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Verfahren zurr Herstellung -von 11 ß-Hydroxysteroiden der Pregnanreihe
Die Erfindung betrifft ein biosynthetisches Verfahren zur Herstellung von 11ß-Oxysteroiden
der Pregnan-(einschließlich Pregnen-)Reihe und insbesondere die Herstellung von
Hydröcortison, wobei das entsprechende 11-Desoxysteroid, insbesondere 11-Desoxy-17a-oxycorticosteron,
das auch als »Reichsteinsverbindung S« bekannt ist und nachstehend der Kürze halber
so bezeichnet wird, mikrobiologisch oxydiert wird. Die mikrobiologische Oxydation
der genannten Verbindungen ist an sich bekannt.
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Gemäß der Erfindung erzielt man jedoch höhere Ausbeuten an dem Hydroxylierungsprodukt
wie bisher, indem man das als Ausgangsprodukt verwendete 11-Desoxysteroid der Einwirkung
eines Enzyms von Coniothy@ rium helleborine in einem wäßrigen Medium in Anwesenheit
von Sauerstoff aussetzt.
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Die Einwirkung des Enzyms kann entweder so- erfolgen, daß man das
11-Desoxysteroid in eine belütete Kultur des Mikroorganismus in oder auf einem geeigneten
Nährmedium einbringt oder daß man das 11-Desoxysteroid, Sauerstoff und das Enzym
sich nicht mehr vermehrender Zellen des Mikroorganismus zusammen in ein wäßriges
Medium einbringt. Die erstere Ausführungsform ist dabei bevorzugt.
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Die für das erfindungsgemäße Verfahren geeigneten 11-I)esoxysteroide
sind unter anderem die Hydrocortison ergebende Reichsteinsverbindung S, das 11ß-Oxypro=
gesteron ergebende Progesteron, das Corticosteron ergebende Desoxycorticosteron
und das l1ß,17a-Dioxyprogesteron ergebende 17a-Oxyprogesteron.
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Ein geeignetes Nährmedium besteht aus einer Stickstoffquelle und einer
welle für assimilierbaren Kohlenstoff und Energie. Die letztere kann ein Kohlehydrat
(z. B. Saccharose, Melassen, Glucose, Maltose, Stärke oder Dextrin) und/oder das
11-Desoxysteroid selbst sein. zweckmäßig enthält das Medium jedoch außer dem 11-Desoxysteroid
noch eine assimilierbare Kohlenstoff-und Energiequelle. Vorzugsweise besteht diese
Quelle auch mindestens zu einem wesentlichen Teil aus Fettsäuren mit mindestens
14 Kohlenstoffatomen oder Fetten.
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Die Verwendung solcher Lipoide als Quelle für Kohlenstoff und Energie
und insbesondere die Verwendung eines fetten Öls ist deshalb vorteilhaft, weil darin
das anwesende 11-Desoxysteroid für die Umwandlung zur Verfügung steht.
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Die für die erfindungsgemäßen Zwecke verwendeten Fette sind unter
anderem: Schweineschmalz, Sojabohnenöl, Leinsamenöl, $aumwollsamenöl, Erdnußöl,
Kokosnußöl, Getreideöl, Rizinusöl, Sesamöl, rohes Palmöl, fiammeltalg, Spermöl,
Olivenöl, Tristearin, Tripalmitin, Triolein, Trilaurin.
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Unter den für die erfindungsgemäßen Zwecke geeigneten Fettsäuren seien
genannt: Stearinsäure, Palmitinsäure, Oleinsäure, I,inoleinsäure und Myristinsäurc.
Die Stickstoffquelle kann organisch sein (z. B. Sojabohnenöl, Getreidekeimflüssigkeit,
Fleischextrakt und/ oder lösliche Destillationsrückstände) oder synthetisch (d,
h., sie kann aus einfachen synthetisierbaren örganischen und anorganischen Verbindungen,
z. B. Ammoniumsalzen, Alkalinitraten, Aminosäuren oder Karnstoff bestehen), Während
der Gärung soll ausreichend sterile Luft zugeführt werden, z. B, indem man eine
große Oberfläche eines Mediums der Luft aussetzt oder indem man von Flüssigkeit
überdeckte belüftete Kulturen verwendet.
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Das 11-Desoxysteroid kann der Kultur wählend der Incubationsperiode
zugegeben oder in das Medium vor der Sterilisation oder Impfung eingebracht werden..
Der bevorzugte Konzentrationsbereich des 11-Desoxysteroids in der Kultur liegt zwischen
etwa 0,025 und 0,25 °/o. Die zeit, während welcher das 11-Desoxysteroid der Einwirkung
des Enzyms ausgesetzt wird, kann beliebig variiert werden.
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Das gebildete 11ß-Oxysteroid (z. B. Hydrocortison) kann ohne Isolierung
durch Papierchromatographie in einem konzentrierten Extrakt des Kulturfiltrates
festgestellt und quantitativ gemessen werden. Eine Bestätigung erhält man iin Falle
von Hydrocortison und Corticosteron durch einen Glykogenablagerungstest bei Ratten.
Die Papierchromatographie, die auf der Arbeit von Zaffaroni und
Burton
(Journ. Biol. Chem., 193, S. 749 bis 767 [1951]) beruht, erfordert eine z. B. auf
Hydrocortison basierende, sorgfältige Standardisierung. Das Hydrocortison wandert
mit einem Drittel der Geschwindigkeit von Reichsteinsverbindung S in denn Benzol-u'asser-System,
und es bewegt sich viermal so schnell wie 11-Epi-hydrocortison in einem Benzol-Äthanol-Wasser-System.
8,0 cm3 Kulturfiltrat werden so mit 5,0 cm3 Methyl-isobutylketon (MIBK) ins Gleichgewicht
gebracht, 4,0 cm3 der MIBK-Phase werden abgetrennt, zur Trockne gedampft und in
0,20 cm3 einer Mischung aus Chloroform und absolutem Äthylalkohol (1 : 1) erneut
-gelöst. Eine 10 bis 100 y Hydrocortison enthaltende Menge dieser Chloroform-Äthanol-Lösung
wird auf den Papierstreifen aufgebracht, und das entwickelte Chromatogramm wird
mit Hilfe einer Ultraviolettabtastvorrichtung aufgenommen (Haines und Drake, Fed.
Proc., 9, S. 180 [1950]). Die Hydrocortisonzone wird dann ausgeschnitten, mit 10
cm3 95°/oigem Äthylalkohol eluiert, und man bestimmt die Ultraviolettabsorption
bei 240 mp.. Durch Vergleich mit einer Standardkurve, welche durch Zugabe verschiedener
Hydrocortisonmengen zu 8,0 cm3 irgendeines nichtvergorenen Nährmediums und die Extraktion
erhalten wurde, werden quantitative Schätzungen angestellt.
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Das 11ß-Oxysteroid kann aus der Kultur, in welcher es sich gebildet
hat, durch Abtrennung der Kulturfeststoffe, Extraktion der Kulturflüssigkeit mit
einem chlorierten Kohlenwasserstofflösungsmittel, Entfernung der in dem Extrakt
unlöslichen Stoffe, Abtrennung des Lösungsmittels aus dem Extrakt und Acylierung,
vorzugsweise Acetylierung des Rückstandes, gewonnen werden. Zu verwendende chlorierte
Kohlenwasserstofflösungsmittel sind unteranderem Chloroform, Äthylendichlorid und
Trichloräthylen.
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Ein wertvolles Nebenprodukt der erfindungsgemäßen Biosynthese von
Hydrocortison ist 11-Epi-F-diacetat (11-Epi-17a-oxycorticosteron-diacetat), das
von dem gebildeten Hydrocortisonacetat chromatographisch abgetrennt und in reiner
Form isoliert werden kann. Dieses Nebenprodukt ist für die Herstellung physiologisch
wirksamer Steroide wertvoll.
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Das folgende Beispiel erläutert das erfindungsgemäße Verfahren. Beispiel
Eine Suspension von Sporen von Coniothyrium helleborine wird durch Zugabe von 150
ccm einer 0,01 °/oigen Lösung eines Netzmittels (bekannt unter dem Handelsnamen
Duponal) zu einer 2 bis 3 Wochen alten Kultur auf zerkleinertem Getreide und Wasser
(geimpft mit einer anderen Kultur auf zerkleinertem Getreide oder einer lyophilisierten
Kultur des Organismus) und 30minutiges mechanisches Schütteln hergestellt. Ein 50
ccm betragender Anteil der Sporensuspension wird zur Impfung 11 eines Mediums der
folgenden Zusammensetzung, welches sich in einem 41 fassenden konischen Kolben befindet,
verwendet
Stärke ........................... 20 g |
Sirupöser Extrakt von gemähten |
Körnerfrüchten ................. 10 g |
Pepton ........................... 20 g |
Traubenzucker (bekannt unter dem |
Handelsnamen Cerelose) .......... 44 g |
NaN03 .......................... 3 g |
KH,P04......................... 1 g |
KCI ............................. 0,5g |
M9S04 - 7H20 .................... 0,5 g |
FeS04 ........................... 0,010 g |
oder FeS04 - 7H20 ................ 0,0183 g |
Leitungswasser auf p$ 7 ............ 1000 ccrn |
Der 4-1-Kolben wird 72 Stunden auf einer rotierenden Schüttelmaschine bei 25° C
bebrütet. Das so erhaltene Inoculum wird in ein Medium der folgenden Zusammensetzung
übertragen:
NaN03 ..:......................... 3g |
Glucose ............................ 40 g |
KH,P04 ........................... 1 g |
Leitungswasser bis auf ............... 1 1 |
so daß man ein Volumen von 25 bis 301 in einem etwa 441 fassenden Gärungsbehälter
aus rostfreiem Stahl erhält. Die Gärung wird bei 25° C unter einem Druck von etwa
0,7 kg/cm2 durchgeführt. Belüftung (etwa 15 cm/Min. Oberflächengeschwindigkeit)
und mechanische Rührung (0,2 Ps/4411 aufgewendete Leistung) erfolgen ununterbrochen.
Gegebenenfalls wird ein die Schaumbildung verhütendes Mittel, nämlich gereinigtes,
aus Schweineschmalz ausgepreßtes Öl, zugegeben. Reichsteinsverbindung S wird in
Form einer 1 °/oigen Äthanollösung (Gew./Vol.) im Verlauf von 48 Stunden bis zur
Erzielung einer Konzentration von 100 y/ccm in dem Gärungsbehälter zugegeben. Umwandlungen
von 60 bis 700/,) (Gew./Vol.) werden 48 Stunden nach Zugabe des Steroids durch Papierchromatographie
festgestellt.
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Die gesamte 2,1 g Hydrocortison in 301 enthaltende Kulturflüssigkeit
wird filtriert, z. B. durch eine Rahmenfilterpresse: Feststoffe werden-auf dem Filter
mit Wasser ausgewaschen, bis das Volumen des Filtrats um 100/, größer ist als das
ursprüngliche Gesamtvolumen des Kulturmediums. Das mit den Waschwässern vereinigte
Filtrat wird mit einem Lösungsmittel, z. B. Chloroform, extrahiert. Dabei beobachtet
man in der Regel eine Volumenverminderung von 4: 1. Von der Filtration bis zur Extraktion
werden bis zu 90 °/o des gebildeten Hydrocortisons gewonnen. Der Chloroformextrakt
wird auf das 30 bis 40fache im Vakuum konzentriert. Das Hydrocortison wird in mehreren
Anteilen auskristallisiert und durch Umkristallisation aus einem geeigneten Lösungsmittel
gereinigt. Insgesamt gewinnt man von der Konzentration des Chloroformextrakts bis
zur Reinigung des kristallinen Produkts 73 °/o des Hydrocortisons. Aus 3,0 g der
Vergärung unterworfener Verbindung S können somit bis zu 1,38 g reines Hydrocortison
erhalten werden.
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Andere Medien, als die in dem vorstehenden Beispiel beschriebenen,
können gemäß der Erfindung verwendet werden. Es ist lediglich erforderlich, daß
sie das Wachstum des Organismus in Anwesenheit von Sauerstoff unterhalten. Die Incubationszeit
kann weitgehend geändert werden, wobei natürlich unterbrochen wird, wenn das Medium
den Höchstgehalt an 11ß-Oxysteroid enthält, was für die jeweils angewendeten Bedingungen
leicht zu bestimmen ist.
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Wenn das 11-Desoxysteroid vor der Impfung dem Gärungsmedium zugesetzt
wird, wird es zweckmäßig wegen der leichteren Handhabung in Chloroform gelöst (z.
B. verwendet man 1 cm3 50 mg der Verbindung S enthaltendes Chloroform auf 100 cm3
Medium). Das Chloroform wird während der Sterilisation, d. h. vor der Impfung, aus
dem Medium entfernt. Auch andere bei der mikrobiologischen Oxydation übliche Maßnahmen
können gemäß der Erfindung Anwendung finden. So kann der Mikroorganismus auf dem
für seine Vermehrung günstigsten Medium wachsen. Das Mycel kann aus der Kulturflüssigkeit
nach beendetem Wachstum abgetrennt und in einem neuen, 11-Desoxysteroid enthaltenden
Gärungsmedium wieder suspendiert werden. Das Mycel kann auch wiederholt verwendet
werden, d. h., die das 11ß-Oxysteroid enthaltende Kulturflüssigkeit wird von dem
Mycel abgetrennt, zur Gewinnung des 11ß-Oxysteroids behandelt, und das Mycel wird
wieder in einer neuen
Menge des das 11-Desoxysteroid enthaltenden
Gärungsmedium suspendiert.