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Die Erfindung betrifft eine insensitive Sprengstoffwirkmasse, umfassend einen Sprengstoff und ein Phlegmatisierungsmittel.
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Bekannte insensitive Sprengstoffwirkmassen enthalten entweder über 8 Gew.-% Bindemittel und weisen dadurch eine verhältnismäßig geringe Dichte auf oder sie enthalten ein Bindemittel mit einem Weichmacher, wie die Sprengstoffwirkmasse DXP-1340, die aus Oktogen, Acrylatgummi und Dioctyladipat als Weichmacher besteht und die derzeit leistungsstärkste insensitive Sprengstoffwirkmasse ist. Der Weichmacher migriert im Laufe der Zeit in der Sprengstoffwirkmasse und aus der Sprengstoffwirkmasse heraus. Durch die Migration des Weichmachers kann die Empfindlichkeit lokal so steigen, dass die Sprengstoffwirkmasse ihre Insensitivität verliert. Weiterhin verändern sich durch die Migration des Weichmachers die mechanischen Eigenschaften der Sprengstoffwirkmasse. Die Lagerfähigkeit der Sprengstoffwirkmasse wird durch die Migration des Weichmachers begrenzt.
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Weiterhin zerstört der Weichmacher bei Kontakt nahezu alte bekannten Kunststoffe oder bringt sie zum Quellen, Daher muss eine Weichmacher enthaltende Sprengstoffwirkmasse immer von allen Kunststoffteilen mittels einer metallischen Diffusionssperre isoliert werden. Dies ist verhältnismäßig aufwendig. Darüber hinaus birgt eine Beschädigung dieser Diffusionssperre oder ein fehlerhafter oder versehentlich nicht erfolgter Einbau der Diffusionssperre ein großes Sicherheitsrisiko in sich.
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Bindemittel und Weichmacher sind im Allgemeinen inerte Stoffe, die die Leistung einer Sprengstoffwirkmasse bei deren Detonation, beispielsweise durch eine Reduktion der Dichte, herabsetzen. Man versucht stets Sprengstoffwirkmassen mit möglichst hoher Dichte und damit hoher Leistung herzustellen. Bisher ist es nicht gelungen, ein energetisches Bindemittel bzw. einen energetischen Weichmacher bereitzustellen und damit eine Sprengstoffwirkmasse insensitiv zu gestalten, ohne andere wichtige Eigenschaften oder die Energiedichte negativ zu beeinflussen. Beispielsweise wird Glycidylazidpolymer (GAP) als Bindemittel für Sprengstoffwirkmassen verwendet. Um die Sprengstoffwirkmassen insensitiv zu machen, sind dazu jedoch mehr als 10% GAP und Weichmacher erforderlich. Die Glasübergangstemperatur liegt dabei im Bereich von –30°C. Dies wird für militärische Zwecke im Allgemeinen für unzureichend erachtet. Gewünscht wird häufig eine Glasübergangstemperatur von –54°C oder darunter. Durch GAP als energetischem Bindemittel wird die Dichte und dadurch die Leistung einer damit gebundenen insensitiven Sprengstoffwirkmasse soweit reduziert, dass das GAP gegenüber einem inerten Bindemittel höherer Dichte keinen Vorteil aufweist. Auch mit anderen energetischen Bindemitteln und/oder Weichmachern ist es bisher nicht gelungen, eine Sprengstoffwirkmasse bereitzustellen, deren Energiedichte diejenige von Sprengstoffwirkmassen mit einem inerten Bindemittel und Weichmacher, wie DXP-1340, übersteigt.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine insensitive Sprengstoffwirkmasse bereitzustellen, die die obigen Nachteile nicht aufweist. Insbesondere soll die Sprengstoffwirkmasse eine lange Lagerfähigkeit und gute Verträglichkeit mit vielen gebräuchlichen Kunststoffen aufweisen. Gebräuchliche Kunststoffe sind z. B. Polyester, Polyamide, Polyolefine, Polytetrafluorethylen (Teflon®), Polyacrylat, Polycarbonate, Nitril-Butadien-Kautschuk, Chloropren-Kautschuk (Neopren®) und Fluorkautschuk (Viton®). Weiterhin soll die Sprengstoffwirkmasse bei ihrer Detonation eine hohe Leistung bereitstellen können.
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Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Zweckmäßige Ausgestaltungen ergeben sich aus den Merkmalen der Ansprüche 2 bis 13.
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Erfindungsgemäß ist eine insensitive Sprengstoffwirkmasse vorgesehen, die einen Sprengstoff und ein Phlegmatisierungsmittel umfasst. Dabei umfasst das Phlegmatisierungsmittel mindestens eine ionische Flüssigkeit. Eine ionische Flüssigkeit (Flüssigsalz) ist eine Flüssigkeit, die ausschließlich aus Ionen bestehen und im Gegensatz zu einer Salzschmelze bereits bei einer Temperatur unter 100°C flüssig ist, ohne dass das Salz dabei in einem Lösungsmittel, wie Wasser, gelöst ist. Im Allgemeinen handelt es sich bei einer ionischen Flüssigkeit um ein organisches Salz, dessen Ionen durch Ladungsdelokalisierung und sterische Effekte die Bildung eines stabilen Kristallgitters behindern.
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Ionische Flüssigkeiten haben sich als extrem insensitiv erwiesen. Gleichzeitig weisen sie eine verhältnismäßig hohe Dichte auf. Die ionische Flüssigkeit kann in der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse gleichzeitig als Phlegmatisierungsmittel und Weichmacher, jedoch ohne übliche Nachteile der bisher bei insensitiven Sprengstoffwirkmassen verwendeten Weichmacher, dienen. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die ionische Flüssigkeit in der insensitiven Sprengstoffwirkmasse nicht migriert. Der bei üblichen insensitiven Sprengstoffwirkmassen mit dem Weichmacher einhergehende Nachteil der begrenzten Lagerfähigkeit wegen der Migration des Weichmachers entfällt bei der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse.
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Ein Bindemittel ist in der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse nicht unbedingt erforderlich, da ionische Flüssigkeiten als Phlegmatisierungsmittel gleichzeitig auch den Sprengstoff binden können. Mit einer ionischen Flüssigkeit kann eine insensitive Sprengstoffwirkmasse mit einer höheren Leistung als bekannte Sprengstoffwirkmassen realisiert werden. Dies liegt zum einen an der verhältnismäßig hohen Dichte der ionischen Flüssigkeit und zum anderen daran, dass ein im Allgemeinen eine verhältnismäßig geringe Dichte aufweisendes Bindemittel entfallen kann oder, sofern doch ein Bindemittel eingesetzt wird, beim gleichzeitigen Vorhandensein der ionischen Flüssigkeit nur eine sehr geringe Menge des Bindemittels benötigt wird.
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Weiterhin kann es sich bei der ionischen Flüssigkeit um eine energetische Flüssigkeit handeln. Eine energetische Flüssigkeit ist eine solche, die bei der Reaktion des Sprengstoffs selbst Energie freisetzt.
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Weiterhin hat sich gezeigt, dass sich die erfindungsgemäße Sprengstoffwirkmasse durch die ionische Flüssigkeit verhältnismäßig gut kneten und einfach und schnell mischen lässt. Weiterhin lässt sie sich gut pressen und die daraus resultieren Presslinge weisen eine verhältnismäßig hohe mechanische Festigkeit auf.
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Ein wesentlicher Vorteil ist, dass sich die erfindungsgemäße Sprengstoffwirkmasse unbegrenzt mit unpolaren Kunststoffen verträgt, da ionische Flüssigkeiten diese Kunststoffe nicht angreifen. Der bei üblichen insensitiven Sprengstoffwirkmassen mit dem Weichmacher einhergehende Nachteil der Unverträglichkeit des Weichmachers mit den meisten Kunststoffen entfällt durch den Einsatz der ionischen Flüssigkeit als Phlegmatisierungsmittel.
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Ein weiterer Vorteil besteht in der elektrischen Leitfähigkeit der ionischen Flüssigkeit. Durch die ionische Flüssigkeit wird die Sprengstoffwirkmasse automatisch leitfähig und gegebenenfalls auftretende elektrische Ladungen können abfließen. Dadurch wird das Risiko einer ungewollten Zündung der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse durch eine elektrostatische Entladung drastisch verringert.
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Bei einem Ausführungsbeispiel ist die ionische Flüssigkeit wasserunlöslich und nicht hygroskopisch. Dadurch wird verhindert, dass sich die Zusammensetzung und die Eigenschaften der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse durch aus der Luft aufgenommene Feuchtigkeit verändern.
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Die ionische Flüssigkeit kann eine Dichte von mindestens 1100 kg/m3 aufweisen. Dadurch kann die erfindungsgemäße Sprengstoffwirkmasse mit einer hohen Dichte und damit auch einer hohen Sprengleistung bereitgestellt werden.
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Die ionische Flüssigkeit kann ein Perchlorat-, Nitrat-, Acetat-, Dicyanamid-, Hexafluorophosphat- oder Tetrafluoroborat-Ion als Anion umfassen. Durch die Wahl des in der ionischen Flüssigkeit enthaltenden Anions kann das Reaktionsverhalten der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse beim Erhitzen variiert werden. Z. B. kann das Anion oxidierend sein, wie das z. B. bei Perchlorat oder Nitrat der Fall ist. Dadurch wird der durch Erhitzen bedingte Zerfall der ionischen Flüssigkeit exotherm. Es kann aber auch ein inertes Anion, wie beispielsweise Acetat, Dicyanamid, Hexafluorophosphat oder Tetrafluoroborat gewählt werden. Dann ist der Zerfall der ionischen Flüssigkeit zumindest am Beginn einer Erwärmung endotherm. Weiterhin hat die Wahl des Anions einen Einfluss auf die Zerfallstemperatur. Von den oben genannten Anionen zerfällt Acetat bei der niedrigsten und Tetrafluoroborat bei der höchsten Temperatur. Durch das Vorsehen eines Gemischs dieser Anionen in der ionischen Flüssigkeit bzw. einem Gemisch der ionischen Flüssigkeiten kann das temperaturabhängige Verhalten der Flüssigkeit bzw. des Gemischs beeinflusst werden. Durch diese Möglichkeiten kann die Empfindlichkeit und das thermische Verhalten der Sprengstoffwirkmasse eingestellt werden. Wenn sich die ionische Flüssigkeit bei einer niedrigeren Temperatur als der Sprengstoff zumindest anfänglich endotherm zersetzt wird die Empfindlichkeit der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse erheblich reduziert.
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Die ionische Flüssigkeit kann 1-Butyl-3-methylimidazoliumtetrafluoroborat (BMIM-BF4), 1-Butyl-3-methylimidazoliumdicyanamid (BMIM-C2N2), n-Butylmethylimidazoliumperchlorat (BMIM-ClO4), ein Alkyl-Methylimidazol, insbesondere Dimethylimidazol oder Ethylmethylimidazol, ein Tetrazolat oder ein Triazolat umfassen.
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Bei einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse ist die ionische Flüssigkeit darin mit einem auf das Gesamtgewicht der Wirkmasse bezogenen Anteil im Bereich von 3 Gew.-% bis 7 Gew.-%, insbesondere 4 Gew.-% bis 6 Gew.-%, enthalten. Dadurch wird selbst bei ionischen Flüssigkeiten mit einer Dichte von weniger als 1100 kg/m3 die Gesamtdichte der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse nicht wesentlich beeinflusst. Der genannte Anteil reicht jedoch für eine ausreichende Phlegmatisierung vollkommen aus.
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Die erfindungsgemäße Sprengstoffwirkmasse kann weiterhin ein, insbesondere energetisches, Bindemittel umfassen. Wenn sowohl das Bindemittel als auch die ionische Flüssigkeit energetisch sind, kann eine insensitive und dennoch sehr leistungsstarke vollenergetische, d. h. keine inerten Bestandteile aufweisende, Sprengstoffwirkmasse bereit gestellt werden. Das Bindemittel kann ein polares Polymer oder polares Makromolekül oder ein Polymer oder Makromolekül, das in der ionischen Flüssigkeit löslich ist oder davon gequollen werden kann, umfassen. Beispielsweise kann das Polymer Polyacrylnitril, Polyvinylnitrat, Polyvinylpyrrolidon (PVP) oder Nitrocellulose umfassen. Es wird verhältnismäßig wenig ionische Flüssigkeit benötigt, um die genannten Polymere durch Lösen in eine zähflüssige und klebrige Masse zu verwandeln. Dadurch kann die für die Phlegmatisierung erforderliche Menge der meist verhältnismäßig teuren ionischen Flüssigkeit verringert werden.
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Weiterhin hat es sich gezeigt, dass das Mischen mit dem Sprengstoff erheblich einfacher ist als mit herkömmlichen polymeren Bindemitteln, da sich Flüssigsalze und gegebenenfalls polare Polymere oder Makromoleküle als Bindemittel in Ethanol, Ethanol-Ethylether (2:1), Ethanol-Aceton (2:1) oder Ethanol-Ethylacetat (2:1) schnell und in allen Mischungsverhältnissen lösen lassen. Somit können die Sprengstoffpartikel mit der ionischen Flüssigkeit und gegebenenfalls dem Bindemittel beschichtet werden, indem die Sprengstoffpartikel in die Lösung der ionischen Flüssigkeit und gegebenenfalls zusätzlich enthaltenem Bindemittel eingeschlämmt werden und während des Mischens das Lösungsmittel unter reduziertem Druck abgezogen wird. Dabei hat es sich gezeigt, dass es keine Rolle spielt, wie schnell das Lösungsmittel abgezogen wird. Die ionische Flüssigkeit und gegebenenfalls das Bindemittel setzt/setzen sich auf den Sprengstoffpartikeln ab und beschichtet/beschichten sie gleichmäßig. Dies begünstigt sehr die Unempfindlichkeit der resultierenden Sprengstoffwirkmasse, da jedes Sprengstoffpartikel vollständig eingebettet wird. Bei bekannten Bindemitteln muss das Lösungsmittel dagegen langsam aus einem Gemisch mit Sprengstoffpartikeln entfernt werden, um eine gleichmäßige Beschichtung der Sprengstoffpartikel und damit die Insensitivität des Produktes zu gewährleisten.
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Weiterhin kann durch ein energetisches Bindemittel, welches unter Gasentwicklung bei einer niedrigeren Temperatur zerfällt bzw. sich zersetzt als der Sprengstoff, die Sicherheit eines die Sprengstoffwirkmasse enthaltenden Brand oder Hitze ausgesetzten Wirkkörpers erhöht werden. Bei diesen im sogenannten ”fast cook off”-oder ”slow cook off”-Test simulierten Zuständen bewirkt die Gasentwicklung bei niedriger Temperatur ein Aufbrechen der Hülle des Wirkkörpers. Bei einer dann erfolgenden Zündung des Sprengstoffs kann es nicht mehr zu dem ansonsten stattfindenden plötzlichen Druckanstieg kommen. Eine Detonation des Sprengstoffs ist dadurch unwahrscheinlich und findet im Idealfall, wenn der Sprengstoff nur abbrennt, nicht statt. Ein solches sich bei niedriger Temperatur zersetzendes Bindemittel ist z. B. Nitrocellulose, das sich bei etwa 120°C zu zersetzen beginnt und sich im Bereich zwischen etwa 160°C und 180°C stark und vollständig unter Gasentwicklung zersetzt. Ein bei deutlich höherer Temperatur sich zersetzender Sprengstoff ist z. B. Oktogen, dessen Zersetzung bei etwa 280°C erfolgt.
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Bei einer Ausgestaltung ist das Bindemittel in der Sprengstoffwirkmasse mit einem Anteil im Bereich von 1 Gew.-% bis 2,5 Gew.-%, insbesondere 1,5 Gew.-% bis 2 Gew.-%, enthalten. Durch die Wahl dieser geringen, jedoch ausreichenden Menge des im Allgemeinen eine verhältnismäßig geringe Dichte aufweisenden Bindemittels wird eine ins Gewicht fallende Verringerung der Dichte der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmasse vermieden.
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Bei dem Sprengstoff kann es sich um einen kristallinen Sprengstoff handeln. Der Sprengstoff kann z. B. Oktogen, Hexogen, Nitropenta (PEIN), Triaminotrinitrobenzol (TATB), Diaminodinitroethylen (FOX-7) oder Hexanitroisowurtzitan (CL-20) sein.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Beispiel 1 stellt einen insensitiven Sprengstoff nach dem Stand der Technik dar, während es sich bei den Beispielen 4 und 5 um erfindungsgemäße Sprengstoffwirkmassen und bei den Beispielen 2 und 3 um andere neue insensitive Sprengstoffwirkmassen handelt.
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200 g der in Beispiel 5 verwendeten ionischen Flüssigkeit BMIM-ClO4 wurden wie folgt synthetisiert:
150 g BMIM-Cl wurden in ca. 600 ml trockenem Methanol bei 25°C in einem 2 Liter Einhalskolben aufgelöst. Eine stöchiometrische Menge trockenes Natriumperchlorat wurde ebenfalls in 600 ml trockenem Methanol in einem 2 Liter Einhalskolben getrennt aufgelöst. Dann wurde die gesamte Perchloratlösung auf einmal in die BMIM-Chloridlösung gegeben. Die Flasche, in der die Perchloratlösung war, wurde noch 3 × mit 50 ml trockenem Methanol gewaschen und das Methanol auch noch zu der BMIM-Chloridlösung gegeben. Die resultierende Lösung wurde nach einigen Minuten trüb und gelb, als das entstandene Natriumchlorid begann auszufallen.
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Die gesamte Lösung wurde anschließend eine Stunde unter Rückfluss gekocht. Die heiße Lösung wurde danach mittels einer Fritte in einen 2 Liter Einhalskolben filtriert und der Niederschlag noch 3 × mit 50 ml trockenem Methanol gewaschen. Der praktisch ausschließlich aus Kochsalz bestehende Filterkuchen wurde entsorgt.
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Der Einhalskolben wurde anschließend an einen Rotationsverdampfer angeschlossen und das Methanol unter ca. 500 mbar Druck abdestilliert, wobei das Wasserbad im Verdampfer auf 90°C erhitzt wurde. Als das Methanol abdestilliert war, wurde das warme rohe BMIM-ClO4 aus dem Kolben nochmals durch die Fritte in einen 250 ml Scheidetrichter filtriert, weil beim Verdampfen des Methanols noch weiteres Kochsalz ausgefallen ist.
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Das fertige BMIM-ClO4 (ein gelbliches, zähflüssiges Öl) wurde aus dem Scheidetrichter in eine Laborflasche gefüllt und gewogen. Die Ausbeute war nahezu quantitativ.
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Das BMIM-ClO4 hat sich als sehr gutes Bindemittel und Phlegmatisierungsmittel für energetische Wirkmassen erwiesen. Daraus können sehr insensitive Sprengstoffwirkmassen mit kleinem oder großem Anteil an polymerem Bindemittel und hoher Dichte und Leistung hergestellt werden. Durch das Verhältnis von BMIM-ClO4 zu polymerem Bindemittel kann die Härte und mechanische Festigkeit der Wirkmasse in weiten Grenzen eingestellt werden.
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Zur Herstellung der Sprengstoffwirkmassen gemäß der nachfolgenden Beispiele 4 und 5 wurde das Polyvinylpyrrolidon in Ethanol und die Nitrocellulose in Ethanol-Ethylacetat (2:1) aufgelöst. Anschließend wurde die ionische Flüssigkeit in diese Lösung eindosiert. Danach wurde noch 1 Minute weitergerührt, um die Lösung zu homogenisieren. Für 1 kg Sprengstoff wurden etwa 400 ml Lösungsmittel benötigt.
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Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Sprengstoffwirkmassen wurden der jeweils über Nacht bei 50°C getrocknete Sprengstoff und die Bindemittellösung gründlich gemischt. Nach 5 Minuten Mischen wurde ein Vakuum angelegt und eine Temperatur von 70°C eingestellt bis das Lösungsmittel verdunstet war. Danach wurde die Sprengstoffwirkmasse aus dem Mischer entleert. Sie lag als leicht klebriges, farbloses Pulver vor. Beispiel 1: Pressbare herkömmliche insensitive Sprengstoffwirkmasse DXP-1340 mit Weichmacher:
Stoff | Typ | Gew.-% | Sonstiges |
Acrylatgummi | Hytemp 4454 | 1,0 | TMD = 1833 |
Dioctyladipat | Weichmacher | 3,0 |
Oktogen | NSO 137 gesiebt 630 μm | 67,2 |
Oktogen | NSO 152 | 28,8 |
TMD = Theoretische maximale Dichte (in kg/m
3) Beispiel 2: Pressbare insensitive Sprengstoffwirkmasse ohne Weichmacher:
Stoff | Typ | Gew.-% | Sonstiges |
Chlorparaffin | Leuna Tenside CP 135 | 6,0 | TMD = 1871 |
Oktogen | NSO 137 gesiebt 630 μm | 66,2 |
Oktogen | NSO 152 | 27,8 |
Beispiel 3: Pressbare insensitive Sprengstoffwirkmasse ohne Weichmacher:
Stoff | Typ | Gew.-% | Sonstiges |
Chlorparaffin | CP 52 flüssig | 6,0 | TMD = 1843 |
Oktogen | NSO 137 gesiebt 630 μm | 67,2 |
Oktogen | NSO 152 | 28,8 |
Beispiel 4: Erfindungsgemäße pressbare insensitive Sprengstoffwirkmasse mit ionischer Flüssigkeit als Phlegmatisierungsmittel:
Stoff | Typ | Gew.-% | Sonstiges |
Polyvinylpyrrolidon | | 2,0 | TMD = 1845 |
BMIM-BF4 | Merck | 4,0 |
Oktogen | NSO 137 gesiebt 630 μm | 66,2 |
Oktogen | NSO 152 | 27,8 |
Beispiel 5: Erfindungsgemäße pressbare vollenergetische insensitive Sprengstoffwirkmasse mit ionischer Flüssigkeit als Phlegmatisierungsmittel:
Stoff | Typ | Gew.-% | Sonstiges |
Nitrocellulose | Hagedorn H24 | 1,75 | TMD = 1854 |
BMIM-ClO4 | selbst synthetisiert | 5,25 |
Oktogen | NSO 137 gesiebt 630 μm | 65,7 |
Oktogen | NSO 152 | 27,3 |
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24 g der jeweiligen Sprengstoffwirkmasse wurden jeweils in einem Presswerkzeug zu Tabletten von 21 mm Durchmesser gepresst. Die Presslinge wurden gewogen und vermessen. Aus den erhaltenden Werten wurde die Dichte der Presslinge ermittelt. Anschließend wurden die Presslinge im sogenannten Gap-Test eingesetzt. Bei dem Gap-Test handelt es sich um einen Standardtest für die Ermittlung der Insensitivität von Sprengstoffwirkmassen oder Sprengstoffen. Dabei wird die Höhe einer standardisierten Wassersäule gemessen, die ausreicht um eine durch Detonation einer Standardsprengladung erzeugte Stoßwelle in der Wassersäule auf die zu untersuchenden Sprengstoffwirkmasse zu übertragen, so dass diese noch zuverlässig detoniert, bzw. zuverlässig nicht mehr detoniert. Die Werte sind dabei jeweils in mm der Wassersäule angegeben. Der erste Wert unter ”Gap [mm]” bezeichnet dabei jeweils den Wert, bei dem die zu untersuchende Sprengstoffwirkmasse zuverlässig detoniert (”GO”) und ein zweiter Wert, den Wert, bei dem die zu untersuchende Sprengstoffwirkmasse nicht mehr detoniert (”NO GO”). Je niedriger diese Werte sind, desto insensitiver ist die Sprengstoffwirkmasse. Die Ergebnisse des Gap-Tests sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Tabelle 1
Stoff | TMD [kg/m3] | Dichte [kg/m3] | % TMD | Gap [mm] | Ergebnis | Tg/°C |
Beispiel 1 | 1833 | 1810 | 98,7 | 12/13 | GO/NO GO | –55 |
Beispiel 2 | 1871 | 1835 | 98,1 | 16/17 | GO/NO GO | n. g. |
Beispiel 3 | 1843 | 1810 | 98,2 | 12/14 | GO/NO GO | –48 |
Beispiel 4 | 1845 | 1825 | 98,9 | 14/15 | GO/NO GO | –120 |
Beispiel 5 | 1854 | 1841 | 99,3 | 13/14 | GO/NO GO | –112 |
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Tg bedeutet dabei ”Glasübergangstemperatur”, ”n. g.” bedeutet ”nicht gemessen”. Die Glasübergangstemperatur wurde mittels dynamischer Differenz-Kalorimetrie (DSC) gemessen.
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Die für die obigen Beispiele 1 bis 5 berechneten Detonationsgeschwindigkeiten (D[m/s]) und die Detonationsdrücke (p[GPa]) bei den tatsächlich ermittelten und aus der obigen Tabelle ersichtlichen Dichten sind aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Tabelle 2
Stoff | D [m/s] | p [GPa] |
Beispiel 1 | 8850 | 33,0 |
Beispiel 2 | 8850 | 33,7 |
Beispiel 3 | 8760 | 32,6 |
Beispiel 4 | 8850 | 33,8 |
Beispiel 5 | 8860 | 34,5 |