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Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung reiner wasserfreier Orthophosphorsäure
in Kristallform Bisher konnte kristallisierte Orthophosphorsäure mit einem Gehalt
von mindestens 981/o H3 P O4 nur unter hohem Kostenaufwand im Laboratorium hergestellt
werden, indem man 83%ige Phosphorsäure etwa 1 Woche in einer in einen Glaskolben
eingeschmolzenen Platin-Goldschale bei 80° C im Hochvakuum eindampfte. Es besteht
jedoch heute in vielen Zweigen der Technik eine bedeutende Nachfrage nach reiner,
wasserfreier Orthophosphorsäure in Kristallform, d. h. einer Phosphorsäure, die
mindestens 98% H3P04 enthält, zu einem zur Ausführung von Umsetzungen in großtechnischem
Maßstabe annehmbaren Preis. Ein solcher Bedarf an reiner kristalliner Phosphorsäure
besteht z. B. für das Polieren von Aluminium und anderen Nichteisenmetallen, für
die Synthese organischer Verbindungen, für die Herstellung von Phosphaten für Ernährungszwecke
und für die Herstellung von Heilmitteln (Phosphorsäureester usw.).
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Die zur Zeit bekannten großtechnischen Verfahren liefern nur Phosphorsäure
in wäßriger Lösung, üblicherweise in einer Konzentration von 75 bis 84%. Zur Herstellung
von Phosphorsäure hoher Konzentrationen löst man gewöhnlich P20.. in diesen Säurelösungen.
Hierbei erhält man jedoch Gemische von Orthophosphorsäure, Pyrophosphorsäure und
Metaphosphorsäure, deren Zusammensetzung nicht konstant ist. Es handelt sich dabei
um zähflüssige Massen, mit denen man schwer umgehen kann und die im Handel als »Superphosphorsäure«
oder »Tetraphosphorsäure« bezeichnet werden.
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Kristallisierte Orthophosphorsäure läßt sich aus diesen Säuren nicht
ohne erheblichen Kostenaufwand gewinnen.
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Wenn der Industrie bis heute noch keine praktisch wasserfreie Orthophosphorsäure
zu einem tragl-,aren Preis zur Verfügung gestellt werden konnte, =o ist dies dem
Fehlen eines wirtschaftlich lohnenden, großtechnisch durchführbaren Verfahrens zur
Herstellung kristallisierter Orthophosphorsäure mit einem Gehalt von mindestens
98% H3 P O4 zuzuschreiben. Es ist z. B. bekannt, Phosphorsäure in Forin einer Flüssigkeitsschicht
durch unmittelbare Beheizuiig der Flüssigkeitsoberfläche mit Feuergasen einzudampfen.
Auf diese Weise ist es jedoch unmöglich, Orthophosphorsäure in Kristallform zu gewinnen,
da man dt;rcii direkte Beheizung mit Feuergasen nur eine Phosphorsäurekonzentration
von 60 bis 85%. keinesfalls aber eine solche von 94%, geschweige denn von 98% erreicht.
Durch die reduzierende Atmosphäre von Feuergasen wird ferner die Wasserabspaltung
aus der Orthophosphorsäure unter Bildung von Pyrophosphorsäure begünstigt, so daß
man auch aus diesem Grunde durch direkte Oberflächenbeheizung mit Hilfe von Feuergasen
nicht zu reiner Orthophosphorsäure gelangen kann. Es ist weiterhin bekannt, daß
man kristallisierte Phosphorsäure erhalten kann, indem man die wäßrige Lösung von
H.P04 bis zu einer Dichte von 1,85 abdampft und dann kristallisieren läßt. Hierbei
verdampft aber beim Erhitzen nicht nur das Wasser, sondern es findet außerdem eine
Wasserabspaltung unter Bildung erheblicher Mengen an Pvrophosphorsäure statt. Läßt
man den Sirup dann kristallisieren, so besteht das feste Gemisch nur zu etwa 30%
aus Orthophosphorsäurekristallen und zum Rest aus einer glasartigen, fast festen
Masse von Pyrophosphorsäure, die sich nicht auf mechanischem Wege von den Orthophosphorsäurekristallen
trennen läßt.
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Es ist nun auch schon bekannt, zwecks Herstellung chemisch reiner
Phosphorsäure gegen Ende de, Eindampfens etwas Salpetersäure zuzusetzen, um )rganische
Bestandteile zu zerstören und die gebildete Pyrophosphorsäure in Orthophosphorsäure
zurückzuverwandeln. Auch dieses Verfahren führt jedoch nicht zu reiner kristalliner
Orthophosphorsäure, sondern ebenfalls nur zu einem Gemisch von Polyphosphorsäuren,
welches nur 30 bis 40% kristallisierte Ortliophosphorsäure enthält.
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Schließlich ist es bekannt, die durch sauren Aufschluß von Rohphosphaten
erhaltene Rohphosphorsäure zu reinigen, indem man die zweckmäßig mindestens 25%
P,05 enthaltende Säure mit Oxydationsmitteln, wie Bleidioxyd, Bariumsuperoxyd oder
Wasserstoffperoxyd, zweckmäßig in der Siedehitze behandelt, dann filtriert und anschließend
Eisen, Vanadin
und Chrom mit Ferrocyaniden ausfällt. Auch dieses
Verfahren liefert keine kristallisierte Orthophosphorsäure. , Die Erfindung gibt
dem Fachmann nun zum ersten Mal ein in großtechnischem Maßstabe lohnend durchführbares
Verfahren zur Herstellung reiner, wasserfreier Orthophosphorsäure in Kristallform
aus wäßrigen Lösungen dieser Säure an die Hand. Sie betrifft ferner eine Vorrichtung
zur Durchführung dieses Verfahrens.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung wasserfreier Orthophasphorsäure
in Kristallform wird durchgeführt, indem man die Oberfläche wäßriger, im Zustande
einer Flüssigkeitsschicht befindlicher Rohlösungen dieser Säure bis zum Erhalt einer
Masse erhitzt, die beim Titrieren mindestens 68% P205 aufweist, anschließend abkühlt
und die Masse kristallisieren läßt, und ist dadurch gekennzeichnet, dafl :nan vor
dem Eindampfen der Rohlösung derselben ein Oxydationsmittel zumischt und hierauf
die Eindämpfung der Lösung durch Erhitzen an ihrer Oberfläche mittels infraroter
Strahlung durchführt.
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Durch den erfindungsgemäßen Zusatz des Oxydationsmittels bereits vor
dem Eindampfen der Rohlösung erreicht man, daß während des Eindanipfens keine Umwandlung
der Orthophosphorsäure in Pvrophosphorsäure und bzw. oder Polyphosphorsäure erfolgt.
Durch diese Maßnahme wird also einerseits die Ausbeute an H3 P 04 erhöht, andererseits
kann das Eindampfen bei höheren Temperaturen vorgenommen werden. Als Oxydationsmittel
verwendet man vorzugsweise ein solches, welches mindestens zum Teil flüchtig ist,
z. B. ein Chlorat. Wasserstoffperoxyd, ein Permanganat oder ein Perphosphat oder
eine durch anodische Oxydation der Ausgangslösung erhaltene Verbindung. Hierdurch
werden bekanntlich gleichzeitig die in der Ausgangslösung etwa vorhandenen oxydierbaren
Verunreinigungen ganz oder teilweise zerstört. Der Zusatz von Natriumchlorat z.
B. ermöglicht die vollständige Entfernung organischer oxydierbarer Stoffe, wobei
das Chlorat reduziert wird und sich zum Teil als Chlor oder Chlorwasserstoff ausscheidet
und zum Teil in der Mutterlauge verbleibt.
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Die Anwendung infraroter Strahlung zur Oberflächenerhitzung, z. B.
bei der sogenannten Dünnschichttrocknung von Textilien, Papier und Kunststoffen,
zur Destillation und Verdampfung empfindlicher Stoffe usw., ist ebenfalls an sich
bereits bekannt. Da jedoch der Wirkungsgrad der Strahlungserwärmung bei festen Körpern
bei etwa 50 bis 60% liegt und im Falle der Wasserverdampfung aus Flüssigkeiten geringer
ist, wurde die Strahlungserwärmung als Mittel zum Verdampfen von Wasser aus Stoffen
mit hohem Feuchtigkeitsgehalt für ungeeignet gehalten.
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Es hat sich jedoch herausgestellt, daß gerade durch die Oberflächenerhitzung
mittels infraroter Strahlung im Sinne der Erfindung eine starke Konzentrierung der
Ort'hophosphorsäurelösung ermöglicht wird und daß es ohne weiteres gelingt und auch
besonders vorteilhaft ist, die Phosphorsäurelösung auf diese Weise bis zu einer
Konzentration von 71%, berechnet als P20;. einzudampfen. Nur durch diese Maßnahme
in Verbindung mit dem rechtzeitigen Zusatz von Oxydationsmitteln wird es möglich,
die Phosphorsäurelösung ohne Bildung von Pyrophosphorsäure, Polyphosphorsäuren und
Meterphosphorsäure auf eine so hohe Konzentration einzuengen, daß sich beim Abkühlen
praktisch reine Orthophosphorsäure in Kristallform in guter Ausbeute abscheidet.
Weiterhin hat es sich als vorteilhaft erwiesen. mindestens während eines Teiles
der Erhitzungsdauer der Flüssigkeitsschicht dien oberhalb dieser Flüssigkeitsschicht
herrschenden Druck auf einem niedrigeren Druck als dem Atmosphärendruck zu halten.
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Nach beendeter Kristallisation muß die ?Mutterlauge von den Kristallen
abgetrennt werden. Dies erfolgt vorteilhaft durch Abschleudern. Da die Mutterlauge
sehr zähflüssig und sirupartig ist (kinematische Viskosität etwa 600 cSt), müssen
die Säurekristalle, um sich abschleudern zu lassen, mindestens 1 mm und vorzugsweise
mehr als 2 mm lang sein. Dies erreicht man erfindungsgemäß, indem man die Masse
zwecks Kristallisation unter Rühren abkühlt und den Rührer dabei mit einer 2 cm/Sek.
nicht übersteigenden Drehgeschwindigkeit umlaufen läßt. Ist die Rührgeschwindigkeit
größer, so zerbrechen die Kristalle, und das Ausschleudern kann nicht weit genug
getrieben werden.
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Nach dem Abschleudern nehmen die Kristalle keine Feuchtigkeit auf
und verändern sich nicht. Sie können in Säcke verpackt werden und stellen ein äußerst
wertvolles Erzeugnis dar. Die so erhaltene Phosphorsäure enthält mindestens 98%
H3 P 04. Der Rest besteht hauptsächlich aus Wasser (bis zu 1.50/e) und gegebenenfalls
Verunreinigungen, wie Na20 und K20 (zusammen höchstens 1%).
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Die Ausbeute an kristalliner Orthophosphorsäure, bezogen auf die in
der Ausgangslösung enthaltene Menge, schwankt zwischen 60 und 95% und hängt hauptsächlich
von der Reinheit der Ausgangslösung ab. Je mehr Verunreinigungen die Ausgangslösung
enthält, desto mehr Mutterlauge braucht man, um die Verunreinigungen in Lösung zu
halten, und desto geringer wird infolgedessen die Ausbeute an kristalliner Orthophosphorsäure.
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Die zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens dienende Vorrichtung
ist gekennzeichnet durch eine Verdampfungsvorrichtung, die aus mindestens einem
flachen Behälter besteht, über dem sich eine infrarote Strahlungsquelle befindet,
wobei der Behälter und die Strahlungsquelle in einer Unterdruck kammer eingeschlossen
sind.
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Die Abbildung stellt schematisch eine beispielsweise Ausführungsform
einer erfindungsgemäßen Vorrichtung, teilweise geschnitten im Aufriß, dar.
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Die Ausgangsphosphorsäurelösung befindet sich im Behälter
1. Nach Zusatz eines vorzugsweise flüchtigen Oxydationsmittels ist die Lösung
zur Konzentrierung bereit und wird durch die Leitungen 2 in Verdampfungsvorrichtungen
eingeleitet, von denen auf der Zeichnung zwei dargestellt sind, die parallel geschaltet
sind.
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Jede dieser Vorrichtungen besteht aus zwei flachen Behältern 3 und
4, von denen jeder von einem Unterdruckgehäuse 5 bzw. 6 umgeben ist, in welchen
die infraroten Strahlungsquellen 7 angeordnet sind. Die Gehäuse 5 und 6 sind durch
Röhren 8 bzw. 9 und durch die Leitung 10 mit einem nicht dargestellten Ansaugventilator
verbunden. Die Behälter 3 und 4 sind hintereinander geschaltet, d. h. die Ausgangslösung
fließt in den Behälter3 ein und dann durch die Leitung 11 in den Behälter 4. Die
Behälter sind außen durch eine Umhüllung 12 wärmeisoliert. Die in ihnen sich ausbreitende
Lösung wird durch die Strahlung der Strahlungsquellen 7 erhitzt, während sie sich
unter vermindertem Druck befindet. Das so verdampfte Wasser wird durch Leitung 10
abgesaugt. Die Säure konzentriert sich auf diese Weise ohne Bildung von Pyrophosphorsäure
und Meterphosphorsäure und die Bildunff dieser letzteren Säuren wird durch die Anwesenheit
des
Oxydationsmittels verhindert, welches ebenfalls die in der Ausgangslösung gegebenenfalls
enthaltenen oxydierbaren Verunreinigungen oxydier:.
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Die Lösung wird so lange in den Verdampfern behandelt, bis sie mindestens
68% P205 enthält. Sie läuft hierauf durch die Leitungen 13 und 14 in einen Wärmeaustauscher15,
wo sie teilweise abgekühlt wird. Von hier aus leitet man sie in eine Kristallisiervorrichtung
16. In der letzteren bilden sich die Kristalle infolge gesteuerter Abkühlung der
Masse mittels eine Mantels 17 mit Wasserumlauf aus.
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Diese Vorrichtung ist mit einem Rührer 18 von besonderer Form versehen,
um das Zerbrechen der Kristalle zu verhüten; die Geschwindigkeit dieses Rührers
beträgt nicht mehr als 2 cm/Sek. Dank dieser Gesamtanordnung erreichen die Kristalle
eine größte Abmessung von mindestens 1 mm.
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Der so erhaltene Kristallbrei wird (durch Luftdruck) aus der Kristallisiervorrichtung
abgezogen und mittels der Leitungen 19 in eine Zentrifuge 20 eingeleitet. Auf diese
Weise werden die Mutterlaugen vom Produkt 21 abgetrennt, welches hierauf in kristalliner
Form in Säcke verpackt wird.
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Nachfolgend wird ein Zahlenbeispiel eines nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren in der beschriebenen Einrichtung durchgeführten Arbeitsganges angegeben:
Man geht von 10000 kg technischer Phosphorsäure mit ungefähr 75% H3 P 04 Gehalt
aus, welche unter anderem folgende Verunreinigungen enthält: 2 bis 3% K20+Na20;
0,2% Fe+Al; 0,2 bis 0,3% Ca; 0,3% S 04; 0,1 bis 0,2% Cl; 0,2 bis 0,3% F. Während
sich diese Säure im Behälter 1 befindet, setzt man ihr 10 1 einer 50%igen Natriumchloratlösung
zu, rührt und läßt 4 bis 5 Tage stehen. Hierauf führt man diese Säure in die Verdampfungsapparate
ein, welche mit einer Heizung von einer Leistung von 15 kW ausgerüstet sind. Im
ersten Behälter 3 übersteigt die Verdampfungstemperatur nicht 100° C; bei dieser
Temperatur werden 80% des zu verdampfenden Wassers entfernt. Im letzten Behälter
4 ist die Temperatur höher als 100° C, um die letzten 20% des zu verdampfenden Wassers
zu entfernen. Die Umlaufgeschwindigkeit ist so eingestellt, daß die Konzentration
der Säure beim Austritt aus den Verdampfern 98% H3 P 04 beträgt. Die Säure wird
hierauf in der Kühlkammer 15 auf 50° C abgekühlt. Man setzt ihr in der Kristallisierkammer
16 Kristallkeime zu und kristallisiert durch Abkühlung auf 18 bis 20° C. Die Kristallisationsdauer
beträgt ungefähr 6 Stunden. Die Zentrifuge 20 besteht aus chemisch widerstandsfähigem
Werkstoff, weist einen Durchmesser von 120 cm auf und dreht sich mit 900 U/min.
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Das Ausschleudern ist nach 20 bis 30 Minuten beendet, und man hat
dann nur noch die Kristalle 21 zu sammeln. Man zieht 5,25 kg Kristalle ab, was einer
Ausbeute von 7011o, bezogen auf den H3 P 04 Gehalt der Ausgangslösung, entspricht.
Die so erhaltene kristallisierte Phosphorsäure lieferte folgende Analysenwerte:
H3 P 04 . . . . . . . . . . . . . . . . ...... 98 bis
990% |
Fe . . . . . . . .. .. .. .. . weniger als 0,03% |
A1 . . . . . . . . . . . . . . . . weniger als 0,01% |
CaO ...... . .. .. .. . weniger als 0,1% |
Cl . . . . . . . . . . . . . . . . weniger als 0,000% |
F . . . . . . . . . . .. . . . . . weniger als 0,000% |
S04 . . . . . . . . . . . . . . weniger als 0,05% |
Na20+K,O .... . .. ..... .. .. . 0,5 bis 1,0% |
As . . . . . .. .. .. .. . . .. . 0,1 bis 1 Millionstel 0/0 |