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Antrieb für Eisenbahntriebwagen und Lokomotiven Die Erfindung betrifft
einen Antrieb für Eisenbahntriebwagen und Lokomotiven mit mehreren von je einer
Verbrennungskraftmaschine oder einer Verbrennungskraftmaschinengruppe angetriebenen
Radsätzen und bezweckt, mit serienmäßigen Motoren der genannten Art eine hohe und
konstante Beschleunigung des Fahrzeuges ohne Anwendung von Wechselgetrieben und
üblichen Schaltkupplungen zu erreichen.
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Zum Unterschied von Straßenfahrzeugen ist bei Eisenbahnfahrzeugen
das Verhältnis zwischen Antriebsleistung und Fahrzeuggewicht klein. Es besteht daher
ein wesentlicher Unterschied zwischen dem nötigen Antriebsmoment, um das Fahrzeug
auf die normale Betriebsgeschwindigkeit zu bringen, und dem Moment, das erforderlich
ist, um das Fahrzeug auf dieser Geschwindigkeit zu halten. Dies ist bedingt durch
das große Gewicht des Fahrzeuges einerseits und den geringen Reibungskoeffizienten
zwischen Rad und Schiene andererseits. Um diesen Bedingungen zu genügen, ist es
üblich, bei Antrieben mit Verbrennungsmotoren ein Wechselgetriebe mit einer großen
Anzahl von Übersetzungsstufen und weiter eigens für diesen Verwendungszweck entworfene
und konstruierte Motoren anzuwenden, die ein im Verhältnis zur Geschwindigkeit sehr
rasch ansteigendes Antriebsmoment entwickeln. Derartige Motoren sind aber teuer,
weil sie nur in verhältnismäßig kleinen Serien gebaut werden können. Auch die Wechselgetriebe
sind infolge der hohen Leistungen, die sie zu übertragen haben, sehr teuer. Weiter
bleibt trotz Getriebe das Antriebsmoment beim Anfahren noch verhältnismäßig klein,
also gerade dann, wenn das größte Moment erforderlich ist, und die Umschaltung von
einer Übersetzungsstufe auf die andere bedingt notwendigerweise kurze Zeitperioden
ohne Beschleunigung, während gerade beim Anfahren eine stetige Beschleunigungskraft
wünschenswert wäre.
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Die Erfindung erspart Wechselgetriebe und Schaltkupplungen und läßt
trotzdem während des Anfahrens und Fahrens auf sehr steilen Strecken die Übertragung
eines sehr hohen und konstanten Drehmoments auf die Treibräder zu, während sie bei
normaler Fahrgeschwindigkeit auf ebenen oder leicht steigenden Strecken ein geringeres
Drehmoment mit hohem Wirkungsgrad zu übertragen ermöglicht.
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Es sind mehrere Antriebsausführungen bekannt, die trotz des ungünstigen
Verhältnisses von Antriebsleistung und Fahrzeuggewicht eine schnelle Beschleunigung
des Fahrzeuges durch Motoren zulassen, deren Drehmoment im wesentlichen den sich
aus der üblichen Betriebsgeschwindigkeit ergebenden Verhältnissen angepaßt ist.
Bei einem dieser Antriebe arbeiten beim Anfahren die vorhandenen Antriebsmotoren
auf ein Flüssigkeitsgetriebe, während nach dem Anfahren ein Teil dieser Motoren
abgeschaltet werden. Diese Möglichkeit entspricht der bei Dampftriebwagen bekannten
Anordnung mehrerer Zylinder, die mit abnehmender Leistung nacheinander abgeschaltet
werden, um so für jeden Zylinder wirtschaftlich günstige Verhältnisse zu erreichen.
Bei Lokomotiven mit mehreren Brennkraftmaschinen, die über einen Strömungswandler
und ein festes mechanisches Vorgelege mit den Radsätzen gekuppelt sind, ist es weiter
bekannt, nur einige der aus Motor, Getriebe und Radsatz bestehenden Antriebssätze,
gegebenenfalls nur einen, mit schaltbaren Zahnradstufen auszurüsten, um so die verhältnismäßig
teuren schaltbaren Getriebe für die übrigen Antriebssätze einzusparen. Aber auch
bei diesem Antrieb sind, wie angegeben, Strömungswandler und schaltbare Zahnradstufen
erforderlich.
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Gegenüber den bekannten Lösungen erreicht die Erfindung günstige Anfahr-
und Betriebsverhältnisse mit wesentlich geringerem Aufwand. Die Erfindung geht von
dem eingangs genannten Antrieb mehrerer Radsätze aus, von denen ein Teil, z. B.
ein einziger Radsatz, ein zur Erzeugung einer gesteigerten Zugkraft für das Anfahren
geeignetes mechanisches Vorgelege und die übrigen Radsätze stärker übersetzte Vorgelege
aufweisen. Erfindungsgemäß ist der Antrieb so ausgebildet, daß das geringer übersetzte
Vorgelege desjenigen Radsatzes, der zur Erzeugung einer erhöhten Zugkraft für das
Anfahren bestimmt ist, genauso wie die Vorgelege aller restlichen Radsätze
in
seinem Übersetzungsverhältnis unveränderlich ist und sämtliche Vorgelege mit ihrer
zugehörigen Verbrennungskraftmaschine über eine nicht umkehrbare Fliehkraft-Reibungskupplung
gekuppelt sind, die infolge ihrer Nichtumkehrbarkeit bei ausgeschaltetem und somit
stehendem bzw. auslaufendem Motor keine-Kraft mehr übertragen, auch wenn sich der
Triebwagen und mit ihm die Vorgelege weiterbewegen.
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In der Zeichnung ist in Fig. 1 schematisch die Anordnung einer erfindungsgemäßen
Antriebsvorrichtung im Grundriß dargestellt und in Fig. 2 ein Diagramm wiedergegeben,
das die auf die Radsätze übertragenen Kräfte in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit
zeigt.
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In Fig. 1 ist der Triebwagen der Einfachheit halber nur mit zwei Radsatzwellen
2 und 3 mit zugehörigen Rädern 4 und 5 gleichen Durchmessers dargestellt. Auf der
Radsatzwelle 2 ist das Kegelrad 6 aufgekeilt, das mit dem auf der Welle 8 befestigten
Kegelrad 7 im Eingriff steht. Die Welle 8 ist mit ihrem anderen Ende mit dem inneren
Rotor 9 einer Pulverfliehkraftkupplung verbunden, deren äußeres Gehäuse mit 10 bezeichnet
ist. Diese Pulverfehkraftkupplung ist nicht umkehrbar. Das Gehäuse 10 ist an der
Abtriebswelle 11 eines Verbrennungsmotors 12 befestigt.
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In gleicher Weise greift das auf der Radsatzwelle 3 aufgekeilte Kegelrad
13 in das auf der Welle 15 befestigte Kegelrad 14 ein. Das andere Ende der Welle
15 ist mit dem Rotor 16 einer gleichen Pulverfliehkraftkupplung wie die erstgenannte
verbunden, deren äußeres Gehäuse 17 auf der Abtriebswelle 18 eines Verbrennungsmotors
19 befestigt ist. Der Motor 19 besitzt einen Geschwindigkeitsfliehkraftregler bekannter
Art, der schematisch gezeichnet und mit 20 bezeichnet ist. Er schaltet den Motor
19 ab, sobald dieser eine vorbestimmte Drehzahl erreicht hat.
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Das Übersetzungsverhältnis des Kegelräderpaares 13-14 ist kleiner
als jenes des Kegelräderpaares 6-7. Der Fahrtrichtungswechsel erfolgt über ein bekanntes,
nicht dargestelltes Wechselgetriebe in der Weise, daß ein zweites auf der Radsatzwelle
2 bzw. 3 sitzendes Kegelrad mit dem Kegelrad 7 bzw. 14 in Eingriff gebracht wird.
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Beim Anlassen der Motoren 1.2 und 19 erreichen diese in kürzester
Zeit hohe Drehzahlen und nehmen die entsprechenden Gehäuse 10 und 17 der Pulverfliehkraftkupplungen
mit. Wenn die Kupplungen für die zugehörigen Motoren richtig bemessen sind, überträgt
jede der Abtriebswellen 11 und 18 ein Drehmoment, das ungefähr gleich dem höchsten
Drehmoment ist, das der zugehörige Verbrennungsmotor 12 bzw. 19 liefern kann. Diese
Drehmomente werden durch die Kupplungen auf die jeweiligen Wellen 8 und 15 übertragen.
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Die Radsatzwellen 2 und 3 werden somit über die entsprechenden Kegelräderpaare
mit verschiedenen Drehmomenten angetrieben, wobei jedes dieser Drehmomente während
der Beschleunigung des Triebwagens und während der Zeit, in der der Schlupf zwischen
den Teilen 9 und 10 bzw. 16 und 17 der beiden Pulverfliehkraftkupplungen stetig
abnimmt, praktisch konstant bleibt.
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Unterstellt man, daß nur der Verbrennungsmotor 12 vorhanden und durch
eine starre Kupplung an Stelle der Puiverfliehkraftkupplung mit der Welle 8 gekuppelt
wäre, so würde dieser Motor auf die Radsatzwelle 2 ein Drehmoment übertragen, das
entsprechend der Kurve M2 verläuft, die teils gestrichelt, teils ausgezogen dargestellt
ist. Unter derselben Annahme überträgt der Verbrennungsmotor 19, der in Fig. 2 als
gleich mit dem Motor 12 angenommen ist, aber nicht gleich zu sein braucht, ein Drehmoment,
das nach der Kurve M3 verläuft, da dieser Motor geringer übersetzt ist, d. h., er
erreicht sein größtes Drehmoment bereits bei einer kleineren Geschwindigkeit des
Fahrzeuges.
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Durch die Verbindung der Verbrennungsmotoren 12 und 19 mit den Wellen
8 bzw. 15 über Pulverfliehkraftkupplungen erreicht man, daß beide Motoren 12 und
19 zunächst praktisch unbelastet anlaufen und in wenigen Sekunden eine Drehzahl
erreichen, bei der die Motoren und die Kupplungen ein erhebliches Moment übertragen
können, nämlich der Motor 12 das Moment T2 und der Motor 19 dank der größeren Untersetzung
das Moment T3. Diese Momente sind in Fig. 2 als Parallelen zur Abszisse eingetragen,
da sie bereits bei der Fahrzeuggeschwindigkeit Null vorhanden sind und während der
Zeit, in der der Schlupf zwischen den Teilen 9 und 10 bzw. 16 und 1.7 der beiden
Pulverfliehkraftkupplungen stetig abnimmt, praktisch konstant bleiben. Dies ändert
sich erst in dem Zeitpunkt, in dem der Schlupf gleich Null wird, d. h., die Pulverfliehkraftkupplungen
als starre Kupplungen wirken. Von diesem Zeitpunkt ab tritt der zunächst einleitend
unterstellte Zustand ein, wonach die beiden Motoren 12 und 19 wie durch starre Kupplungen
mit den Radsatzwellen 2 und 3 verbunden sein sollten.
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Während bei einer Verbindung beider Motoren 12 und 13 durch starre
Kupplungen mit den Radsatzwellen 2 bzw. 3 das gesamte zur Beschleunigung des Fahrzeuges
zur Verfügung stehende Moment nach der teils gestrichelt, teils ausgezogen dargestellten
Kurve M, +M, verlaufen würde, steht wegen der Anwendung von Pulverfliehkraftkupplungen
jetzt zur Beschleunigung bis zur Geschwindigkeit V3 das Moment T2+T3, von V3 bis
V2 das Moment T2+M3 und von V2 ab bis zu einer üblichen Betriebsgeschwindigkeit
V1 das Moment M2+M3 zur Verfügung.
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Bei Erreichen der Fahrzeuggeschwindigkeit V1 wird der Motor 19 durch
seinen Fliehkraftregler 20 abgeschaltet, das Moment fällt dann von dem Moment M2
+M3 auf den Wert M2 bei der Geschwindigkeit V, und folgt bei steigender Geschwindigkeit
diesem Moment. Nach dem Abschalten des Motors 19 kann die Kupplungshälfte auf der
Welle 15 weiterlaufen, da eine Pulverfliehkraftkupplung ein Drehmoment nur in einer
Drehrichtung übertragen kann.
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Wie bereits bemerkt, geht aus Fig. 2 hervor, daß der Triebwagen während
des Anfahrens über ein weitaus größeres Drehmoment als bei normaler Fahrt mit hoher
Geschwindigkeit verfügt. Das Drehmoment bei kleinen Geschwindigkeiten ist, wenn
z. B. beide Motoren gleich sind, mehr als doppelt so groß als das bei hohen Geschwindigkeiten.
Diese Eigenschaft des Antriebes ermöglicht ein Anfahren, das nicht nur ohne jegliche
Unterbrechungen in den Kraftübertragongen vor sich geht, sondern weitaus rascher
erfolgt, als es bei Verwendung nur eines einzigen Motors möglich wäre, der bekannterweise
mit schaltbarem Stufengetriebe und Schaltkupplungen ausgestattet sein muß.
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Die Verwendung von zwei Motoren an Stelle eines Motors bedingt keine
höheren Baukosten, da gewöhnliche Motoren verwendet werden können. Es ist praktisch
bedeutungslos,
welche Form der in Fig. 2 gestrichelt gezeichnete Abschnitt der Motorcharakteristik
besitzt. Die Anschaffungskosten serienmäßiger Motoren sind aber weitaus niedriger
als die besonderer Bahnfahrzeugmotoren. Auf alle Fälle werden die durch die Anbringung
zweier Motoren oder Motorgruppen entstehenden Mehrkosten durch die Ersparnis aufgehoben,
die sich durch die Abschaffung der sonst gebräuchlichen Kupplung und des schaltbaren
Stufengetriebes ergibt, das für Eisenbahntriebwagen bzw. Lokomotiven außerordentlich
teuer ist, während die Kosten der Pulverfliehkraftkupplungen sehr gering sind.
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Es ist weiterhin möglich, den Triebwagen oder die Lokomotive mit ausgezeichnetem
Wirkungsgrad sowohl auf ebenen Strecken als auch auf solchen mit starken Steigungen
oder zum Ziehen schwerer Anhängelasten zu verwenden, wobei in diesem Fall die Leistung
beider Motoren oder Motorgruppen ausgenutzt wird.
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Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, entsprechen die höchsten
Drehmomente der Motoren oder Motorgruppen verschiedenen Umfangsgeschwindigkeiten
der Treibräder. Dies kann dadurch ausgeglichen werden, daß Vorgelege verwendet werden,
die verschiedene Übersetzungsverhältnisse zwischen den beiden Motoren oder Motorgruppen
und den Treibrädern verwirklichen, als auch dadurch, daß die von einem der Motoren
bzw. von einer der Motorgruppen angetriebenen Räder einen anderen Durchmesser erhalten
als die vom anderen Motor bzw. der anderen Motorgruppe angetriebenen Räder. Ferner
ist es auch möglich, daß jeder der beiden Motoren oder jede Motorgruppe eine oder
mehrere Antriebsachsen getrennt antreiben kann oder daß alle Motoren gleichzeitig
mit allen Antriebsachsen verbunden sind. Die nicht umkehrbare Fliehkraftreibungskupp-Jung
kann ihrer Funktion entsprechend beliebiger Bauart sein, obwohl sich Pulverfliehkraftkupplungen
besonders gut für den angegebenen Zweck eignen.