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Die
Erfindung betrifft ein aktives Fahrwerksystem eines zweispurigen
Fahrzeugs, insbesondere an dessen Hinterachse, mit einer Möglichkeit
zur Verstellung von Rad-Sturzwinkel und Rad-Spurwinkel des durch
Lenker geführten Rades im Fahrbetrieb mittels zumindest
eines für diese Verstellung eine Verlagerung des radseitigen
Anlenkpunktes eines radführenden Lenkers, hier aktiver
Querlenker genannt, bewirkenden Aktuators. Ferner betrifft die Erfindung
ein Betriebsverfahren für ein Fahrwerksystem mit den erfindungsgemäßen
Merkmalen.
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Zweispurige
Fahrzeuge mit konventionellen Fahrwerken werden aus Stabilitätsgründen
ausschließlich über die Vorderräder gelenkt.
Die Radstellung der Hinterräder ist durch den Fahrer direkt nicht
beeinflussbar. Die Radstellung der Hinterräder ergibt sich
durch den Einfederzustand über die Radhubkinematik des
Rades. Die Radhubkinematik beschreibt das Vorspurverhalten, d. h.
welcher Spurwinkel sich am Rade einstellt, und das Sturzverhalten,
d. h. welcher Sturzwinkel sich am Rade einstellt, über
dem Einfederweg. Des Weiteren wird die Radstellung durch äußere
Kräfte über die Elastokinematik beeinflusst. Diese
beschreibt das Vorspurverhalten und Sturzverhalten des Rades unter
der Einwirkung von äußeren Kräften, insbesondere
unter Antriebs- und Bremskräften sowie unter Seitenkräften.
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Eine
derartige passive Hinterradaufhängung bewirkt, dass der
Seitenkraftaufbau an der Hinterachse bei einer Lenkeingabe des Fahrers
verzögert zum Seitenkraftaufbau an der Vorderachse erfolgt. Folge
ist, dass ein herkömmliches Kraftfahrzeug beim Anlenken
zunächst eine Gier- und Schwimmbewegung aufbaut, ehe die
Seitenkräfte an der Hinterachse aufgebaut werden.
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Der
Querbeschleunigungsaufbau erfolgt als verzögerte Reaktion
zur Lenkbewegung des Fahrers. Ein solches querdynamisches Systemverhalten
ist prinzipiell schwingfähig und kann durch Lenkeingaben
des Fahrers unter bestimmten Umständen destabilisiert werden.
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In
der Vergangenheit sind verschiedene Lösungen erarbeitet
worden, um das querdynamische Fahrverhalten eines Kraftfahrzeuges
zu verbessern. Bekannt sind Hinterradlenkungen, die die Hinterräder abhängig
vom durch den Fahrer gestellten Lenkradwinkel verstellen. Grundsätzlich
werden derartige Lenkungen als Allradlenksysteme bezeichnet, weil die
besagten Hinterradlenksysteme grundsätzlich mit herkömmlichen
Vorderachslenkungen kombiniert sind. Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten,
die Hinterräder im Verhältnis zu den Vorderrädern
zu verstellen. Durch einen gegensinnigen Lenkeinschlag wird der
Radstand des Fahrzeuges virtuell verkürzt, wodurch das
Fahrzeug kurvenwilliger wird. Gleichzeitig nimmt die Stabilität
des Fahrzeugs ab. Durch einen zu den Vorderrädern gleichsinnigen
Lenkeingriff an der Hinterachse wird der Radstand des Fahrzeuges dagegen
virtuell verlängert. Diese Maßnahme verbessert
insbesondere die Stabilität bei instationären Fahrmanövern.
Der gegensinnige Lenkeinschlag ist vornehmlich im Parkierbereich
von Nutzen für den Fahrer, während ein gegensinniges
Lenken an der Hinterachse bei höheren Geschwindigkeiten
als unangenehm empfunden wird. Fahrdynamisch interessanter ist im
Allgemeinen ein zu den Vorderrädern gleichsinniger Lenkeinschlag
der Hinterräder im mittleren und höheren Fahrgeschwindigkeits-Bereich des
Fahrzeugs, mit dem die Schwimm- und die Gierbewegung des Fahrzeugs
reduziert werden kann/können. Durch einen schnelleren Seitenkraftaufbau
an der Hinterachse wird dann nämlich die resultierende
Querkraft im Fahrzeugschwerpunkt zu Beginn des Lenkmanövers
erhöht und der Aufbau der Querbeschleunigung verläuft
schneller. Die Gierbewegung verläuft dagegen langsamer,
d. h. das Fahrzeug hat eine längere Ansprechzeit. Das Überschwingen
der Gierreaktion verringert sich aufgrund einer erhöhten
Gierdämpfung. Theoretisch ist es durch eine derartige Ansteuerung
möglich, den Schwimmwinkel sowohl stationär wie
auch instationär vollständig zu kompensieren.
In diesem Fall verlaufen die Fzg.-Querbewegung und die Fzg.-Gierbewegung
zeitgleich. Durch die Reduktion der Systemordnung ist das Fahrzeug
in Bezug auf seine Querdynamik theoretisch nicht mehr schwingfähig.
Eine vollständige Reduktion des Schwimmwinkels wird vom Fahrer
allerdings im Allgemeinen als unangenehm empfunden und konnte sich
daher bislang nicht durchsetzen.
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Bekannt
sind Allradlenkungen, deren den Lenkwinkel oder Spurwinkel der Fzg,-Hinterräder
bestimmendes hinteres Stellglied mechanisch an die Vorderradlenkung
gekoppelt ist und über Spurstangen beide Räder
der Hinterachse parallel verstellen kann. In den letzten Jahren
sind vermehrt Allradlenkungen mit von der Vorderradlenkung entkoppelter hinterer
Stelleinheit entwickelt worden, die somit unabhängig vom
Vorderrad-Lenkwinkel einen (beliebigen) Lenkwinkel an den Hinterrädern
einstellen können. Bekannt sind zudem Achsen, bei denen
die Räder ein günstiges Sturzverhalten durch die
Lenkbewegung annehmen. Diese üblichen Sturz-Änderungen
sind aber betragsmäßig klein gegenüber
den eingestellten Lenkwinkeln.
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In
diesem Zusammenhang wird auf die Allradlenkung nach
EP 277 649 A1 verwiesen.
Der Lenkwinkel der Hinterräder wird vornehmlich in Abhängigkeit
der Parameter „Fahrerlenkwinkel" und „Fahrgeschwindigkeit"
gesteuert. Bei Verwendung geeigneter Sensoren für die Querbeschleunigung und
die Giergeschwindigkeit werden aber auch Regelfunktionen verwendet,
die den Hinterradlenkwinkel in einer Übersteuersituation
und in einer Untersteuersituation des Fahrzeugs geeignet stellen.
Darüber hinaus ist in der
WO2006/117343A1 eine
radselektive Verstellung der Lenkwinkel der Hinterräder mittels
aktiver, längenveränderlicher Lenker beschrieben.
Bei dieser Betätigung findet keine Beeinflussung des Rad-Sturzwinkels
statt.
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Um
das Stationärverhalten eines Fahrzeuges mit Allradlenkung
nicht zu verschlechtern, kann eine Vorderradlenkung verwendet werden,
welche die Lenkübersetzung aktiv verändern kann.
Hierzu eignen sich Steer-by-wire Lenkungen oder Überlagerungslenkungen
mit mechanischer Rückfallebene. Hierzu wird exemplarisch
auf die Vernetzung von aktiver Vorderradlenkung und Hinterradlenkung
nach der
DE 10
2005 013 378 A1 verwiesen. In der
DE 103 51 908 A1 hingegen
ist ein Ansatz zur Vernetzung der Regelfunktionen von Vorderradlenkung
und Hinterradlenkung und wahlweise auch mit den Regelfunktionen
eines Bremsregelsystems beschrieben.
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Für
die vorliegende Erfindung ist der Sturzwinkel der Räder
des Fahrzeugs zur Fahrbahn von Belang. Der Sturzwinkel zur Fahrbahn
wird gebildet von der Radebene und der Fahrbahnnormalen. Der Sturzwinkel
hat einen erheblichen Einfluss auf das Kraftschlusspotentials eines
Reifens. Bei Kurvenfahrt des Fahrzeugs führt ein positiver
Sturzwinkel zur Fahrbahn, gekennzeichnet durch eine zur Kurvenaußenseite
gekippte Oberseite des Rades, zu einem Sturzverlust, d. h. die über
den Rad-Reifen maximal übertragbare Kraft verringert sich.
Im Gegensatz dazu kann ein Rad-Reifen größere
Kräfte übertragen, wenn er unter negativem Sturzwinkel
zur Fahrbahn läuft. Ein negativer Sturzwinkel ist dadurch
gekennzeichnet, dass die obere Seite des Rades zur Kurveninnenseite
gekippt ist. Das Sturzwinkeloptimum, d. h. derjenige Sturzwinkel,
bei dem der Rad-Reifen die höchste Kraft übertragen
kann, ist stark abhängig von Reifenbauart und Reifentyp.
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In
der Fahrwerksentwicklung ist man daher bestrebt, den Sturzwinkel
bei Kurvenfahrt zumindest nahe dem Betrag „Null" zu halten
und damit den Sturzverlust zu minimieren. Bei Kurvenfahrt entsteht an
den Rädern eines Kraftfahrzeuges mit konventionellem Fahrwerk
durch verschiedene Effekte ein positiver Sturzwinkel, der die übertragbaren
Reifenkräfte in der beschriebenen Weise unvorteilhaft verringert.
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Dieser
Zusammenhang kann anhand der beigefügten 1a verdeutlicht
werden, die im Folgenden kurz erläutert wird.
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Mit
der Bezugsziffer 1, 1' sind die beiden Räder
einer Achse eines zweispurigen Fahrzeugs gekennzeichnet, die relativ
zum Fahrzeug-Aufbau 21 unter anderem über obere
Querlenker 22 und untere Querlenker 5 geführt
sind. Zwischen den Rädern 1, 1' und der
Fahrbahn 14 werden neben den Rad-Aufstandskräften
Fz bei Kurvenfahrt – ohne dass
hier Längskräfte übertragen oder berücksichtigt
werden – jedenfalls Seitenkräfte Fy übertragen.
Die weiteren Index-Buchstaben „a" bzw. „i" sind
dem kurven-inneren („i") Rad 1' bzw. dem kurven-aeußeren
(„a") Rad 1 zugeordnet. Beim Durchfahren einer
Kurve, hier einer Linkskurve, wirkt auf den Aufbau 21 die
in dessen Schwerpunkt SP angreifende Zentrifugalkraft ay·m (als
mathematisches Produkt der Querbescheunigung ay und
der Masse m des Aufbaus 21) ein. Der jeweilige Rad-Sturzwinkel
ist mit γ gekennzeichnet.
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Wie
ersichtlich nehmen bei dieser Kurvenfahrt sowohl das kurvenäußere
Rad 1 als auch insbesondere das kurveninnere Rad 1' einen
positiven Sturzwinkel an, jedenfalls dann, wenn der Sturzwinkel
der Räder 1 bei Geradeausfahrt (bzw. in Konstruktionslage)
0 Grad beträgt. Den größten Anteil an diesem
Sturzwinkel-Verlust (in Form eines entstehenden positiven Sturzwinkels)
hat der Fahrzeugwankwinkel infolge der auf den Fahrzeugaufbau 21 im
Schwerpunkt SP bei Kurvenfahrt wirkenden Querbeschleunigung ay. Dieser Wankwinkel überträgt
sich über die Einzelradaufhängungen des Fahrzeuges
direkt auf die Räder (1) und kippt diese in unvorteilhafter
Weise in einen positiven Sturzwinkel. Zwar wird diesem Effekt im
Fahrwerk bekanntlich durch die Sturzprogression der Radaufhängung
bei Einfederung entgegengewirkt. Diese Sturzprogression beschreibt
das Sturzverhalten des Rades aufgetragen über dem Einfederweg
und Ausfederweg des Rades. Federt das Rad ein, entsteht ein negativer
Sturzwinkel relativ zum Fahrzeugaufbau, bzw. es verringert sich
ein bereits vorhandener negativer Sturzwinkel weiter. Federt das
Rad dagegen aus, entsteht im Allgemeinen ein positiver Sturzwinkel
relativ zum Fahrzeugaufbau, bzw. es vergrößert
sich ein vorhandener negativer Sturzwinkel in positive Richtung.
Diese Charakteristik führt dazu, dass der durch den Wankwinkel
des Fahrzeugaufbaus bewirkte Sturzverlust sowohl am ausfedernden
kurveninneren Rad wie auch beim einfedernden kurvenäußeren
Rad teilweise kompensiert wird. Das Ausmaß der erzielbaren Kompensation
hängt jedoch stark vom Achsprinzip ab. Während
Doppelquerlenkerachsen und Mehrlenkerachsen eine größere
Sturzprogression ermöglichen, ist diese bei den heute an
Kraftfahrzeug-Vorderachsen vorherrschenden McPherson-Federbeinen
auf geringere Werte begrenzt. Insgesamt liegt der Kompensationsgrad
des Sturzverlustes infolge des Wankwinkels des Fzg,.-Aufbaus bei
heutigen Einzelradaufhängungen von Personenkraftwagen aber
bei höchstens 20% bis 30%. Längslenkerachsen ermöglichen
keine Kompensation des Sturzwinkelverlustes, während Starrachsen
keinen Sturzverlust zur Fahrbahn aufweisen, ihre Kompensation beträgt
damit 100%.
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Zusätzlich
zu den Sturzverlusten durch den Wankwinkel des Fahrzeugaufbaus entstehen
weitere Sturzverluste an den Rädern durch Elastizitäten
in den Gummilagern der Radaufhängung sowie durch die Elastizitäten
der Lenker der Radführung. Zudem kann ein Sturzverlust
durch die Verformung des Rades selbst, insbesondere der Felge, nicht
vernachlässigt werden.
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Um
das Fahrverhalten des Fahrzeugs zu verbessern, ist man bestrebt,
dem konstruktiven Sturzwinkel, also dem Winkel, den das Rad und
die Fahrbahnnormale in Konstruktionslage einschließen, einen
größeren negativen Betrag zu geben, so wie dies
in 1b (in Anlehnung an 1a unter
Verwendung gleicher Bezugsziffern für gleiche Elemente)
dargestellt ist. Der konstruktive Sturzwinkel ist in dieser Darstellung
mit γKO bezeichnet. Dies bewirkt, dass
der Sturzwinkel des kurvenäußeren Rades der betreffenden
Achse in günstiger Weise beeinflusst wird. Ein negativer
konstruktiver Sturz, der immer symmetrisch zur Fahrzeugmittenebene
ist, vergrößert aber den positiven Sturz zur Fahrbahn
am kurveninneren Rad in ungünstiger Weise.
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Das
kurveninnere Rad ist zwar aufgrund der dynamischen Radlastverlagerung
bei Kurvenfahrt entlastet und hat daher nur einen geringen Anteil
am Seitenführungsvermögen; durch ungünstige
Sturzwerte am kurveninneren Rad kann allerdings die Traktion eingeschränkt
sein, wenn es sich bei der betrachteten Achse um eine angetriebene
Achse handelt.
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Ein
negativer Sturzwinkel in Konstruktionslage hat weitere negative
Auswirkungen. Durch die einseitige Belastung der Reifen-Lauffläche
entsteht ein größerer Reifenverschleiß,
was sich nachteilig auf die Reifenlebensdauer auswirkt. Gleiches
gilt auch für einen stärkeren negativen Sturzwinkel
und Sturzwinkel-Gradienten über der Beladung. Zudem wird ein
größerer Reifeninnendruck erforderlich, der den Abrollkomfort
an der betreffenden Achse vermindert. Bei einem konventionellen,
auch als passiv zu bezeichnenden Fahrwerk besteht somit ein vielfältiger Zielkonflikt
bei der Auslegung zwischen den Anforderungen bei Kurvenfahrt und
bei Geradeausfahrt.
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In
den bisherigen Ausführungen wurde vornehmlich auf den Einfluss
des Sturzwinkels auf die maximal übertragbare Querkraft
eingegangen. Während der Einfluss des Sturzwinkels auf
die übertragbaren Längskräfte von untergeordneter
Bedeutung und darüber hinaus auch qualitativ stark reifenabhängig
ist, kann durch eine Optimierung des Sturzwinkels das Kraftschlusspotential
der Reifen auch bei überlagerter Kraftübertragung
aus Längs- und Querkraft verbessert werden.
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Um
die erläuterten Zielkonflikte aufzulösen und das
Reifenpotential besser zu nutzen, sind Sturzverstellungen bekannt,
die den Radsturzwinkel aktiv einstellen können. Bekannt
sind Lenkerverstellungen, die die Lage eines radführenden
Lenkers oder dessen Länge aktiv verstellen. Beispielsweise
zeigt die
EP 536 191 eine
Sturzverstellung in der oberen Lenkerebene, bei der eine Betätigungsstange über ein
mechanisches Zwischenglied den oberen Anlenkpunkt des Radträgers
und damit den Sturzwinkel des Rades verstellt. Als nachteilig ist
hier der relativ hohe mechanische Aufwand zu nennen. In der
DE 102 58 166 A1 ist
ein Sturzverstellsystem für eine Doppelquerlenkerachse,
die mit drei Stellgliedern pro Rad unter relativ großem
technischen Aufwand den Spurwinkel und den Sturzwinkel beeinflussen
kann, beschrieben. In der
DE 10 2004 034 118 A1 ist eine Radaufhängung
mit einer Sturzverstelleinrichtung unabhängig vom Federweg
des Rades beschrieben. Dieser Verstellmechanismus ist wahlweise
nur an der Hinterachse oder an Vorderachse und Hinterachse eines
Fahrzeugs anzuwenden, wobei die Verstellung über aktive
Lenker oder mittels sog. Lenker-Fußpunktverstellung (=
translatorische Verlagerung eines Lenkers in seiner Gesamtheit)
oder mittels eines geteilten Radträgers erfolgen kann.
Von einer Spurwinkel-Verstellung wird in dieser Schrift nicht gesprochen.
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Ein
relativ aufwändiger Ansatz ist in der
DE 695 20 682 T2 beschrieben.
Darin ist ein Fahrzeugaufhängungssystem für ein
lenkbares Rad mit Sturzverstellung, Vorspurverstellung und Nachlaufverstellung
jeweils über Hydraulikzylinder gezeigt, wobei jeder dieser
Parameter separat mit eigener Betätigungseinrichtung verstellt
wird.
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Des
Weiteren sind Sturzverstell-Systeme in Form sog. Radträgerverstellungen
bekannt. Bei diesen Systemen wird der Sturzwinkel über
das Verschwenken zweier Radträgerhälften verstellt.
So ist in der
WO
2004/041621 A1 ein System beschrieben, welches über
Sonderreifen mit zwei unterschiedlichen Gummimischungen und Reifenprofilen
verfügt. Durch die großen Sturzwinkelverstellbereiche
hat dieses System einen großen Platzbedarf und stellt eine
wenig serientaugliche Lösung dar. Weiterhin ist es bekannt,
aktive Sturzverstellsysteme mit separaten Hinterradlenkungen zu
kombinieren. In der
DE
38 13 438 C2 ist eine Sturzverstellung an einer Fzg.-Hinterachse
beschrieben, die den Sturzwinkel über die Verstellung der
oberen Federbeinlager verstellt. Dieses Sturzverstellsystem ist
gekoppelt mit einer separaten Hinterradlenkung, die beide Räder
der Hinterachse mechanisch gekoppelt lenkt.
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In
der
EP 1 053 165 ist
ein regelbares Fzg.-Radaufhängungssystem beschrieben, bei
dem zumindest zwei Aktuatoren pro Rad vorhanden sind, die parallele
Richtungskomponenten aufweisen. Nachteilig hieran ist der sehr hohe
Aufwand bezüglich der Aktuatoren; vorteilhaft ist, dass
im Fehlerfall eines Aktuators der jeweils andere Aktuator den betreffenden
Freiheitsgrad des defekten Aktuators mit ausführen kann.
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Hiermit
soll nun ein aktives Fahrwerksystem eines zweispurigen Fahrzeugs
mit einer Möglichkeit zur Verstellung von Rad-Sturzwinkel
und Rad-Spurwinkel des durch Lenker geführten Rades im
Fahrbetrieb mittels zumindest eines für diese Verstellung eine
Verlagerung des radseitigen Anlenkpunktes eines radführenden
Lenkers, hier aktiver Querlenker genannt, bewirkenden Aktuators
aufgezeigt werden, das sich bei hoher Funktionalität durch
geringen Aufwand auszeichnet (= Aufgabe der vorliegenden Erfindung).
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Die
Lösung dieser Aufgabe ist dadurch gekennzeichnet, dass
ein bzw. der aktive(r) Querlenker sowie die weiteren radführenden
Lenker derart angeordnet sind, dass mit einer Verlagerung des radseitigen
Anlenkpunktes des aktiven Querlenkers in Richtung zunehmenden positiven
Sturz das Rad zunehmend in Nachspur geht, während mit zunehmenden negativen
Sturz das Rad zunehmend in Vorspur geht, wobei sich der Sturzwinkel
um einen Betrag zumindest in der Größenordnung
der an eine Sturzwinkel-Veränderung kinematisch gekoppelten
Spurwinkel-Veränderung verändert, während
sich der Spurwinkel um einen Betrag zumindest in der Größenordnung
der hälftigen Sturzwinkel-Veränderung verändert,
und dass der Aktuator geeignet ist, die möglichen Stelleingriffe
in einem fahrdynamisch relevanten Frequenzbereich in der Größenordnung
von 1 Hertz oder höher auszuführen.
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Vorteilhafte
Aus- und Weiterbildungen sind Inhalt der Unteransprüche.
Insbesondere sind in diesen auch günstige bzw. vorteilhafte
Betriebsverfahren für ein erfindungsgemäßes
aktives Fahrwerksystem angegeben.
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Vorliegend
wird somit eine Verbesserung für eine aktive Ansteuerung
der Radführung einer Fahrzeugachse, insbesondere der Hinterachse
eines zweispurigen Kraftfahrzeugs, zur Verbesserung des Fahrverhaltens
des Fahrzeugs aufgezeigt, wobei insbesondere die Vorzüge
von Hinterradlenkung und aktiver Sturzverstellung in einem (einzigen)
System miteinander verbunden sind. Offenbart ist ein aktives Fahrwerkssystem
zur radindividuellen, aktiven Ansteuerung von Spurwinkel (Vorspur)
und Sturzwinkel an den Rädern insbesondere einer Hinterachse,
vorzugsweise in Verbindung mit einer elektronischen Regeleinheit
zur Erzeugung von Stellsignalen für einen den Sturzwinkel
und den Spurwinkel in Abhängigkeit von den Fahrzustand
des Fahrzeugs repräsentierenden Eingangsgrößen
verstellenden Aktuator. Insbesondere ist eine gemeinsame Verstellung von
Sturzwinkel und Vorspurwinkel über eine einzige Verstelleinrichtung
(= Aktuator) je Rad oder sogar über eine einzige gemeinsame
Verstelleinheit (= Aktuator) für beide Räder der
Achse in einer fahrdynamisch sinnvollen Ausprägung vorgeschlagen.
Dass hiermit – sei es, dass jedem Rad ein eigener Aktuator zugeordnet
ist oder sei es, dass ein einziger Aktuator für beide Räder
der Achse vorgesehen ist – der Bauaufwand gering gehalten
werden kann, ist offensichtlich. Es kann aber auch der Aufwand zur
Ansteuerung des Aktuators oder der Aktuatoren gering gehalten werden,
wenn die gemeinsame Verstellung von Spurwinkel und Sturzwinkel jeweils
in einem nennenswerten Umfang in fahrdynamisch sinnvoller Weise
erfolgt. Letzteres ist dann gegeben, wenn – wie in Anspruch
1 angegeben ist – mit einer Verlagerung des radseitigen
Anlenkpunktes des aktiven Querlenkers in Richtung zunehmenden positiven
Sturz das Rad zunehmend in Nachspur geht, während mit zunehmenden
negativen Sturz das Rad zunehmend in Vorspur geht.
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Dabei
sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die beiden kinematisch
aneinander gekoppelten Änderungen von Spurwinkel und Sturzwinkel
jeweils signifikant bzw. nennenswert sein sollen. Dies findet darin
seinen Ausdruck, dass – wie in Anspruch 1 angegeben ist – sich
der Sturzwinkel um einen Betrag zumindest in der Größenordnung
der an eine Sturzwinkel-Veränderung kinematisch gekoppelten
Spurwinkel-Veränderung verändert, während
sich der Spurwinkel um einen Betrag zumindest in der Größenordnung
der hälftigen Sturzwinkel-Veränderung verändert.
In anderen Worten ausgedrückt bedeutet dies, dass wenn
sich aufgrund einer Verlagerung des radseitigen Anlenkpunktes des
sog. aktiven Querlenkers der Sturzwinkel des Rades beispielsweise
um 4° ändert, sich gleichzeitig der Spurwinkel
des Rades um beispielsweise 2° oder um 3° oder
um 4° ändert. Selbstverständlich liegt
dann, nämlich mit einer Sturzwinkel-Änderung um
4°, auch eine Spurwinkel-Veränderung um bspw.
1,8° oder 4,2° im erfindungsgemäßen
Bereich.
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Mit
den angegebenen Zusammenhängen, was die Veränderung
des Spurwinkels in Abhängigkeit von einer Veränderung
des Sturzwinkels betrifft, unterscheidet sich das hier vorgestellte
Konzept vom Stand der Technik, bei welchem entweder eine Sturzwinkel-Änderung
oder eine Spurwinkel-Änderung realisiert ist, wobei – abhängig
von der individuellen Auslegung – zwar ebenfalls der jeweils
andere Winkel eine Änderung erfahren kann, jedoch nur in
sehr geringem Maße. Beispielsweise verändert sich
bei einer herkömmlichen aktiven Sturzwinkel-Einstellung der
Sturzwinkel um 6°, wobei sich aufgrund der Achskinematik
der Spurwinkel nur um bspw. 30' (30 Winkelminuten) ändert.
Auch verändert sich im bekannten Stand der Technik der
Sturzwinkel geringfügig mit einer Veränderung
des Spurwinkels, jedoch stellt sich dabei mit einer Spurwinkel-Veränderung
in der Gößenordnung von bspw. 10° eine
Sturzwinkel-Veränderung von bspw. nur 1° ein.
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Weiterhin
sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hier eine aktive
Verstellung gleichzeitig des Rad-Sturzwinkels und des Rad-Spurwinkels – und zwar
jeweils in nennenswertem Umfang – vorgeschlagen wird. Keinerlei
Bezug (oder Gemeinsamkeit) besteht somit zu oder mit einer Anordnung
zum quasi einmaligen Einstellen von Rad-Spur und Rad-Sturz. Dies
ist vorliegend in Anspruch 1 dadurch zum Ausdruck gebracht, dass
der Aktuator geeignet ist, die möglichen Stelleingriffe
zur gleichzeitigen Verstellung von Rad-Spur und Rad-Sturz in einem
fahrdynamisch relevanten Frequenzbereich in der Größenordnung
von 1 Hertz oder höher auszuführen. Dies besagt,
dass der Aktuator in der Lage ist, ausgehend von seiner Mittelstellung
in 1 Sekunde zumindest einmal in seine Endanschlag-Position zu gelangen.
Damit kann im Fahrbetrieb bereits gut auf fahrdynamische Einflüsse
reagiert werden. Bevorzugt kommt jedoch ein Aktuator zum Einsatz,
der die Verstellung von Spurwinkel und Sturzwinkel in einem fahrdynamisch
relevanten Frequenzbereich von bis zu 5 Hertz zu stellen in der
Lage ist, d. h. dass ein solcher Aktuator in der Lage ist, den halben
möglichen Verstellweg in 200 Millisekunden zu verfahren.
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Ebenfalls
besteht keinerlei Bezug (oder Gemeinsamkeit) zwischen der hier vorgeschlagenen
aktiven Verstellung gleichzeitig des Rad-Sturzwinkels und des Rad-Spurwinkels
und der üblichen Elastokinematik in einem herkömmlichen
Fahrzeug-Fahrwerk. Zwar kann sich auch dort eine gleichzeitige Verstellung
von Spur und Sturz alleine aufgrund der in das Fahrwerk eingeleiteten
Kräfte, insbesondere Seitenkräfte ergeben, doch
handelt es sich hierbei weder um eine aktive Verstellung noch erfolgt
eine Veränderung von Spurwinkel und Sturzwinkel in nennenswertem
Umfang. Während in der Elastokinematik entsprechende Winkeländerungen
in der Größenordnung von max. 1° für
den Sturzwinkel und von max. 20' (20 Winkelminuten) für
den Spurwinkel auftreten, wird vorliegend von nennenswerten Winkeländerungen
in der Größenordnung von mehreren Winkelgraden
(Sturzwinkel bis zu 10°, Spurwinkel bis zu 6°)
gesprochen.
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In
diesem Sinne nun, nämlich dass aktiv eine fahrdynamisch
sinnvolle sowie für den Sturzwinkel und den Spurwinkel
gemeinsame und dabei jeweils nennenswerte Änderung mit
einem Aktuator (zumindest je Rad der Achse) erfolgen kann, soll
nun der eine gekoppelte Sturz- und Spurverstellung hervorrufende
Lenker, der hier aktiver Querlenker genannt wird, sowie die radführenden
Lenker des Fahrwerks angeordnet sein. Umgesetzt sein kann dies an
Mehrlenkerachsen, die eine Verstellung der radführenden Lenker
insbesondere in der oberen Lenkerebene zulassen, dergestalt, dass
die aktive Änderung der Lenkerstellungen zu einer Verkippung
des Radträgers und damit des Rades um eine Schwenkachse
vorzugsweise im Bereich der unteren Lenkerebene führt.
Darüber hinaus kann eine derartige Fahrzeug-Achse, insbesondere
eine Hinterachse dieses Typs, in einer vorteilhaften Weiterbildung,
auf die später noch eingegangen wird, eine Eignung zur Lenkbarkeit
aufweisen, indem der Radlenkwinkel bzw. Spurwinkel jedes Hinterrades
mittels einer Verlagerung oder Längenveränderung
eines sog. Spurlenkers verändert werden kann.
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Im
Weiteren wird das vorgeschlagene aktive Fahrwerksystem nurmehr für
eine Hinterachse eines Kraftfahrzeugs (Personenkraftwagens) weiter
erläutert und weiter ausgebildet. Auf vergleichbare Maßnahmen
zur Optimierung des Sturzwinkels an einer Fzg.-Vorderachse wird
hier nicht eingegangen. Soweit technisch sinnvoll, kann das vorgeschlagene System
jedoch auch an einer Fzg,.-Vorderachse umgesetzt sein oder mit einem
weiteren System zur aktiven Sturzverstellung an einer Vorderachse
kombiniert sein. Vorzugsweise ist das vorgeschlagene System an einer
Hinterachse an einem Fahrzeug mit einer Vorderachse gekoppelt, die
ein hohes Maß an Sturzprogression ermöglicht,
sodass die Vorderachse auf ein hohes Querführungspotential
abgestimmt sein kann. Die weiteren Ausführungen gelten
insbesondere für eine angetriebene Hinterachse, z. B. in Fahrzeugen
mit Standardantrieb oder mit Heckmotor. Hier kann eine Sturzoptimierung
das Seitenführungspotential bei überlagerter Querkraft
und Antriebskraft effektiv steigern. Alternativ ist das hier erläuterte
aktive Fahrwerksystem jedoch praktisch ebenso für eine nicht
angetriebene Hinterachse eines Fahrzeugs einsetzbar.
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Im
Sinne einer vorteilhaften Weiterbildung wird vorgeschlagen, die
radführenden Lenker in ihrer Gesamtheit (und somit auch
den sog. aktiven Querlenker) solchermaßen anzuordnen, dass
die Drehachse oder Schwenkachse der Sturzverstellung, um die der
Radträger verschwenkt wird, in Seitenansicht der Achse
bzw. des Fahrzeugs im Bereich der Radmitte unterhalb derselben,
jedoch oberhalb der Fahrbahn von der Fahrbahn beabstandet liegt.
Dies hält den Bauraumbedarf des nach innen in negativen Sturz
schwenkenden Rades im Gegensatz zu Systemen, die über hohen
technischen Aufwand einen Sturz-Schwenkpunkt im Bereich der Fahrbahnoberfläche
realisieren, gering. Ferner wird am Rad im Rahmen einer Sturz-Verstellung
um eine oberhalb der Fahrbahn liegende Drehachse bzw. Schwenkachse
eine seitliche Bewegung des Radaufstandspunktes eingeleitet, die
bei rollendem Rad zu einem Schräglaufwinkel für
den Zeitraum der Verstellung führt. Dieser kurzzeitige
Schräglauf des Rades ruft in vorteilhafter Weise eine Reifen-Seitenkraft
hervor, die den Seitenkraftaufbau des Rades bei Verstellung in negativen
Sturz unterstützt.
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Um
den Spurwinkel und den Sturzwinkel in der angegebenen, fahrdynamisch
sinnvollen Kopplung zu verstellen, sodass ein negativer Spurwinkel zusammen
mit positivem Sturzwinkel bzw. ein positiver Spurwinkel zusammen
mit negativem Sturzwinkel auftreten, liegt in günstiger
Weise ein im wesentlichen nur den Spurwinkel des Rades bestimmender Spurlenker
in Fahrtrichtung betrachtet hinter Radmitte (bzw. in Draufsicht
auf die Achse hinter der Achsmitte). Dass der besagte Spurlenker
im wesentlichen nur den Spurwinkel des Rades bestimmt, ist bspw. dann
gegeben, wenn sich bei einer Spurverstellung um 6° (6 Winkelgrade)
der Sturzwinkel des Rades nur um bspw. 30' (30 Winkelminuten) verändert.
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Vorzugsweise
wird bezüglich einer Sturzverstellung eine Drehachse oder
Schwenkachse des Rades bzw. genauer dessen Radträgers gebildet,
die nach hinten (d. h. entgegen der Fahrtrichtung) ansteigt. Um über
den ativen Querlenker sowohl den Sturz-Winkel als auch den Spur-Winkel
betragsmäßig in mindestens dem gleichem Maße
zu verstellen, oder den Sturzwinkel betragsmäßig
in größerem Ausmaß gegenüber
dem Spurwinkel zu verändern, ist es dabei erforderlich,
dass diese besagte Drehachse (Schwenkachse) in Seitenansicht mit
einem Winkel von ca. 45° oder weniger zu einer fahrbahnparallelen
Geraden verläuft.
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Im
Sinne einer vorteilhaften Weiterbildung kann zusätzlich
zur soweit geschilderten Verstellmöglichkeit des sog. aktiven
Querlenkers, der mit einer Sturzverstellung des Rades gleichzeitig
den Spurwinkel des Rades nennenswert verändert, eine weitere
Verstelleinrichtung vorgesehen sein, die die Anzahl der Freiheitsgrade
bei der aktiven Ansteuerung der Radstellung erhöht. Demnach
ist (zumindest) ein weiterer Aktuator zur Verlagerung des radseitigen
Anlenkpunktes des bereits genannten Spurlenkers, der im wesentlichen
den Rad-Spurwinkel bestimmt, vorgesehen. Damit ist zusätzlich
zur gemeinsamen Spurwinkel-Verstellung in Verbindung mit einer Sturzwinkel-Verstellung
eine weitere Möglichkeit zur Einstellung des Spurwinkels
gegeben. Beispielsweise bzw. bevorzugt kann bei Kurvenfahrt des
Fahrzeugs der Aktuator zur Verlagerung des radseitigen Spurlenker-Anlenkpunktes
derart angesteuert werden, dass bei gleichzeitiger Ansteuerung des
anderen, den Spurwinkel gemeinsam mit dem Sturzwinkel verstellenden
Aktuators am zugehörigen Rad der Spurwinkel im wesentlichen
unverändert bleibt. Auch ist es damit möglich,
vorzugsweise bei Kurvenfahrt des Fahrzeugs nur am kurvenäußeren
Hinter-Rad des Fahrzeugs den Sturzwinkel zu verstellen, während
am kurveninneren Hinter-Rad ausschließlich eine Spurverstellung
vorgenommen wird, derart, dass die beiden Räder der Hinterachse
zumindest annähernd parallel eingeschlagen sind.
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In
einer weiteren Ausprägung der vorliegenden Erfindung kann
die beschriebene aktive Einstellung von Spurwinkel und Sturzwinkel
der Hinterräder des Fahrzeugs mit einem sog. aktiven Lenksystem an
der Vorderachse des Fahrzeugs kombiniert sein, welches bspw. als
elektromechanische Überlagerungslenkung ausgebildet ist
und mit Hilfe dessen/derer ein von der Vorgabe des Fahrers unabhängiger
Lenkwinkel an den lenkbaren Vorderrädern einstellbar ist.
Hierdurch ist es möglich, die stationären Lenkeigenschaften
des Fahrzeuges für den Fahrer bei Eingriffen in die Radstellung
der Hinterräder konstant zu halten. In der
DE102005013378A1 ist
bspw. beschrieben, wie ein aktiv gestellter Lenkwinkel der Fahrzeug-Hinterräder
an der Vorderachse des Fahrzeugs von einer aktiven Stelleinheit
zum vom Fahrer gestellten Lenkwinkel hinzuaddiert werden kann. Aufgrund
dieses Zusatzwinkels kann der Lenkbedarf des Fahrers in Abhängigkeit
von der Querbeschleunigung konstant gehalten werden. Vorliegend
kann somit eine Überlagerungslenkung an der Vorderachse,
die den Summenlenkwinkel der Vorderachse in Abhängigkeit
von den an der Hinterachse gestellten Sturzwinkeln und Spurwinkeln
der Hinterräder modifiziert, so betrieben werden, dass
der Lenkwinkelbedarf für den Fahrer konstant gehalten oder
zumindest reduziert wird. Allgemein kann ein aktives Lenksystem
an der Fzg.-Vorderachse bei der Ermittlung eines zu stellenden Lenkwinkels
die gestellten Positionen an den sog. aktiven Lenkern der Hinterachse,
deren radseitiger Anlenkpunkt verlagerbar ist, berücksichtigen.
-
Was
die Aktuatoren betrifft, mit Hilfe derer der radseitige Anlenkpunkt
eines aktiven radführenden Lenkers (hier des aktiven Querlenkers,
ggf. zusätzlich eines aktiven Spurlenkers) verlagerbar
ist, so können diese elektromechanisch oder hydraulisch ausgeführt
sein. Vorzugsweise sind sie jedoch mit einem Sperrensystem ausgestattet,
welches passiv oder aktiv ausgeführt ist, um den jeweiligen
Aktuator in einer definierten Lage zu halten sowie von äußeren Kräften
zu entlasten. Ein solches Sperrensystem bzw. eine solche Sperreinrichtung
soll insbesondere eine unbeabsichtigte Verstellung der Aktuatoren
verhindern. In einer Ausprägung des erfindungsgemäßen
Fahrwerks können diese Sperren als aktive Sperren ausgeführt
sein. Diese werden von einem Steuersignal aktiv angesteuert und
verriegeln über eine mechanische Verriegelungseinheit den
Aktuator in seiner aktuellen Position. Als Verriegelungselemente
kommen dabei Sperrklinken oder Stiftblockierungen zur Anwendung.
Ein derartiges aktives Sperrensystem kann den Aktuator im Fehlerfall
blockieren und fehlerhafte Stelleingriffe unterbinden, jedoch kann
ein solches aktives Sperrensystem aufgrund der Verzögerungszeiten
durch Signalfluss und das Öffnen und Schließen
der mechanische Verriegelungselemente nicht eingesetzt werden, um
permanent wirkende Vorlasten auf den Aktuator zu sperren und den
Aktuator dadurch von permanent erforderlichen Haltekräften
zu entlasten. In einer weiteren Ausführung des erfindungsgemäßen
Fahrwerks werden daher passive Sperren vorgeschlagen, die den Aktuator
in einer definierten Lage gegen die Einwirkung äußerer
Vorlasten und Störkräfte halten. Erst bei Energiezufuhr
des Aktuators zur aktiven Verstellung lösen sich diese
passiven Sperr-Elemente und erlauben eine Bewegung des Aktuators.
Auf diesem Wege wird der Aktuator von Vorlasten entlastet, was den
Energieaufwand des Systems erheblich reduziert. Durch die deutlich
schnelleren Reaktionszeiten der passiven Sperren ist eine Verwendung
des Aktuators im fahrdynamisch relevanten Frequenzbereich bis in
etwa 5 Hertz möglich.
-
Im
weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen
erläutert, die in den beigefügten 3–19 dargestellt
sind.
-
Auf
die beiden ebenfalls beigefügten 1a, 1b, die zur Erläuterung des Sturzwinkels
allgemein eine Prinzipdarstellung eines zweispurigen Fahrzeugs,
insbesondere von dessen Hinterachse, in einer Ansicht von hinten
zeigen, wurde bereits weiter oben ausführlich eingegangen.
-
Auch
die beigefügte 2 zeigt allgemeinen Stand der
Technik, nämlich die Prinzipdarstellung einer passiven,
das technische Umfeld der vorliegenden Erfindung bildenden Hinterachse
eines zweispurigen Fahrzeugs in Halbachsdarstellung in der Draufsicht,
anhand derer die Bauelemente eines erfindungsgemäßen
Fahrwerkssystem erläutert werden.
-
3 zeigt
ein Diagramm des Rad-Sturzwinkels über dem Rad-Spurwinkel
für ein erfindungsgemäßes aktives Fahrwerksystem
mit Verstellung durch einen aktiven Querlenker sowie durch die Achskinematik
festgelegter mechanischer Kopplung zwischen Spurwinkel und Sturzwinkel.
-
Die
konkrete Darstellung eines erfindungsgemäßen aktiven
Fahrwerksystems findet sich schließlich in den Prinzip-Darstellungen
der folgenden 4–19,
wobei ausdrücklich darauf hingewiesen sei, dass sämtliche
näher beschriebenen Merkmale erfindungswesentlich sein
können.
-
Im
Einzelnen zeigt
-
4 die
Prinzipdarstellung einer erfindungsgemäßen Fzg.-Hinterachse
(analog der Darstellung in 2) in Halbachs-Darstellung
in Draufsicht mit einem längenveränderlichen aktiven
Querlenker
-
5 eine
Darstellung ähnlich 4, jedoch mit
einem in seiner Gesamtheit verlagerbaren aktiven Querlenker, dessen
sog. Fußpunkt somit verstellbar ist
-
6 die
Prinzipdarstellung einer Hinterachse in Halbachs-Darstellung in
Draufsicht mit einem aktiven Querlenker sowie zusätzlich
einem aktiven, längenveränderlichen Spurlenker
-
7 eine
Darstellung ähnlich 6, wobei jedoch
die Fußpunkte von aktivem Querlenker und aktivem Spurlenker
verstellbar (verlagerbar) sind
-
8 eine
Darstellung ähnlich 6 mit längenveränderlichem
aktivem Querlenker sowie einer Fußpunkt-Verstellung am
aktiven Spurlenker
-
9 eine
Darstellung ähnlich 6 mit Fußpunkt-Verstellung
des aktiven Querlenkers sowie mit einem längenveränderlichen
aktiven Spurlenker
-
10 die
Prinzipdarstellung einer Hinterachse in Draufsicht mit einer für
beide Räder der Fzg.-Achse gekoppelten, aktiven Querlenker-Fußpunktverstellung
mittels eines sog. Zentral-Aktuators
-
11 die
Prinzipdarstellung einer Hinterachse in Draufsicht mit einer für
beide Räder gekoppelten aktiven Querlenker-Fußpunktverstellung
mittels eines sog. Zentral-Aktuators sowie mit einer aktiven Spurlenker-Fußpunktverstellung
mittels eines weiteren Zentral-Aktuators
-
12 eine
Darstellung ähnlich 11, jedoch
mit längenveränderlichen aktiven Spurlenkern
-
13 eine
Darstellung ähnlich 12, jedoch
mit einer Fußpunktverstellung der aktiven Spurlenker
-
14 die
Darstellung der Drehachse/Schwenkachse der aktiven Sturzverstellung
in einer Ansicht von hinten auf das rechte Fzg.-Hinterrad und rechts
daneben die Entstehung eines Schräglaufwinkels bei aktiver
Sturzverstellung in folge der seitlichen Verschiebung des Radaufstandspunktes
in Draufsicht
-
15 die
Darstellung eines Fahrzeugs in Draufsicht mit erfindungsgemäßem
Fahrwerksystem zusammen mit Aktuatoren, elektronischer Steuereinheit,
Sensoren und wesentlichen Signalpfaden
-
16 ein
Diagramm des Rad-Sturzwinkels über dem Rad-Spurwinkel für
ein erfindungsgemäßes Fahrwerksystem mit aktiver
Querlenker-Verstellung und aktiver Spurlenker-Verstellung für
verschiedene Betriebsstrategien
-
17a, b in einer Darstellung analog 1a ein Fahrzeug mit erfindungsgemäßem
Fahrwerksystem mit asymmetrischer Sturzverstellung von kurveninnerem
und kurvenäußerem Rad
-
18 die
Ansicht von hinten auf die linke Hälfte einer Fahrzeug-Hinterachse,
an der ein erfindungsgemäßes aktives Fahrwerksystem
analog einer der 4–13 verbaut
sein kann
-
19 die
Seitenansicht einer Fahrzeug-Hinterachse, an der ein erfindungsgemäßes aktives
Fahrwerksystem analog einer der 4–13 verbaut
sein kann
-
2 zeigt
zur Erläuterung des technischen Umfelds einer möglichen
Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Fahrwerksystems eine Mehrlenker-Hinterachse eines Personenkraftwagens
in Halbachs-Darstellung und Draufsicht. An einer Achse dieser Bauart,
die in weiteren Ansichten in den 18, 19 dargestellt
ist, kann ein erfindungsgemäßes aktives Fahrwerksystem
realisiert sein. In bzw. an anderen Achskonstruktionen lässt
sich ein erfindungsgemäßes aktives Fahrwerksystem
jedoch ebenfalls darstellen.
-
Das
Rad 1 des Fahrzeugs ist dabei an einem Radträger 2 gelagert.
Dieser Radträger 2 ist über an diesem
angelenkte Lenker 5, 7 und 8 an einem
Hinterachsträger 4 angebunden. Der Hinterachsträger 4 ist über
(insgesamt) vier Hinterachsträgerlager 3 (insbesondere
aus Elastomeren) am Unterboden des hier nicht gezeigten Fzg.-Aufbaus
(vgl. 1a, 1b, Bezugsziffer 21)
elastisch gelagert. Der Lenker 5 stellt eine sog. Schwinge
(hierfür wird ebenfalls die Bezugsziffer 5 verwendet)
dar und bildet die untere Lenkerebene. Ein Querlenker 7 ist
im wesentlichen oberhalb des Radträgers 2 angeordnet.
Ein sog. Spurlenker 8 ist am hinteren Ende des Radträgers 2 angelenkt
und verläuft annähernd waagerecht mit gleichem
Abstand zur Schwinge 5 und zum Querlenker 7 in
Fahrtrichtung betrachtet hinter Radmitte. (Die Fahrtrichtung des
Fahrzeugs ist in den 2, 4–13 und 19 durch
einen Pfeil angegeben).
-
Die
Abstützung eines auf das Rad 1 einwirkenden Bremsmomentes übernimmt
ein sog. Integrallenker 9, der zwischen dem Radträger 2 und
der Schwinge 5 abgestützt ist, um die Lager der
Schwinge 5 zu entlasten. Zusätzlich dargestellt
ist ein zwischen Radträger 2 und nicht dargestelltem
Fzg.-Aufbau im wesentlichen vertikal eingespannter Dämpfer 6,
der hier am oberen Ende des Radträgers 2 angelenkt
ist. Dieser Dämpfer 6 kann gleichzeitig eine nicht
dargestellte Tragfeder für den Fzg.-Aufbau gegenüber
dem Rad 1 enthalten und somit ein sog. Feder-Dampferbein
bilden. Auf die Darstellung einer Abtriebswelle zum Antrieb des
Rades 1 – es handelt sich hier um eine angetriebene
Hinterachse eines Personenkraftwagens – ist aus Gründen
der Übersichtlichkeit verzichtet.
-
Über
eine Verlagerung des radseitigen Anlenkpunktes des Querlenkers 7 (am
Radträger 2), der dann als aktiver Querlenker 7 bezeichnet
wird, ist es möglich, den Spurwinkel und den Sturzwinkel
des Rades 1 in einer fahrdynamisch sinnvollen Kopplung zu
verstellen. Eine derartige Kopplung der besagten Parameter Spurwinkel,
auch Vorspurwinkel bzw. Vorspur genannt, sowie Sturzwinkel, auch
nur Sturz genannt, ist in 3 dargestellt.
Dabei geht das Rad 1 bei einer Verstellung in negativen
Sturz gleichzeitig in zunehmende positive Vorspur. Bei Verstellung
in positiven Sturz hingegen nimmt das Rad 1 eine Stellung gemäß Nachspur
an. Dabei können – wie hier gezeigt – die
Verstellbereiche von Sturzwinkel und Vorspur-Winkel in der gleichen
Größenordnung liegen, d. h. dass es hier im Unterschied
zu bekannten Hinterradlenkungen eine deutlichere Änderung
des Sturzwinkels (mit einer Spurwinkel-Änderung) gibt,
sodass das hier vorgeschlagene System (auch) als aktive Sturzverstellung
bezeichnet werden kann. Dabei kann die Verstellung von Spurwinkel/Vorspurwinkel und
Sturzwinkel in einem fahrdynamisch relevanten Frequenzbereich von
bis zu 5 Hertz erfolgen, so dass das erfindungsgemäße
Fahrwerksystem in der Lage ist, Spur/Vorspur und Sturz gemeinsam
aktiv in hochdynamischen Fahrmanövern anzupassen.
-
Die
Verstellung von Spur und Sturz mittels des aktiven Querlenkers 7 kann
dabei der Gestalt vorgenommen werden, dass quasi die Länge
des aktiven Querlenkers 7 verändert wird. Eine
derartige Ausführung zeigt 4. Demnach
ist der aktive Querlenker 7 geteilt ausgebildet und es
ist zwischen dessen Hälften ein Aktuator 11 angeordnet,
mit Hilfe dessen der radseitige Anlenkpunkt des mit seinem anderen
Ende am Hinterachsträger 4 angelenkten aktiven
Querlenkers 7 verlagert werden kann. Wird dabei der aktive
Querlenker 7 verkürzt, so nimmt das Rad 1 einen
negativen Sturzwinkel und einen positiven Vorspurwinkel an. Eine
Verlängerung des aktiven Querlenkers 7 hingegen
bewirkt eine Verstellung in positiven Sturz mit einer gleichzeitig
aufgeprägten Verstellung in negativen Vorspurwinkel, welcher
im Allgemeinen auch als Nachspurwinkel bezeichnet wird. Vorteil
dieser Ausgestaltung ist, dass sich durch die Verwendung eines solchen
aktiven Querlenkers 7 je Rad 1 der Achse eine
günstige Adaptierbarkeit an bestehende Achssysteme ergibt.
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In
einer alternativen Ausführung eines erfindungsgemäßen
Fahrwerks wird auch der aufbauseitige Anlenkpunkt des aktiven Querlenkers 7 und
somit der aktiver Querlenker 7 in seiner Gesamtheit verlagert,
um gleichzeitig den Sturzwinkel und den Spurwinkel am Rad 1 zu
verstellen. Diese in 5 dargestellte Ausführungsform
kann auch als Lenkerfußpunktverstellung bezeichnet werden.
Bei dieser Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Fahrwerksystems ist der Aktuator 11 zur Verlagerung des
Querlenkers 7 vorzugsweise in den Hinterachsträger 4 integriert,
wobei es möglich ist, den Aktuator 11 zum Zweck
des Austausches oder der Reparatur demontierbar zu gestalten. In
diesem Fall kann ein in seiner Bauart konventioneller Querlenker 7 zum
Einsatz kommen. Wird der aufbauseitige Anlenkpunkt des aktiven Querlenkers 7 mithilfe
des Aktuators 11 zur Fahrzeugmitte hin verlagert, so nimmt
das betroffene Rad 1 einen negativen Sturzwinkel und einen
positiven Vorspurwinkel an. Eine Verlagerung des aufbauseitigen Anlenkpunktes
des aktiven Querlenkers 7 zur Fahrzeugaußenseite
hin bewirkt dagegen eine Rad-Verstellung in positiven Sturz mit
einer gleichzeitig aufgeprägten Verstellung in negativen
Vorspurwinkel, d. h. in Nachspur.
-
In
einer weiteren Ausführungsform der Erfindung, die in 6 dargestellt
ist, verfügt die Achse über zwei weitere Aktuatoren 13,
die ein weiteres Lenkerpaar, nämlich die genannten Spurlenker 8 und damit
vornehmlich den Parameter „Spurwinkel" der beiden Räder 1 der
Achse beeinflussen können. Jeder radindividuelle Spurlenker 8 ist
in der Achse dabei so angeordnet, dass eine Verkürzung
des Spurlenkers 8 (bei einer Anordnung des Aktuators 11 in
einem geteilt ausgebildeten Spurlenker 8 gemäß 6)
bzw. im Falle einer Fußpunktverstellung des Spurlenkers
(wie in 7 dargestellt) eine Verlagerung
des aufbauseitigen Spurlenker-Anlenkpunktes zur Fahrzeugmitte hin
zu einer Verstellung in negative Vorspurrichtung führt.
Eine Verlängerung des Spurlenkers 8 (bei einer
Ausführung nach 6) bzw. im Falle einer Lenkerfußpunktverstellung
(gemäß 7) eine Verlagerung des aufbauseitigen Spurlenker-Anlenkpunktes
zur Fahrzeugaußenseite hin führt dagegen zur eine
Verstellung des Rades 1 in positive Vorspurrichtung.
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Durch
die Kombination zweier aktiver Lenker je Rad 1, deren radseitige
Anlenkpunkte mittels der genannten Aktuatoren 11, 13 verlagerbar
sind, d. h. hier des aktiven Querlenkers 7 und des aktiven
Spurlenkers 8, ist es möglich, einen gewählten
aktiv gestellten Sturzwinkel mit einem aktiv gestellten Vorspurwinkel
in den Grenzen der zur Verfügung stehenden Verstellbereiche
frei zu kombinieren. Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich,
beide Räder 1 der Hinterachse um den gleichen
Spurwinkel gemäß eines gleichsinnigen Lenkeinschlages
zu verstellen, während beide Räder 1 einen
unterschiedlichen Sturzwinkel aufgeprägt bekommen. Es ist
somit möglich, das kurvenäußere Rad 1 in
fahrdynamisch vorteilhafter Ausprägung in negativen Sturz
aktiv zu verstellen, während das kurveninnere Rad 1 keine
Sturzverstellung erfährt.
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Durch
die hier umgesetzte Anordnung der Spurlenker 8 wird in
der beschriebenen Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Fahrwerks erreicht, dass bereits die Verstellung der aktiven Querlenker 7 zu
einer fahrdynamisch sinnvollen Kombination aus Spurwinkel und Sturzwinkel
führt. Wenn diese (sinnvolle) Kombination die fahrdynamischen
Anforderungen an die Radstellung der Hinterräder erfüllt,
kann eine ggf. (d. h. ausdrücklich nicht zwangsweise) vorgesehene
Verstellung der ggf. aktiven Spurlenker 8 ausbleiben oder
sogar vollständig eingespart werden. Soll der Spurwinkel
eines oder beider Räder 1 der Achse verringert
werden, so genügen relativ geringe Verstellwege der den
aktiven Spurlenken 8 zugeordneten Aktuatoren 13.
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Sollte
es – in Abweichung zu den figürlich dargestellten
Ausführungsbeispielen – bspw. aus Gründen
der Integration der Fzg.-Achse in das Fahrzeugpackage erforderlich
sein, die Spurlenker in Fahrtrichtung betrachtet vor der Achsmitte
anzuordnen, so dienen die Spurlenker dem Spurausgleich der durch
die aktive Querlenkerverstellung hervorgerufenen unvorteilhaften Änderungen
des Vorspurwinkels, im Folgenden auch als Spurfehler bezeichnet. In
diesem Fall kann auf eine Verstellmöglichkeit der Spurlenker
bei Vorhandensein aktiver Querlenker 7 im Allgemeinen nicht
verzichtet werden. Es ergeben sich dann nämlich relativ
große erforderliche Verstellwege der den (aktiven) Spurlenkern
zugeordneten Aktuatoren (13), um den besagten Spurfehler
auszugleichen und zusätzlich einen fahrdynamisch vorteilhaften
Vorspurwinkel aufzuprägen.
-
Zurückkommend
auf die hier vorgestellten Ausführungsbeispiele können
In den bislang beschriebenen Ausführungsvarianten mit insgesamt vier
Aktuatoren 11, 13 je Achse entweder alle Aktuatoren
in geteilten und somit längenveränderlichen Lenkern 7, 8 gemäß der
Darstellung in 6 oder sämtliche in
Form einer Lenker-Fußpunktverstellung gemäß der
Darstellung in 7 angeordnet sein. Darüber
hinaus kann ein erfindungsgemäßes Fahrwerksystem
auch als eine beliebige Kombination aus zwei aktiven längenveränderlichen
Lenkern und zwei Lenkerfußpunktverstellungen ausgeführt
werden, also mit zwei Fußpunktverstellungen je Achse für
die Spurlenker 8 und zwei längenveränderlichen
aktiven Querlenkern 7, so wie dies in 8 dargestellt
ist, oder mit zwei längenveränderlichen aktiven
Spurlenkern 8 und zwei Fußpunktverstellungen für
die aktiven Querlenker 7, so wie dies in 9 gezeigt
ist.
-
In
einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung
wird ein gemeinsamer Aktuator 11 für die Verstellung
der aufbauseitigen Lenkerfußpunkte der beiden aktiven Querlenker 7 je
Achse, d. h. ein gemeinsamer Aktuator 11, auch Zentral-Aktuator
genannt, für die beiden Räder 1 der Achse
vorgeschlagen, so wie dies in 10 dargestellt
ist. Die aufbauseitigen bzw. dem Hinterachsträger 4 zugewandten
Fußpunkte der beiden aktiven Querlenker 7 sind über
Koppelstangen 12 mit dem einzigen Zentral-Aktuator 11 verbunden.
Mit einer durch den Aktuator 11 hervorgerufenen Bewegung
der Koppelstangen 12, die im übrigen auch miteinander
verbunden sein können, so dass eine einzige Koppelstange 12, an
der der Aktuator 11 angreift, die Fußpunkte der beiden
aktiven Querlenker 7 miteinander verbindet, wird eines
der beiden Räder 1 in positiven Sturz und Nachspur
verstellt, während das andere Rad 1 in negativen
Sturz und Vorspur geht. Durch geeignete Anordnung der radführenden
Lenker kann erreicht werden, dass mit einer Verstellung des gemeinsamen Zentral-Aktuators 11 beide
Räder 1 der Hinterachse gemäß einem
Paralleleinschlag verstellt werden.
-
Die
gemeinsame Verstellung der Fußpunkte der beiden aktiven
Querlenker 7 der Fzg.-Achse kann in einer weiteren Ausführungsform
mit einer gemeinsamen Verstellung der aufbauseitigen Anlenkpunkte (=
Fußpunkte) der (aktiven) Spurlenker 8 der Achse (und
somit mit einer gesamthaften Verlagerung der Spurlenker 8 über
einen in der Fzg.-Mitte angeordneten Zentral-Aktuator 13 kombiniert
sein, so wie dies in 11 dargestellt ist. Alternativ
kann die gemeinsame Verstellung der Fußpunkte der aktiven
Querlenker 7 mit längenveränderlichen
aktiven Spurlenkern 8 kombiniert sein, so wie dies in 12 dargestellt
ist. In einer weiteren Ausführungsform (vgl. 13)
ist eine gemeinsame Verstellung der Fußpunkte der beiden
aktiven Querlenker 7 über einen einzigen (Zentral-)Aktuator 11 mit
einer radindividuellen Verstellung der aufbauseitigen Anlenkpunkte
der aktiven Spurlenker 8 über eine Fußpunktverstellung
gekoppelt.
-
Von
besonderem Vorteil an einem erfindungsgemäßen
Fahrwerk ist, dass bzw. wenn bei einer Betätigung der aktiven
Querlenker 7 die für die daraus resultierende
Bewegung des Rades 1 bzw. des Radträgers 2 maßgebliche
Drehachse 10 (bzw. Schwenkachse 10) um ein Maß zDA oberhalb der Fahrbahn 14 liegt,
so wie dies in 14 in einer Ansicht von hinten
dargestellt ist. Dies begrenzt den Bauraumbedarf des nach innen
in negativen Sturz schwenkenden Rades 1 (welches im geneigten
Zustand unter der Bezugsziffer 1'' gezeigt ist) im Gegensatz
zu Systemen, die über hohen technischen Aufwand einen Drehpunkt
im Bereich der Fahrbahnoberfläche realisieren. Durch die
Verstellung um eine oberhalb der Fahrbahn 14 liegende Drehachse 10 wird
bei Verstellung des Rades 1 eine seitliche Bewegung vy des Radaufstandspunktes um die Strecke y
eingeleitet. Diese Bewegung führt bei mit der Abrollgeschwindigkeit
vx rollendem Rad 1 zu einem Schräglaufwinkel α des
Rades für den Zeitraum der Verstellung, siehe hierzu das
Vektordiagramm in der rechte Bildhälfte von 14.
Dieser kurzzeitige Schräglauf des Rades 1 ruft
eine Seitenkraft hervor, die den Seitenkraftaufbau des Rades 1 bei
Verstellung in negativen Sturz unterstützt.
-
Weiterhin
vorteilhaft an einem erfindungsgemäßen Fahrwerk
ist, dass die Sturzverstellung mit konventionellen Reifen kombiniert
werden kann. Eine Verwendung von Spezialreifen, wie im Fahrwerk
gemäß der
WO2004/041621A1 beschrieben, ist nicht erforderlich.
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15 zeigt
eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeuges 30 mit
einem erfindungsgemäßem Fahrwerksystem. Das mechatronische
Fahrwerkssystem zur aktiven Ansteuerung von Vorspur- und Sturzwinkel
an den Hinterrädern 1, aufweisend zumindest die
Aktuatoren 11 (für hier nicht dargestellte aktive
Querlenker 7), vorzugsweise zusätzlich die Aktuatoren 13 (für
hier ebenfalls nicht dargestellte aktive Spurlenker 8)
wird von einer elektronischen Steuereinheit 35 betätigt.
Die Vorderräder 31 werden von einer Lenkeinrichtung 36 gelenkt.
In einer ersten Ausprägung der Ansteuerung erfolgt die
Betätigung der Aktuatoren 11, 13 nach
einem Vorsteuergesetz, welches die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs
und den vom Fahrer vorgegebenen Lenkwinkel bei der Bildung der Stellwerte
berücksichtigt. Der vom Fahrer vorgegebene Lenkwinkel wird
von einem Lenkwinkelsensor 38 gemessen. In einer weiteren
Ausprägung des Vorsteuergesetzes wird zusätzlich
das Sensorsignal eines Querbeschleunigungssensors 39 zur
Bildung der Stellwerte für die Aktuatoren 11, 13 verwendet.
Zusätzlich wird vorgeschlagen, aus den Signalen des Querbeschleunigungssensors 39 und eines
Gierrratensensors 40 sowie unter Berücksichtigung
der Signale von Fahrgeschwindigkeit und Fahrer-Lenkwinkel geeignete
Regelgesetze zu bilden, um die Aktuatoren 11, 13 der
Hinterachse im Falle von Untersteuern oder Übersteuern
des Fahrzeugs geeignet anzusteuern.
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Als
eine weitere Ausprägung der Ansteuerung können
längsdynamische Vorsteuergrößen zur Ansteuerung
der Aktuatoren 11, 13 und somit der Radstellung
der Hinter-Räder 1 verwendet werden. So ist es
zum einen möglich, eine Bremsverzögerung des Fahrzeugs
bei der Verstellung des oder der aktiven Lenker (Querlenker 7 und/oder
Spurlenker 8) zu berücksichtigen. Hierbei kann
der Bremsdruck des Hauptbremszylinders 44 mittels eines
Drucksensors 43 oder die Bremsdrücke der Radbremszylinder 42 verwendet
werden, um den Verzögerungszustand des Fahrzeuges zu ermitteln.
Als weitere Möglichkeit kann das Signal eines Längsbeschleuni gungssensors 41 ausgewertet
werden. Über Kennlinien kann der Spurwinkel und der Sturzwinkel
der Hinter-Räder 1 in Abhängigkeit von
der Fzg.-Längsverzögerung vorgesteuert eingestellt
werden. Hierdurch wird der Übersteuertendenz eines Fahrzeuges
bei Teilbremsungen während Kurvenfahrt entgegengewirkt,
indem die Räder 1 in negativen Sturz zur Fahrbahn verstellt
werden. Diese Übersteuertendenz entsteht dadurch, dass
durch die im Fahrzeug-Schwerpunkt angreifende Verzögerung
die Achslast der Vorderachse ansteigt, während die Achslast
der Hinterachse im gleichen Maße vermindert wird. Als Folge
verringert sich der Achsschräglaufwinkel an der Vorderachse,
während der Achsschräglaufwinkel an der Hinterachse
ansteigt. Bei starken Bremsungen bis hin zu Vollbremsungen während
Kurvenfahrt ändert sich dieses Verhalten zu Untersteuern,
da durch die große Längskraftbeanspruchung der
Vorderachse die Schräglaufsteifigkeiten der Reifen abnehmen
und der Schräglaufwinkelbedarf an der Vorderachse ansteigt.
In einer derartigen Situation werden die Hinter-Räder 1 in
Nachspur und positiven Sturz zur Fahrbahn verstellt und dadurch
die Untersteuertendenz gezielt abgebaut.
-
Durch
die Berücksichtigung der Fahrpedalstellung des Fahrpedals 47,
mit der Fahrer seinen Lastwunsch an das Antriebsaggregat des Fahrzeugs abgibt
und/oder des Antriebsmoments des Fahrzeug.-Antriebsaggregats aus
der sog. Motorsteuerung 45 kann zudem vorgesteuert die
so genannte Lastwechselreaktion abgemildert werden. Ähnlich wie
im geschilderten Fall der Teilbremsung bei Kurvenfahrt kommt es
durch die Achslastverlagerung beim schlagartigen Ausbleiben der
Längsbeschleunigung zu einer Vergrößerung
des Achsschräglaufwinkels an der Hinterachse. Diese Fahrzeugreaktion wird
noch verstärkt durch das Auftreten des sog. Motorschleppmomentes
an den Hinterrädern eines standard-, d. h. heckgetriebenen
Fahrzeuges. Durch eine gleichzeitige Verstellung in negativen Sturz
kann diese Übersteuerreaktion vermindert werden. Gleichzeitig
können durch die Verwendung der Sensorsignale von Fahrpedal 47 und
Antriebsmoment bei starker Längsdynamikanforderung bei
Kurvenfahrt die Hinter-Räder 1 in eine günstige
Sturzstellung gebracht werden und somit Übersteuerreaktionen
verhindert werden.
-
Die
beschriebenen Vorsteuer- und Regeleingriffe beeinflussen das Seitenführungspotential
der Fzg.-Hinter-Räder 1 und haben dadurch einen
direkten Einfluss auf den querdynamischen Zustand des Fahrzeugs.
Hierdurch lassen sich störende und die Fahrgeschwindigkeit
reduzierende Eingriffe eines (üblichen) Bremsregelsystems 46 (mit
dem dem Fachmann bekannten ESP oder dgl.) verringern bzw. hinauszögern.
Erst wenn auch die Stabilisierung über Spurwinkel- und
Sturzwinkel-Eingriffe an den Hinter-Rädern 1 (ggf.
auch den Vorderrädern 31) nicht ausreicht, um
die Lenkbarkeit oder Stabilität des Fahrzeuges wiederherzustellen,
kann das Bremsregelsystem 46 als zweite Ebene eingreifen.
Für den Fahrer vollzieht sich die Stabilisierung des Fahrzeuges
dadurch deutlich harmonischer und er ist in der Lage, eine höhere
Dynamik des Fahrzeuges zu nutzen. In einer vorteilhaften Ausprägung
sind die Funktionslogik des erfindungsgemäßen
Fahrdynamiksystems und der Fahrdynamikregler des Bremsregelsystems
derart miteinander vernetzt, dass die Eingriffschwellen des Bremsregelsystems
abhängig vom Zustand der Vorspur- und Sturzwinkelbetätigung
an der Hinterachse angepasst werden.
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In
einer weiteren Ausführungsform kann das beschriebene aktive
Fahrwerksystem mit einer Überlagerungslenkung 37 an
der Vorderachse des Fahrzeugs verbunden sein. Hierdurch ist es bspw.
möglich, die stationären Lenkeigenschaften des
Fahrzeuges für den Fahrer bei Eingriffen in die Radstellung der
Hinterräder konstant zu halten. Hierauf wurde vor der Figurenbeschreibung
bereits näher eingegangen.
-
Für
den Fall, dass das Fahrzeug an der Hinterachse über vier
Aktuatoren 11, 13 bzw. genauer sowohl über
aktive Querlenker 7 als auch über aktive Sturzlenker 8,
die jeweils individuell einstellbar sind, verfügt, sind
verschiedene Ausprägungen der Verstelllogik möglich,
die in 16 exemplarisch aufgezeigt werden.
Zum einen ist es mit einem solchen Fahrwerksystem möglich,
am kurveninneren und kurvenäußeren Hinter-Rad 1 eine
Sturzanpassung durchzuführen, ohne die Spurwinkel der Räder 1 zu verstellen.
In diesem Fall werden die Spurlenkerverstellungen verwendet, um
den durch die Querlenkerverstellungen hervorgerufenen Spurwinkel
auszugleichen. Diese Verstellmöglichkeit ist unter dem Buchstaben „A"
dargestellt. Eine weitere Möglichkeit („B") der
Ansteuerung besteht darin, den Verstellbereich der Spurlenkerverstellung
zu vermindern. In diesem Fall werden die Räder in einer
fahrdynamisch sinnvollen Kopplung von Spur und Sturz verstellt,
wobei der Anteil des Spurwinkels gegenüber der kinematischen
Kopplung bei reiner Querlenkerverstellung (Buchstabe „C")
vermindert ist. Eine darüber hinaus gehende Möglichkeit
(„D") der Ansteuerung besteht darin, den Verstellbereich
der Querlenkerverstellung zu vermindern. In diesem Fall werden die Räder
in einer fahrdynamisch sinnvollen Kopplung von Spur und Sturz verstellt,
wobei der Anteil des Sturzwinkels gegenüber der kinematischen
Kopplung bei reiner Querlenkerverstellung vermindert ist, wenn der
Spurwinkel zusätzlich durch die Spurlenkerverstellung in
fahrdynamisch sinnvoller Weise verstellt wird. Lediglich der Vollständigkeit
halber zusätzlich dargestellt ist unter dem Buchstaben „E"
eine Spurlenkerverstellung mit geringer Auswirkung auf den Sturzwinkel
der Räder.
-
Eine
schematische Darstellung der Sturzverstellung an einer Achse eines
Kraftfahrzeuges zeigen in Anlehnung an die Schilderung des Standes
der Technik gemäß 1a, 1b die 17a, 17b. Hierbei sind die Hinter-Räder 1 über
untere Lenker 5 und obere aktive Querlenker 7 am
Aufbau 21 angelenkt. Im Aufbauschwerpunkt SP greift die
Zentripetalkraft, bestehend aus dem Produkt aus Fahrzeugmasse m und
Querbeschleunigung ay an. 17a zeigt
ein erfindungsgemäßes aktives Fahrwerksystem mit
Sturzverstellung an beiden Rädern 1 beim befahren
einer Linkskurve. Eine Sturzop timierung wirkt sich insbesondere
bei hohen Radlasten positiv auf die maximal vom Reifen übertragbaren
Kräfte aus. In einer weiteren Ausprägung der Ansteuerung
des erfindungsgemäßen Fahrwerks wird deshalb eine
Sturzoptimierung nur am jeweils kurvenäußeren
Rad vorgenommen, so wie dies (abermals für das Befahren
einer Linkskurve) in 17b dargestellt
ist. Wird mit dem Sturzwinkel γ zusätzlich ein
Vorspurwinkel verstellt, wird am kurveninneren Rad ein betragsmäßig
gleicher Vorspurwinkel durch die Spurlenker-Verstelleinrichtung
des kurveninneren Rades eingestellt, so dass beide Hinterräder
gemäß einem Paralleleinschlag eingeschlagen sind.
Die Verstellwege der Verstelleinrichtungen bzw. Aktuatoren 13 für
die aktiven Spurlenker 8 sind in diesem Fall für
die beiden Räder 1 der Achse im Allgemeinen betragsmäßig
nicht gleich. Wird der Spurfehler am kurvenäußeren
Rad dagegen vollständig ausgeglichen, wird das kurveninnere
Rad nicht verstellt.
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Die
weiterhin beigefügten 18, 19, auf
die im Zusammenhang mit der Erläuterung von 2 bereits
eingegangen wurde, zeigen Ansichten einer Fzg.-Hinterachse, an der
ein erfindungsgemäßes aktives Fahrwerksystem realisierbar
ist, und zwar in Ansicht von hinten (18, nur
hälftig mit linkem Rad) bzw. in Seitenansicht (19).
Die einzelnen Bauelemente der Achse wurden bereits in Verbindung
mit 2 beschrieben. Um den Vorspurwinkel und den Sturzwinkel
des Hinter-Rades 1 in fahrdynamisch sinnvoller Kopplung
zu verstellen, so dass ein negativer Vorspurwinkel zusammen mit
einem positiven Sturzwinkel bzw. ein positiver Vorspurwinkel zusammen
mit einem negativem Sturzwinkel auftreten, ist der Spurlenker 8 in
Draufsicht hinter der Achsmitte angeordnet. Dadurch und durch die
Lage des Anlenkpunktes von Radträger 2 und Schwinge 5 entsteht
bezüglich einer Verlagerung des aktiven Querlenkers 7 eine
Drehachse 10 des Radträgers 2, die nach
hinten (entgegen Fahrtrichtung) ansteigt und durch die Anlenkpunkte
des Radträgers 2 am Spurlenker 8 und
der Schwinge 5 festgelegt ist. Diese Drehachse 10 bei
Verlagerung des radseitigen Anlenkpunktes des Querlen kers 7 ist
in 19 schematisch dargestellt. Aufgrund von Einflüssen
des Integrallenkers 9 und der Elastokinematik kann die
reale Drehachse von dieser schematischen Drehachse 10 abweichen,
dennoch verdeutlicht die schematische Drehachse 10 das
prinzipielle Verhalten. Um über den aktiven Querlenker 7 den
Sturzwinkel und den Spurwinkel des Rades 1 betragsmäßig
in mindestens gleichem Maße zu verstellen, oder den Sturzwinkel betragsmäßig
in größerem Ausmaß gegenüber
dem Spurwinkel zu verändern, ist es erforderlich, dass
die Drehachse 10 mit einem Winkel von ca. 45° oder
weniger zu Fahrbahn 14 geneigt verläuft.
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Bei
einer Verlagerung des radseitigen Anlenkpunktes des (aktiven) Spurlenkers 8 hingegen wird
die entsprechende Drehachse 15 der Radträgerbewegung
durch die Anlenkpunkte des Radträgers 2 am aktiven
Querlenker 7 und an der Schwinge 5 gebildet. Diese
Drehachse 15 verläuft annähernd senkrecht,
sodass hauptsächlich der Parameter „Spurwinkel"
beeinflusst wird. Durch die leichte Neigung der Drehachse 15 nach
vorne (vgl. 19) entsteht sogar ein geringfügiger
Sturzanteil, der bei positivem Spurwinkel in positive Richtung und
bei negativem Spurwinkel in negative Richtung zeigt, und somit einer
fahrdynamisch sinnvollen Kopplung sogar geringfügig entgegenwirkt.
In der vorliegenden Ausführungsform der Achse liegt das
Verhältnis von Veränderung des Spurwinkels zur
Veränderung des Sturzwinkels bei Verlagerung des radträgerseitigen
Anlenkpunktes des Spurlenkers jedoch nur bei ca. 13:1 und verursacht
daher mit einer Spurwinkel-Veränderung nur eine sehr geringe
Veränderung des Sturzwinkels.
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Zusammenfassend
ist vorliegend eine Verbesserung für die aktive Ansteuerung
der Radführung insbesondere an der Hinterachse deines zweispurigen
Fahrzeugs zur Verbesserung von dessen Fahrverhaltens aufgezeigt
werden, wobei die Vorzüge von Hinterradlenkung und aktiver
Sturzverstellung in einem System verbunden sind. Vorgeschlagen ist ein
aktives Fahrwerkssystem zur radindividuellen, aktiven Ansteuerung
von Vorspur- und Sturzwinkel an den Rädern der Hinterachse
mit einer elektronischen Regeleinheit zur Erzeugung von Stellsignalen für
die Aktuatoren in Abhängigkeit von den Fahrzustand repräsentierenden
Eingangsgrößen. Hauptmerkmal der vorliegenden
Erfindung ist die gemeinsame Verstellung von Sturz- und Vorspurwinkel über eine
Verstelleinrichtung pro Rad oder eine gemeinsame Verstelleinheit
beider Räder in einer fahrdynamisch sinnvollen Ausprägung.
Als solche wird angesehen, wenn das Rad bei Verfahren der Stelleinheit in
die eine Richtung gleichzeitig in negativen Sturzwinkel und positiven
Vorspurwinkel verstellt wird und wenn das Rad bei Verfahren der
Stelleinheit in die andere Richtung gleichzeitig in positiven Sturzwinkel und
negativen Vorspurwinkel (Nachspurwinkel) verstellt. In weiteren
Ausprägungen der vorliegenden Erfindung wird obige Verstelleinrichtung
mit einer oder zwei zusätzlichen Verstelleinheiten erweitert,
die die Anzahl der Freiheitsgrade bei der aktiven Ansteuerung der
Radstellung erhöhen, wobei noch darauf hingewiesen sei,
dass durchaus eine Vielzahl von Details insbesondere konstruktiver
Art abweichend von obigen Erläuterungen gestaltet sein
kann, ohne den Inhalt der Patentansprüche zu verlassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - EP 277649
A1 [0007]
- - WO 2006/117343 A1 [0007]
- - DE 102005013378 A1 [0008, 0037]
- - DE 10351908 A1 [0008]
- - EP 536191 [0019]
- - DE 10258166 A1 [0019]
- - DE 102004034118 A1 [0019]
- - DE 69520682 T2 [0020]
- - WO 2004/041621 A1 [0021, 0075]
- - DE 3813438 C2 [0021]
- - EP 1053165 [0022]