-
Die Erfindung betrifft einen Elektrolyt für eine Magnesium-Schwefel-Batteriezelle und eine Magnesium-Schwefel-Batteriezelle mit dem Elektrolyt.
-
Aufgrund knapper werdender fossiler Rohstoffe und der damit zumindest mittel- und langfristig zu erwartenden steigenden Preise für Brennstoffe auf Basis derartiger Rohstoffe sowie aufgrund der anthropogen verursachten Kohlendioxid-Emissionen und der damit einhergehenden Auswirkungen ist in den vergangenen Jahren zunehmend das Thema „Elektromobilität” in den Fokus des Interesses geraten. Bezüglich der mittlerweile erhältlichen Elektrofahrzeuge mangelt es in vielen Märkten jedoch noch an einer ausreichenden Kaufbereitschaft durch die Kunden.
-
Eine Ursache hierfür könnte darin zu suchen sein, dass etwa rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge, bei denen als Energiequelle derzeit fast ausschließlich wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien (Akkumulatoren, Traktionsbatterien) zum Einsatz kommen, im Vergleich zu Fahrzeugen mit einer Verbrennungskraftmaschine pro „Tankladung” (d. h. in diesem Fall pro Batterieladung) nur eine vergleichsweise geringe Reichweite aufweisen.
-
Vor diesem Hintergrund werden große Anstrengungen dahin unternommen, die volumetrische und gravimetrische Energiedichte bei Akkumulatoren (Sekundärbatterien; im nachfolgenden oftmals nur als „Batterien” bezeichnet) zu erhöhen. Weitere Entwicklungsziele sind hierbei eine im Vergleich zu den derzeit dominierenden Lithium-Ionen-Batterien verbesserte Sicherheit, niedrigere Kosten und eine verlängerte Lebensdauer (Zyklenfestigkeit).
-
Bezüglich der Kosten ist festzustellen, dass der Preis für Lithium-Metall bereits heute relativ hoch ist. Dies hat seine Ursache teilweise darin, dass die Verfügbarkeit von Lithium-Metall in für Lithium-Ionen-Batteriezellen ausreichend hoher Reinheit aufgrund der derzeitigen Produktionskapazitäten relativ begrenzt ist. Und es ist von einer relativen Knappheit und damit auch mit weiter steigenden Preisen für dieses Metall auszugehen, falls zukünftig merkliche Anteile des heutigen Straßenverkehrs von zumindest auch elektrisch antreibbaren Fahrzeugen, bei denen Traktionsbatterien auf Lithiumbasis zum Einsatz kommen, übernommen werden sollten.
-
Eine mögliche technische Alternative zur Verwendung von Lithium besteht in elektrochemischen Systemen, bei denen ein alternatives Metall, wie etwa Natrium oder Magnesium, zum Einsatz kommt. Magnesium stellt einen besonders interessanten Kandidaten dar, da es nicht nur in großen Mengen verfügbar und deutlich preiswerter als Lithium-Metall ist, sondern pro Magnesium-Atom auch zwei Ladungen transportiert werden können (wohingegen es bei Lithium und Natrium nur eine Ladung ist).
-
Eine auf Magnesium basierende Batterie hätte eine theoretische volumetrische Energiedichte von bis zu 3800 mAh cm–3, was deutlich über der von Lithium (ca. 2000 mAh cm–3) oder Natrium (ca. 1100 mAh cm–3) liegen würde. Daher würde sich Magnesium grundsätzlich auch sehr gut für einen erhöhten Energietransport eignen.
-
Ein vielversprechendes Kathodenmaterial für eine auf Magnesium basierende Batterie stellt Schwefel dar, mit dem eine theoretische Energiedichte von mehr als 3200 Wh/l erreichbar wäre (bei Betrachtung der Umwandlung von Mg2+ + S + 2e– zu MgS), was ebenfalls über dem entsprechenden Wert für eine Lithium-Schwefel-Batterie liegt. Eine Magnesium-Schwefel-Batterie würde auch eine vergleichsweise hohe Spannung liefern, was diesen Batterietyp in Kombination mit der rechnerisch sehr hohen Energiedichte insbesondere auch für automobile Anwendungen sehr interessant macht.
-
Eine Batteriezelle einer Metall-Schwefel-Batterie enthält eine Kathode (wobei der Begriff „Kathode” streng genommen nur für den Vorgang der Entladung zutrifft) aus einem Kohlenstoffmaterial (etwa Graphitruß oder Aktivkohle) oder einem porösen Kunststoff, an den kovalent oder adhäsiv elementarer Schwefel gebunden ist, eine Metall-Anode, einen den Kathodenraum und den Anodenraum ausfüllenden Elektrolyt und einen den Kathodenraum und den Anodenraum voneinander trennenden ionenleitenden Separator.
-
Während eines Entladungsvorgangs wandern Metallionen, bspw. Lithium- oder Magnesium-Ionen, von der Anode zur Kathode und bilden dort als Zwischenstufe mit dem Schwefel eine Reihe verschiedener Polysulfide aus, die am Ende des Entladungsvorgangs zu sulfidischen Verbindungen (bspw. Li2S2, Li2S, MgS) umgewandelt werden.
-
Bei einem Aufladevorgang findet der umgekehrte Vorgang statt, d. h. aus den sulfidischen Verbindungen wird über die Zwischenstufe der Polysulfide wieder elementarer Schwefel gebildet und die Metallionen wandern zurück zur Anode, um sich dort wieder in metallischer Form abzulagern.
-
Ein aktuell noch nicht zufriedenstellend gelöstes Problem von Magnesium-Schwefel-Batterien ist, dass noch keine ausreichend stabilen Elektrolyte (elektrochemische Lösungen) für auf Magnesium basierende, wiederaufladbare Batteriezellen bekannt sind.
-
In
- – Zhao-Karger Z., Zhao X., Wang D., Diemant T., Behm R. J., Fichtner M. (2015). Performance Improvement of Magnesium Sulfur Batteries with Modified Non-Nucleophilic Electrolytes. Adv. Energy Mater., 5: 1401155. doi: 10.1002/aenm.201401155
ist die Synthese von nicht-nucleophilen Elektrolyten beschrieben, die erhältlich sind durch Umsetzung von Magnesium-bis-Hexamethyldisilazid [(HMDS)2Mg] mit 2 Äquivalenten der Lewis-Säure AlCl3 in verschiedenen Ethern, wie etwa Tetraglyme (C10H22O5), wodurch sich ein positiv geladener, zweikerniger Magnesium-Komplex mit [HMDSAlCl3]– als Gegen-Anion, welcher sich als elektrochemisch aktive Spezies herausstellte, und ein neutrales HMDSAlCl2 als Nebenprodukt ergab.
-
Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen im Vergleich zum Stand der Technik verbesserten Elektrolyten für eine Magnesium-Schwefel-Batterie sowie eine im Vergleich Stand der Technik verbesserte Magnesium-Schwefel-Batterie zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgaben werden gelöst durch den Elektrolyt gemäß Anspruch 1 und die Magnesium-Schwefel-Batterie gemäß Anspruch 6. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche und können der folgenden Beschreibung entnommen werden.
-
Gemäß einem ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung wird ein Elektrolyt für eine Magnesium-Schwefel-Batteriezelle vorgeschlagen, der – wie aus dem oben erwähnten Stand der Technik grundsätzlich bekannt ist – erhältlich ist durch Umsetzen von Magnesium-bis-Hexamethyldisilazid [(HMDS)2Mg] mit AlCl3 im Molverhältnis von 1:2 und Lösen des Umsetzungsprodukts in Tetraethylenglycoldimethylether (Tetraglyme) oder Bis(2-methoxyethyl)ether (C6H14O3, Diglyme).
-
Der erfindungsgemäße Elektrolyt ist dadurch gekennzeichnet, dass er weiter
- a) 0,1 bis 1,0 Vol.-% von einem oder mehreren Cosolventien, bevorzugt von einem oder mehreren Glycol-Ethern, und
- b) 0,01 Gew.-% bis 0,05 Gew.-%, bevorzugt 0,02 Gew.-% bezogen auf die gesamte Mischung von wenigstens einem Benzodiazepin-Derivat
enthält.
-
Wie von dem Erfinder überraschend herausgefunden wurde, steigt bei Magnesium-Schwefel-Batterien durch die Verwendung eines erfindungsgemäßen Elektrolyts sowohl die Strombelastbarkeit (elektrochemische Performance) bei 4C als auch die Lebensdauer signifikant an. So konnte unter Verwendung eines erfindungsgemäßen Elektrolyts die Anzahl an durchzuführenden Zyklen bei Magnesium-Schwefel-Batterien von etwa 100 Zyklen, wie sie nach dem bisherigen Stand der Technik möglich waren, auf bis zu 500 Zyklen gesteigert werden. Auch wurde eine Steigerung der gravimetrischen Energiedichte von ca. 400 mAh/g auf über 750 mAh/g festgestellt (jeweils ermittelt nach dem 100. Zyklus bei 1C).
-
Der erfindungsgemäße Elektrolyt kann grundsätzlich ohne besondere Einschränkung einen oder mehrere der derzeit bekannten Glycol-Ether als Cosolvens/Cosolventien enthalten, in bevorzugter Weise jedoch 2-(2-Butoxyethoxy)ethanol und/oder 1-Methoxy-2-propanol, bspw. 0,5 Vol.-% 2-(2-Butoxyethoxy)ethanol und 0,15 Vol.-% 1-Methoxy-2-propanol.
-
Als Benzodiazepin-Derivat ist wenigstens eines mit der nachfolgenden Strukturformel bevorzugt:
wobei R
1 und R
2 gleich oder verschieden sein können und auswählbar sind aus einem Chlor-Rest und einem Fluor-Rest.
-
In besonders bevorzugter Weise enthält der Elektrolyt gemäß der vorliegenden Erfindung als wenigstens ein Benzodiazepin-Derivat 7-Chlor-1-[2-(diethylamino)ethyl]-5-(2-fluorphenyl)-1,3-dihydro-2H-1,4-benzodiazepin-2-on (R1 = Cl; R2 = F; Flurazepam).
-
Gemäß einem zweiten Aspekt der vorliegenden Erfindung wird eine wiederaufladbare Magnesium-Schwefel-Batteriezelle vorgeschlagen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie einen erfindungsgemäßen Elektrolyt oder einen seiner vorteilhaften Weiterbildungen und Ausgestaltungen enthält.
-
Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen.
-
Der Elektrolyt gemäß der vorliegenden Erfindung kann bspw. dadurch hergestellt werden, dass nach der Umsetzung von Magnesium-bis-Hexamethyldisilazid [(HMDS)2Mg] mit AlCl3 im Molverhältnis von 1:2 und Lösen des Umsetzungsprodukts in Tetraethylenglycoldimethylether (Tetraglyme) oder Bis(2-methoxyethyl)ether (Diglyme) ein oder mehrere Glykol-Ether zugegeben werden und diese in der etherhaltigen Lösung möglichst homogen verteilt werden. Durch eine nachfolgende Zugabe und Verteilung des wenigstens einen Benzodiazepin-Derivats in der so erhaltenen etherhaltigen Lösung ergibt sich der Elektrolyt gemäß der vorliegenden Erfindung.
-
Ein beispielhafter Elektrolyt gemäß der vorliegenden Erfindung kann etwa erhalten werden durch Zugabe von 0,5 Vol.-% 2-(2-Butoxyethoxy)ethanol und 0,15 Vol.-% 1-Methoxypropan-2-ol in eine Tetraglyme-Lösung, die das Umsetzungsprodukt von Magnesium-bis-Hexamethyldisilazid mit AlCl3 enthält. Nach dem Mischen der zugegebenen zwei Cosolventien und Zugabe (und Vermischen) von 0,02 Gew.-% (bezogen auf die gesamte Mischung) 7-Chlor-1-(2-diethylaminoethyl)-5-(2-fluorphenyl)-1,3-dihydro-2H-1,4-benzodiazepin-2-on (Flurazepam) wird der Elektrolyt gemäß der vorliegenden Erfindung erhalten.
-
Zur Wirkungsweise des wenigsten einen Benzodiazepin-Derivats gemäß der oben angegebenen Strukturformel können folgende Vermutungen angestellt werden: die beiden Halogenatome R1 und R2 bewirken wahrscheinlich durch ihre große Elektronegativität eine stark unterschiedliche Elektronendichteverteilung in dem Benzodiazepin-Derivat, wodurch dieses (vermutlich insbesondere im Bereich der Halogenreste) den Charakter eines negativ geladenen Ions aufweist, das als „Gegenion” zu positiv geladenen Magnesium-Ionen wirkt.
-
Untersuchungen mittels NMR (Kernspinresonanzspektroskopie) lassen vermuten, dass hierdurch eine Art Micellenbildung eintritt, d. h. eine Einhüllung der Magnesium-Ionen. Tendenziell zeigen Magnesium-Ionen mit einer Solvathülle in nachteiliger Weise eine geringe Kinetik, d. h. eine langsame Bewegungsgeschwindigkeit durch den Elektrolyt. Diese geringe Kinetik könnte dadurch verursacht sein, dass ein Magnesium-Ion mit einer Solvathülle einen vergleichsweise großen Durchmesser aufweist und die Solvathülle vergleichsweise schwer „abstreifbar” ist.
-
Im Falle des Benzodiazepin-Derivats/der Benzodiazepin-Derivate könnte die durch es/sie bewirkte Micellenbildung jedoch insoweit vorteilhaft sein, als dass die hierdurch ausgebildete Solvathülle leichter „abstreifbar” ist als dies bei anderen Elektrolytbestandteilen der Fall ist und dass durch die Micelle das positiv geladene Magnesium-Ion eine Art „freies Geleit” durch den Elektrolyt erhält.
-
Zu diesen positiven Eigenschaften des verwendeten Benzodiazepin-Derivats/der verwendeten Benzodiazepin-Derivate trägt vermutlich auch die Struktur bei, die durch die Stickstoff-Atome in der Ringverbindung bewirkt wird.
-
Wird als wenigstens ein Benzodiazepin-Derivat eines verwendet, bei dem R1 ein Chlor-Rest und R2 ein Fluor-Rest ist, so handelt es sich um die unter dem Freinamen „Fluracepam” bekannte Verbindung, die als Arzneimittel zur kurzzeitigen Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen eingesetzt wird.
-
Fluracepam ist somit ohne weiteres in auch für einen technischen Einsatz erforderlicher Reinheit und Menge erhältlich; es sind jedoch aufgrund seiner pharmakologischen Wirkung Reglementierungen in Bezug auf seinen Bezug und Handhabung zu berücksichtigen.
-
Der Elektrolyt gemäß der vorliegenden Erfindung kann selbstverständlich weitere Bestandteile aufweisen, wie etwa eine oder mehrere ionische Flüssigkeiten, wie etwa N-methyl-N-butylpiperidinium-bis(trifluormethansulfonyl)imid (PP14TFSI).
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- Zhao-Karger Z., Zhao X., Wang D., Diemant T., Behm R. J., Fichtner M. (2015). Performance Improvement of Magnesium Sulfur Batteries with Modified Non-Nucleophilic Electrolytes. Adv. Energy Mater., 5: 1401155. doi: 10.1002/aenm.201401155 [0013]