Verfahren zur Aufspaltung von d,l-Steroiden Es ist bekannt, mit Hilfe von Mikroorganismen in Steroidverbindungen mit der natürlichen Konfigu ration Doppelbindungen einzuführen. Es wurde nun die überraschende Beobachtung gemacht, dass d,l- Steroide sich diesen Mikroorganismen gegenüber ver schieden verhalten, indem im wesentlichen nur die d-Form, d. h. die den natürlichen Steroiden entspre chende enantiomorphe Form dehydriert wird, und die 1-Form unverändert bleibt.
Auf dieser Beobachtung basiert nun das Verfahren gemäss der Erfindung zur Aufspaltung von d,l-Steroiden, bei welcher neben den dehydrierten d-Steroiden die bisher nur in ein zelnen Fällen bekanntgewordenen 1-Steroide erhalten werden.
Das neue Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass man auf die d,1-Steroide aerobe Kulturen von c-c-Doppelbindungen einführende Enzyme produzie renden Mikroorganismen oder die entsprechenden Enzyme einwirken lässt, wobei praktisch nur die d-Form dehydriert wird, und dass man das unver änderte 1-Steroid und/oder das d-Dehydrosteroid iso liert.
Als Ausgangsstoffe für das neue Verfahren kom men allgemein gesättigte und ungesättigte, beliebig substituierte d,l-Steroide, beispielsweise der Chole- stan-, Koprostan-, Cholan-, Spirostan-, Furostan-, Butanolid-, Cardanolid-, Östran-, insbesondere sol che der Pregnan-,
Androstan- und Testanreihe sowie ihre höheren und niederen Homologen beispielsweise entsprechende A-Nor, D-Homo- und 19-Nor-verbin- dungen in Betracht.
Als Substituenten kommen be sonders in Frage freie bzw. funktionell abgewandelte Hydroxyl-, Oxo- oder Carboxylgruppen, wie Ester-, Äther-, Thioester-, Thioäther-, Thiol- und Thion- ester-, Acetal-, Mercaptal-, Ketal-, Hydrazon-, Semi- carbazon- und Enolgruppen, z.
B. in 2-, 3-, 6-, 7-, 11-, 12-, 16-, 17-, 18-, 19-, 20- und 21-Stellung, ferner Halogenatome, insbesondere Chlor oder Fluor, z. B. in 9- und 17-Stellung. Von besonderem Interesse ist die Anwendung des neuen Verfahrens auf d,l-Ver- bindungen der Pregnanreihe, wie z.
B. d,l-Progeste- ron, d,1-17a-Progesteron, d,1-16a-Oxy-progesteron, d,1-1.7a-Oxy-progesteron, d,1-11-Oxo-progesteron, d,1-lla- sowie llss-Oxy-progesteron, d,1-9,11- oder 11,12-Dehydro-progesteron d,1-19-Oxo-progesteron, d,1-11-Oxo-17a-oxy-progesteron, d,1-11a- sowie 11ss Oxy-17a-oxy-progesteron, d,1-9-Chlor- oder 9-Fluor- 11ss,17a-dioxy-progesteron,
d,1-11ss,18-Dioxy-pro- gesteron, d,1-11ss,17,18-Trioxy-progesteron, d,l-11ss- Oxy-18-oxo-progesteron, d,1-9-Chlor- oder 9-Fluor- llss-oxy-18-oxo-progesteron, d,1-11,18-Dioxo-pro- gesteron, d,1-19-Nor-progesteron, d,1-19-Nor-11fl- oxy-18-oxo-progesteron, d,l- Cortexon, d,
1-18-Oxy- und 18-Oxo-cortexon, d,1-Cortison, d,1-Hydrocortison, d,1-17a-Oxy-cortexon, d,l-Aldosteron und d,l-Pregne- nolon. Zu nennen sind auch die entsprechenden in 17a-Stellung hydroxylierten Verbindungen.
Das Verfahren wird vorteilhaft in der Weise durchgeführt, dass man auf den Ausgangsstoff die aerobe Kultur eines einzigen Mikroorganismus ein wirken lässt. Es kann aber auch so vorgegangen wer den, dass man in einem Arbeitsgang mehrere Kulturen auf den Ausgangsstoff einwirken lässt, wobei es sich als vorteilhaft erwiesen hat, die Einwirkung der ein zelnen Kulturen nacheinander vorzunehmen.
Es sind diejenigen Mikroorganismen für das Ver fahren geeignet, die in Steroidverbindungen Doppel bindungen einzuführen vermögen. Nachstehend sind z. B. einige Arten genannt, die in 1,2-Stellung eine Doppelbindung einführen.
Fusarium solani Fusarium caucasicum Calonectria decora Alternaria passiflorae Ophiobolus heterostrophus Ophiobolus Miyabeanus Didymella lycopersici Corynebacterium simplex Bacillus sphaericus Bacillus
subtilis Mycobacterien Zur Durchführung des Verfahrens kann man im einzelnen wie folgt vorgehen: Die Ausgangsstoffe wer den mit Kulturen der genannten Mikroorganismen unter an sich bekannten Bedingungen aerob inkubiert. Das Wachstum erfolgt in Oberflächenkultur oder, technisch vorteilhafter, submers., wobei man schüttelt oder rührt. Die Kulturen enthalten assimilierbaren Kohlenstoff,
insbesondere Kohlenhydrate sowie ge- gebenenfalls Wuchsstoffe, beispielsweise Maisquell- wasser oder Bierwürze, und anorganische Salze. Es sind somit natürliche, synthetische oder halbsynthe tische Nährlösungen brauchbar. Das praktisch ein fachste Verfahren ist im folgenden geschildert.
Man züchtet die Organismen in Apparaturen und unter ähnlichen Bedingungen, wie sie bei der Antibiotika- Fabrikation als sog. Tieftankverfahren bekannt sind. Nach Entwicklung der Kuilturen gibt man die d,1- Steroide in feiner Dispersion oder Lösung, beispiels weise in Methanol, Aceton oder Äthylenglykol zu und inkubiert weiter.
Schliesslich trennt man vom Mycel ab, extrahiert das Filtrat und/oder die Mycelmasse und isoliert aus dem Extrakt die d-Steroide und/oder die 1-Steroide in an sich bekannter Weise,- z. B. durch Entmischungsverfahren, Adsorption, Chromatogra- phie, Kristallisation, Überführung in funktionelle Derivate, wie Girard-Verbindungen und dergleichen.
Man kann auch die wirksamen Enzyme aus den Kulturen der genannten Organismen abtrennen und unter Ausschluss der wachsenden Kulturen verwen den. So kann man z. B. das Mycel abtrennen, in Wasser oder Pufferlösungen suspendieren, die diesen Aufschlämmungen zugeben und inku- bieren. Sollen in einem Arbeitsgang mehrere Mikroorga nismen zur Einwirkung gelangen, so kann man bei spielsweise wie folgt vorgehen:
Nach Entwicklung der Kulturen des ersten Organismus gibt man die d,l- Steroide in feiner Dispersion oder Lösung, beispiels weise in Methanol, Aceton oder Äthy'lenglykal zu und inkubiert weiter, bis die maximale Reaktion erreicht ist.
Dann gibt man, ohne vorher zu filtrieren oder das Dehydrierungsprodukt zu isolieren, zum Reaktions gemisch eine ausgewachsene Kultur des zweiten Orga nismus und nötigenfalls entsprechende Nährsubstan zen und Wuchsstoffe zu und fährt mit der Inkubation fort. Gegebenenfalls wird diese Operation mit einem dritten Mikroorganismus wiederholt. Der Verlauf der einzelnen Dehydrierungen kann papierchromatogra- phisch verfolgt werden.
Die Verfahrensprodukte können als Heilmittel Verwendung finden oder als Zwischenprodukte zu ihrer Herstellung dienen.
Allgemein ist die Racematspaltung nach dem neuen Verfahren besonders einfach, weil die dehy drierten Derivate des einen Antipoden sich vom un- veränderten anderen Antipoden infolge ihrer höheren Polarität leicht abtrennen lassen.
Bereits seit den klassischen Untersuchungen von Pasteur hat man zwar gelegentlich mikrobiologische Methoden zur Gewinnung des einen Antipoden aus Racematen angewandt. Dabei wurden gewöhnlich Pilze oder Bakterien verwendet, die die Ausgangs stoffe assimilierten, und zwar den natürlichen (d) Antipoden rascher als den unnatürlichen (l). Nach diesem Verfahren musste also, um ein optisch reines Präparat zu erhalten, so lange mikrobiologisch be handelt werden, bis mindestens die eine Form,
und zwar meist die biologisch interessantere, völlig zer stört war. Demgegenüber liefert das neue Verfahren auch bei nur teilweiser Umsetzung den umgewandel ten Antipoden, der meist den biologisch interessan teren darstellt, in optisch reiner Form, und zwar als Derivat, das an sich oder für weitere Synthesenzwecke praktisch wertvoll sein und chemische Umwandlungen ersparen kann. Wird beim neuen Verfahren der eine Antipode völlig umgesetzt, so fällt auch der andere in optisch meiner Form an.
<I>Beispiel 1</I> In einem Schüttelgefäss werden 1 g Natriumnitrat, 0,5 g prim. Kalium-ortho-phosphat, 0,25g Magne- siumsu'lfat-heptahydrat, 0,25g Kaliumchlorid, 25 g Rohglucose und 0,5g Difco-Hefeextrakt in 500 cm3 Leitungswasser gelöst, auf pH 5 gebracht und sterili siert.
Diese Nährlösung wird mit Didymella lycopersici beimpft und 3 Tage bei 27 geschüttelt. Dann gibt man unter sterilen Bedingungen eine Lösung von 120 mg d,l-Cortison in 5 cm-3 Methanol zu. Man lässt weitere 4 Tage bei 27 schütteln, nutscht dann das Mycel ab und wäscht es mit Wasser und Essigester. Man schüttelt die vereinigten Filtrate viermal mit je 200 cm3 Essigester aus.
Die vereinigten Extrakte wer den mit Wasser gewaschen, getrocknet und einge dampft. Der Extraktionsrückstand besteht, wie die papierchromatographische Untersuchung ergibt, aus einem Produkt, das sich wie Ausgangsmaterial ver hält und aus 1-Dehydrocortison. Mittels präparativer Papierchromatographie (System Propylenglykol-To- luol) wird das Gemisch aufgetrennt.
Durch Umkristal- lisieren aus Aceton erhält man das d-1-Dehydro-cor- tison vom F. = 231-234 , [a]D = + 170 (in Dioxan). Durch mehrmaliges Umkristallisieren aus Aceton- Isopropyläther wird das reine l-Cortison vom F. = 211 bis 2l7 erhalten.
[a]D = -190 (Dioxan). <I>Beispiel 2</I> In einem Schüttelgefäss werden 1 g Natriumnitrat, 0,5 g prim. Kalium-ortho-phosphat, 0,25 Magnesium- sul'fatheptahydrat, 0,25g Kal'iumchlorid, 25g Roh- glucose und 0,5g Difco-Hefeextrakt in 500 cm3 Lei tungswasser gelöst, auf pH 5 gebracht und sterilisiert.
Diese Nährlösung wird mit Didymella lycopersici be- impft und 3 Tage bei 27 geschüttelt. Dann gibt man unter sterilen Bedingungen eine Lösung von 120 mg d,1-17a-Oxy-corticosteron in 5 cm3 Methanol zu. Man lässt weitere 4 Tage bei 270 schütteln, putscht dann das Mycel ab und wäscht es mit Wasser und Essigester. Die vereinigten Filtrate werden, wie in Bei spiel 1 beschrieben, extrahiert.
Der Extraktionsrück stand besteht, wie die papierchromatographische Un tersuchung ergibt, aus einem Produkt, das sich wie Ausgangsmaterial verhält und aus 1-Dehydro-17a- oxy-corticosteron. Mittels präparativer Papierchro- matographie (System Propylenglykol-Toluol) wird das Gemisch aufgetrennt.
Durch Umkristallisieren aus Aceton erhält man einerseits das d-1-Dehydro-17a- oxy-corticosteron vom F. = 234-236 , [a]D = +980 (in Dioxan) und anderseits das 1-17a-Oxy-corticoste- ron vom F. = 208-210 , [a]D = -168 (in .abs. Al kohol).
<I>Beispiel 3</I> Wie im vorhergehenden Beispiel beschrieben, stellt man eine Kultur von Didymella lycopersici her und gibt dann eine Lösung von 120 mg d,1-17a Oxy- corticosteron-21-trimethyl-acetat in 5 cm3 Aceton zu. Nach 4tägigem Schütteln bei 270 wird auf gleiche Weise aufgearbeitet.
Der Extraktionsrückstand be steht auf Grund der papierchromatographischen Aus wertung zur Hauptsache aus 2 Produkten, die sich wie Ausgangsmaterial, resp. wie 1-Dehydro-17a-oxy- corticosteron-trimethylacetat verhalten.
Mittels prä- parativer Papierchromatographie wird das Gemisch aufgetrennt und man erhält durch Kristallisation aus Essigester einerseits Z-17a-Oxy-corticosteron-21-trime- thylacetat vom F. = 231-232 , [a]D = -145 (in Dioxan) und anderseits d-1-Dehydro-17a-oxy-corti- costeron-21-trimethylacetat vom F.
= 233-236 , [a]D = +103 (in Chloroform). <I>Beispiel 4</I> Eine Nährlösung wird hergestellt, die auf einen Liter Leitungswasser 20 g Pepton, 5 cm3 Maisquell wasser (Comsteepliquor) und 10 g Rohglucose ent hält und deren pH auf 6,3 eingestellt wird. 120 cm3 dieser Lösung werden mit Didymella lycopersici be- impft und 2 Tage bei 270 geschüttelt.
Dann gibt man unter sterilen Bedingungen eine Lösung von 30 mg d,1-Aldosteron in 1,5 cm3 Aceton zu und schüttelt weiter bei der gleichen Temperatur. Nach drei Tagen trennt man das Mycel ab und wäscht es mit Wasser und Essigester. Man schüttelt die vereinigten Filtrate viermal mit je 200 cm3 Essigester aus. Die vereinig ten Extrakte werden mit Wasser gewaschen, getrock net und eingedampft.
Wie die papierchromatogra- phische Untersuchung zeigt, besteht der Extraktions rückstand aus einem Produkt, das sich wie Aldosteron verhält und aus 1-Dehydro-aldosteron. Mittels prä- parativer Papierchromatographie (System Bush C) werden die beiden Substanzen getrennt und hierauf aus einem Aceton-Äther-Gemisch kristallisiert.
Man erhält l-Aldosteron (F. = 1100/l58-1650, [a]D = -1410 [Aceton]) und d-1-Dehydro-aldosteron (IR- Banden in Chloroform u. a.
bei<I>2,82</I> 2,95 ,u, 5,87 ,u, 6,01,u, 6,17 ,u, <I>6,24</I> ,u, 6,91 ,lc, 7,15,u, 7,31,u, 7,77,u, 9,42,u, 10,68 ,u und 11,28 ,u). d-1-Dehydro-aldosteron wird in üblicher Weise mit Pyridin-Acetanhydlrid acetyliert. Man erhält ein Gemisch zweier Produkte,
die im Papierchromato- gramm mit dem System Propylenglykol-Toluol RF = Werte von 0,70 resp. von 0,15 zeigen und das d-l- Dehydro-aldosteron-18,21-diacetat, resp. das d-1- D@ehydro-aldosteron-21-monoacetat darstellen. Das letztere erhält man in reiner kristallisierter Form, wenn man das rohe Gemisch der Acetate mit abs. Äther behandelt.
F. = 182-185 , IR-Banden in Me- thylenchlorid u. a. bei 2,81 ,u, 5,74,u, 6,01,u, 6,16 p, 6,23 ,u, 7,31,u, 8,17,u, 8,93<I>,u,</I> 8,82,u, <I>9,72</I> ,u, <B><I>1</I></B>0,03 ,u, 10,22 /c, 10,62,u, 11,32 ,u und 12,29,a. <I>Beispiel 5</I> Eine Nährlösung wird hergestellt,
die auf einen Liter Leitungswasser 20 g Pepton, 5 cm3 Maisquell wasser (Cornsteepliquor) und 10 g Rohglukose ent hält und deren pH auf 6,3 eingestellt wird. 120 cm3 dieser Lösung werden mit Didymella lycopersici be- impft und 2 Tage bei 270 geschüttelt. Zu dieser Lö sung werden unter sterilen Bedingungen eine Lösung von 25 mg d,1-Cortison in 1,5 cm3 Methanol gegeben.
Man lässt 3 Tage bei 270 schütteln und trennt dann das Mycel ab. Dieses wird mit Wasser und Essig ester gewaschen. Man schüttelt die vereinigten Filtrate viermal mit je 200 cm3 Essigester aus. Die vereinig- ten Extrakte -werden mit Wasser gewaschen, getrock net und eingedampft. Der Extraktionsrückstand be steht gemäss papierchromatographischer Untersuchung aus 1-Dehydro-cortison und aus einem Produkt, das sich wie Cortison verhält.
Diese beiden Substanzen werden mittels präparativer Papierchromatographie aufgetrennt. Man erhält einerseits d-1-Dehydro-cor- tison (F. = 231-234 , [a]D = + 1690 [Dioxan]) und anderseits l-Cortison (F. =<B>2150,</B> [a]D = -2010 [Di- oxan]).