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Verfahren zur Gewinnung hochprozentiger Halogenwasserstoffsäure Es
ist bekannt, einen im dampfförmigen oder gasförmigen Zustand in einem Abgas enthaltenen
Stoff mit einer Flüssigkeit zu absorbieren, welche aus einem azeotropen Gemisch
des zu gewinnenden Stoffes mit einem zweiten Stoff besteht. Die dabei anfallende
konzentrierte Lösung des ersten Stoffes im zweiten Stoff wird anschließend in einer
Vorrichtung erwärmt, wobei leichterflüchtiger erster Stoff so lange entweicht, bis
wieder die azeotrope Zusammensetzung erreicht ist. Dieses azeotrope Gemisch wird
erneut zur Absorption verwendet. Auf diese Weise gewinnt man z. B. den Chlorwasserstoffanteil
eines Abgases nahezu vollständig in Form von reinem Chlorwasserstoff.
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Sind aber in dem Abgas von vornherein schon die beiden Stoffe enthalten,
so kann mit dem genannten Absorptionis-Desorptions-Verfahren der erste Stoff nur
zum Teil in reiner Form gewonnen werden. Im ungünstigsten Falle, wenn das Verhältnis
der Menge des ersten Stoffes zur Menge des zweiten Stoffes im Abgas gerade der azeotropen
Zusammensetzung entspricht, ist es mit dem genannten Verfahren sogar unmöglich,
den ersten Stoff auch nur zum Teil in reiner Form zu gewinnen. In jedem Falle fällt
bei der Auskochung des ersten Stoffes aus der konzentrierten Lösung des ersten Stoffes
im zweiten Stoff überschüssiges Gemisch an, für das es häufig an einer Verwendungsmöglichkeit
fehlt.
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Es wurde nun eine Verfahrensweise gefunden, mit der man je nach der
Zusammensetzung des Gas- oder Dampfgemisches den Anfall an solchem in der Regel
unerwünschtem, überschüssigem azeotropem Gemisch vollständig oder zu einem erheblichen
Teil verhindern kann. Dabei benutzt man den unter Betriebsbedingungen nicht kondensierbaren
Anteil des Abgases als Trägergas für den Abtransport des zweiten Stoffes aus dem
erfindungsgemäß angewendeten Absorptionssystem. Dies ist insbesondere dann mit einem
hohen Wirkungsgrad möglich, wenn, von der azeotropen Zusammensetzung ausgehend,
das Partialdruckverhältnis vom ersten zum zweiten Stoff nach geringeren Konzentrationen
hin stark zunimmt.
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Im einzelnen verfährt man gemäß Abbildung im Falle eines Abgases,
das aus Wasserdampf und Chlorwasserstoff und beträchtlichen Mengen Trägergas besteht,
erfindungsgemäß so, daß man das Abgas, welches im Gegenstrom zu der im Absorptionsturm
1 oben durch die Leitung 2 heiß zulaufenden verdünnten Absorptionssäure geführt
wird, im Absorptionsturm 1 nach oben zu mit Hilfe einer geeigneten Heizvorrichtung,
etwa einem nicht gezeichneten Rohrbündel-Wärmeaustauscher, erwärmt, so daß die Temperatur
am Kopf des Absorptionsturmes 1 innerhalb eines je nach dem Wasserdampfgehalt des
Abgases und der Konzentration der dort zulaufenden Säure festzulegenden Temperaturbereiches
bleibt, in welchem auch die Temperatur der zulaufenden Absorptionssäure liegen soll.
Das am Kopf des Absorptionsturmes 1 durch die Leitung 3 abströmende, mit Wasserdampf
und Chlorwasserstoff beladene Permanentgas wird anschließend in einer Kühlvorrichtung
4 so weit abgekühlt, daß praktisch der gesamte Chlorwasserstoffanteil zusammen mit
einem Teil des Wasserdampfes kondensiert. Die durch die Leitung 5 im Absorptionsturm
1 ablaufende konzentrierte Salzsäure wird im Auskocher 6 wieder bis zur azeotropen
Zusammensetzung ausgekocht, wobei reines Chlorwasserstoffgas durch die Leitung 7
entweicht. Die azeotrope Säure mischt man nun mit der durch die Leitung $ ablaufenden
verdünnten Säure und läßt dieses Gemisch wieder durch die Leitung 2 dem Absorptionsturm
1 zulaufen.
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Die beschriebene Verfahrensweise läßt sich auch auf Gas- oder Dampfgemische
übertragen, die an Stelle von Wasserdampf und Halogenwasserstoff neben Trägergas
zwei andere Komponenten enthalten, die ein azeotropes Gemisch bilden.
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Das neue Verfahren zur Gewinnung von hochprozentiger, insbesondere
für die Herstellung von reinem Halogenwasserstoffgas verwendbarer Halogenwasserstoffsäure,
insbesondere Chlorwasserstoffsäure und Bromwasserstoffsäure, durch Absorption von
Halogenwasserstoff aus einem wasserdampfhaltigen Gas- oder Dampfgemisch, welches
neben dem Halogenwasserstoff einen unter Betriebsbedingungen nicht kondensierbaren
Permanentgasanteil enthält, besteht somit darin, daß man den Halogenwasserstoff
aus dem Gas- oder Dampfgemisch in einem Absorptionssystem im Laufe von mindestens
zwei Teilschritten abtrennt,
wobei im ersten Schritt das Gas- oder
Dampfgemisch in einem Absorptionsturm im Gegenstrom zu der oben heiß zulaufenden,
bezüglich Halogenwasserstoff unterhalb der azeotropen Zusammensetzung liegenden
wäßrigen Halogenwasserstoffsäure geführt und dabei im oberen bzw. mittleren und
oberen Teil des Absorptionsturmes einer Temperatursteigerung ausgesetzt wird, derart,
daß die nicht kondensierbaren Komponenten des Gas- oder Dampfgemisches im Kopf des
Turmes bei einer noch unterhalb des Siedepunktes der dort zulaufenden Säure liegenden
Temperatur zwar viel Wasserdampf, aber wenig Halogenwasserstoff aufnehmen, während
am Boden des Absorptionsturmes eine konzentrierte Halogenwasserstoffsäure abgezogen
und in einem Auskocher auf 1000higen Halogenwasserstoff und azeotrope Säure aufgearbeitet
wird, und im zweiten Schritt dieses über Kopf abgehende Gas- oder Dampfgemisch in
einer Kühlvorrichtung so weit abgekühlt wird, daß nahezu der gesamte Anteil an Halogenwasserstoff
zusammen mit nur einem Teil des Wasserdampfes kondensiert wird.
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Eine weitere Ausführungsform des neuen Verfahrens beruht darauf, daß
man den als Trägergas wirkenden Permanentgasanteil des Gas- oder Dampfgemisches
dazu benutzt, um bei entsprechender Wahl der Temperatur am Kopf des Absorptionsturmes
eine gewünschte Menge, beispielsweise so viel Wasserdampf abzuführen, daß nach der
anschließenden Abkühlung des über Kopf abgehenden Gas- oder Dampfgemisches und damit
nach der nahezu vollständigen Abscheidung des im Absorptionsturm nicht aus dem Gas-
oder Dampfgemisch ausgewachsenen Halogenwasserstoffanteiles zusammen mit einem Teil
des Wasserdampfes die im Abgas hinter dieser Kondensationsstufe verbleibende Wasserdampfmenge
gerade derjenigen Wasserdampfmenge entspricht, die in dem dem Absorptionsturm, also
der ersten Stufe, von unten zugeführten Gas- oder Dampfgemisch enthalten ist.
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Ferner kann die Höhe der Temperatur am Kopf des Absorptionsturmes
durch eine geeignete zusätzliche Heizvorrichtung regulierbar sein.
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Es ist aber auch möglich, daß die Höhe der Temperatur am Kopf des
Absorptionsturmes durch die Wärme der diesem Turm oben heiß zulaufenden wäßrigen
Halogenwasserstoffsäure reguliert wird.
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Ein weiteres Merkmal der Erfindung besteht darin, daß diie im Absorptionsturm
oben heiß zulaufende verdünnte wäßrige Halogenwasserstoffsäure durch Mischen der
in der Kühlvorrichtung hinter dem Absorptionsturm abgeschiedenen verdünnten Säure
mit dem azeotropen Gemisch hergestellt wird, welches durch Auskochen von Halogenwasserstoff
aus der im Absorptionsturm unten ablaufenden konzentrierten, wäßrigen Halogenwasserstoffsäure
anfällt.
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Schließlich kann das erfindungsgemäße Verfahren zur Abtrennung von
insbesondere Chlorwasserstoff aus außerdem wasserdampfhaltigen Abgasen, vor allem
aus solchen mit hohem Permanentgas- und verhältnismäßig geringem Chlorwasserstoffgehalt,
angewendet werden.
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Beispiele 1. 2 Nm3 eines heißen Fermanentgases strömen, mit 162 g
Chlorwasserstoff und 150 g Wasserdampf beladen, durch die Leitung 9 in den Absorptionsturm
1 ein, wobei die Temperatur am Fuß des Absorptionsturmes bei -f- 20° C liegt. Durch
Kondensation des Wasserdampfes und Absorption des Chlorwasserstoffes in der herabrieselnden
Absorptionssäure fallen pro 2 Nm3 Permanentgas 1128 g einer etwa 31%igen Salzsäure
mit 351 g H Cl und 777 g H2 O an, die durch die Leitung 5 ablaufen. Das im Absorptionsturm
1 aufsteigende Abgas wird nach oben zu bis auf -f- 74° C erwärmt. Durch die Leitung
3 werden von den über die Leitung 2 mit -1- 74° C zulaufenden 1442 g 17%iger Säure
in 2 Nm3 Permanentgas je 569 g Wasserdampf und 57 g Chlorwasserstoffgas abgeführt.
Der übrige Teil der durch die Leitung 2 zulaufenden Säure läuft mit etwa 23%, Chlorwasserstoffgeha.lt
als Absorptionssäure durch den Absorptionsturm 1.
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In der Kühlvorrichtung 4 wird das durch die Leitung 3 eintretende
Gasgemisch auf etwa -f- 40° C abgekühlt, wobei 483 g Wasser zusammen mit 57 g Chlorwasserstoff
als 540 g 10,5%ige Säure abgeschieden werden, die durch Leitung 8 ablaufen, während
noch 86 g Wasserdampf pro 2 Nms Permanentgas in der Gasphase verbleiben und durch
die Leitung 10 ausströmen.
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Aus der durch die Leitung 5 abfließenden 31%igen Säure werden im Auskocher
6 145 g 100%iges Chlorwasserstoffgas über die Leitung 7 ausgetrieben, so daß 983
g 21%ige Säure durch die Leitung 11 ablaufen. Mischt man nun 902 g dieser 21%igen
Säure, die durch die Leitung 12 abgezweigt werden, mit den durch die Leitung 8 zulaufenden
540 g 10,5%iger Säure, so erhält man 1442 g 17%ige Säure, die man wieder durch Leitung
2 dem Absorptionsturm 1 zulaufen läßt.
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Durch die Leitung 13 werden 81 g 21%ige Salzsäure aus dem Prozeß entfernt.
Diese enthalten 17 g Chlorwasserstoff, die also nicht als 100%iges Gas gewonnen
werden können. 17 g sind aber nur 10,5% des Chlorwasserstoffgehaltes der Abgasmenge.
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Mit den zur Zeit üblichen. Absorptionsverfahren hätten dagegen 40g
des Chlorwasserstoffs, das sind nahezu 25%, nicht als 100%iges Chlorwasserstoffgas
gewonnen werden können.
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Der im vorliegenden Beispiel gefundene Prozentsatz von 10,50/a an
überschüssigem Azeotrop-Chlorwasserstoff ist kein Minimalwert. Durch eine entsprechende
Vergrößerung der Berührungsfläche des Absorptionsturmes 1 läßt sich der Anfall an
Überschüssigem azeotropem Gemisch bei der gewählten Abgaszusammensetzung sogar vollständig
vermeiden.
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2. Aus den in 2 Nm3 Permanentgas enthaltenen 250 g Bromwasserstoff
und 46 g Wasser eines Abgases erhält man durch die erfindungsgemäße Arbeitsweise
in Leitung 5, zusammen mit der im Absorptionsturm 1 herabrieselnden Absorptionssäure,
1586 g 56,8%ige Bromwasserstoffsäure. Je 2 Nm3 des mit 65° C am Kopf des Absorptionsturmes
1 durch die Leitung 3 abströmenden Permanentgases führen von über die Leitung 2
zulaufenden 1500 g 46%iger Säure 40 g Bromwasserstoff und 170 g Wasser ab, so daß
1290g 50,4%ige Säure als Absorptionssäure durch den Absorptionsturm 1 laufen. In
der Kühlvorrichtung 4 wird das durch die Leitung 3 eintretende Dampf-Gas-Gemisch
so weit abgekühlt, daß sich je 2 Nm3 Permanentgas 164 g 24,4%ige Bromwasserstoffsäure
abscheiden, die durch die Leitung 8 ablaufen, während 46 g Wasser in dem durch die
Leitung 10 abströmenden Abgas verbleiben.
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Aus den durch die Leitung 5 ablaufenden 1586 g 56,8%iger Säure werden
im Auskocher 6 250 g nahezu 100o/oiger Bromwasserstoff durch die Leitung 7 ausgetrieben,
so daß 1336 g 48,6%ige Säure zurückbleiben. Diese 1336 g werden mit den durch die
Leitung 8 ablaufenden 164 g 24,4%iger Säure vermischt,
wobei 1500
g 46o/oige Säure erhalten werden, die man wieder durch Leitung 2 dem Absorptionsturm
1 zulaufen läßt.
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In diesem Beispiel kann der gesamte Bromwasserstoffgehalt des Abgases
als 100o/oiges Bromwasserstoffgas gewonnen werden, während mit dem zur Zeit üblichen
Verfahren maximal eine 85o/oige Ausbeute zu erzielen ist.