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Verfahren zur Herstellung von Vinylidencyaniden (1, 1-Dicyanäthylenen)
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Pyrolyse von 1-Acyloxy-1, 1-dicyanäthanen
zu Vinylidencyaniden (1,1-Dicyanäthylenen) in Gegenwart eines inerten flüssigen
oder gasformigen Verdünnungsmittels.
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Nach der USa.-Patentschrift 21514 387 kann '1, 1, 3, 3-Tetracyanpropan
unter hohem Vakuum bei 180° C zu hochreinem Vinylidencyanid thermisch zugesetzt
werden. Die im vorliegenden Fall darstellbaren Vinylidencyanide zeichnen sich demgegenüber
aber durch wesentlich größere Beständigkeit aus.
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In der USA.-Patentschrift 2 476 270 (entsprechend der deutschen Patentschrift
875 349) ist beschrieben, daß 1-Acetoxy-1,1-dicyanäthan bei Temperaturen zwischen
400 und 750°C.zümonomerem Vinylidencyanid pyrolysiert werden kann, das eine außerordentlich
wertvolle polymerisierbare Verbindung ist, die besonders zur Herstellung von Polymeren
benutzt wird, aus denen sich Kunstfasern und Harze herstellen ~ lassen.
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Wird jedoch das in dieser Patentschrift beschriebene Verfahren nicht
unter vermindertern Druck, vorzugsweise zwischen 2 und 50 mm Quecksilberdruck durchgeführt,
so ist die Ausbeute an Vinylidencyanid nicht so hoch ; nebenbei erfolgt im Pyrolyserohr
eine beträchtliche Kohlenstoffablagerung. Diese Abhängigkeit der Arbeitsweise vom
verminderten Druck ist aus vielen Gründen höchst unbefriedigend. So bedingt z :
B. die Erzeugung und Aufrechterhaltung eines derartigen Vakuums eine kostspielige
Vorrichtung, die notwendigerweise überwacht werden muß, wodurch sich die Kosten
für die Erstellung und die fortiaufende Unterhaltung der Pyrolyseanlage erheblich
erhöhen.. Ferner erfordert der verminderte Druck bei der Ausführung des Verfahrens
in großem Maßstabe die Anwendung eines großen Pyrolyserohres und bzw. oder eine
hohe Temperatur. Diese Maßnahmen führen ihrerseits zu einem ausgesprochenen Temperaturabfall
quer durch den Gasflm an der Rohrgrenzfläche und damit einhergehender übermäßiger
Spaltung längs der Rohrwände.
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Außerdem muß man bei der Pyrolse unter vermindertem Druck sehr niedrige
Temperaturen zur Abkühlung der Pyrolysedämpfe anwenden, wodurch wiederum die Kosten
einer solchen Pyrolyseanlage erhöht werden. In. Anbetracht all dieser Nachteile
ergibt sich, daß das in der USA.-Patentschrift 2 476 270 beschriebene Verfahren
für die technische Durchführung nicht so geeignet ist, wie das erwünscht wäre.
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Das Verfahren der Erfindung kann dagegen unter
Erzielung hoher Ausbeuten
und ohne verfahrensmäßige Schwierigkeiten bei Atmosphärendruck durchgeführt werden.
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Es wurde nun gefunden, daß die vorstehend geschilderten Nachteile.
leicht überwunden werden können, wenn man die Pyrolyse von 1-Acyloxy-1, 1-dicyanäthanen
in Gegenwart eines inerten flüssigen oder gasförmigen Verdünnungsmittels durchführt.
Bei der Anwendung eines solchen inerten Verdünnungsmittels wird die Pyrolyse bei
Atmosphärendruck durchgeführt.
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Man erhält dadurch hohe Ausbeuten an monomeren Vinylidencyaniden.
Darüber hinaus erhöht z. BW der Zusatz eines inerten Verdünnungsmittels die Beständigkeit
der rohen Vinylidencyanide erheblich, was um so beachtlicher ist, als Vinylidencyanide
gegen Polymerisation ziemlich schwer zu stabilisieren sind, außerdem wird die übermäßiger
Spaltung in der Gasfilmschicht an den Rohrwänden verringert. Ferner wird, wenn das
inerte Verdünnungsmittel bei Ralletemperatur. und Atmosphärendruck eine Flüssigkeit
ist, der Schmelzpunkt des in die Pyrolysevorrichtung gegeberien Acyloxydicyanäthans
im gleichen Maße erniedrigt wie der Taupunkt der Dämpfe der Pyrolyseprodukte, was
in beiden Fällen vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit und der Arbeitserleichterung
sehr erwünscht ist.
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Die Pyrolyse der Acyloxydicyanäthane nach dem Verfahren der Erfindung
verläuft nach folgendem Schema :
CN CN |
Acyl-O-C-CH2R 400bis750° R-CH=C-}-Acyl-OH |
inertes Verdiinnungsmittel |
CN CN |
In der Formel enthält Acyl vorzugsweise 2 bis 6 Kohlenstoffatome,
und R bedeutet Wasserstoff oder einen niedrigmolekularen Alkylrest mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen.
Wenn R gleich Wasserstoff ist, entsteht Vinylidencyanid neben einer Carbonsäure.
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Die Pyrolyse und die Gewinnung der entstandenen Umsetzungsprodukte
können in verschiedener Weise durchgeführt werden. Ein bevorzugtes Verfahren, bei
dem Hochstausbeuten erhalten werden, besteht darin, daß man ein inertes flüssiges
Verdünnungsmittel zu dem Acyloxydicyanäthan gibt, das erhaltene Gemisch verdampft
und die Dämpfe bei Atmosphärendruck durch ein erhitztes, vorzugsweise aus Messing
oder rostfreiem Stahl bestehendes Pyrolyserohr leitet, in welchem die Abspaltung
der Carbonsäure erfolgt. Die Dämpfe der Pyrolyseprodukte werden dann abgeschreckt
und dadurch verflüssigt, wie es in dem Verfahren der Patentanmeldung G 12741 IVb/12
o näher beschrieben ist. Nach schneller Destillation zur Entfernung möglicherweise
anwesender fester Körper kann das flüssige Vinylidencyanid ohne weitere Reinigung
zur Herstellung von Polymeren verwendet werden, da sowohl die Carbonsäure als auch
noch andere anwesende Verunreinigungen keinen merklichen Einfluß auf die Polymerisation
ausüben. Tatsächlich ist das inerte flüssige Verdünnungsmittel auch bei der Polymerisation
brauchbar.
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Die monomeren Vinylidencyanide können aus dem rohen Pyrolyseprodukt
in reiner Form durch Destillation, durch Kristallisation aus einem Lösungsmittel,
z. B. Toluol, oder durch Behandlung des Pyrolyseproduktes mit einem konjugierten
Diolefin, z. B. Butadien oder Cyclopentadien, gewonnen werden, das mit dem Monomeren
ein festes Addukt bildet, das von der Carbonsäure und den anderen Verunreinigungen
abgetrennt und bei Temperaturen über etwa 400° C wieder in das monomere Vinylidencyanid
gespalten werden kann. Man kann das monomere Vinylidencyanid auch dadurch gewinnen,
daß man es in Wasser polymerisiert, das feste Polymerisat von den flüssigen Stoffen
abfiltriert und durch Erhitzen auf Temperaturen zwischen 170 und 250° C wieder in
monomeres Vinylidencyanid überführt. Dieses Verfahren ist in der USA.-Patentschrift
2 535 827 ausfiihrlich beschrieben.
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Wenn das inerte Verdünnungsmittel bei Raumtemperatur und Atmosphärendruck
ein Gas ist, wird es dem verdampften Acyloxydicyanäthan vorzugsweise vor dessen
Eintritt in das Pyrolyserohr zugesetzt.
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Die Temperatur, bei der die Zersetzung in der Hitze erfolgt, kann
in weiten Grenzen schwanken. Im allge-
meinen j edoch sollen Temperaturen von 400
bis 750° C angewendet werden ; die beste Umwandlung erfolgt bei Temperaturen zwischen
475 und 575° C. Wie bereits erwähnt, wird die Pyrolyse bei Atmosphärendruck durchgeführt.
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Die Durchsatzgeschwindigkeit des Acyloxydicyanäthylens, also die
Menge Acyloxydicyanäthylen, die in der Zeiteinheit in das Pyrolyserohr eingeleitet
wird, kann ebenfalls ohne merkliche Beeinflussung des Umwandlungsgrades in weiten
Grenzen schwanken.
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Es wurde jedoch gefunden, daß die Menge an inertem Verdünnungsmittel
einen wesentlichen Einfluß auf die Pyrolyse hat. Aus diesem Grunde ist es erwünscht,
daß etwa 8 bis 12 Mol des inerten Verdünnungsmittels je Mol des Acyloxydicyanäthans
angewendet werden, um Höchstausbeuten an monomerem Vinylidencyanid zu erreichen.
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Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendete Verdünnungsmittel
muß gegenüber den Ausgangs-und Endstoffen unter den Pyrolysebedingungen inert sein
; es darf sich mit den genannten Verbindungen nicht umsetzen und diese Produkte
auch nicht beeinflussen. SolcheVerdünnungsmittel, diebeiRaumtemperatur und Atmosphärendruck
flüssig oder unter diesen Bedingungen gasförmig sind, sind die flüssigen, gegebenenfalls
halogenhaltigen aromatischen Kohlenwasserstoffe, z. B. Benzol, o-, m-oder p-Toluol,
o-, m-oder p-Xylol, Monochlorbenzol, Dichlorbenzol, Trichlorbenzol, und Gase, wie
Stickstoff, Wasserstoff, Helium, Methan, Athan, Propan.
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Als Ausgangsstoffe sind nach dem Verfahren der Erfindung besonders
Acetoxydicyanäthan (1-Acetoxy-1, 1-dicyanäthan), 1-Propionyloxy-1, 1-dicyanpropan,
l-Acetoxy-1, 1-dicyanbutan, 1-Propionyloxy-1, 1-dicyanäthan, 1-Butyryloxy-1, 1-dicyanbutan,
1-Valeryloxy-1, 1-dicyanathan geeignet.
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Die folgenden Beispiele dienen zur Erläuterung des Verfahrens. In
den Beispielen sind alle Teile Gewichtsteile.
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Beispiel 1 Mehrere Pyrolysen werden in der Weise ausgeführt, daß
1-Acetoxy-1, 1-dicyanäthan mit inerten flüssigen Verdünnungsmitteln gemischt und
diese Mischung durch ein erhitztes Glasrohr gepumpt wird, das mit Glasspiralen gefüllt
und auf Atmosphärendruck gehalten wird. Die Dämpfe der Pyrolyseproduktewerden abgekühlt
und in einer gekühlten Vorlage gesammelt.
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In den flüssigen Pyrolyseprodukten wurde der Gehalt an monomerem Vinylidencyanid
bestimmt. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle enthalten.
Umwandlungsgrad |
Mol Verdünnungsmittel Durchsatzgeschwindigkeit |
Temperatur des Acyloxydicyanäthans |
Verdünnungsmittel je Mol 1-Acetoxy- Teile 1-Acetoxy-1,1-di- |
in °C in Vinylidencyanid |
1,1-dicyanäthan cyanäthan je Minute |
in% |
Benzol 5, 0 0, 265 450 30, 6 |
Benzol .................... 9,0 0,171 505 80,1 |
74% Benzol |
# ................... 14,5 0,104 510 85,5 |
26% Xylol |
74% Benzol |
# .................... 10,3 0,140 520 80,8 |
26% Xylol |
74% Benzol |
# .................... 10,3 0,205 515 80,8 |
26% Xylol |
Clllorl) ellzol. s 10, 0 0, 165 500 82, 5 |
10, 0 0, 239 500-79, 6 |
Chlorbenzol .................... 10,0 0,320 525 83, 5 |
10, 0 0, 320 550 79, 6 |
Beispiel 2 Man leitet die Dämpfe von 1-Acetoxy-l, l-dicyanäthan
zusammen mit einer Mischung aus Methan, Athan und Propan bei Atmosphärendruck durch
ein auf 650° C erhitztes Glasrohr. Die Dämpfe der rohen Pyrolyseprodukte werden
in einer gekühlten Vorlage verflüssigt. Bei der Destillation der Flüssigkeit wird
reines monomeres Vinylidencyanid in einer Ausbeute von 75, 5'°/o erhalten. Es ist
sehr beständig ; bei 70° C polymerisierte es erst in 165 Minuten und bei 100° C
in 37 Minuten vollständig.
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Die nüssigen und gasformigen inerten Verdünnungsmittel können aber
nicht nur allein, ein jedes für sich, sondern auch in Mischung miteinander angewandt
werden, wie das folgende Beispiel zeigt.
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Beispiel 3 Die Pyrolyse wird in der Weise durchgeführt, daß 20 Teile
1-Acetoxy-1, 1-dicyanäthan mit 40 Teilen trockenem Monochlorbenzol gemischt werden.
Die Mischung wird auf eine Temperatur unmittelbar unter ihrem Siedepunkt erhitzt
und dann ein inertes gasförmiges Verdünnungsmittel unter die Oberfläche der Schmelze
eingeleitet und die Dampfmischung durch das erhitzte Pyrolyserohr bei Atmosphärendruck
geleitet. Die Dämpfe der Pyrolyseprodukte werden anschlieBend in einer gekühlten
Vorlage gesammelt.
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Im flüssigen Pyrolyseprodukt wurde der Gehalt an monomerem Vinylidencyanid
bestimmt. In der folgenden Tabelle sind die verwendeten inerten gasförmigen Verdünnungsmittel,
die Temperaturen und die Ausbeuten an monomerem Vinylidencyanid in °/o angegeben.
Ausbeuten |
Inertes gasförmiges Temperatur an monomerem |
Verdiinnungsmittel in ° C Vinylidencyanid |
in °/o |
Propan 580 64, 7 |
Stickstoff............ 580 72, 3 |
Gemisch aus Methan, |
Athan und Propan 550 76, 6 |
Bei dem in Gegenwart von Propan hergestellten Vinylidencyanid betrug die Beständigkeit
bei 70° C 225 Minuten und bei 100° C 53 Minuten ; das mit Stickstoff als Verdünnungsmittel
hergestellte war bei 70° C über 380 Minuten und bei 100° C 70 Minuten beständig.
Bei der Verwendung des Gemisches aus Methan, Athan und Propan als Verdünnungsmittel
überstieg die Beständigkeit bei 70° C 480 Minuten und bei 100° C 200 Minuten.
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Aus den Beispielen 1 bis 3 geht hervor, daß man ausgezeichnete Ausbeuten
an monomerem Vinylidencyanid erhält, wenn man Acetoxydicyanäthan in Gegenwart eines
inerten Verdünnungsmittels bei
Atmosphärendruck pyrolysiert. Bei Abwesenheit eines
solchen Verdünnungsmittels ist die unter Atmosphärendruck durchgeführte Pyrolyse
unter den in den Beispielen angewandten Bedingungen so unbefriedigend, daß die Ausbeute
an monomerem Vinylidencyanid nur zwischen etwa 10 und 20 §/o liegt.
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Aus den Versuchsergebnissen geht hervor, daß die erhaltenen Vinylidencyanide
erheblich polymerisationsbeständiger sind, wenn die Pyrolyse in Gegenwart eines
inerten Verdünnungsmittels durchgeführt wird.
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Beispiel 4 Das Beispiel 1 wird wiederholt, jedoch wird an Stelle
des 1-Acetoxy-1, 1-dicyanäthans das 1-Propionyloxy-1, 1-dicyanpropan angewendet.
Die Ausbeute an dem entstandenen Methylvinylidencyanid war ebenso günstig wie im
Beispiel 1.
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PATENTANSPROCHE : 1. Verfahren zur Herstellung von Vinylidencyaniden
(1, 1-Dicyanäthylenen) der allgemeinen Formel
durch Erhitzen von 1-Acyloxy-1, 1-dicyanäthanen der allgemeinen Formel
in der R entweder Wasserstoff oder ein niedermolekularer Alkylrest ist, bei normalem
Druck auf eine Temperatur von 400 bis 750° C, dadurch gekennzeichnet, daß man das
Erhitzen in Gegenwart eines inerten flüssigen oder gasförmigen Verdiin, nungsmittels
durchführt.