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Die Erfindung betrifft einen Gurtaufroller für einen Fahrzeug-Sicherheitsgurt.
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Gurtaufroller weisen ein fahrzeugsensitives Blockiersystem auf, das meist mit einem Sensor versehen ist, der gewöhnlich als Trägheitsmasse eine Metallkugel aufweist, die in einer gehäusefesten Schale beweglich gelagert ist. Auf der Metallkugel liegt ein Sensorhebel auf, der an einem Gehäuse schwenkbar gelagert ist und durch die Bewegung der Metallkugel um sein Schwenklager verschwenkt wird. Bei einer solchen Verschwenkung des Sensorhebels gelangt dessen Ende in die Bewegungsbahn einer Steuerverzahnung am Umfang einer auf der Gurtspule begrenzt verdrehbar angeordneten Steuerscheibe. Dadurch wird die Steuerscheibe blockiert, so dass es zu einer Relativdrehung zwischen der Steuerscheibe und der Gurtspule kommt. Diese Relativdrehung wird ausgenutzt, um eine an einem Rahmen des Gurtaufrollers schwenkbar gelagerte Blockierklinge in Blockiereingriff mit einer Blockierverzahnung zu bewegen, die der Gurtspule zugeordnet ist.
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Im Fahrbetrieb auf unebener Straße treten Erschütterungen des Fahrzeugaufbaus auf, die dazu führen, dass die Metallkugel und folglich auch der Sensorhebel in kurzen Zeitabständen ausgelenkt werden, was störende Geräusche verursacht.
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Um diese störenden Geräusche zu verringern, werden Gurtaufroller mit einem Schlepphebel eingesetzt, welcher über eine Reibkupplung mit der Gurtspule gekoppelt ist und das Auslenken der Metallkugel verhindert. Ein solcher Gurtaufroller ist beispielsweise aus der
DE 10 2006 037 544 A1 bekannt.
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Die bekannten Gurtaufroller können jedoch aufgrund der teilweise gegenläufigen Anforderungen hinsichtlich des maximal zulässigen Sperrwegs und einer deutlichen Geräuschminderung in realer Fahrzeugumgebung und im Fahrbetrieb nicht immer optimal ausgebildet werden.
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Aufgabe der Erfindung ist es, einen Gurtaufroller bereitzustellen, bei dem das Entstehen von störenden Geräuschen deutlich verringert ist und der gleichzeitig sehr geringe Sperrwege aufweist.
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Diese Aufgabe wird mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Dazu ist ein Gurtaufroller für einen Fahrzeug-Sicherheitsgurt vorgesehen, mit einem Rahmen, einer Gurtspule, die drehbar im Rahmen gelagert ist, einer Schale und einem Sensor zur fahrzeugsensitiven Blockierung, der einen Sensorhebel aufweist. Der Gurtaufroller umfasst einen Schlepphebel, der mit einem Sensor in Kontakt steht und verstellbar ist zwischen einer Ausgangsstellung, in der der Sensorhebel blockiert ist, und einer Auszugsstellung, in der der Sensorhebel freigegeben ist, wobei der Schlepphebel mit einem Dämpfungselement zusammenwirkt, dessen Dämpfungseigenschaften geschwindigkeitsabhängig sind. Dies ermöglicht es, zwischen einem dynamischen und einem quasi-statischen Betriebszustand des Gurtaufrollers zu unterscheiden. Der quasi-statische Betriebszustand umfasst hierbei einen Bereich, der von keiner Gurtbewegung bis zu einer Gurtabzugsgeschwindigkeit reicht, die kleiner als eine zur Gurtbandblockierung führende, vorgegebene Gurtbandabzugsgeschwindigkeit ist. In diesem Betriebszustand ist ein Anschlagen des Sensors nicht erwünscht und, indem der Sensorhebel durch den Schlepphebel blockiert wird, werden störende Geräusche unterdrückt. Im dynamischen Betriebszustand wird das Gurtband mit einer Gurtbandabzugsgeschwindigkeit, die über einem vorgegebenen Wert liegt, ausgezogen. In diesem Fall gibt der Schlepphebel den Sensorhebel frei, und eine eventuelle Notverriegelung wird zugelassen.
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Ein solches Dämpfungselement, dessen Dämpfungseigenschaften geschwindigkeitsabhängig sind, ist gemäß der Erfindung ein Rotationsdämpfer, der ein viskoses Medium zur Dämpfung der Rotationsbewegung enthält. Die strukturviskosen Eigenschaften des Mediums bedingen ein geschwindigkeitsabhängiges Drehmoment.
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Der erfindungsgemäße Gurtaufroller umfasst vorzugsweise eine Rückstellfeder, die den Schlepphebel mit einer Rückstellkraft beaufschlagt, welche den Schlepphebel nach einer Auslenkung wieder in die Ausgangsstellung zurück führt, und die vorzugsweise an der Schale anliegt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Schlepphebel nach einer Auslenkung wieder in seine Ausgangstellung zurück kehrt, in der er den Sensorhebel blockiert und somit eine Geräuschunterdrückung sicherstellt.
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Es ist von Vorteil, wenn der Gurtaufroller eine Rückstellfeder umfasst, die an der Schale anliegt und über den Schlepphebel eine Kraft auf den Sensor ausübt, die ausreicht, um eine Bewegung des Sensors bei einer Gurtabzugsgeschwindigkeit, die kleiner als eine zur Gurtbandblockierung führende, vorgegebene Gurtbandabzugsgeschwindigkeit ist, zu unterdrücken. Somit ist sichergestellt, dass sich der Sensor im quasi-statischen Betriebszustand nicht bewegen und störende Geräusche verursachen kann.
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In einer bevorzugten Ausführungsform kontaktiert der Schlepphebel den Sensor nur punktuell und gibt den Sensor frei, sobald sich der Schlepphebel weg bewegt. Hierdurch wird verhindert, dass der Schlepphebel nicht mit der Spitze des Sensors interferiert und der Gurtaufroller den FMVSS oder AK-LV Spezifikation genügt.
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Der Rotationsdämpfer kann mit der Gurtspule drehantriebsmäßig gekoppelt sein.
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Insbesondere kann der Rotationsdämpfer auch über ein Getriebe mit der Gurtspule gekoppelt sein. Auf diese Weise ist es möglich, die Kopplung gezielt zu gestalten und den Rotationsdämpfer auf eine geeignete Drehgeschwindigkeit zu bringen, die für die Dämpfung optimal ist.
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Vorzugweise ist der Rotationsdämpfer so zwischen Gurtspule und Schlepphebel positioniert, dass die Gurtspule bei Drehung mit einer vorbestimmten Drehgeschwindigkeit über den Rotationsdämpfer den Schlepphebel vom Sensor weg bewegt. Somit wird sichergestellt, dass der Schlepphebel den Sensor im dynamischen Betriebszustand nicht blockiert und eine Notverriegelung möglich ist.
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Das Getriebe kann einen Zahnring umfassen, an dessen Außenverzahnung der Rotationsdämpfer über ein Ritzel eingreift. Auf diese Weise wird jegliche Drehbewegung innerhalb des Getriebes vom Rotationsdämpfer erfasst.
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Bevorzugt umfasst das Getriebe einen Zahnring, an dessen Innenverzahnung die Gurtspule über ein Planetenrad eingreift.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform ist der Sensor ein Kugelsensor, und der Schlepphebel liegt vorzugsweise an dem auf einer Kugel anliegenden Sensorhebel an, so dass ein herkömmlicher Sensor verwendet werden kann.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform umfasst der Rotationsdämpfer ein Gehäuse, einen Rotor sowie eine Dichtung und ist mit insbesondere Silikon-Öl gefüllt.
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Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung in Verbindung mit den beigefügten Zeichnungen. In diesen zeigen:
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1 in einer perspektivischen Ansicht einen erfindungsgemäßen Gurtaufroller,
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2 in einer Explosionsansicht eine Schale mit einer darin angeordneten Sensoreinheit zur fahrzeugsensitiven Blockierung eines erfindungsgemäßen Gurtaufrollers,
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3 in einer Seitenansicht die Schale und die darin angeordnete Sensoreinheit eines erfindungsgemäßen Gurtaufrollers, und
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4 in einer Schnittansicht einen Rotationsdämpfer eines erfindungsgemäßen Gurtaufrollers.
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Gurtaufroller für Fahrzeug-Sicherheitsgurte sind grundsätzlich bekannt. Auch bekannt ist der grundsätzliche Aufbau des Blockiersystems zur fahrzeugsensitiven Blockierung der Gurtspule des Gurtaufrollers. Daher werden Aufbau und Funktion des Gurtaufrollers und des Blockiersystems hier nur insoweit beschrieben, als dies zum Verständnis der Erfindung notwendig ist.
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In 1 ist ein Gurtaufroller 10 gezeigt, der ein Gehäuse mit einem Rahmen 12, eine drehbar im Rahmen 12 gelagerte Gurtspule 14 und eine außen am Rahmen 12 angeordnete Schale 16 zur Unterbringung der Sensoreinheit zur Blockierung der Gurtspule aufweist.
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In der 2 ist die Schale 16 mit einer Sensoreinheit zur fahrzeugsensitiven Blockierung der Gurtspule 14 in einer Explosionsansicht gezeigt. Diese umfasst einen Kugelsensor 18 zur fahrzeugsensitiven Blockierung, der einen auf einer beweglichen Kugel 19 aufliegenden Sensorhebel 20 aufweist, sowie einen Schlepphebel 22, der mit dem Sensor 18 in Kontakt steht.
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Am Schlepphebel 22 sind eine Rückstellfeder 24 und ein Rotationsdämpfer 26 angeordnet.
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Der Rotationsdämpfer 26 weist an seiner Außenseite ein Ritzel 28 auf, das zusammen mit einem Zahnring 30 und einem Planetenrad 32 Teil eines Getriebes 34 ist.
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Die 3 zeigt in einer Seitenansicht die Anordnung der in 2 gezeigten Sensoreinheit in der Schale 16. Der Sensor 18, der hier wie gesagt ein Kugelsensor ist, wird von dem Schlepphebel 22 blockiert, indem dieser an dem auf der Kugel 19 aufliegenden Sensorhebel 20 punktuell anliegt.
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Der Anlagepunkt ist bevorzugt der oberste Punkt des Schlepphebels 22 im Einbauzustand.
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Die am Schlepphebel 22 und an der Schale 16 anliegende Rückstellfeder 24, hier einer Stab- oder Blattfeder, beaufschlagt den Schlepphebel 22 mit einer Rückstellkraft, die den Schlepphebel 22 in Kontakt mit dem Sensor 18 hält und auf diesen eine vorbestimmte Kraft ausübt. Somit wird sichergestellt, dass es zu keinen unerwünschten Bewegungen des Sensors 18 und damit zu störenden Geräuschen im normalen Fahrbetrieb kommt.
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Der Schlepphebel 22 ist über den Rotationsdämpfer 26 mit dem Getriebe 34 drehmomentmäßig gekoppelt. Die Drehbewegung der Gurtspule 14 wird hierbei über das in der Schale 16 gelagerte Planetenrad 32, das mit der Innenverzahnung des Zahnrings 30 in Eingriff ist, an den Rotationsdämpfer 26 weitergeleitet, der das Ritzel 28 aufweist, das in die Außenverzahnung des Zahnrings 30 eingreift. Auf diese Weise wird jegliche Bewegung innerhalb des Getriebes 34 von dem Rotationsdämpfer 26 erfasst und gedämpft.
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Aufgrund der strukturviskosen Eigenschaften des Rotationsdämpfers 26 wirkt ein geschwindigkeitsabhängiges Drehmoment auf den Schlepphebel 22.
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Bei einer Gurtbewegung, deren Gurtabzugsgeschwindigkeit kleiner als eine zur Gurtbandblockierung führende, vorgegebene Gurtbandabzugsgeschwindigkeit ist, befindet sich der Gurtaufroller 10 im quasi-statischen Betriebszustand. In diesem Betriebszustand reicht das auf den Schlepphebel 22 wirkende Drehmoment nicht aus, um die Rückstellkraft der Rückstellfeder 24 zu überwinden. Somit bleibt der Schlepphebel 22 in seiner Ausgangsstellung, in der der Sensorhebel 20 blockiert ist und gegen die Kugel 19 drückt, womit störende Geräusche unterdrückt werden.
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Bei einer Gurtbewegung, deren Gurtbandabzugsgeschwindigkeit über einem vorgegebenen Wert liegt, befindet sich der Gurtaufroller 10 im dynamischen Betriebszustand. In diesem Fall ist das auf den Schlepphebel 22 wirkende Drehmoment so groß, dass sich der den Sensor 18 punktuell kontaktierende Schlepphebel 22 von diesem weg in eine Auszugstellung bewegt, wodurch der Sensorhebel 20 frei gegeben und eine eventuelle Notverriegelung zugelassen wird.
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Wechselt der Gurtaufroller 10 nach einem dynamischen Betriebszustand wieder in den quasi-statischen Betriebszustand, so sorgt die Rückstellfeder 24 dafür, dass sich der Schlepphebel 22 aus der Auszugstellung wieder in seine Ausgangsstellung zurück bewegt.
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Damit der Gurtaufroller 10 der FMVSS oder AK-LV Spezifikation genügt, ist es wichtig, dass der Schlepphebel 22 nicht mit der Spitze des Sensors 18 interferiert, sondern den Sensor 18 lediglich punktuell kontaktiert. Der Sensor 18 muss freigegeben sein, sobald sich der Schlepphebel 22 bewegt.
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In 4 ist der Rotationsdämpfer 26 in einer Schnittansicht gezeigt. Dieser umfasst zum Beispiel einen Rotor 40, der in einem mit strukturviskosem Medium 38, vorzugsweise Silikon-Öl, gefüllten Gehäuse 36 rotierend gelagert ist, das von einer Abdeckung mit Hilfe einer Dichtung dicht verschlossen wird. Am Rotor 40 befindet sich eine Welle, an die das Ritzel 28 angeformt oder angekoppelt ist.
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Sowohl am Rotor 40 als auch am Gehäuse 36 sind ins Innere des Rotationsdämpfers ragende Fortsätze 42, 44 angeformt, die ineinander eingreifen und die Widerstände für das Medium 38 bilden, wenn sich die Fortsätze 42, 44 zueinander drehen.
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Im Betrieb des Rotationsdämpfers 26 wird der Rotor 40 über das Ritzel 28 vom Getriebe 34 angetrieben. Bei kleinen Winkelgeschwindigkeiten ω wird das strukturviskose Medium 38 nur in der Nähe der Fortsätze 42 mitgerissen, während die laminare Strömung in radialer Richtung mit dem Abstand zu den Fortsätzen 42 abnimmt und die Wechselwirkung mit den Fortsätzen 44 relativ gering ist. Bei größeren Winkelgeschwindigkeiten ω steigt der Wechselwirkungsgrad zwischen der laminaren Strömung und den Fortsätzen 44 an, so dass bei hohen Drehgeschwindigkeiten des Rotors 40 ein größeres Drehmoment auf das Gehäuse 36 übertragen wird.
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Diese sich einstellende Strömung einer viskosen Flüssigkeit zwischen zwei koaxialen, relativ zueinander rotierenden Zylindern, ist auch als Couette-Strömung bekannt.