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Verfahren zum Eindampfen von Schwefelsäure In der Schwefelsäureindustrie
und den schwefelsäureverwendenden Industrien tritt häufig die Aufgabe auf, das Begleitwasser
aus der Schwefelsäure in sogenannten Konzentrierungsanlagen abzudampfen.
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Während außerhalb der USA. im wesentlichen nach dem Pauling-Verfahren
(feuerbeheizter guß-Eiserner Kessel mit Dephlegmierkolonne) gearbeitet wird, sind
in den USA. noch Verfahren im Gebrauch, die in Anlehnung an das Kessler- bzw. Gaillard-System
mit direkter Beheizung der Schwefelsäure durch Heizgase arbeiten.
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Daneben verwendet man neuerdings wieder die sogenannten Tauchbrenner,
sofern die Schwefelsäure auf nicht mehr als etwa 75 % konzentriert werden soll.
Ferner verwendete man noch die sogenannten Rauchgaskolonnen in Kombination mit Pauling-Kesseln,
wobei die zu konzentrierende etwa 69%ige Schwefelsäure durch direkte Berührung mit
den Abgasen der Pauling-Kessel erhitzt und auf etwa 72 bis 73% vorkonzentriert wird.
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Nun ist aber bei der Konzentrierung unter direkter Beheizung besonders
im Gebiet der mehr als 90%igen Schwefelsäure eine überaus störende Erscheinung das
Auftreten von Nebeln, die sich nicht mehr ohne weiteres rektifizieren oder auswaschen
lassen. Hierzu führt W a e s e r in seinem »Handbuch der Schwefelsäurefabrikation«,
1930, S.1364, unter anderem an, daß die üblichen Mittel der technischen Filtration
und Kondensation versagen oder nur einen Teilerfolg haben, weil die Teilchengröße
der Nebel bei Größenordnungen von l0-5 bis 10-7 cm liegt und die Teilchen vollkommen
den Gesetzen der Brownschen Bewegung folgen. Er zitiert hierzu eine Reihe von Forschern
und entsprechende Veröffentlichungen.
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In der Praxis war man daher gezwungen, zu einer Reihe von Hilfsmaßnahmen
zu greifen, um den Schwefelsäureverlust infolge Nebelbildung in technisch zulässigen
Grenzen zu halten. Diese Maßnahmen bestanden unter anderem in der Nachschaltung
von großen Koksfiltern hinter die Dephlegmiereinrichtungen (Kess 1 e r-G a i 11
a r d) oder elektrischen Gasreinigungen (Chemico, USA.), um die groben Nebel zurückzuhalten,
wie auch trotz der hierbei eintretenden Verschlechterung des Gesamtwirkungsgrades
in der gleichzeitigen Herabsetzung der Heizgastemperaturen durch Zumischung von
Luft, weiterhin auch in der Herabsetzung der Endkonzentration der erzeugten Schwefelsäure.
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So arbeitete man z. B. mit etwa 700° C beim Gaillard-System, mit etwa
300 bis 500° C beim Kessler-System und etwa 600° C beim Chemico-System. Nur in Ausnahmefällen
und entsprechend hohem technischem Aufwand hat man das Gaillard-System bei Heizgastemperaturen
um 1000° C betrieben. Mit unverdünnten Flammengasen konnte man, wie z. B. beim Tauchbrenner,
nur dann arbeiten, wenn man Schwefelsäure auf nicht mehr als etwa 75% konzentrierte
und damit im Gebiet allerkleinster Schwefelsäuredampfdrücke blieb.
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Es fehlte daher nicht an Bemühungen, diese: Verhältnisse zu verbessern.
So wird z. B. in der schweizerischen Patentschrift 85 567 vorgeschlagen, die Heizgase
mit Gasen zu vermischen, welche die Konzentrierungsapparatur schon passiert und
dabei Wasserdampf aufgenommen haben. Wenn hierdurch auch die Verhältnisse bei dem
Konzentrierungsvorgang nicht wesentlich beeinflußt wurden, wie sich aus der Mischungsrechnung
ergibt, so wurde jedoch durch die Einführung eines Gaskreislaufes die in den Koksfiltern
od. dgl. späterhin zu behandelnde Abgasmenge beträchtlich herabgesetzt. Eine Beeinflussung
des Charakters der auftretenden Nebel war aber offensichtlich nicht möglich, weshalb
sich dieses Verfahren auch nicht in die Praxis eingeführt hat.
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Ähnlich erging es dem Verfahren nach der französischen Patentschrift
898 023, wonach vorgeschlagen wurde, die Verbrennungsgase und die zu konzentrierende
Säure im Gleichstrom zu führen. Abgesehen davon, daß nach diesem Vorschlag die Säure
in die Verbrennungsgase verstäubt und dadurch zur Verdampfung gebracht werden soll,
wodurch zwangläufig nur ein Gleichstrombetrieb möglich ist, ist dieser Vorschlag
nur, eine Abänderung des Gaillard-Systems. Da aber zur Verdampfung der eingestäubten
Säure auf jeden Fall Temperaturen eingehalten werden müssen, die erheblich über
der Siedetemperatur der stärksten Schwefelsäure liegen., war es unvermeidlich, daß
hierdurch noch stärkere Nebelbildung und größere Schwierigkeiten auftraten als bei
dem Gaillard-System, welches nur mit einer teilweisen Verdampfung der eingestäubten
Säure arbeitete, so daß auch
diesem Verfahren der praktische Erfolg
versagt bleiben mußte.
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Bisher gab es keinen Weg, bei hohen Heizgastemperaturen und höchsten
Schwefelsäurekonzentrationen das Auftreten nicht kondensierbarer Nebel vonvornherein
zu vermeiden bzw. die Beschaffenheit eventuell auftretender Nebel von vornherein
so zu beeinflussen, daß sie sich in üblichen Dephlegmierkolonnen glatt rektifizieren
bzw. auffangen lassen.
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Es wurde nun entgegen der bisherigen Anschauung gefunden, daß man
sehr wohl das Auftreten von Nebeln bzw. die Beschaffenheit der Nebelteilchen maßgeblich
beeinflussen kann, wenn man die physikalischen Bedingungen bei ihrer Entstehung
insofern grundlegend verändert, als man den Partialdruck des Wasserdampfes in den
Heizgasen vor ihrer Berührung mit der höchstkonzentrierten Säure beträchtlich erhöht.
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Es wurde weiter beobachtet, daß je nach der Konzentration derjenigen
Säure, die zur Rektifikation der Abgase verwendet wird, die Wasserdampfpartialdruckerhöhung
in den Heizgasen über ein jeweils bestimmtes 1dindestmaß hinaus erfolgen muß, ehe
der erfindungsgemäße Effekt der glatten Rektifizierbarkeit eintritt.
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Es ist erfindungsgemäß an sich gleichgültig, auf welche Weise der
Wasserdampfpartialdruck in den Heizgasen erhöht wird. Der einfachste wenn auch kostspieligste
Weg ist die Zumischung von anderweitig erzeugtem Wasserdampf zu den Heizgasen.
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Die Wirkung der Wasserdampfpartialdruckerhöhung bzw. der Wasserdampfzumischung
beruht nun nicht etwa darauf, daß hierdurch die Gemischtemperatur herabgesetzt wird,
vielmehr tritt die erfindungsgemäße Wirkung auch dann ein, wenn der Wasserdampf
vor seiner Zumischung auf die Temperatur der Heizgase vorgewärmt wird.
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Erfindungsgemäß gibt es jedoch einen sehr eleganten Weg, um die Zumischung
von Fremd dampf zu vermeiden. Er besteht darin, daß man Wasserdampf in einer Vorstufe
des Eindampfprozesses aus der verdünnten Säure dadurch erzeugt, daß man die unverdünnten
Heizgase in direkte Berührung mit der verdünnten Schwefelsäure bringt und aus ihr
durch entsprechende Bemessung des Säurequantums so viel Wasser verdampft, wie zur
notwendigen Erhöhung des Wasserdampfpartialdruckes in den Heizgasen erforderlich
ist, und sodann erst das Heizgas-Wasserdampf-Gemisch in der Hauptstufe des Eindampfens
mit der konzentriertesten Schwefelsäure in Berührung bringt.
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Im Sinne des Verfahrens wird man am zweckmäßigsten die verdünnte Säure
und die Heizgase in der Vorstufe im Gleichstrom führen, um in demjenigen Konzentrationsbereich
der Schwefelsäure, in dem bereits die ersten Nebel auftreten könnten, den Wasserdampfpartialdruck
in den Heizgasen bereits so stark erhöht zu haben, daß keine unkonden.sierb aren
Nebel mehr auftreten können.
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Da auf diese Weise in der Vorstufe gewonnene Dampf-Heizgas-Gemisch
hohe Gehalte an Schwefelsäure aufweisen kann, wird in einem solchen Fall das Gemisch
verfahrensgemäß im Gegenstrom rektifiziert. Diese Rektifikation erfolgt zweckmäßigerweise
mit einem Teil der verdünnten Schwefelsäure.
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Bei der Konzentrierung äußerst stark verdünnter Schwefelsäure kann
das aus der Vorstufe austretende Gemisch so stark wasserdampfhaltig sein, daß es
bei der folgenden Gegenstromrektifikation nicht mehr zti den höchsten Säurekonzentrationen
führt. In einem solchen Fall wird erfindungsgemäß das aus der Vorstufe austretende
Dampf-Heizgas-Gemisch vor seinem Eintritt in die Rektifikationseinrichtung zusätzlich
direkt oder indirekt aufgeheizt, wonach auch die höchsten Säurekonzentrationen erzielt
werden.
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Wenn mit Rücksicht auf den erforderlichen Wasserdampfpartialdruck
in den Heizgasen und die Zusammensetzung der verdünnten Schwefelsäure die Vorstufe
mit der gesamten verdünnten Schwefelsäure beaufschlagt werden muß, müßte die Rektifikation
gegebenenfalls mit Wasser erfolgen. Sie kann jedoch erfindungsgemäß viel zweckmäßiger
dadurch erfolgen, daß man die Rektifikationseinrichtung mit dein Ablauf der Vorstufe
beaufschlagt.
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Unter diesen Bedingungen oder auch dann, wenn die Rektifikation mit
wasserhaltiger Schwefelsäure erfolgt und infolge ihrer Konzentration oder ihrer
Dampfdruckverhältnisse unter Umständen kein reiner Wasserdampf in den Abgasen erzielt
wird, wird erfindungsgemäß das Abgas einer Nachrektifikation mittels Wasser oder
verdünnter Schwefelsäure unterworfen und der Ablauf dieser Nachrektifikationsstufe
erfindungsgemäß vorzugsweise der Hauptrektifikatiönsstufe zugeführt.
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In vielen Fällen gestattet die Zusammensetzung der zu konzentrierenden
Säure bezüglich ihres Wassergehaltes nicht, den Wasserdampfpartialdruck in der erforderlichen
Höhe einzustellen. Andererseits kann es auch aus Gründen der Betriebsöicherheit
zweckmäßig sein, einen höheren Wasserdampfpartialdruck einzustellen, als an sich
erforderlich ist. In diesen Fällen wird erfindungsgemäß ohne Wasserzufuhr von außen
und ohne Verschlechterung der Wärmebilanz des Verfahrens die zu konzentrierende
Säure in direkte Berührung mit dem die Rektifikation verlassenden Gas-Dampf-Gemisch
gebracht, dadurch aufgeheizt und verdünnt. Die Kondensationswärme des Wasserdampfes
wie auch die auftretende Verdünnungswärme bleiben hierbei als fühlbare Wärme in
der zu konzentrierenden Säure erhalten, so daß auf diese Weise praktisch ohne Wärmeverluste
ein zusätzlicher Wasserkreislauf eingestellt werden kann.