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Verfahren zur Erhöhung des Molekulargewichtes von linearen Polyamiden
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Umwandlung niedrigmolekularer Polyamide
in hochmolekulare Polyamide, die sich für die Verformung nach dem Spritzguß- und
Strangpreßverfahren eignen.
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Es ist bekannt, eine zweibasische Säure und ein Diamin miteinander
oder eine Aminocarbonsäure mit sich selbst zu kondensieren, um Polymere von verhältnismäßig
hohem Molekulargewicht zu gewinnen. In den USA.-Patentschriften 2 130 523 und 2
130 948 sind Verfahren beschrieben, nach welchen zweibasische Säuren und Diamine
zu Polyamiden umgesetzt werden. Ähnliche Polyamide werden in Gegenwart von Wasser
nach Verfahren hergestellt, wie sie z. B. in der USA.-Patentschrift 2 163 636 beschrieben
sind. Anknüpfend an diese frühen Arbeiten beschreibt die USA.-Patentsçhrift 2 172
374 ein Verfahren, nach welchem man die Viskosität der verhältnismäßig niedrigmolekularen
Polyamide, die nach den obengenannten Verfahren erhalten werden, erhöhen kann.
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Ein großes Anwendungsgebiet der linearen Polyamide ist die Kunststoffindustrie.
Hierbei wird das Polymere in Form eines körnigen Pulvers durch Erhitzen geschmolzen
und dann in eine Form eingeführt.
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Diese Verwendungsmöglichkeit war bisher im allgemeinen auf Arbeitsweisen
beschränkt, bei denen nicht der volle wirtschaftliche Nutzen der Strangpreßwerkzeuge
und Spritzgußmaschinen zur Geltung gebracht werden konnte. Diese Einschränkungen
beruhten zu keinem geringen Teil auf dem Fließvermögen der Polyamide im geschmolzenen
Zustand. Die vorliegende Erfindung ist unter anderem auf die Gewinnung hochmolekularer
Polymerer gerichtet, welche sich durch eine verbesserte Formbeständigkeit des ausgestoßenen
Formstückes im Schmelzzustand kennzeichnen, d. h., die Form bleibt nach dem Ausstoßen
erhalten, obgleich die gemäß vorliegender Erfindung behandelten Polymeren in diesem
Zustand immer noch im wesentlichen die gleiche Fließfähigkeit wie unmittelbar vor
dem Ausstoßen besitzen.
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Gemäß einem älteren Vorschlag können Polyamide in ein zum Strangpressen
geeignetes Material umgewandelt werden, indem man die Polyamide in feinverteiltem
Zustand unter einem Druck von weniger als 15 mm Quecksilbersäule bei einer Temperatur
über 1800 C, jedoch unterhalb des Schmelzpunktes unter Vermeidung eines Zusammenklebens
der Körner bis zur Bildung eines Polyamids erhitzt, das eine spezifische Viskosität
von mindestens 6, gemessen in 1gewichtsprozentiger Lösung in 90gewichtsprozentiger
Ameisensäure, aufweist.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf der Feststellung, daß das Kettenwachstum
durch weitere Polymerisation der Polyamide beim Erhitzen auf eine Temperatur unterhalb
des Schmelzpunktes besonders schnell und bis zu einem besonders hohen Polymerisationsgrad
erfolgt, wenn man dieser Behandlung solche Polyamide unterwirft, die sich hinsichtlich
ihres Gehaltes an endständigen Carboxyl- oder Aminogruppen möglichst nahe dem Rettenendgleichgewicht
befinden.
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Es wurde gefunden, daß das Molekulargewicht und damit das Ausmaß
der Formbeständigkeit in der Schmelze nach dem Ausstoßen bei linearen Polyamiden
in unerwartetem Maße erhöht werden kann, indem man Polyamide von einer relativen
Viskosität von 20 bis 100 und einem Überschuß von - 10 bis + 10 Mikroäquivalenten
an COOH- oder NH2-Gruppen über das Isettenendglçichgewicht (je g Polvamid) in festem
Zustand auf eine Temperatur unterhalb ihres Schmelzpunktes erhitzt, bis die relative
Viskosität wenigstens um 50 und auf einen Wert von mehr als 100 erhöht ist. Nach
dieser Behandlung können Polyamide, die an sich nicht für das Spritzgießen und Strangpressen
und andere Verformungsarten, bei denen das Polymere aus der Schmelze geformt wird,
geeignet sind, leicht ausgestoßen werden; ihre Formbeständigkeit in der Schmelze
ist merklich verbessert, und gleichzeitig ist ihr Molekulargewicht und damit ihre
Zähigkeit erhöht.
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Der Überschuß an endständigen Amino- oder Carboxylgruppen über das
Kettengleichgewicht wird folgendermaßen ermittelt:
Bestimmung der
endständigen Aminogruppen 3 g Polykondensationsprodukt werden durch Schfitteln in
50 cm3 einer 850/oigen Lösung von Phenol in Metband gelöst. Dann wird mit einer
Lösung von Perchlorsäure in Methanol bis zum potentiometrischen Punkt von 2,65 Millivolt
titriert.
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Bestimmung der endständigen Carboxylgruppen 3 g Polykondensationsprndukt
werden in 75 cm8 Genzylalkohol über einem Bad von siedendem p-Cymol gelöst, worauf
die heiße Lösung mit Natriumhydroxyd gegen Phenolphthalein titriert wird. Der Wert
wird durch einen Blindtest des Beuzylalkohols nach einem ähnlichen Erhitzen korrigiert.
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Durch Subtrahieren des hierbei für die endständigen Aminogruppen
erhaltenen Wertes (in Milliäquivalenten je Gramm des Polymeren) von dem für die
endständigen Carboxylgruppen erhaltenen Wert (in Milliäquivalenten je Gramm des
Polymeren) errechnet sich der Überschuß an Carboxyl- oder Aminogruppen über das
Kettengleichgewicht oder die »Endgruppenbilanz«, die im Falle überschüssiger Carboxylgruppen
einen positiven, im Falle überschüssiger Aminogruppen einen negativen Wert besitzt.
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Es ist bekannt, durch Polykondensation aus e-Aminocarbonsäuren oder
deren Lactamen gewonnene lactamhaltige Polyamide auf Temperaturen von 130 bis 2150
C zu erhitzen, um dadurch ihren Lactamgehalt auf ein Mindestmaß zu senken. Es handelt
sich dabei um ein Ausgangsgut, welches erhebliche Mengen, z. B.
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10 bis 12°/o, an niedermolekularen Anteilen enthält, die ihrerseits
zum überwiegenden Anteil aus monomerem Lactam bestehen. Um die Extraktion dieser
Anteile mit Lösungsmitteln zu vermeiden, werden sie nach dem bekannten Verfahren
durch Erhitzen polymerisiert, wobei der Gehalt des Polymeren an diesen niedermolekularen
Anteilen z. B. auf die Hälfte sinkt.
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Im Gegensatz dazu geht die vorliegende Erfindung von Polyamiden aus,
die praktisch keine niedermolekularen Anteile, wie monomeres oder dimeres Lactam,
mehr enthalten und den oben angegebenen Anforderungen entsprechen, und stellt sich
die Aufgabe, deren relative Viskosität und mithin ihr Molekulargewicht zu erhöhen,
um sie zur Verarbeitung nach dem Spritzguß- und Strangpreßverfahren geeigneter zu
machen.
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Bei der Herstellung linearer Polyamide nach bekannten Verfahren werden
äquimolare Anteile eines Diamins und einer Dicarbonsäure unter Bildung von Polykondensationsprodukten
umgesetzt. Im Verlaufe der Kondensation, die bei verhältnismäßig hohen Temperaturen
erfolgt, verschwinden Aminogruppen schneller als Carboxylgruppen, wahrscheinlich
weil die Aminogruppen unter den Reaktionsbedingungen weniger beständig bzw. Amine
stärker flüchtig als die Carboxylverbindungen sind.
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Infolge dieser Unbeständigkeit der Aminogruppen enthält das Reaktionsprodukt
im allgemeinen einen Unterschuß an Aminogruppen, oder anders ausgedrückt, es besitzt
eine positive »Endgruppenbilanz«.
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Wenn man überschüssige Aminogruppen vor, während oder nach der Reaktion
einführt, erhält man Proedukte, die entweder einen Überschuß an Aminogruppen oder
eine ausgeglichene »Endgruppenbilanz« haben.
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Um den Erfindungsgedanken richtig zu verstehen, muß man die enge
Beziehung berücksichtigen, die zwischen dem Molekulargewicht und der Viskosität
von Polyamiden in Lösung besteht. Staudinger u. a. haben diese Beziehung gezeigt.
Mark beschreibt diese Beziehungen in »Physical Chemistry of High
Polymeric Systems«,
Bd. II, New York, 1940, im einzelnen. In der vorliegenden Beschreibung wird das
Molekulargewicht eines gegebenen Polyamids in Form seiner relativen Viskosität ausgedrückt.
Diese Viskosität ist durch das Verhältnis der Viskosität einer Lösung von 250 C,
die 0,25 g des Polymeren in 50 cm5 Ameisensäure enthält, zu der Viskosität der Ameisensäure
unter den gleichen Bedingungen definiert.
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In der Zeichnung ist die Erhöhung der Viskosität dargestellt, die
durch Wärmebehandlung von Polyamiden (Tabletten von etwa 1,6 mm Durchmesser) von
unterschiedlicher »Endgruppenbilanz « erzielt wird.
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Zu diesem Zwecke ist die relative Viskosität des wärmebehandelten
Polyamids als Ordinate über der Endgruppenbilanz (C O O HN H2) des Behandlungsgutes,
ausgedrückt als Mikroäquivalente je Gramm Polyamid, als Abszisse aufgetragen. Die
Temperatur der Wärmebehandlung beträgt 2350 C, und die Be handlungszeit (in Minuten)
ist durch die Kennzeichnung der Meßpunkte angegeben, die zur Konstruktion jedes
Kurvenzuges verwendet wurde und in derlinken oberen Ecke der Zeichnung erläutert
ist. Die Zunahme der Viskosität ist für die Endgruppendifferenz von - 60 bis + 60
(ausgedrückt in Mikroäquivalenten je Gramm Polymeres) aufgetragen. Ähnliche Resultate
werden bei anderen Temperaturen der Wärmebehandlung in fester Phase erzielt.
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Die Kurven zeigen, daß bei einer in bezug auf Temperatur und Dauer
gegebenen Wärmebehandlung die erzielte Viskosität maximal ist, wenn die »Endgruppenbilanz«
des Ausgangsgutes ausgeglichen ist, und daß sie abnimmt, wenn das Endgruppengleichgewicht
nach der positiven oder negativen Seite verstimmt ist. Die Zeichnung zeigt ferner,
daß das Polyamid mit ausgeglichener »Endgruppenbilanz« in der kürzesten Zeit optimale
Viskosität erreicht. Die Erfindung ist zwar in erster Linie auf die Behandlung von
Polyamiden von einer im wesentlichen ausgeglichenen Endgruppenbilanz gerichtet.
Aber die Vorteile der hohen Polymerisationsgeschwindigkeit und der hohen Viskosität
des Endproduktes werden auch erreicht - wenn auch nicht im maximalem Ausmaß, wenn
Polyamide mit einer Verstimmung des Endgruppengleichgewichtes zwischen - 10 und
+ 10 gemäß der Erfindung behandelt werden. Die behandelten Polyamide mit einer relativen
Viskosität von 200, insbesondere über 250, deren Wassergehalt unter 0,1, vorzugsweise
unter 0,05 Gewichtsprozent liegt, haben eine Formbeständigkeit in der Schmelze,
die bisher bei Polyamiden nicht zu erzielen war, und außerdem noch verbesserte physikalische
Eigenschaften des Formlings. In der Figur sind zwar nur die Resultate eingezeichnet,
die durch Erhitzen auf 2350 C erzielt werden, aber ähnliche Ergebnisse werden auch
bei Temperaturen bis hinauf zu etwa 100 C unterhalb des Schmelzpunktes des Polyamids
erzielt.
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Das Verfahren gemäß vorliegender Erfindung ist insbesondere für die
Behandlung von Polyamiden geeignet, z. B. solchen, die nach dem Verfahren der obengenannten
USA.-Patentschriften entstehen, sowie allgemein auf jedes beliebige, wie oben gekennzeichnete
Polyamid aus einer zweibasischen Säure und einem Diamin, welches wiederkehrende
Gruppen hat, die fast ganz aus Einheiten
bestehen und miteinander durch zweiwertige gesättigte
Kohlenwasserstoffreste
verbunden sind, die eine Kette von mindestens 4 Kohlenstoffatomen als integrierenden
Bestandteil der gesamten Kette enthalten.
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Die Vergütung der Polyamide gemäß der Erfindung setzt voraus, daß
das zu behandelnde Polymere das vorgeschriebene Endgruppengleichgewicht besitzt,
wie der folgende Versuch zeigt: Ein Polyhexamethylenadipamid von einer relativen
Anfangsviskosität von ungefähr 45 und einer »Endgruppenbilanz« von - 50 wurde auf
2350 C erhitzt, während sauerstofffreier Stickstoff durch die Masse geleitet wurde.
Nach ungefähr 90 Minuten hatte sich die relative Viskosität des Polykondensationsproduktes
auf 140 erhöht. Die gleiche Behandlung wurde mit einem Polyhexamethylenadipamid
wiederholt, das eine relative Viskosität von ungefähr 45 aufwies, aber eine »Endgruppenbilanz«
von ungefähr - 5 besaß. Dieses zeigte nach 90 Minuten die relative Viskosität von
240. Das Endgruppengleichgewicht kann durch eine zweckentsprechende chemische Behandlung
während der Kondensation von zweibasischer Säure und Diamin oder nach derselben
erzielt werden. Bei der iiblichen Herstellung eines Kondensationsproduktes von Adipinsäure
und Hexamethylendiamin werden äquivalente Mengen an Diamin und Adipinsäure verwendet.
Im Verlaufe der Kondensation hat das Reaktionsprodukt, wenn ein Teil der Aminogruppen
»verflüchtigt« ist, einen Uberschuß an endständigen Carboxylgruppen. Wenn umgekehrt
ein Teil der Carboxylgruppen verschwunden ist, hat das Reaktionsprodukt einen ueberschuß
an endständigen Aminogruppen.
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Wenn man nun die Reaktion so durchführt, daß man entweder einen geringen
Überschuß an Carboxylgruppen (durch Zusatz von mehr zweibasischer Säure) oder einen
geringen Uberschuß am Aminogruppen (durch Zusatz von mehr Diamin) hat, erhält man
ein Polyamid von der gewünschten Endgruppenbilanz.
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Um z. B. ein Polyamid mit einer positiven »Endgruppenbilanz« herzustellen,
wendet man einen über schuß an Amin über den stöchiometrischen notwendigen Betrag
an, um die Verdampfungsverluste auszugleichen. Dementsprechend wird ein Polymeres
mit einer negativen »Endgruppenbilanz« durch Zusatz von Amin in seiner Endgruppenbilanz
ausgeglichen.
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Das Verfahren kann auf vielfache Weise durchgeführt werden. Beispielsweise
kann die Umwandlung durch Erhitzen der gekennzeichneten Polyamide in festem Zustand
auf eine Temperatur erfolgen, die unterhalb seines Schmelzpunktes liegt, aber hoch
genug ist, damit das Weiterkondensieren eintritt und das bei dieser Kondensation
gebildete Wasser abgetrieben wird. Die Reaktion soll vorzugsweise in Abwesenheit
von Sauerstoff durchgeführt werden. Im Verlaufe der Reaktion können einige monomere
Verbindungen entstehen, die zusammen mit dem als Feuchtigkeit anwesenden oder bei
der Kondensation gebildeten Wasser aus dem Polyamid entfernt werden sollen. Die
Reaktion kann demzufolge so ausgeführt werden, daß man ein inertes Gas durch die
Masse des festen, feinzerteilten Polymeren leitet; umgekehrt kann man auch das Polymere
in feinzerteiltem Zustand mittels Schnecken durch eine Rohrleitung
gleichsinnig mit
einem Inertgas, z. B. Stickstoff, oder im Gegenstrom zu diesem leiten, um das bereits
vorhandene und bei der Kondensation gebildete Wasser und die während des Erhitzens
entstandenen Monomeren zu entfernen.
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Da Polyamide aus Hexamethylendiamin und Adipinsäure bei etwa 2700
C schmelzen, kann die erfindungsgemäße Behandlung dieser Polymeren bei Temperaturen
zwischen 200 und etwa 2600 C durchgeführt werden. Je höher die Temperatur ist, um
so schneller erfolgt die Reaktion. Für andere Reaktionsprodukte von zweibasischer
Säure und Diamin liegt die Behandlungstemperatur vorzugsweise etwas unterhalb, z.
B. 10 bis 200 C unterhalb des Schmelzpunktes des Polyamids.
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Die erfindungsgemäß vergüteten Polyamide zeichnen sich durch eine
hohe Schmelzviskosität aus. Polyamide von niedrigerer Schmelzviskosität können nicht
so einfach durch Strangpressen verarbeitet werden, weil sie eine geringe Formbeständigkeit
in der Schmelze haben und auslaufen. Überdies haben diese Polyamide eine größere
Neigung, während des Spritzgießens überzufließen und auszulaufen, als die erfindungsgemäß
erhaltenen hochmolekularen Polyamide.
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Die erfindungsgemäß gewonnenen hochmolekularen Polyamide sind insbesondere
zum Strangpressen von Stäben, Stangen, Rohren, Flaschen usw. geeignet.
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Einige dieser Formlinge, insbesondere in großen Formaten, waren aus
den Polyamiden der bisher bekannten Art schwierig herzustellen, wenn man nicht eine
kostspielige und komplizierte Apparatur verwenden wollte.
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PATENTANSPR8CHE 1. Verfahren zur Erhöhung des Molekulargewichtes
von linearen Polyamiden durch Erhitzen auf eine Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes,
dadurch geklennzeiOnet, daß ein Polyamid von einer relativen Viskosität von 20 bis
100 und einem Überschuß von - 10 bis + 10 Mikroäquivalenten COOH- oder N H2-Gruppen
über das Rettenendgleichgewicht je Gramm des Polyamids auf eine Temperatur unterhalb
seines Schmelzpunktes erhitzt wird, bis seine relative Viskosität wenigstens um
50 und auf einen Wert von mehr als 100 erhöht ist.