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Die Erfindung betrifft einen Festionenleiter für eine nichtwässrige wiederaufladbare elektrochemische Batteriezelle mit einer positiven und einer negativen Elektrode und die aus mindestens einer Batteriezelle aufgebaute Batterie. Festionenleiter werden in der Literatur auch als Feststoffelektrolyt oder Festelektrolyt bezeichnet.
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Wiederaufladbare Batterien sind auf vielen technischen Gebieten von großer Bedeutung. Vielfach werden sie für mobile Anwendungen eingesetzt, wie beispielsweise Mobiltelefone, Notebooks und Elektrofahrzeuge.
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Daneben gibt es einen großen Bedarf an Batterien für stationäre Anwendungen, wie Netzstabilisierung, Netzpufferung und dezentrale Energieversorgung.
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Es besteht ein hohes Bedürfnis nach verbesserten wiederaufladbaren Batterien, die insbesondere folgende Anforderungen erfüllen:
- - Sicherheit durch Nichtbrennbarkeit;
- - Langlebigkeit, d.h. hohe kalendarische Lebensdauer;
- - hohe Zyklen-Lebensdauer, d.h. eine sehr hohe Zahl nutzbarer Lade- und Entladezyklen, auch bei hohen entnehmbaren Strömen, d.h. bei hoher Leistungsdichte;
- - hoher Energiewirkungsgrad über die gesamte Lebensdauer;
- - sehr gute elektrische Leistungsdaten, insbesondere hohe spezifische Energie (Wh/kg) bzw.
- - hohe Energiedichte (Wh/l) bei gleichzeitig hoher Leistungsdichte (W/1);
- - bei Raumtemperatur einen möglichst kleinen Innendruck in der Zelle, um auch bei höheren Temperaturen betreibbar zu sein;
- - möglichst niedrigen Innenwiderstand auch bei tiefen Temperaturen, um eine hohe Leistungsdichte zu gewährleisten;
- - möglichst niedrige Herstellungskosten, d.h. bevorzugte Verwendung kostengünstiger und gut verfügbarer Materialien; und
- - niedrige Kosten pro aus der Batterie entnommener Kilowattstunde.
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Aus der
WO 00/79631 sind wiederaufladbare Batterien bekannt, die insbesondere zum Erreichen der Nichtbrennbarkeit flüssige schwefeldioxidhaltige Elektrolyte enthalten. Derartige Batterien sind unter anderem auch beschrieben in der
WO2015/067795 und der
WO2005031908 , in der Lithiumkobaltoxid beziehungsweise Lithiumeisenphosphat als aktives Metall vorgeschlagen sind. Dabei wird insbesondere ein aus Lithiumtetrachloroaluminat (LiAlCl
4) und Schwefeldioxid (SO
2) gebildetes flüssiges Solvat (LiAlCl
4 × n SO
2) als Elektrolyt verwendet, wobei bei der Solvatationszahl n = 1,5 der Dampfdruck des SO
2 unter 0,1 Bar und bei n>=4,5 über 2 Bar liegt. Das Zeichen × steht in dieser und den nachfolgenden stöchiometrischen Formeln für eine Multiplikation. Die Solvatationszahl n ist dabei ein Element der positiven reellen Zahlen. Derartige SO
2-haltige Elektrolyte können in herkömmlicher Weise aus Lithiumchlorid, Aluminiumchlorid und Schwefeldioxid hergestellt werden. Die zugehörigen Herstellungsverfahren zielen insbesondere auf die Trockenheit des erhaltenen flüssigen Elektrolyten, d.h. der erzeugte Elektrolyt soll möglichst wenig Wasser in jeglicher Form, auch chemisch umgesetztes Wasser, enthalten. Dies erfordert insbesondere aufwendige Verfahren zur Trocknung von bei der Herstellung beteiligten Stoffen, insbesondere des stark hygroskopischen Lithiumchlorids oder von Mischungen bzw. Schmelzen von Lithiumchlorid und Aluminiumchlorid.
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In der Literatur (Dissertation Koslowski, Bernd-F.: „Röntgenographische und schwingungsspektroskopische Untersuchungen an Solvaten des Typs MAlCl4/SO2 [MAlCl-SO] (M= Li, Na) und deren Wechselwirkungen mit Aromaten“, Hannover, Univ., Fak. für Mathematik u. Naturwiss., Diss., 1980) werden flüssige Solvate aus LiAlCl4 und n SO2 beschrieben, die bei einem bestimmten n und bei einer definierten Temperatur als feste Solvate Kristalle bilden und damit aus der Lösung ausfallen. Beispielhaft sei das LiAlCl4 × 3,0 SO2 genannt, dass bei ca. 29°C auskristallisieren kann bzw. wieder schmilzt. Bei diesen festen Solvaten des Lithiumtetrachloroaluminats mit Schwefeldioxid ist jedoch praktisch keine ionische Leitfähigkeit nachweisbar.
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In einem flüssigen SO2-haltigen Elektrolyten aus Lithiumtetrachloroaluminat und Schwefeldioxid werden Elektrodenpotentiale gegen metallisches Lithium (vs. Li/Li+) gemessen, welches in den flüssigen Elektrolyten eintaucht.
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Wie in der
WO2017/178543 A1 beschrieben, findet bei derartigen Batteriezellen mit einem flüssigen SO
2-haltigen Elektrolyten auf der Oberfläche einer negativen Elektrode, also beispielsweise auf der Oberfläche von Graphit, eine Reduktion von Schwefeldioxid zu Lithiumdithionit bei Potentialen von kleiner gleich 3V vs. Li/Li
+ statt. Eine solche Deckschicht aus Lithiumdithionit ist stabil bis in die Lithiumabscheidung. Wird jedoch das Lithiumdithionit dieser Schicht chemisch umgesetzt, so bildet es sich durch Reduktion von Schwefeldioxid auf der Oberfläche der negativen Elektrode sofort nach, solange das Potential der negativen Elektrode kleiner als ca. 3,0 Volt vs. Li/Li
+ ist.
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Diese als Selbstentladereaktion bezeichnete Umsetzung des Lithiumdithionits startet mit der Autodissoziation des Anions des gelösten Leitsalzes und führt dann zu einem Verbrauch von Lithiumionen, Ladungsmengen, Schwefeldioxid und Tetrachloroaluminationen. Um sicherzustellen, dass über die Lebensdauer einer solchen herkömmlichen Batteriezelle ausreichend flüssiger Elektrolyt in der Batteriezelle vorhanden ist, wird eine solche herkömmliche Batterie initial mit einer entsprechend großen Menge an flüssigem Elektrolyten befüllt.
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Die oben beschriebene Selbstentladereaktion bewirkt, dass Batterien, die mit LiAlCl4 × n SO2 als flüssigem Elektrolyt befüllt wurden, bereits ab dem ersten Ladezyklus einem sehr hohen Kapazitätsverlust unterliegen. In solchen herkömmlichen Batterien wird schon bei der Produktion aufgrund dieser Reaktion und des damit einhergehenden Verbrauchs an Lithiumionen bzw. Ladungsmenge in der Regel mehr aktive positive Masse als aktive negative Masse, üblicherweise die doppelte Menge, eingebracht. Die Selbstentladereaktion führt dazu, dass sich die Kapazität einer solchen herkömmlichen Batterie schon in den ersten Zyklen nahezu halbiert. Aus diesem Grunde werden derartige Batterien häufig vor dem Inverkehrbringen gezykelt, d.h. geladen und entladen, sodass die vorgezykelten Batterien den großen Kapazitätsabfall nicht mehr aufweisen. Die verbleibende Kapazität solcher bereits vorgezykelten Batterien wird häufig dann als 100% oder Nennkapazität definiert. In den weiteren Lade- und Entladezyklen fällt die Kapazität dann über mehr als 50.000 Zyklen bis auf einen Grenzwert von z.B. 30% der Nennkapazität. Der Innenwiderstand der Batterie steigt ab dem ersten Laden während des gesamten Zykelns nur geringfügig an.
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Nach Erkenntnis des Erfinders läuft mit der Kapazitätsabnahme die folgende Gesamtbruttoreaktion ab:
6 Li+ + 6 e- + 1 SO2 + 2 Li+ + 2 AlCl4 - => Li+ +AlSCl2 - + LiAlO2 + 6 LiCl (Gl. I)
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Dabei stellt sich mit der Zeit ein Gleichgewicht zwischen dem ausfallenden Lithiumaluminat (LiAlO2) und dem zunächst gebildeten und im Elektrolyten gelösten Lithiumoxodichloroaluminaten (LiAlOCl2) und dem im Elektrolyten gelösten Lithiumtetrachloroaluminat (LiAlCl4) ein:
2 Li+ + 2 AlOCl2⇔ LiAlO2 + Li+ + AlCl4 - (Gl. II)
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Aus der Kalkulation der Kapazitätsabnahme der oben beschriebenen gezykelten Batterien ergibt sich, dass die Reaktion so lange abläuft, bis alle Tetrachloroaluminat-Ionen (AlCl4 -) umgesetzt sind. Nach (Gl. II) liegen nach dem Verbrauch der Tetrachloroaluminat-Ionen keine mäßig löslichen Oxodichloroaluminate mehr vor, vielmehr sind diese vollständig zu dem unlöslichen Lithiumaluminat umgesetzt worden.
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Um die Kapazitätsabnahme wegen des Umsatzes von allen Tetrachloroaluminat-Ionen relativ klein zu halten, wird deshalb ein schwefeldioxidreicher flüssiger Elektrolyt, z.B. LiAlCl4 × 6 SO2, eingefüllt, der einen bei Raumtemperatur entsprechend hohen Dampfdruck des Schwefeldioxids von mehreren Bar besitzt.
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Ausgehend von diesen Nachteilen des Standes der Technik liegt der Erfindung das Problem zugrunde, einen Festionenleiter als festen Elektrolyten für eine Batteriezelle zur Verfügung zu stellen, der die im Zusammenhang mit dem Stand der Technik beschriebenen Probleme löst oder zumindest vermindert.
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Erfindungsgemäß wird dies durch die in den unabhängigen Ansprüchen definierten Gegenstände erreicht, wobei bevorzugte Ausführungsformen in den abhängigen Ansprüchen angegeben sind.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der beigefügten Figur näher beschrieben, dabei zeigt
- 1 ein Schema einer wiederaufladbaren Batterie.
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1 zeigt ein Schema einer wiederaufladbaren Batterie 1 mit einem Gehäuse 2 und mindestens einer Batteriezelle 3, die eine positive Elektrode 4 und eine negative Elektrode 5 aufweist. Die Elektroden 4 beziehungsweise 5 sind über ein jeweiliges Ableitelement über in der Batterietechnik übliche Elektrodenanschlüsse mit Anschlusskontakten 7 und 8 verbunden, über welche die Batterie geladen oder entladen werden kann. Weiterhin umfasst die Batteriezelle mindestens den nachfolgend beschriebenen Festionenleiter als Elektrolyten.
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Ein Festionenleiter ist ein Feststoff, in dem mindestens eine Ionensorte so beweglich ist, dass ein durch diese Ionen getragener elektrischer Strom fließen kann. Festionenleiter sind elektrisch leitend, aber sie haben im Gegensatz zu Metallen keine oder nur eine geringe elektronische Leitfähigkeit.
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Überraschender Weise hat sich gezeigt, dass einige feste, Schwefeldioxid enthaltende Verbindungen, insbesondere das bevorzugte Schwefeldioxid enthaltende Lithiumthiodichloroaluminat (LiAlSCl2 × q SO2), gute Festionenleiter sind und eine vergleichbar hohe Lithiumionenleitfähigkeit besitzen wie die flüssigen SO2-haltigen Elektrolyte. Die SO2-enthaltenden Festionenleiter weisen einen niedrigen SO2-Druck, eine gute Anbindung der aktiven Komponenten sowie ein deutlich geringeres Freisetzen von Schwefeldioxid bzw. mit Feuchtigkeit heftig reagierenden Elektrolytkomponenten beispielsweise beim Öffnen von Batteriezellen auf, sodass Batteriezellen mit einem solchen Festionenleiter eine inhärente Sicherheit aufweisen.
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Aktive positive Massen können beliebig sein, bevorzugt können Lithiummetalloxide, wie LiCoO2, LiNiFeCoO2 oder Li3V3O8 oder alternativ Lithiummetallphosphate, wie LiFePO4, oder alternativ Lithiumsulfid, also Li2S, eingesetzt werden, wobei Lithiumsulfid wegen der hohen Energiedichte besonders bevorzugt ist. Ebenso kann die aktive negative Masse beliebig sein, bevorzugt kann Graphit, eine andere Kohlenstoffart, Lithiumtitanoxid (Li4Ti5O12, LTO) oder Silizium (Si) eingesetzt werden.
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Die Batteriezelle enthält einen Festionenleiter mit der stöchiometrischen Formel [K(ASX2)p × q SO2]. Dabei steht die Abkürzung K für ein Kation aus der Gruppe der Alkalimetalle (insbesondere Li, Na, K, Rb, Cs) oder der Erdalkalimetalle (insbesondere Be, Mg, Ca, Sr, Ba) oder der Zinkgruppe (d.h. der zwölften Gruppe des Periodensystems, insbesondere Zn, Cd, Hg). In dem Fall, dass K aus der Gruppe der Alkalimetalle gewählt ist, ist p=1. In dem Fall, dass K aus der Gruppe der Erdalkalimetalle oder aus der Zinkgruppe gewählt ist, ist p=2. Die Abkürzung A steht dabei für ein Element aus der dritten Hauptgruppe des Periodensystems, insbesondere Bor, Aluminium, Gallium, Indium, Thallium, und die Abkürzung X für ein Halogen, insbesondere Fluor, Chlor, Brom, Jod. S steht für Schwefel, Selen oder Tellur, wobei das S in SO2 nur für Schwefel steht. Die Zahl q ist dabei ein Element der positiven reellen Zahlen.
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Es ist bevorzugt, dass K für Li steht. Besonders bevorzugt ist es, dass der Festionenleiter die stöchiometrische Formel LiAlSCl2 × q SO2 hat, d.h. der Festionenleiter ist bevorzugt ein festes, Schwefeldioxid enthaltendes Lithiumthiodichloroaluminat.
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Ohne Einschränkung der Allgemeinheit werden im Folgenden Merkmale des Festionenleiters am Beispiel des festen, Schwefeldioxid enthaltenden Lithiumthiodichloroaluminats erläutert.
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Überraschenderweise nimmt der Festionenleiter Schwefeldioxid auf und gibt diesen wieder ab, sodass der Festionenleiter das Schwefeldioxid reversibel aufnimmt. Denn in Abhängigkeit von Temperatur und Schwefeldioxiddruck nimmt das feste, Schwefeldioxid enthaltende Lithiumthiodichloroaluminat solange Schwefeldioxid auf, bzw. gibt Schwefeldioxid wieder ab, bis sich ein Gleichgewicht mit einer festen Schwefeldioxidzahl q eingestellt hat, wobei q abhängig von Druck und Temperatur ist. Die Aufnahme und Abgabe des SO2 durch den Festionenleiter erfolgt nach den Ergebnissen des Erfinders damit reversibel, wobei die Schwefeldioxidzahl q im Festionenleiter auf beliebige positive Werte eingestellt werden kann. Der Festionenleiter hat also im Gegensatz zu den festen, nichtionenleitenden Solvaten LiAlCl4 × n SO2, kein festes n, wie z.B. 1,0; 1,5; 3,0, die bei entsprechender Temperatur als Feststoffe ausfallen. Vielmehr kann nach den bisherigen Erkenntnissen die Schwefeldioxidzahl q im festen LiAlSCl2 × q SO2 in einem weiten Bereich nahezu beliebige Werte größer 0 bis q ≈ 100 annehmen.
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Im Allgemeinen wird die Schwefeldioxidzahl q des Festionenleiters mit abnehmender Temperatur und zunehmendem SO2-Gasdruck größer. Neben der festen Phase des LiAlSCl2 × q SO2 können in der Batterie bzw. Batteriezelle während des Betriebs aber auch noch eine Ionen enthaltende flüssige und eine gasförmige SO2-Phase vorliegen, wobei die Ionen z.B. Li+ und AlSCl2 -Ionen sein können. Die flüssige und die gasförmige SO2-Phase, also das nicht im Festionenleiter gebundene Schwefeldioxid, ist damit freies SO2.
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Bei Temperaturen von -10°C ist der Schwefeldioxiddampfdruck über der flüssigen Phase ca. 1 Bar. Die Löslichkeit des Leitsalzes LiAlSCl2 sinkt mit abnehmender Temperatur. Da bei einer Temperatur von -30°C in einem Reaktor, der in 5 Mol SO2 circa 0,05 Mol im Wesentlichen ausgefallenes, festes LiAlSCl2 × q SO2 enthält, noch eine flüssige Phase vorhanden ist, kann die maximale Schwefeldioxidzahl q mit q ≤ 100 abgeschätzt werden.
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So kann die Batteriezelle bzw. Batterie bei 19°C und circa 3 bis 4 Bar SO2-Druck sowohl den reinen Festionenleiter, LiAlSCl2 × ∼4 SO2, wobei das Zeichen ∼ hier circa bedeutet, als auch eine flüssige ca. 0,4 molare Lösung von LiAlSCl2 sowie eine SO2-Gasphase enthalten.
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Wird die flüssige Phase entnommen, so stellt sich ein Gleichgewicht zwischen dem Festionenleiter und dem gasförmigen SO2 mit einer bei konstanter Temperatur fester Schwefeldioxidzahl q ein. Mit Absenkung des SO2-Drucks durch Entnahme von gasförmigem SO2 wird dann auch die Schwefeldioxidzahl q im Festionenleiter erniedrigt. Da die Diffusion des Schwefeldioxids im Festionenleiter relativ langsam ist, erfordert die Einstellung des stabilen Gleichgewichts je nach Schichtdicke des Festionenleiters einige Minuten bis mehrere Tage. Es wurde gemessen, dass sich bei 19°C und 3,1 Bar SO2-Gasdruck (also 2,1 Bar über Normaldruck) im Festionenleiter die Schwefeldioxidzahl 3,2 einstellt. Der Festionenleiter hat dann also die Formel LiAlSCl2 × 3,2 SO2. Wird der SO2-Druck in der Gasphase auf 2,5 Bar gesenkt, so liegt bei 19°C ein Festionenleiter mit der Formel LiAlSCl2 × 2,1 SO2 vor. Eine weitere Entnahme von gasförmigem SO2 bis auf den Druck von 1,3 Bar führt bei 19°C zu einer Verringerung der Schwefeldioxidzahl auf 1,7, also LiAlSCl2 × 1,7 SO2.
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Wird die im obigen Beispiel zuletzt entnommene Menge an SO2 wieder zugeführt, so stellt sich wiederum ein Gleichgewichtsdruck von 2,5 Bar ein und der Festionenleiter besitzt wiederum die Formel LiAlSCl2 × 2,1 SO2. Eine Erhöhung der Temperatur ohne Änderung der SO2-Menge führt zu einer Erhöhung des SO2-Druckes und einer Abnahme der Schwefeldioxidzahl, mit LiAlSCl2 × 1,8 SO2 bei ca. 45°C und einem Druck von 3,5 Bar sowie bei 100°C einem Druck von 4,2 Bar und einem LiAlSCl2 × 1,5 SO2.
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Der Innendruck einer Batteriezelle bzw. Batterie, die frei von flüssiger Elektrolytlösung ist, lässt sich also über die Schwefeldioxidzahl q, d.h. die entsprechende Zugabe bzw. Entnahme von gasförmigem Schwefeldioxid, einstellen. Entsprechend lässt sich wohl auch der ionische Innenwiderstand variieren. Vorzugsweise wird die Schwefeldioxidzahl q so niedrig eingestellt, dass im Betriebstemperaturbereich der Batterie nur der Festionenleiter und gasförmiges Schwefeldioxid vorliegen. Dabei sollte je nach Innenwiderstandserfordernis die Schwefeldioxidzahl q möglichst niedrig sein, um den Innendruck der Batteriezelle bzw. Batterie möglichst niedrig zu halten. Vorzugsweise wird die SO2-Zahl q so niedrig eingestellt, dass zumindest im Betriebstemperaturbereich und idealerweise im gesamten Temperaturbereich der Batteriezelle, beispielsweise auch bei bloßer Lagerung der Zelle, gar kein flüssiges Schwefeldioxid, sondern lediglich gasförmiges SO2, also freies SO2, und der Festionenleiter in der Batterie vorliegen.
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Daraus ergibt sich, dass die Schwefeldioxidzahl q des LiAlSCl2 × q SO2 , die nach obiger Abschätzung aus Messungen kleiner gleich 100 ist, vorzugsweise kleiner 50, weiterhin bevorzugt kleiner 10, weiterhin bevorzugt kleiner 5, besonders bevorzugt kleiner 2 sein sollte. Bei Raumtemperatur sollte bei einem q = 1,5 in der Batteriezelle der SO2-Druck kleiner als 1 Bar sein, also kein Überdruck mehr vorhanden sein.
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Der Festionenleiter reagiert mit elementarem Sauerstoff. Durch molekularen Sauerstoff wird der Schwefel im Lithiumthiodichloroaluminat von der Oxidationsstufe -2 zu elementarem Schwefel oxidiert:
2 LiAlSCl2 + O2 => LiAlO2 + LiAlCl4 + 2 S (Gl. III)
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Ist genügend Sauerstoff vorhanden, kann auch der feinverteilte Schwefel zu Schwefeldioxid weiteroxidiert werden.
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Der Festionenleiter reagiert auch mit O2--Anionen bzw. O2--haltigen Substanzen, im Folgenden O2- -Ionen genannt. Dabei werden zunächst, wenn und solange vorhanden, die Tetrachloroaluminationen umgesetzt, und in der Folge erst der Festionenleiter.
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Als Quelle für O2--Ionen kommen in der Batteriezelle zahlreiche sauerstoffhaltige Verbindungen in Betracht. Derartige Quellen für O2--Ionen können beispielsweise direkte Oxide sein, wie z.B. Lithiumoxid Li2O, oder Hydroxide, aber auch Wasser sein. O2--Ionen können auch z.B. reduktiv erzeugt werden, z.B. beim ersten Laden durch Reduktion des Graphits, auf dessen Oberfläche sich beispielsweise Hydroxyl-Gruppen oder carbonylische Sauerstoffgruppen befinden.
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Die O2--Ionen reagieren zunächst aus thermodynamischen Gründen mit den Tetrachloroaluminationen zu Oxodichloroaluminaten, die über Reaktion (Gl. II) mit dem Lithiumaluminat und dem Lithiumtetrachloroaluminat im Gleichgewicht stehen.
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In einer Ausführungsform ist es vorteilhaft einer Batteriezelle mit dem Festionenleiter Hydroxidionen hinzuzufügen. Dies kann erreicht werden, in dem z.B. auf der Oberfläche der negativen Graphitelektrode Hydroxidionen hinzugefügt werden, beispielsweise durch Zugabe und Mischung von Graphit mit feinpulvrigem Lithiumhydroxid bei der Herstellung der Elektrode. Die Zugabe des feinpulvrigen Lithiumhydroxids zu dem Graphit erfolgt dabei in einer solchen Menge, dass z.B. die Menge der auf dem Graphit vorhandenen Hydroxyl-Gruppen, die als Quelle von Hydroxid-Ionen durch Reduktion des Kohlenstoffs beim ersten Laden fungieren, um einen deutlichen Faktor übertroffen wird. Durch entsprechend gut dimensionierte Zugabe an Menge von LiAlCl4 bzw. AlCl3 unter Beachtung der (Gl. II) werden damit dann bei der weiter unten beschriebenen Befüllung einer Batteriezelle mit Festionenleiter im Folgeschritt alle vorhandenen Hydroxide bzw. Hydroxylgruppen sicher umgesetzt.
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Die Wasserstoffatome der Hydroxide bzw. Hydroxyl-Gruppen können anschließend aus der Batteriezelle entfernt werden. Dazu kann der Batteriezelle insbesondere vor oder beim Befüllen der Batteriezelle oder Batterie mit Festionenleiter eine höhere Schwefeldioxidmenge zugegeben werden. Dieser Überschuss an Schwefeldioxid wird dann vorzugsweise nach dem ersten Laden der Batterie entfernt. Denn beim ersten Laden werden die aus den Hydroxidionen bzw. Hydroxyl-Gruppen entstehenden Protonen zu Wasserstoff reduziert. Anschließend werden diese dann aus der z.B. auf -30 °C heruntergekühlten Batteriezelle mit dem überschüssigen Schwefeldioxid abgezogen. Auf diese Weise können Wasserstoffatome aus ihren Verbindungen als molekularer Wasserstoff aus der Batterie bzw. Batteriezelle entfernt werden.
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Erst wenn praktisch alle Tetrachloroaluminat-Ionen gemäß Gl. II verbraucht sind, startet die Umsetzung des festen, Schwefeldioxid enthaltenden Lithiumthiodichloroaluminats mit den O2--Ionen zu Lithiumsulfid, Lithiumaluminat und Lithiumchlorid mit der Gesamtbruttoformel:
LiAlSCl2 × q SO2 + 2 Li2O => LiAlO2 + Li2S + 2 LiCl + q SO2 (Gl. IV)
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Es bilden sich somit nur in Schwefeldioxid schwerlösliche Produkte. Eine Weiterreaktion des Lithiumsulfids findet wegen der fehlenden Tetrachloroaluminate nicht mehr statt.
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Der Festionenleiter kann zudem verschiedene zusätzliche Feststoffe enthalten. Diese Feststoffe können Verunreinigungen sein. Erstaunlicherweise hat sich jedoch z.B. bei den oben beschriebenen Batterien mit mehr als 50.000 vollen Lade- und Entladezyklen gezeigt, dass die Einlagerung von gebildeten Feststoffen, wie Lithiumaluminat oder Lithiumchlorid, in den Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiter die Funktion der Batterie nicht übermäßig beeinträchtigt. Nach dem vollständigen Umsatz des mit der flüssigen Elektrolytlösung eingebrachten Lithiumtetrachloroaluminats gemäß (Gl. I) hätte sich das Schwefeldioxidverhältnis von LiAlCl4 × 6 SO2 mit 6 SO2 pro Lithiumtetrachloroaluminat auf 11 SO2 pro Lithiumthiodichloroaluminat (Verbrauch eines SO2 pro Formelumsatz) erhöht. Pro gebildetem Schwefeldioxid enthaltenden Lithiumthiodichloroaluminat, beispielsweise LiAlSCl2 × 4 SO2, wären dann 6 unlösliche Lithiumchlorid und 1 unlösliches Lithiumaluminat gebildet worden. Die 7 verbliebenen SO2 befänden sich in der Gas- und in der flüssigen Phase. Da sich der Innenwiderstand der Batterie während der Reaktion gemäß (Gl. I) praktisch nicht erhöhte, konnte sie über die gesamte Zykeldauer halbstündig ge- und entladen werden.
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Der Festionenleiter kann neben/ statt Lithiumchlorid oder Lithiumaluminat auch weitere andere Feststoffe, wie Aluminumoxid oder ionische Zusätze, enthalten. Auszuschließen sind jedoch solche Verbindungen, die durch Autodissoziation oder chemische Reaktion Aluminiumchlorid freisetzen und damit die Lithiumdithionitschicht angreifen. Insbesondere sollte der Festionenleiter frei von Substanzen mit der stöchiometrischen Formel KAX4 sein, wobei K, A und X wie vorstehend definiert sind.
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Die Herstellung des reinen Festionenleiters und die Befüllung der Batteriezelle mit dem reinen Festionenleiter lassen sich auf unterschiedlichste Weise bewirken. Wie in der
WO2017/178543 A1 beschrieben, lässt sich das Lithiumthiodichloroaluminat aus der Reaktion von Lithiumsulfid mit Aluminiumchlorid oder mit Tetrachloroaluminationen in Schwefeldioxid herstellen. Das ausfallende Lithiumchlorid wird dabei z.B. abfiltriert.
Li2S + Li+ + AlCl4 - -> Li+ + AlSCl2 - + 2 LiCl, (Gl. V)
Li2S + AlCl3 → Li+ + AlSCl2 - + LiCl, (Gl. VI)
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Wegen der Löslichkeit des Lithiumthiodichloroaluminats von ca. 0,4 Mol pro Liter flüssigen Schwefeldioxids bei Raumtemperatur, lassen sich durch Befüllen der Batteriezelle mit einer gesättigten Lösung und anschließendem teilweise Abziehen des Schwefeldioxids und damit Ausfällen des reinen Festionenleiters die Poren/ Hohlräume in der Batteriezelle füllen. Gegebenenfalls muss dieser Vorgang mehrfach wiederholt werden. Da die Löslichkeit des Lithiumthiodichloroaluminats in flüssigem Schwefeldioxid mit zunehmender Temperatur zunimmt, kann auch eine Befüllung bei erhöhter Temperatur (und dann natürlich auch erhöhtem Druck) vorteilhaft sein.
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Eine Alternative dazu wäre z.B. die Herstellung gemäß Formel (Gl. V) in der Schmelze von Lithiumtetrachloroaluminat mit Filtration des ausgefällten Lithiumchlorids und der (teilweisen) Befüllung der Poren/ Hohlräume der Batteriezelle bzw. der Batterie mit der gefilterten Schmelze. Nach Abkühlung der Schmelze wird die Batteriezelle bzw. Batterie durch Begasung mit Schwefeldioxid auf die gewünschte Zahl q eingestellt.
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Entsprechend den beiden beschriebenen Verfahren können auch nur einzelne Elemente einer Batteriezelle, wie z.B. nur die negative Elektrode oder nur die positive Elektrode oder ein zwischen den beiden Elektroden befindlicher Hohlraum, mit dem reinen Festionenleiter befüllt werden.
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Grundsätzlich gibt es für das Einbringen des Festionenleiters in die Batteriezelle eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten. Im Folgenden werden beispielhaft verschiedene Wege beschrieben, wie in der Batteriezelle oder in einer der beiden Elektroden der feste, Schwefeldioxid enthaltende Festionenleiter eingebracht bzw. erzeugt werden kann.
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a) Vorzugsweise bei der Elektrodenherstellung wird eine entsprechende Menge an feingemahlenem Lithiumsulfid feinverteilt in die negative oder positive oder in beide Elektroden eingebracht. Dabei sollte der Partikeldurchmesser des Lithiumsulfids vorzugsweise kleiner 1/10 des Partikeldurchmessers der jeweiligen aktiven Masse sein. Nach dem Einbau der Batteriezelle bzw. -zellen in die Batterie wird die Batterie mit einem flüssigen Elektrolyten aus LiAlCl4 und Schwefeldioxid befüllt, wobei die Menge an Lithiumtetrachloroaluminat mindestens so bemessen ist, dass sie für den Umsatz mit Li2S und den Verbrauch durch die oben beschriebenen O2--Ionen ausreicht, und die Schwefeldioxidmenge mindestens so bemessen ist, dass nach vollständiger Reaktion gemäß (Gl. V) die gewünschte Zahl q erzielt wird. Vorzugsweise sollte dann auch kein flüssiger Elektrolyt mehr vorhanden sein.
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Eine höhere Schwefeldioxidmenge kann vor oder nach dem ersten Laden noch entfernt werden. Letzteres bietet sich insbesondere an, wenn z.B. beim ersten Laden aus den Hydroxyl-Gruppen auf dem Graphit oder allgemein aus Wasserspuren Wasserstoff in der Batterie entstanden ist, der aus der z.B. auf -30 °C heruntergekühlten Batteriezelle mit dem überschüssigen Schwefeldioxid überwiegend abgezogen werden kann.
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Nach dem Befüllen der Batteriezelle mit der flüssigen Elektrolytlösung wird die Batteriezelle auf ca. 30 bis 40 °C erwärmt, so dass die Reaktion gemäß (Gl. V) innerhalb von Minuten bzw. Stunden abläuft und das feste, Schwefeldioxid enthaltende Lithiumthiodichloroaluminat als Festionenleiter ausfällt.
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Wird nur eine Elektrodensorte (z.B. die negativen Elektroden) mit Lithiumsulfid befüllt, so kann die Menge an Lithiumsulfid und Schwefeldioxid so bemessen werden, dass über die Löslichkeit des Lithiumthiodichloroaluminats in freiem flüssigen Schwefeldioxid praktisch alle Poren beider Elektrodensorten mit dem festen, Schwefeldioxid enthaltenden Lithiumthiodichloroaluminat befüllt werden. Entsprechend der Länge der Diffusionswege kann dieser Prozess zwischen Stunden und mehreren Tagen erfordern. Wegen der höheren Löslichkeit bei höheren Temperaturen wird dieser Prozess vorzugsweise bei 40 °C und höher durchgeführt.
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b) Eine feinpulvrige Mischung aus Lithiumsulfid mit Lithiumchlorid plus äquimolarem Aluminiumchlorid, das sind Vorstufen des Lithiumtetrachloroaluminats, also des Leitsalzes des flüssigen Elektrolyten, beziehungsweise Lithiumtetrachloroaluminat (stöchiometrische Mengen entsprechend a)) wird vorzugsweise bei der Elektrodenherstellung mit in eine der beiden oder beide Elektroden einer Batteriezelle einpastiert. Die Batteriezelle wird dann mit entsprechender Menge an flüssigem Schwefeldioxid befüllt und entsprechend a) weiterbehandelt.
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c) Bei der Reaktion von Lithiumsulfid und Aluminiumchlorid gemäß (Gl. VI) in der Batteriezelle bzw. einer oder beider Elektroden wird ebenfalls die Stöchiometrie nach a) beachtet. Die feinpulvrige Mischung aus Lithiumsulfid und Aluminiumchlorid wird in eine oder beide Elektrodensorten eingebracht. Die Batteriezelle wird dann mit flüssigem Schwefeldioxid befüllt und analog a) weiterbehandelt.
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d) In eine Batteriezelle, deren eine Elektrodensorte feinpulvriges Lithiumsulfid enthält, werden die Poren der anderen Elektrodensorte mit Aluminiumchlorid beaufschlagt oder wenn beide Elektrodensorten feinpulvriges Lithiumsulfid enthalten, werden z.B. in anderen Hohlräumen der Batterie eine entsprechend c) große Menge an feinem Aluminiumchloridpulver eingebracht. Die Batteriezelle wird mit flüssigem Schwefeldioxid befüllt und analog c) weiterbehandelt.
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Der Festionenleiter dient vorzugsweise auch als Isolator bzw. Separator zwischen negativer und positiver Elektrode. Vorzugsweise wird die elektronische Trennung zwischen der positiven und negativen Elektrode in einer Batteriezelle bzw. zwischen den beiden Elektrodensorten innerhalb einer Batteriezelle durch jeweils einen dünnen elektronisch nichtleitenden Abstandshalter ausgeführt, die aus dem Festionenleiter bzw. Festionenleiter mit Feststoffen besteht oder den Festionenleiter enthält.
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Für den Fall, dass in der Batteriezelle die beiden Elektrodensorten durch grob- oder feinporöse keramische Schichten, dünne keramische oder Glasgewebe, dünne Filtervliese oder ähnliches elektronisch getrennt sind, können die beschriebenen Methoden zur Herstellung und Befüllung des reinen Festionenleiters bzw. die in den Beispielen a) bis d) des Einbringens des Festionenleiters benannten Verfahren verwandt werden. Andererseits können die Mengen an erzeugtem Festionenleiter gemäß den obigen Methoden und Beispielen so bemessen werden, dass sich die Poren bzw. Volumina der Isolatoren bzw. Separatoren füllen.
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Bevorzugt werden gemäß der Beispiele a) bis d) feinpulvriges Lithiumsulfid bzw. dessen Mischungen direkt auf eine oder beide Elektrodensorten in dünner Schicht aufgebracht. Die Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiter des Lithiumthiodichloroaluminats bilden sich dann entsprechend der Beispiele a) bis d) aus.
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Besonders bevorzugt werden für die Ausbildung der elektronisch trennenden Isolator- bzw. Separatorschicht die Pulver aus Lithiumsulfid bzw. den Beispielen aus a) bis d) vor dem Aufbringen auf eine oder beide Elektrodensorten zur Erhöhung der mechanischen Stabilität während des Zusammenbaus der Batterie mit einer geringen Menge an Binder, z.B. 4 Gew.%, beaufschlagt. Hier eignet sich beispielhaft THV (Terpolymer aus TFE (Tetrafluorethylen), HFP (Hexafluoropropylen) und VDF (Vinylidenfluorid)) gelöst in Aceton, in das das feinpulvrige Lithiumsulfid bzw. deren Mischungen suspendiert werden. Nachdem Auftragen und Abdampfen des Acetons bildet sich eine mechanisch stabile Schicht aus.
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Ein Vorteil des Festionenleiters ist, dass er - im Gegensatz zu den organischen Elektrolytlösungen der in der Praxis gebräuchlichen Lithium-Ionen-Zellen - nicht brennbar ist. Die bekannten Sicherheitsrisiken von Lithium-Ionen-Zellen werden insbesondere durch deren organische Elektrolytlösung verursacht. Wenn eine Lithium-Ionen-Zelle Feuer fängt oder sogar explodiert, bildet das organische Lösungsmittel der Elektrolytlösung das brennbare Material. Eine erfindungsgemäße Batterie, die den Festionenleiter enthält, ist vorzugsweise im Wesentlichen frei von organischen Materialien, wobei „im Wesentlichen“ dahingehend zu verstehen ist, dass die Menge eventuell vorhandener organischer Materialien so gering ist, dass sie keinerlei Sicherheitsrisiko darstellen.
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Der erfindungsgemäße Festionenleiter weist das Schwefeldioxid in der vorstehend näher beschriebenen Formel K(ASX2)p × q SO2 auf. Dabei kann SO2 in möglichst reiner Form verwendet werden, d.h. mit möglichst geringen Mengen von Verunreinigungen.
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Insbesondere ist eine Ausführungsform bevorzugt, in der die Batteriezelle spätestens nach Verbrauch aller O2--Ionen frei ist von Substanzen mit der stöchiometrischen Formel KAX4, insbesondere frei von LiAlCl4, wobei die angegebenen abkürzenden Buchstaben K, A und X wiederum Elemente gemäß der oben beschriebenen Elementgruppen sind. Es ist bevorzugt, dass die Batterie spätestens nach Verbrauch aller O2--Ionen frei ist von allen Substanzen, die die stöchiometrische Formel KAX4 in irgendeiner Kombination von für die abkürzenden Buchstaben oben beschriebenen einsetzbaren Elementen erfüllen. Alternativ ist es bevorzugt, dass die Batterie spätestens nach Verbrauch aller O2--Ionen zumindest frei ist von der Substanz mit der stöchiometrischen Formel KAX4, die sich durch Einsetzen derjenigen Elemente ergibt, die für den Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiter gewählt wurden.
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Ist doch eine geringe, überschüssige Menge an KAX4 in der Batteriezelle enthalten, so wird diese nach der oben beschriebenen Selbstentladereaktion verbraucht.
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Sobald die Substanz KAX4, insbesondere LiAlCl4, spätestens nach Verbrauch aller O2--Ionen nicht in der Batteriezelle vorhanden ist, findet eine Selbstentladung gemäß den oben beschriebenen Gleichungen oder einer analogen Gleichung, falls die abkürzenden Buchstaben K, A und X nicht für Lithium bzw. Aluminium bzw. Chlor stehen, erstaunlicherweise nicht statt. Es findet damit kein Verbrauch von Lithiumionen bzw. Ladungsmenge statt und es bilden sich auch keine schwerlöslichen bzw. ausfallenden Salze.
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Folglich reicht es auch für den langfristigen Betrieb der Batteriezelle aus, dass diese initial nur mit einer im Vergleich zu herkömmlichen mit flüssigem SO2-haltigen Elektrolyten befüllten Batteriezellen signifikant reduzierter Menge an Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiter befüllt wird. Im Vergleich zu herkömmlichen mit flüssigen SO2-haltigem Elektrolyten befüllten Batteriezellen kann die bei der Produktion der Batterie einzubringende Menge an Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiter auf ca. ein Drittel reduziert werden.
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Mit dem neuen Elektrolyten findet eine Reaktion nach oben erläuterter Gleichung (Gl. I) nicht statt. Dadurch kann in vorteilhafter Weise das zusätzliche Einbringen einer Ladungsmenge bzw. einer Menge an Lithiumionen für die Kompensation der Selbstentladung gem. Gleichung (Gl. I) entfallen. Demzufolge können die Kapazitäten der Elektroden entsprechend angepasster dimensioniert werden. Die Menge des an den Lade- und Entladevorgängen beteiligten Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiters bleibt somit über die gesamte Lebensdauer der Batteriezelle nahezu vollständig erhalten.
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Eine Reduktion der ursprünglich flüssigen Elektrolytmenge und den Ersatz durch den Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiter kann insbesondere in der bevorzugten Ausführungsform erreicht werden, in der die positive Elektrode eine Porosität aufweist, die kleiner als 25 %, kleiner als 20%, kleiner als 15% und alternativ insbesondere kleiner als 12 % ist. Alternativ oder zusätzlich dazu ist in einer weiteren Ausführungsform bevorzugt, dass die negative Elektrode eine Porosität aufweist, die kleiner als 25 %, kleiner als 20%, kleiner als 15% und alternativ insbesondere kleiner als 12 % ist.
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Eine entsprechende Reduzierung der Porosität einer Elektrode kann insbesondere dadurch erreicht werden, dass der jeweiligen Elektrode, die vorzugsweise mit Partikeln mit einem Durchmesser R gebildet ist, anteilig Partikel gleichen Materials aber kleineren Durchmessers, insbesondere R/3, zufügt werden. Dies bewirkt, dass die kleineren Partikel in Zwischenräumen zwischen den größeren Partikeln platziert sind. Neben der geringeren Porosität können derartige Elektroden eine höhere mechanische Stabilität aufweisen.
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Die spezifische Energie und die Energiedichte der Batterie können durch die Verwendung des Festionenleiters und bei Verringerung der Porosität von z.B. 30 % auf 12 % von 65 Wh/kg bzw. 200 Wh/1 einer herkömmlichen vorgezykelten Batterie auf über 155 Wh/kg bzw. über 470 Wh/1 gesteigert werden. Die Nennkapazität für eine prismatische Batterie mit den äußeren Abmessungen von 130 mm × 130 mm × 24,5 mm kann dadurch z.B. von etwa 22 Ah einer herkömmlichen vorgezykelten Batterie auf über 61 Ah steigen.
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Das Gehäuse der Batterie ist im Allgemeinen so ausgeführt, dass es weder Wasserdampf noch Sauerstoff durchlässt. Für erfindungsgemäße Batterien, die einen erhöhten Innendruck aufweisen, eignen sich vorzugsweise Metallgehäuse. Kann der Schwefeldioxiddruck für den Betriebstemperaturbereich so eingestellt werden, dass kaum erhöhter Innendruck auftritt, so eignen sich auch die üblichen Pouch-Zellen.
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Die Kapazitätsabnahme über die Anzahl der Zyklen ist durch die Verwendung des erfindungsgemäßen Schwefeldioxids enthaltenden Festionenleiters stark reduziert. Eine Selbstentladung ist dabei derart unterdrückt, dass diese praktisch nicht mehr messbar ist.
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In der Literatur (Ohta, N.; Takada, K.; Zhang, L.; Ma, R.; Osada, M.; T. Sasaki, T.: Adv. Mater., 18 (2006) 2226) wurde ein hoher Lithiumionen-Übergangswiderstand an der Grenzfläche zwischen einer Elektrode und dem Festionenleiter als grundsätzliches Problem bei der Verwendung von Festionenleitern beschrieben. Dort wurde der hohe Widerstand an der Grenzfläche einer sogenannten Raumladungszone zugeschrieben. Diese bildet sich entlang der Grenzfläche. In dieser tritt eine Lithiumionen-Verarmung auf der Seite des Festionenleiters auf, um das Gleichgewicht der chemischen Potenziale an der Grenzfläche aufrecht zu erhalten. Es wurde nachgewiesen, dass eine solche unvorteilhafte Raumladungszone durch Einführung einer Pufferschicht reduziert oder vermieden werden kann.
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Nach dem Verständnis des Erfinders fungiert die Lithiumdithionitschicht bei Batteriezellen mit Schwefeldioxid enthaltenden Festionenleiter als Pufferschicht. Diese bildet sich beispielsweise beim ersten Laden der Zelle auf der negativen Elektrode bei Potentialen unter 3 V vs. Li/Li+ durch Reduktion von Schwefeldioxid aus.
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Es ist auch möglich auf der Oberfläche der Elektroden bekannte Pufferschichten, wie LiNbO
3, zumindest teilweise aufzutragen. Vorzugsweise wird jedoch, wie in der
WO2015/067795 beschrieben, insbesondere auch auf der positiven Elektrode eine stabile Lithiumdithionitschicht erzeugt.
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Es ist daher vorteilhaft, dass der erfindungsgemäße Festionenleiter im Wesentlichen frei von Substanzen ist, die die gewünschte Lithiumdithionit-Schicht angreifen, auflösen oder in sonstiger Weise abbauen oder beschädigen. Der Ausdruck „im Wesentlichen frei“ weist dabei darauf hin, dass die Substanz höchstens in einer so geringen Menge vorliegt, dass sie die Lithiumdithionit-Schicht nicht abbaut/schädigt. Beispiele solcher Substanzen, die nicht vorliegen sollen, sind Oxidationsmittel, wie Chlor, Thionylchlorid und Sulfurylchlorid.
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Insbesondere bewirkt Thionylchlorid die Entstehung einer passivierenden und mit der Zeit anwachsenden Deckschicht aus Lithiumchlorid auf der negativen Elektrode, welche jedenfalls der gewünschten Bildung der Lithiumdithionitschicht entgegenwirkt.
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Eine elektrochemische Batteriezelle mit dem oben beschriebenen Festionenleiter und mit Füllung der Poren der Batteriezelle aus der negativen Elektrode heraus kann folgendermaßen hergestellt werden. Eine geeignete positive Elektrode kann erzeugt werden, indem 94 Gew.% Lithiumeisenphosphat, welches im Handel unter dem Handelsnamen TMAX-LFP-1 erhältlich ist, mit 4% eines Bindemittels THV, welches im Handel beispielsweise von dem Unternehmen 3M und unter dem Handelsnamen Dyneon THV 221 AZ erhältlich ist, und 2% Leitfähigkeitsverbesserer, der von dem Unternehmen TIMCAL unter dem Handelsnamen SUPER P® erhältlich ist, in Aceton zu einer Paste verrührt. Diese wird in einen Nickelschaum, der beispielsweise von dem Unternehmen Duranice Applied Materials erhältlich ist, eingebracht. Nach dem Abdampfen des Lösungsmittels wird der Nickelschaum mit der Paste von einer ursprünglichen Dicke von 1,6 mm auf 0,6 mm gepresst und anschließend bei 120°C thermisch behandelt.
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Eine geeignete negative Elektrode kann in einer Ausführungsform hergestellt werden, indem 15 Gew.% feingemahlenes Lithiumsulfid, d.h. mit einem Korndurchmesser D50 kleiner als 5µm, in Aceton mit 85 Gew.% Graphit, welches von dem Unternehmen TIMCAL unter dem Handelsnamen SLP50 erhältlich ist, zu einer Paste verrührt und in einen Nickelschaum einpastiert, welcher im Handel von dem Unternehmen Duranice Applied Materials erhältlich ist. Nach dem Abdampfen wird der Nickelschaum samt der darin und darauf enthaltenen Paste von einer ursprünglichen Dicke von 0,8mm auf 0,4mm gepresst. Als geeigneter Separator kann in einer Ausführungsform ein Glasfaserfilter verwendet werden, welcher im Handel beispielsweise von dem Unternehmen Pall mit einer Dicke von 0,25mm erhältlich ist.
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Anschließend können in einer Ausführungsform 9 negative und 8 positive Elektroden in wechselweiser Anordnung in einem Batteriegehäuse, beispielsweise ein Edelstahlgehäuse, platziert werden, wobei zwischen einer negativen und der benachbarten positiven Elektrode jeweils ein Separator angeordnet ist. Das Batteriegehäuse kann anschließend mit einem Deckel verschlossen werden, wobei der Deckel ein Befüllrohr aufweist und der Deckel mit dem übrigen Gehäuse fest und gasdicht verbunden wird, beispielsweise durch Verschweißen im Falle eines Edelstahlgehäuses. Dann kann das Gehäuse bei einer Temperatur von circa - 20°C über das Befüllrohr mit einem Elektrolyten LiAlCl4 × 8 SO2 befüllt werden, wobei dieser (noch) flüssig ist. Die Menge des eingefüllten Elektrolyts ist dabei so bemessen, dass zur vollständigen Umsetzung des Lithiumsulfids 80 Gew.% des eingebrachten Lithiumtetrachloroaluminats ausreichen.
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Die befüllte Batterie wird dann für einen längeren Zeitraum gelagert, beispielsweise für eine Zeitdauer von 7 Tagen und bei einer Temperatur von 40°C. In diesem Zeitraum wird der eingebrachte flüssige Elektrolyt durch Reaktion mit dem Lithiumsulfid in den Festionenleiter umgesetzt, wobei ein geringer Anteil des flüssigen Elektrolyten in flüssigem Zustand verbleibt, in dieser Ausführungsform typischerweise maximal 20 Gew% des Festionenleiters. Dieser verbleibende flüssige Elektrolyt wird dann aus der kopfüberstehenden Batterie und über das Befüllrohr des Deckels abgelassen.
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Auf diese Weise weist eine fertig produzierte Batteriezelle vor dem Ladevorgang, d.h. im initialen Zustand, im Wesentlichen nur den Festionenleiter als Elektrolyten auf und enthält in einer Ausführungsform weniger als 10 Gew.% des Festionenleiters flüssigen Elektrolyten, in einer bevorzugten Ausführungsform weniger als 5 Gew.% des Festionenleiters flüssigen Elektrolyten und in einer besonders bevorzugten Ausführungsform weniger als 1 Gew.% des Festionenleiters flüssigen Elektrolyten.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 0079631 [0005]
- WO 2015/067795 [0005, 0074]
- WO 2005031908 [0005]
- WO 2017/178543 A1 [0008, 0044]