterkäfigs
bei gleichzeitiger Registrierung der Zahl der Bewegungen der Tiere angewandt. Die
Tiere kommen in den Zitterkäfig und werden insgesamt 13 bis 14 Stunden nach der
subcutanen Einverleibung der Substanzen unter Registrierung der Bewegungen beobachtet.
Die Bewegungen des Käfigs werden durch einen Zähler registriert. Die registrierte
Zahl der Bewegungen wird in bestimmten Zeitintervallen abgelesen. Diese Versuchsanordnung
(vgl. J. Tamchyna, »Acta Scientia hungaria«, 12, S. 209 [1957]) stellt eine Verbesserung
bekannter Methoden dar (vgl. Fr. F.
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Koch, »Zeitschr. für experimentelle Medizin«, Bd. 116, S. 445 [1939];
L. Th er, »PharmakologischeMethoden«, Stuttgart 1949, 1. Auflage, S. 386 bis 396).
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Jede der geprüften Substanzen wurde einer Gruppe von zwanzig Mäusen
subcutan einverleibt. Gleichzeitig wurde festgestellt, wie sich unbehandelte Tiere
in einem solchen Zitterkäfig verhielten (Kontrollgruppe). Jede Maus wurde im Zitterkäfig
allein untersucht, so daß für jede Substanz die Versuche mit zwanzig Mäusen wiederholt
wurden. Die angegebenen Zahlen (Beweglichkeitszahl) stellen Mittelwerte dar (Methode
vgl. J. H. Burn, J. D. Finne und L. G. Goo dwin, »Biological Standardisation«, Oxford
[1950]). Die Messungen wurden in einem temperaturkonstanten Raum bei einer Temperatur
von 23 bis 25"C durchgeführt. Der Raum war gegen Lärm isoliert und indirekt mit
konstanter Lichtintensität beleuchtet, so daß alle äußeren Einflüsse, welche die
Beweglichkeit der Tiere beeinflussen konnten, weitgehend ausgeschaltet waren.
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Die nachfolgenden Kurven geben die Ergebnisse der Messungen an. Danach
ergibt sich, daß Vertreter der neuen erfindungsgemäßen Körperklasse zwar nicht sofort
nach Einverleibung eine stärkere Wirkung wie Amphetamin besitzen. Die am Anfang
stärkere zentralstimulierende Wirkung des Amphetamins sinkt bereits nach 2 Stunden,
erreicht in der fünften bis siebenten Stunde ein Minimum. Die zentralstimulierende
Wirkung der neuen erfindungsgemäßen Körperklasse
wird dagegen von der zweiten bis
zur fünften Stunde stärker, fällt dann langsam ab (achte bis neunte Stunde) und
steigt hierauf wieder (von der zehnten Stunde ab) an. Sie erreicht schließlich die
ursprüngliche Stärke der zentralstimulierenden Wirkung wieder.
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Die protahierte Wirkung der Vertreter der neuen erfindungsgemäßen
Körperklasse ist also sehr eindeutig ausgeprägt. Der vorübergehende Abfall der motorischen
Aktivität kann also mehr durch eine vorübergehende Ermüdung der Versuchstiere erklärt
werden. Man kann die zentralstimulierende Wirkung der neuen erfindungsgemäßen Körperklasse
praktisch als gleichbleibend (nicht so stark schwankend wie bei Amphetamin) und
langdauernd betrachten.
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Beispiel 1 a-Phenyl-o;-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
a) 70 g D,L-p-Phenylisopropylamin als freie Base werden in 100ml Wasser suspendiert.
Unter Rühren und Kühlen wird mit 4n-Salzsäure neutralisiert. Daraufhin werden in
den mit Rückflußkühler, Tropftrichter und Rührer versehenen Kolben rasch 25 g Natriumcyanid,
in 100 ml Wasser gelöst, zufließen gelassen.
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Diese Operation soll in 5 Minuten beendet sein. Nun werden innerhalb
von 30 Minuten unter Rühren und Kühlen, so daß die Temperatur nicht über 500 C steigt,
70 ml Benzaldehyd (möglichst frisch destilliert) in 250 ml Methanol einfließen gelassen.
Es scheidet sich sofort ein Ö1 ab, welches bald in farblosen Kristallen erstarrt.
Nach 2 Stunden Stehen werden die Kristalle abgesaugt, gut mit Wasser gewaschen und
an der Luft getrocknet. Schmp.: 85 bis 87"C.
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Durch Lösen in Alkohol und portionsweisen Zusatz von Wasser bis zur
Trübung und darauffolgendes Rühren läßt sich das Nitril gut umkristallisieren. Ausbeute:
88 bis 90O/o.
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Das Hydrochlorid läßt sich durch Lösen in Alkohol, Zusatz von Äther
und alkoholischer Salzsäure erhalten oder auch durch Lösen in Alkohol und Zusatz
der berechneten Menge konzentrierter Salzsäure. Schmp.: sintert bei 102 bis 104"C,
schmilzt bei 158 bis 1600C.
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Das schwefelsaure Salz wird analog mit Schwefelsäure erhalten. Schmp.:
134 bis 136"C. b) An Stelle der freien Base von p-Phenylisopropylamin läßt sich
auch das Sulfat verwenden, Dieses wird in Wasser suspendiert und mit Natrium- oder
Kaliumcyanid und Benzaldehyd wie bei a) umgesetzt. c) Bei Verwendung von D-4-Phenylisopropylamin
wird das entsprechende isomere oc-Phenyl-oc-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
erhalten, welches ein Öl ist und ein Hydrochlorid vom Schmp. 130 bis 131 C ergibt.
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Es wird wie folgt gearbeitet: 14 g D-p-Phenylisopropylamin werden
mit wäßriger Salzsäure neutralisiert. Daraufhin werden 5 g Natriumcyanid in 30 ml
Wasser zugesetzt, schließlich unter Rühren 40ml Benzaldehyd in 50ml Methanol. Es
fällt ein Ö1 aus, welches abgetrennt bzw. mit Äther ausgeschüttelt wurde. Der Äther
wird mit 20 mol 2n-Salzsäure durchgeschüttelt, wobei das Hydrochlorid sofort auskristallisiert.
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Durch Suspendieren in Wasser und Zusatz von Natronlauge wird die
freie Base in Form eines Öles erhalten.
d) 0,5 Mol ol-Phenyl-oc-bromacetonitril
werden mit 1 Mol D,L-ß-Phenylisopropylamin 3 bis 5 Stunden unter Rückfluß in Benzol
oder Toluol gekocht. Daraufhin wird das Lösungsmittel von dem Schlamm dekantiert
und mit 4n-Salzsäure durchgeschüttelt. Das Hydrochlorid von α-Phenyl-α-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
kristallisiert aus.
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Beispiel 2 α-(p-Methoxyphenyl)-α-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
Aus D,L-ß-Phenylisopropylamin, Alkalicyanid und Anisaldehyd analog Beispiel 1. Freie
Base Ö1. Hydrochlorid, Schmp.: 121 bis 123"C. Aus D-ß-Phenylisopropylamin entsteht
das entsprechende Isomere; freie Base Ö1. Hydrochlorid, Schmp.: 123 bis 125"C. Ausbeute:
80/c.
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Beispiel 3 a-(3,4-Dimethoxyphenyl)-s;-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
Aus Veratrumaldehyd oder oc-(3,4-Dimethoxyphenyl)-o;-brom-acetonitril wie im Beispiel
1. Freie Base Öl, das kristallin erstarrt. Schmp.: 84 bis 860 C, Hydrochlorid, Schmp.:
131 bis 133"C. Ausbeute: 800/o.
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Beispiel 4 cc-(3 ,4-Methylendioxy)-cc-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
Aus Piperonal wie im Beispiel 1. Hydrochlorid, Schmp.: 120 bis 122"C. Ausbeute:
65%.
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Beispiel 5 α-(p-Chlorphenyl)-α-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
Aus p-Chlorbenzaldehyd wie im Beispiel 1. Hydrochlorid, Schmp.: sintert bei 133
bis 135"C und schmilzt bei 150 bis 152"C klar. Ausbeute: 650/o.
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Beispiel 6 a-Äthyl-o;-(ß-phenylisopropylamino)-acetonitril
Aus Propionaldehyd nach Beispiel 1. Freie Base, leicht bewegliches Ö1. Hydrochlorid
sintert bei 85 bis
87"C und schmilzt bei 118 bis 1200C klar. Analog wurden hergestellt:
cc - Propyl - cc - ( - phenylisopropylamino)-acetonitril aus n-Butyraldehyd, D,L-ß-Phenylisopropylamin
und Alkalicyanid. Freie Base stellt ein Öl dar. Hydrochlorid, Schmp.: 123 bis 125"C.
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α-Isobutyl-α-(ß- phenylisopropylamino) - acetonitril;
Ö1. a - Crotyl - cc - . phenylisopropylamino) - acetonitril. Freie Base Ö1. Hydrochlorid
hygroskopisch.
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Ausbeute: 600/o.
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Beispiel 7 α-Phenyl-α-(ß-phenylisopropyl-methylamino)-acetonitril
C6H5-CH2-CH-N-CH-C0H5 CH3 ClI3CN 13 g D,L -1- Phenyl - 2 - methylamino - propanhydrochlorid
werden in 30 ml Wasser gelöst. Dazu wird eine Lösung von 5 g Natriumcyanid in 20
ml Wasser zugesetzt. Das Reaktionsgefäß wird sofort verschlossen und mit einer Lösung
von 14 ml Benzaldehyd in 50 ml Methanol versetzt. Es tritt Erwärmung und Abscheidung
eines Öles ein. Nach einigen Stunden wird das Reaktionsgut ausgeäthert.
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Die ätherische Lösung wird erneut mit 2n-Salzsäure ausgeschüttelt,
alkalisiert und ausgeäthert. Der Äther wird mit wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet
und verdampft. Rückstand Ö1.
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Hydrochlorid: Durch Lösen in Äther und Zusatz von alkoholischer Salzsäure
zuerst Ö1, das kristallin erstarrt. Schmp.: 110 bis 112" C. Ausbeute: etwa 800/o.
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Beispiel 8 α-(p-Methoxyphenyl)-α-(ß-phenylisopropyl-methylamino)-acetonitril
Aus Anisaldehyd wie im Beispiel 7. Hydrochlorid, Schmp.: 128 bis 1300C. Ausbeute:
800/o.
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Beispiel 9 α-(p-Chlorphenyl)-α-(ß-phenylisopropyl-methyl
-amino)-acetonitril
Aus p-Chlorbenzaldehyd wie im Beispiel 7. Hydrochlorid, Schmp.: 156 bis 158"C. Ausbeute:
500/o.