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Verfahren und Vorrichtung zur Absaugung und Verwertung der Füllgase
von Koksöfen Bekanntlich bezeichnet der Ausdruck »Füllgase« beim Isoksofenbetrieb
ein Gasgemisch, welches sich während der Beschickung der Koksöfen mit Kokslcohle
bildet. Die Füllgase bestehen aus den aus dem leeren Koksofen verdrängten Gasen,
aus dem von der Feuchtigkeit der Kohle herrührenden Wasserdampf und aus den Erstgasen
der Kohleverkokung. Es ist unbedingt notwendig, diese Füllgase geregelt abzuführen,
damit die Arbeitsgänge der Beschickung, insbesondere beim Arbeiten im Stampfbetrieb,
betriebssicher durchgeführt werden können. Aus hygienischen Gründen dürfen die Füllgase
nicht einfach in die Atmosphäre abgeführt werden. Sie müssen durch Verbrennung unschädlich
gemacht werden. Besser ist es, sie wirtschaftlich auszunutzen.
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Beim Arbeiten im Schüttbetrieb ließ man bisher die Gase, welche sich
beim Einfüllen der Kokskohle durch die in der Ofendecke vorgesehenen Öffnungen in
den Koksöfen bilden, durch das Steigrohr entweichen, wobei man gegebenenfalls die
Kaminwirkung des heißen Steigrohres durch eine im Steigrohr angeordnete Dampfdüse
verstärkte. Da beim Arbeiten im Schüttbetrieb beide Türen des Koksofens, welche
während des Ausdrückens der vorausgehenden Kokscharge offen waren, vor der Neubeschickung
geschlossen werden, so daß keine zusätzliche Luft in den Ofen eindringen kann, bereitet
die Abführung der Füllgase bei dieser Arbeitsweise keine besonderen technischen
Schwierigkeiten.
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Erfolgt jedoch die Beschickung der Koksöfen im Stampfbetrieb, so ist
es bedeutend schwieriger, die Füllgase in geregelter Weise abzuziehen, denn die
Ofentür auf der Stampfmaschinenseite muß zum horizontalen Einführen des gestampften
Kohlekuchens offen bleiben. Das Einführen des Kohlekuchens erfolgt durch dieselbe
Maschine, welche das Ausdrücken der vorhergehenden Kokscharge aus der Kammer durch
die auf der gegenüberliegenden Seite des Ofens befindliche Tür durchführte. Wenn
die Füllgase während der Beschickung des Koksofens nicht abgesaugt werden, `o treten
sie durch die offene Ofentür an der Maschinenseite aus. Die Gas- und Rauchentwicklung
ist dann für das Bedienungspersonal unerträglich, außerdem besteht die Gefahr einer
Stichflammenbildung. Eine ordnungsgemäße Ofenbeschickung wird dadurch unmöglich.
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Der Stampibetrieb besitzt eine weitere Besonderheit, welche ein geregeltes
Absaugen der Füllgase zwingend erforderlich macht. Der in der Stampfmaschine fertig
vorgestampfte Kohlekuchen wird, auf dem Boden der Stampfform stehend, in den Koksofen
eingefahren. Die vordere Begrenzung des Kohlekuchens bildet ein Halteschild, welcher
unten in dem Stampfboden steht, oben durch eine Kette gehalten wird und so das Abbröckeln
des Kohlekuchens verhindert. Nach dem Einführen des Kohlekuchens wird der Halteschild
von der Kette gelöst und durch eine in der Ofendecke vorgesehenen Öffnung, Schildloch
genannt, aus dem Ofen herausgezogen. Der Stampfboden und die Haltekette werden wieder
unter Zurückhaltung des Kohlekuchens in die Stampfmaschine zurückgezogen. Das Herausziehen
des Halteschildes durch das Schildloch ist praktisch unmöglich, wenn hier Füllgase
austreten.
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Die Absaugung der Füllgase muß mithin beim Stampfbetrieb so erfolgen,
daß sowohl die Ofentür an .der Maschinenseite als auch das Schildloch von Füllgasen
freigehalten werden.
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Das Abziehen der Füllgase durch das Steigrohr genügt beim Arbeiten
im Stampfbetrieb keinesfalls. Die zur Freihaltung der offenen Ofentür und des Schildlochs
von Füllgasen notwendige starke Saugung bringt mit den Füllgasen größere Mengen
Kohlenstaub und auch erhebliche Luftmengen in die abgesaugten Gase. Man benutzt
daher beim Arbeiten im Stampfbetrieb in weitem Maße eine fahrbare Vorrichtung, welche
die Füllgase durch eine in der Ofendecke besonders hierfür angebrachte Öffnung absaugt
und durch Verbrennung unschädlich macht. Dieser »Füllgasverbrennungswagen«, auf
der Ofendecke von Kammer zu Kammer verschiebbar angeordnet, besteht im wesentlichen
aus einem vertikalen Schlot, in dem eine Düse für Preßluft angeordnet ist, welche
die nötige Saugwirkung erzeugt und einen Teil der für die Verbrennung der Füllgase
nötigen Verbrennungsluft liefert. Während der Beschickung des Ofens werden die Füllgase
durch die Öffnung in der Ofendecke in den Schlot
t@tjgesaugt und
an dessen oberem Ende verbrannt. Die Verbrennung der Füllgase soll hierbei ohne
Entwicklung von Rauch und Lärm durchgeführt werden. Da aber der Wassergehalt der
Kohle und damit der Wasserdampfgehalt der Füllgase nicht gleichbleibend ist und
auch die durch die offene Ofentür während der Beschickung der Kammer beigesaugte
Luftmenge schwankt, ist es schwierig, die Verbrennung der Füllgase sauber durchzuführen.
Arbeitet man mit Luftmangel, so wird die Verbrennung unvollständig, und es entwickeln
sich große Rauchmengen, arbeitet man mit größerem Luftüberschuß, so erfolgt die
Verbrennung in explosionsartigen Verpuffungen, welche eine erheblicheLärmstörung
in derUmgebungverursachen.
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Die letztgeschilderten Umstände haben dazu geführt, claß die Beseitigung
der Füllgase nicht nur als eine hetriel)st<<chnische. sondern vor allem auch
als eine gewerbehygienische Aufgabe anzusehen ist. Von den Behörden wird in zunehmendem
Maße ein rauch-und staubarmer sowie lärmfreier Betrieb der Koksofenanlage gefordert.
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Zur Lösung des Problems der Füllgasbeseitigung wurde gemäß der USA.-Patentschrift
1485 914 vorgeschlagen, mittels eines auf der Ofendecke verschiebbaren Überführungsrohres
eine Verbindung zwischen den Gassammelräumen eines in Füllung befindlichen und eines
in Garung befindlichen Ofens zu schaffen. Da jedoch in dem in Garung befindlichen
Ofen ein gerin-@cr Über druck besteht und der in Füllung befindliche Gien an verschiedenen
Stellen mit der Außenatmosphäre in Verbindung steht, kommt eine ausreichende Gasförderung
nicht zustande. Außerdem entweichen 2: us dem in Füllung befindlichen Ofen Gasgemische,
die im Explosionsbereich liegen. Beim Eintritt dieser Gasgemische in den zweiten
Ofen besteht daher Explosionsgefahr.
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Es wurde ferner vorgeschlagen. die Füllgase nach .-@l;saugung mittels
Dampfstrahlinjektor in die Vorlage zurückzuführen und dadurch wieder nutzbar zu
machen. Auch dieses Verfahren ist nicht befriedigend, denn der Dampf kondensiert
sich in der Vorlage, und der Sauerstoff der Füllgase bleibt unverändert erhalten.
Beide Komponenten stellen eine unerwünschte Beimischung dar.
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Das Verfahren gemäß Erfindung erlaubt nicht nur, die aufgeführten
technischen Schwierigkeiten bei der Beschickung von hol;söfen voll zu meistern,
es verineidet auch das Auftreten von Staub und Lärm beim Füllen der Ofen. Dadurch
gewinnt es aber auch beim Arbeiten im Schüttverfahren an Wert, bei dem technische
Schwierigkeiten bei der Füllgasabsaugung in größerem Umfange nicht auftraten, gewerbehvgienische
Fragen aber ungelöst blieben.
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Darüber hinaus ermöglicht das Verfahren, die angestrel)te wirtschaftliche
Nutzung der Füllgase tat-Zchlich ztt erreichen. Dieser beim Arbeiten gemäß Er-17
ndung erzielte wirtschaftliche Fortschritt ist beachtlich. Der Heizwert der während
der Beschickung der Iiolzsöfeit sich bildenden Erstgase ist außerordentlich hoch,
auch ist die Gasentwicklung in den ersten Minuten, nachdem die Kohle mit den heißen
Ofenwänden in Berührung gebracht wurde, mengenmäßig sehr heftig. Es wurde festgestellt,
daß in den wenigen Minuten, welche zur Beschickung eines Koksofens erforderlich
sind, bis zu 1% der Gesamtgasentwicklung anfallen. Zu diusein Anfall an Gas kommt
dessen Gehalt an hohlewertstoffen wie Teer und Benzol. Bei den ülblichen Verfahren
werden die Produkte dieser Erstentgasung der Kohle unverändert in die Atmosphäre
entlassen oder durch Verbrennung vernichtet, bei dem Verfahren gemäß Erfindung jedoch
voll nutzbar gemacht.
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Zusammenfassend werden durch das Verfahren gemäß Erfindung die Nachteile
der alten Verfahren vermieden, die Füllgase werden in geregelten Mengen erfaßt und
auf betriebssichere Weise nutzbar gemacht, eine Störung des Bedienungspersonals
und der Nachbarschaft der Kokerei durch Staub, Rauch und Lärm unterbleibt.
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Die Erfindung betrifft ein insbesondere für Stampfbetriebe geeignetes
Verfahren zur Absaugung der Füllgase von Koksöfen, bei dem die aus einer zu füllenden
Ofenkammer austretenden Füllgase zwecks Verwertung in eine noch in Garung befindliche
Ofenkammer mittels eines fahr-, heb- und senkbaren Überführungsrohres geleitet werden
und ist dadurch gekennzeichnet, daß das Absaugen und Überführen der Füllgase in
die Garungskammer mittels eines Dampfstrahlinjektors im Überführungsrohr erfolgt.
In der zweiten Kammer lagern sich mitgerissene Staubteilchen ab; die Füllgase und
der in den Füllgasen enthaltene Teer sowie mitangesaugter Luftsauerstoff und der
Injektordampf setzen sich bei der Berührung mit dem in dieser Kammer enthaltenen
glühenden Kol;-, um. Die in die zweite Kammer eingeführten Gase werden auf dem normalen
Wege weitergeleitet und gelangen durch das Steigrohr zur Vorlage.
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Das Verfahren gemäß Erfindung unterscheidet sich von dem in der angeführten
USA.-Patentschrift beschriebenen in vorteilhafter Weise dadurch, daß der zur Absaugung
der Füllgase aus dem in Füllung begriffenen Ofen erforderliche Unterdruck außerhalb
der Ofen, und zwar im Überführungsrohr erzeugt und wirksam wird, ebenso wie der
zur Weiterführung der Gase in den zweiten Ofen benötigte Überdruck. Das Gemäuer
der Ofen wird nicht gefährdet, Gasübertritte im Ofen von der Rauchgasseite zur Produl;tionsga@-seite
oder umgekehrt sind nicht zu befürchten. Der mit dem Dampfstrahlinjektor eingeführte
Wasserdampf wirkt als Schutzgas und schließt die Möglichkeit einer Explosion auch
für den Fall aus, daß eine überstarke Saugung erhebliche Luftmengen zusammen mit
den Füllgasen aus dem ersten Ofen in den zweiten Ofen gelangen läßt.
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Eine Ausführungsart des Verfahrens der Erfindung wird an Hand der
Zeichnung erläutert.
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Fig. 1 ist ein schematischer Schnitt der Vorrichtung zur Gasüberführung
von einer Kokskammer in ein @_ andere. Die Vorrichtung ist in Arbeitsstellung gezeigt:
der als Transportvorrichtung vorgesehene Verschiebewagen ist nicht dargestellt;
Fig. 2 zeigt eine der Fig. 1 entsprechende Ansicht. Die Vorrichtung ist hier auf
dem Verschiebewagen angehoben und in der Stellung, in der sie zur Inbetriebnahme
abgelassen wird. Ebenfalls kann sie aus dieser Stellung zu zwei anderen Kokskammern
verschoben werden.
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Bei dieser Einrichtung ist das Gasüberführungsrohr 1 in einem leichtgebauten
Verschiebewagen 2 @o aufgehängt, daß man es durch bekannte und nicht dargestellte
Mittel leicht heben und senken kann. Das Gasüberführungsrohr 1 ist erfindungsgemäß
vorteilhaft als Dampfstrahlinjektor ausgebildet und enthält in seinem Innern eine
oder mehrere Dampfdüsen 3. An den beiden Enden des Gasüberführungsrohres 1 sind
zwei vertikale Rohre 4 angeordnet, die oben durch einen dichten Deckel 5 geschlossen
sind und mit ihren unteren offenen Enden eine Glocke bilden. Das untere Ende jeder
Glocke wird gegen die Kokskamtner z. B. durch eine Asbestdichtung 6 abgedichtet.
Das Gasüberführungsrohr
1 wird so auf die Ofendecke Herabgelassen,
daß der Glockenrand mit der Asbestdichtung 6 koaxial zu der Mündung 7 des die Füllgase
durch die Decke jeder Kokskammer führenden Kanales 8 ist. Auf diese Weise wird eine
dichte Verbindung zwischen Kokskammer und Vorrichtung hergestellt. Es ist vorteilhaft,
an Stelle einer trockenen Asbestdichtung zwischen der Absaugvorrichtung und der
Kokshammer eine hydraulische Dichtung vorzusehen. Diese läßt sich durch eine auf
die Mündung 7 jeder Kokskammer dicht aufgesetzte, mit Wasser gefüllte Ringwanne
herstellen. Beim Gebrauch wird die Vorrichtung zur Absaugung der Füllgase herabgelassen,
so daß die Enden der Rohre 4 in die mit Wasser gefüllte Ringwanne tauchen. Hierdurch
wird eine vollständige Abdichtung zwischen der Kokskammeröffnung und der Absaugvorrichtung
erreicht, auch wenn die Ofendecke nicht vollkommen eben ist, was bei älteren Öfer
oft der Fall ist.
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Ferner kann man, anstatt die gesamte Vorrichtung zu heben bzw. zu
senken, lediglich zwei zusätzliche Rohrteile, welche teleskopartig mit den Rohren
4 verbunden sind, aufwärts bzw. abwärts bewegen. Der Unterteil dieser ausfahrbaren
Zusatzrohre ist dann mit einer Asbestdichtung versehen bzw. wird in das Wasser der
Ringwanne eingetaucht.
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Außerdem sind Vorrichtungen zum Heben der Deckel 9, welche normalerweise
die Mündungen 7 verschließen, vorgesehen. Eine solche Vorrichtung besteht im wesentlichen
aus einer Stange 11, die in der dicht schließenden, im Deckel 5 des Rohres 4 vorgesehenen
Führung 12 vertikal verschiebbar ist. Die Stange 11 kann in ihrer unteren Stellung
mit dem die Üffnung 7 verschließenden Deckel 9 durch Drehung verbunden werden. Die
Verbindung kann durch nicht dargestellte Mittel, z. B. Verschraubung oder Bajonettverschluß,
hergestellt sein. Beim Anheben der Stange 11 wird der Deckel 9 in dem Rohr 4 hochgezogen,
und der Kanal 8 steht mit dem Gasüberführungsrohr in Verbindung.
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Zum Absaugen der Füllgase wird das auf dem Verschiebewagen 2 angehobene
Gasüberführungsrohr 1 mit den Rohren 4 so herangeführt, daß die Rohre 4 senkrecht
über den Mündungen 7 der Kokskammern stehen, und zwar das eine Rohr 4 über der Kokskammer,
aus der die Füllgase abgesaugt werden sollen, das andere Rohr 4 über einer Kokskammer,
in der die Destillation nahezu beendet ist (Fig. 2). Dann wird die Vorrichtung gesenkt,
bis die Dichtungen 6 in Schließstellung konzentrisch um die Mündung 7 anliegen (Fig.
1). Hierauf werden die Deckel 9 mittels der Stangen 11 hochgehoben und die Füllgase
durch Betätigung des Dampfstrahlinjektors 3 abgesaugt. Durch Regulierung des durch
den Injektor strömenden Dampfes kann die Saugwirkung so eingestellt werden, daß
einerseits die Füllgase nicht in die Außenatmosphäre entweichen und andererseits
trotz der offenen Beschickungstür keine übermäßige Luftmenge angesaugt wird. Sobald
der Beschickungsvorgang beendet ist, verbindet man wie gewöhnlich die eben beschickte
Kammer mit der Vorlage und verschließt die Mündungen 7 mit den Deckeln 9, indem
die Stangen 11 in den dichten Führungen 12 herabgelassen und die an ihre Plätze
gebrachten Deckel 9 durch Drehung der Stangen 11 von letzteren getrennt werden.
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Danach kann das Gasüberführungsrohr angehoben werden, wodurch die
Rohre 4 mit ihren Dichtungen 6 von der Ofendecke abgehoben werden. Alsdann kann
die gesamte Vorrichtung mit dem Verschiebewagen 2 zu zwei anderen Kammern, deren
eine zu beschicken ist, verfahren werden.
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Die Absaugevorrichtung gemäß der Erfindung kann beim Schüttbetrieb
wie beim Stampfbetrieb in derselben Ausführung verwandt werden. Da beim Schüttbetrieb
die Beschickung der Koksöfen durch Üffnungen in der Ofendecke erfolgt, wird in diesem
Fall erfindungsgemäß der Füllwagen so gebaut, und es werden erfindungsgemäß die
Füllöffnungen in der Ofendecke so angeordnet, daß eine Öffnung in der Ofendecke
für das Aufsetzen der Absaugevorrichtung frei bleibt. Erfindungsgemäß kann die Absaugevorrichtung
und der Füllwagen beim Arbeiten im Schüttbetrieb baulich verbunden werden.
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Beim Arbeiten im Stampfbetrieb kann man vorhandene, zum Aufsetzen
des Füllgasverbrennungswagens erbaute Abzugskanäle und beim Arbeiten im Schüttbetrieb
vorhandene, zum Einfüllen der Kohle dienende Füllöffnungen in der Koksofendecke
benutzen.