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Verfahren zur Herstellung von 2- oder 4-Halogen-3 ketosteroiden Die
Erfindung bezieht sich auf ein neues, technisch bedeutendes Verfahren zur Herstellung
von 3-Ketosteroiden, die in der (x-Stellung zur Carbonylgruppe ein Chloratom oder
ein Bromatom tragen, durch gleichzeitige Oxydation und Halogenierung eines 3-Hydroxysteroids
bzw. durch Halogenierung eines 3-Ketosteroids.
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Eine große Anzahl von 3-Ketosteroiden sind bekannt, die in 1,2- und/oder
4,5-Stellung eine Doppelbindung aufweisen. Von diesen Steroiden sind besonders die
44-3-Keto- und 41,4-3-Ketosteroide von Bedeutung, da eine große Anzahl dieser Verbindungen
biologische Aktivität aufweist. Andere Verbindungen dieser Gruppe, z. B. die 4 i-3-Ketosteroide
und einige 41,4-3-Ketosteroide, beispielsweise das 41,4-3-17-Diketoandrostadien,
sind wichtige Zwischenprodukte zur Herstellung biologisch aktiver Verbindungen.
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Die Einführung einer oder beider Doppelbindungen in die 1(2)- und
4(5)-Stellung wird in den meisten Fällen im letzten Teil der Synthese der gewünschten
Verbindungen bewirkt. Dies kann man erreichen, indem man ein im Ring A gesättigtes
3-Hydroxysteroid mit einem Oxydationsmittel, wie Chromsäure oder N-Bromsuccinimid,
oxydiert und die erhaltene 3-Ketoverbindung in 2-Stellung und/oder 4-Stellung halogeniert.
Die Einführung eines Halogenatoms in die 2- oder 4-Stellung hängt von der Konfiguration
des Steroids am Kohlenstoffatom 5 ab. Setzt man beispielsweise ein 3-Ketosteroid
der »allo«-Reihe (Ring A/B = traps) mit Brom um, so erhält man zunächst das 2-Bromderivat,
während man ein 4-Bromderivat erhält, wenn man von der normalen Reihe ausgeht, in
der die Ringe A und B cis-verknüpft sind.
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Die auf diese Weise erhaltenen Mono- oder Dihalogen-3-ketosteroide
können mit Hilfe eines Dehydrohalogenierungsmittels in bekannter Weise in die entsprechenden
41-, 44- oder 41,4-3-Ketosteroide umgewandelt werden.
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Ein derartiges Verfahren zur Umwandlung z. B. von 3x-Hydroxy-20-ketopregnan
in 44-3,20-Diketopregnen wurde von B. A. Koechlin et. a1. in J. Biol. Chem., 1$4
(1950), S. 393, beschrieben.
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Aus der britischen Patentschrift 760 362 ist es bekannt, die Oxydation
der 3-Hydroxylgruppe zur 3-Ketogruppe und die Bromierung in der x-Stellung zu dieser
Carbonylgruppe durch Umsetzung eines 3-Hydroxysteroids mit einem N-Bromimid, N-Bromamid
oder N-Brornhydantoin in Gegenwart eines oxydierbaren Alkohols gleichzeitig durchzuführen.
Wenn man bei diesem Verfahren bereits von einem 3-Ketosteroid ausgeht, so erhält
man ein in der x-Stellung zur Carbonylgruppe bromiertes Produkt.
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In der USA.-Patentschrift 2 714 600 ist beschrieben, daß man 3-Hydroxysteroide
in die entsprechenden (x-chlorierten 3-Ketosteroide mit Hilfe eines Alkylhypochlorits,
z. B. von tert.Butyl-hypochlorit, umwandeln kann. Geht man von einem Steroid der
A/B-trans-Reihe aus, so erhält man eine 2-Chlorverbindung, während man, ausgehend
von einem Steroid der normalen Reihe (A/B = cis), zu einer 4-Chlorverbindung gelangt.
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Es wurde nun ein neues Verfahren zur Herstellung von in 2- oder 4-Stellung
chlorierten oder bromierten 3-Ketosteroiden gefunden, das dadurch gekennzeichnet
ist, daß man ein 3-Hydroxy- oder 3-Ketosteroid mit Chlorsäure bzw. Bromsäure umsetzt.
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Gemäß dem Verfahren der Erfindung ist es möglich, eine 3-Hydroxysteroidverbindung
mit Hilfe von Chlorsäure oder Bromsäure gleichzeitig zu oxydieren und zu halogenieren.
Die gleichen Endprodukte werden erhalten, wenn man von einem 3-Ketosteroid ausgeht.
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Die erfindungsgemäße Halogenierungsreaktion gehorcht der allgemeinen
Regel, daß, ausgehend von einem Steroid der normalen Reihe (A/B = cis), das Halogen
zunächst in die 4-Stellung eintritt; bei einem Steroid der allo-Reihe (A/B = traps)
tritt das Halogen in die 2-Stellung ein. Durch weitere Halogenierung nach bekannten
Methoden können dann die 2,4-Dihalogensteroide erhalten werden, die sich durch
Abspaltung
von Halogenwasserstoff in die entsprechenden wichtigen d h¢-Ketosteroide umwandeln
lassen.
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Gegenüber den bekannten Verfahren, bei denen ein organisches N-Bromderivat
oder ein organisches Hypochlorit zur gleichzeitigen Oxydation und Halogenierung
verwendet wird, bietet das erfindungsgemäße Verfahren den Vorzug, beträchtlich höhere
Ausbeuten an x-halogenierten 3-Ketosteroiden zu liefern. Beispielsweise wird das
3x,17x,21-Trihydroxy-11,20-diketopregnan-21-acetat mit Hilfe von Bromsäure in etwa
90°/oiger Ausbeute in das 3,11,20-Triketo-17_x,21-dihydroxy-4-brompregnan-21-acetat
umgewandelt.
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Als Ausgangsverbindungen für das erfindungsgemäße Verfahren können
3-Hydroxy- und 3-Ketosteroide im allgemeinen verwendet werden. Diese Steroide können
die verschiedensten Substituenten in anderen Stellungen außerhalb des Ringes A aufweisen,
z. B. freie oder funktionell umgewandelte Hydroxyl- und Ketogruppen, Halogenatome,
niedere Alkylgruppen und Doppelbindungen. Das erfindungsgemäße Verfahren ist von
besonderer Bedeutung in seiner Anwendung auf die 3-Hydroxy- und 3-Ketosteroide der
Pregnan- und Androstanreihe, da die entsprechenden Verfahrensprodukte in wichtige
biologisch aktive Endprodukte, wie Progesteron, Cortison, Testosteron usw., übergeführt
werden können.
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Die im vorliegenden Verfahren als Reagens verwendete Chlorsäure oder
Bromsäure wird vorzugsweise in der Reaktionsmischung mit Hilfe einer Säure aus ihren
Salzen, z. B. aus den Alkalichloraten oder -bromaten, in Freiheit gesetzt.
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Zur Durchführung des Verfahrens kann man die als Ausgangsverbindung
zu verwendende Steroidverbindung in einem organischen Lösungsmittel lösen und dieser
Lösung eine wäßrige Lösung von Chlorsäure oder Bromsäure zusetzen. Statt dessen
verwendet man vorzugsweise eine Mischung eines Chlorats oder Bromats mit einer bestimmten
Menge an Säure, die die gewünschte Chlorsäure oder Bromsäure aus dem verwendeten
Salz in Freiheit zu setzen vermag.
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Als Lösungsmittel für die Steroidverbindung kann man Dioxan, Tetrahydrofuran,
einen aliphatischen Äther, wie Methyläther und Diäthyläther, einen tert.Alkohol,
wie tert.Butanol, oder ein substituiertes Säureamid, wie Dimethylformamid und Dimethylacetamid,
verwenden.
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Geht man von 3-Hydroxysteroiden aus, so erhält man in guter Ausbeute
die entsprechenden halogenierten 3-Ketosteroide, wenn man ein Molverhältnis von
Steroid zu Chlorsäure oder Bromsäure zwischen 1:2,5 und 1:4 anwendet. Für 3-Ketosteroide
liegt dieses Molverhältnis zwischen 1:1,5 und 1:3.
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Die Reaktionszeit und die Reaktionstemperatur können in weiten Grenzen
schwanken. In den meisten Fällen ist die Reaktion innerhalb 2 bis 31/2 Stunden beendet.
Die Reaktion wird vorzugsweise bei einer Temperatur zwischen 0 und 40°C durchgeführt.
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Die folgenden Beispiele sollen das erfindungsgemäße Verfahren näher
erläutern.
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Beispiel 1 Eine Lösung von 2 g 3,17-Diketoandrostan in 20m1 Dioxan
wird mit 3 g Kaliumbromat versetzt. Unter gleichzeitigem Kühlen der Reaktionsmischung
mit Eiswasser auf eine Temperatur unterhalb 45'C fügt man tropfenweise unter starkem
Rühren eine Mischung von 2 ml Wasser und 1 ml konz. Schwefelsäure zu. Das Rühren
wird für weitere 4 Stunden bei Zimmertemperatur fortgesetzt. Hierauf wird die Reaktionsmischung
in 400 ml Wasser gegossen und die wäßrige Mischung mit 100 ml einer wäßrigen Natriumsulfitlösung
versetzt.
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Das ausgefallene 2-Brom-3,17-diketoandrostan wird abgesaugt, mit Wasser
gewaschen und im Vakuum getrocknet. Rohausbeute 2,45 g, Fp. 180 bis 190'C. Nach
Umkristallisation aus Aceton erhält man etwa 2 g reines Produkt (800/, der
Theorie). Beispiel 2 5 g 17x,21-Dihydroxy-3,11,20-triketopregnan-21-acetat werden
in 25m1 Dimethylacetamid gelöst, 6,8 g Natriumbromat zugefügt und unter Rühren langsam
mit einer Mischung von 5m1 Wasser und 2,5m1 konz. Schwefelsäure versetzt.
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Nach 8stündigem Rühren bei Zimmertemperatur wird die Reaktionsmischung
in eine Lösung von 10g Natriumacetat in 500m1 Wasser gegossen. Nach 30minutigem
Rühren wird das ausgefallene 4-Brom-17x,21-dihydroxy-3,11,20-triketopregnan-21-acetat
abgesaugt, mit Wasser gewaschen und im Vakuum getrocknet. Ausbeute 5,82g. Nach Umkristallisation
aus Aceton-Petroläther wurden 5,53 g reine Substanz isoliert; Ausbeute 92,50/, der
Theorie. [a]D = -I-110' (in Aceton). Beispiel 3 Zu einer Lösung von 0,5g
3,17-Diketoätiocholan in 4 ml Dioxan gibt man eine Lösung von 0,85 g Bromsäure in
5m1 Wasser. Die Mischung wird 5 Stunden heftig gerührt. Die weitere Aufarbeitung
der Reaktionsmischung wird analog Beispiel l ausgeführt. Es wurden 0,51 g 4-Brom-3,17-diketoätiocholan
mit einem Fp. von 192 bis 194°C (Zersetzung) erhalten. Beispiel 4 1 g 3,17-Diketoandrostan
in 10 ml Dioxan wird mit 2 g Kahumchlorat und dann unter heftigem Rühren mit 3m1
35°/oiger Schwefelsäure versetzt. Die Reaktionsmischung wird 7 Stunden bei 40'C
kräftig gerührt und hierauf in der im Beispiel 1 beschriebenen Weise aufgearbeitet.
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Ausbeute 0,95 g 2-Chlor-3,17-diketoandrostan vom Schmelzpunkt 211
bis 213'C.
Beispiel 5 Zu einer Lösung von 5 g allo-Dihydrocortison-21-acetat
in 30m1 Tetrahydrofuran gibt man unter Kühlen 7 g Kaliumbromat und eine Mischung
von 5m1 Wasser und 2,4m1 konz. Schwefelsäure. Nach 12 Stunden Rühren bei -20'C wird
die Reaktionsmischung in eine Lösung von 10g Natriumacetat in 100 ml Wasser gegossen
und in der im Beispiel 2 beschriebenen Weise weiter aufgearbeitet.
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Es wurden 5,44 g 2-Brom-allo-dihydrocortison-21-acetat (910/,
der Theorie) vom Fp. 183 bis 187'C (Zersetzung) erhalten.
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Beispiel 6 10 g 3x,17x,21-trihydroxy-11,20-diketopregnan-21-acetat
in 100 ml Dioxan und 15 g Natriumbromat werden heftig gerührt, wobei die Mischung
durch ein Eisbad abgekühlt wird, und innerhalb 15 Minuten tropfenweise mit einer
Mischung von 5,5 ml konz.
Schwefelsäure und 10 ml Wasser versetzt.
Die Temperatur wird unterhalb 25'C gehalten. Hierauf wird weitere 6 Stunden bei
Zimmertemperatur gerührt und anschließend die Reaktionsmischung auf die im Beispiel
2 beschriebene Weise aufgearbeitet.
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Es wurden 10,8 g reines 4-Brom-3,11,20-triketo-17x,21-dihydroxypregnan-21-acetat
(90 °/o der Theorie) vom Fp.203 bis 206°C (Zersetzung) erhalten. Beispiel 7 1 g
4,5-Dihydrocortison-21-acetat in 10 ml Dioxan wird unter Rühren mit 1,5 g Natriumchlorat,
1 ml Wasser und 0,5 ml konz. Schwefelsäure versetzt. Die Mischung wird 8 Stunden
kräftig bei 35°C gerührt und anschließend in eine Lösung von 2 g Natriumacetat in
100 ml Wasser gegossen. Die Mischung wird abfiltriert und die Fällung gewaschen
und im Vakuum getrocknet. Es wurden 1,05 g 4-Chlor-4,5-dihydrocortison-21-acetat
vom Fp. 226 bis 229°C (Zersetzung) erhalten. Beispiel 8 29 3ß-Hydroxy-17-ketoätiocholan
werden 5 Stunden kräftig mit 4 g Kaliumbromat, 20m1 Dioxan, 2m1 Wasser und 3,0 ml
konz. Salzsäure gerührt. Die weitere Aufarbeitung der Reaktionsmischung erfolgt
auf die im Beispiel l beschriebene Weise. Es wurden 2,36g 4-Brom-3,17-diketoätiocholan
erhalten.
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Die erfindungsgemäß zu verwendenden Chlorate oder Bromate sind im
Gegensatz zu den N-Bromimiden, N-Bromamiden oder N-Bromhydantoinen und den Alkylhypochloriten
großtechnisch erzeugte Produkte von verhältnismäßig guter Stabilität. Alkylhypochlorite
sind äußerst starke Oxydationsmittel, die mit Vorsicht behandelt werden müssen.
Beispielsweise erleidet tert.Butylhypochlorit bei Berührung mit Gummi heftige Zersetzung.
Es muß vor Wärme und Licht geschützt aufbewahrt werden. Auch die Herstellung dieser
Verbindung ist aufwendig. Tert.Butylhypochlorit wird durch Einleiten von Chlor bei
15 bis 20°C in ein Gemisch von 1 Mol tert.Butanol und 2 Mol 8°/oige Natronlauge
gewonnen (vgl. Zeitschrift für angewandte Chemie, 66 [1954], S.213).