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Verfahren zur Herstellung von Dichloralkenen Es ist bekannt, daß man
Halogenwasserstoff all Acetylenverbindungen anlagern kann. Man führt diese Anlagerung
in der Regel in flüssiger Phase, z. B. in wäßriger Lösung, aus, gegebenenfalls unter
Verwendung von Kupfer- oder Quecksilbersalzen als Katalysatoren.
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Die Halogenwasserstoffanlagerung an Acetylenalkohole der Formel RlCCCR2R3X
(X = OH, R1,R2, R3 = H, Alkyl oder Aryl) verläuft beim einfachsten Vertreter, dem
Propargylalkohol (R1,R2,R3 = H), glatt, führt aber bei anderen Gliedern dieser Substanzklasse
in der Regel zu Stoffgemischen, die durch Umlagerungen und Abspaltungen entstanden
sind (V. Migrdichian, Organic Synthesis, Vol. 2, S. 1025 [1957]; A. W. Johnson,
The Chemistry of the Acetylenic Compounds, Vol. I, S. 71 [1946]).
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Die Chlorwasserstoffanlagerung an die Dreifachbindung von Chloracetylenverbindungen
obiger Formel (X = C1) ist lediglich an wenigen Beispielen beschrieben, in denen
R1, R2 und R3 aromatisch sind (Robin, Ann. Chim. 16, S. 421 [1931]) und führt zu
instabilen, leicht veränderlichen Verbindungen.
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Versucht man nun, an Propargylchlorid in flüssiger Phase und gegebenenfalls
in Gegenwart von Wasser Chlorwasserstoff anzulagern - unter Bedingungen also, die
für die Halogenwasserstoffanlagerung an Dreifachbindungen gebräuchlich sind und
unter denen z. B.
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Propargylalkohol glatt reagiert (Liebigs Annalen der Chemie 596 [1955],
S. 51)-, so stellt man fest, daß diese Chloracetylenverbindung auch durch tagelanges
Einwirken von Chlorwasserstoff nicht umzusetzen ist. Da nun Verbindungen einer verwandten
Stoffklasse, näralich die nichtaromatischen Acetylenglykole, nicht mit Chlorwasserstoff
umgesetzt werden können (V. Migr di chi an, Organic Synthesis, Vol. II, S. 1026
[1957]; A. W. Johnson, The Chemistry of the Acetylenic Compounds, Vol. 1, S. 176
[1946]), lag nach diesem Befund die Vermutung nahe, daß sich die Chloracetylenverbindungen,
die sich von Äthinylcarbinolen durch Ersatz der Hydroxylgruppe durch Chlor ableiten,
genauso verhalten.
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Es wurde nun gefunden, daß man Dichloralkene in glatter Reaktion
erhält, wenn man Chloracetylenverbindungen der allgemeinen Formel HC--C-CHCl-R,
in der R Wasserstoff oder einen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest bedeutet, mit
Chlorwasserstoff bei erhöhter Temperatur in der Gasphase und in Gegenwart von Salzen
von Metallen der I. oder II. Nebengruppe des Periodensystems umsetzt.
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Geeignete Ausgangsstoffe sind z. B. 3-Chlorpropin-(l), 3-Chlorbutin-(l)
und 3-Chlorpentin-(l). Man stellt sie in hier nicht beanspruchter, an sich bekannter
Weise aus
den entsprechenden Acetylenalkoholen her, beispielsweise durch Einwirkung
eines organischen oder anorganischen Säurehalogenids, wie Thionylchlorid, Phosphortrichlorid
oder Phosgen. Es ist nicht nötig, die Halogenacetylenverbindungen in reiner Form
zu vervienden. So sind z. B. die Rohprodukte, die bei der Einwirkung eines Säurehalogenids
auf den Acetylenalkohol entstehen, direkt verwendbar.
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Man führt die Umsetzung zweckmäßig bei Temperaturen zwischen 80 und
200° C, vorteilhaft zwischen 120 und 140° C, durch.
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In der Regel erfolgt die Umsetzung bei Atmosphärendruck, es ist jedoch
auch möglich, verminderten oder erhöhten Druck anzuwenden. Auf jeden Fall wählt
man den Druck so, daß sowohl der Ausgangsstoff als auch das Reaktionsprodukt bei
der Reaktionstemperatur gasförmig sind.
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Als Katalysatoren, die die Anlagerung von Chlorwasserstoff an die
Dreifachbindung dieser Halogenacetylenverbindungen fördern, kommen die Salze von
Metallen der I. und II. Nebengruppe des Periodensystems, vornehmlich die des Quecksilbers
und des Kupfers in Betracht.
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Als geeignete Salze seien Quecksilber (II)-chlorid und Kupfer(I)-chlorid
genannt. Die Salze werden vorteilhaft auf Träger aufgebracht, z. B. auf Kohle, Kieselgel,
Quarzsand, Aluminiumoxyd oder Diatomeenerde. Man stellt die Katalysatoren zweckmäßig
durch Tränken des Trägerstoffes mit einer wäßrigen oder alkoholischen Lösung des
Salzes und Verdampfen des Lösungsmittels her.
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Besonders vorteilhaft führt man das Verfahren kontinuierlich durch.
Der Katalysator befindet sich dann zweckmäßig in einem senkrecht stehenden, beheizten
Rohr, z. B. aus keramischem Material. Die Halogenacetylenverbindung kann direkt
auf den Katalysator oder
in eine oberhalb des Katalysators befindliche
Verdampferzone, die z. B. mit Bimsstein oder Füllkörpern aus keramischem Material
beschickt ist, getropft werden. Man kann sie jedoch auch in einem dem Reaktionsrohr
vorgeschalteten Verdampfer verflüchtigen. Der Durchsatz beträgt zweckmäßig 1 bis
3 Mol Halogenacetylenverbindung je Stunde und Liter Katalysator. Gleichzeitig führt
man von oben trockenen Chlonvasserstoff zu. Man verwendet mindestens die stöchiometrische
Menge, zweckmäßig jedoch den zwei- bis vierfachen Überschuß. Das Reaktionsprodukt
wird kondensiert, von überschüssigem Chlorwasserstoff befreit und durch Destillation
rein gewonnen.
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Die nach dem Verfahren erhältlichen Stoffe sind als Vinylchloridderivate
wertvolle Monomere für die Herstellung von Kunststoffen. Sie können mit Styrol,
Methacrylsäure und deren Estern mischpolymerisiert werden (USA.-Patentschrift 2419
221).
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Außerdem sind sie selbst insektizid wirksam. Sie dienen weiterhin
als Zwischenprodukte zur Herstellung weiterer Schädlingsbekämpfungsmittel, polymerisierbarer
Verbindungen (z. B. Chloropren aus 2,3-Dichlorbuten-(l) nach USA.-Patentschrift
2391 827) und von Pharmazeutika.
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Die nach dem Verfahren aus den technisch gut zugänglichen Acetylenalkoholen
in glatter Reaktion erhältlichen Dichloralkene waren bisher nur aus umständlich
zugänglichen Ausgangsstoffen darstellbar (USA.-Patentschrift 2296614).
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Die in den Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 1 In einem senkrecht stehenden Reaktionsrohr aus keramischem
Material befinden sich 300 Teile eines Katalysators, der aus Aktivkohle mit 30/,
Quecksilber (II)-chlorid besteht und durch Tränken der Kohle mit einer methanolischen
Lösung von Quecksilber (II)-chlorid und Verdampfen des Lösungsmittels hergestellt
wurde. Man heizt das Rohr auf 130 bis 140° C und tropft innerhalb
10 Stunden 300
Teile 3-Chlorpropin-(1) auf den Katalysator. Gleichzeitig werden stündlich 50 Teile
trockener Chlorwasserstoff eingeleitet.
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Man erhält 400 Teile rohes 2,3-Dichlorpropen-(1). Das reine Produkt
siedet bei 94 bis 960 C und hat den Brechungsindex t = 1,4590. Die Ausbeute beträgt
900/o der Theorie.
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Beispiel 2 In der im Beispiel 1 beschriebenen Weise setzt man innerhalb
von 4 Stunden bei 130 bis 1400 C 100 Teile 3-Chlorbutin-(l) um. Man erhält 115 Teile
Dichlorbuten.
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Das destillierte Produkt hat einen Siedepunkt von 112 bis 116° C,
die Ausbeute beträgt 8201, der Theorie.
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PATENTANSPP,OCHE: 1. Verfahren zur Herstellung von Dichloralkenen,
dadurch gekennzeichnet, daß man Chloracetylenverbindungen der allgemeinen Formel
H-C-C-CHCl-R, in der R Wasserstoff oder einen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest
bedeutet, mit Chlorwasserstoff bei erhöhter Temperatur in der Gasphase und in Gegenwart
von Salzen von Metallen der I. oder II. Nebengruppe des Periodensystems umsetzt.