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Die
Erfindung betrifft Verfahren und Gerät für die Fragmentierung von großen Molekülen, vorzugsweise
Biopolymeren, durch Reaktionen zwischen mehrfach positiv und negativ
geladenen Ionen in Hochfrequenz-Quadrupol-Ionenfallen nach Wolfgang Paul.
Es finden in diesen Reaktionen teilweise Elektronentransfer-Reaktionen
mit anschließender
Dissoziation der Biopolymere statt, und teilweise Reaktionen mit
Verlust eines Protons, die zu stabilen Produktionen führen. Aus
Untersuchungen in linearen Hochfrequenz-Ionenfallen (2D-Ionenfallen)
ist bekannt, dass die Reaktionen durch Elektronentransfer (ETD) zu
einer Fragmentierung führen,
die für
Zwecke der Sequenzierung der Biopolymere besonders günstige Bruchstückionen
bildet.
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Die
Erfindung besteht darin, dreidimensionale Hochfrequenz-Quadrupol-Ionenfallen
(3D-Ionenfallen) für
die Reaktionen zwischen positiven und negativen Ionen zu verwenden.
Entgegen Aussagen in bisherigen Veröffentlichungen, finden Reaktionen
mit Elektronentransfer auch in 3D-Ionenfallen mit genügender Ausbeute
statt. Insbesondere kann die Fragmentierungsausbeute dadurch erhöht werden,
dass solche Ionen, die in den Reaktionen nach Transfer eines Elektrons
als Radikal-Kationen stabil bleiben, durch Stoßfragmentierung weiter fragmentiert
werden. Dabei werden ebenfalls die für Elektronentransfer typischen
Fragmentionen und nicht die für
Stoßfragmentierung
typischen gebildet. Die Erfindung besteht des Weiteren darin, die
positiven Ionen und die negativen Ionen sequentiell durch die gleiche Öffnung in
eine Ionenfalle einzuführen.
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Stand der Technik
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In
der jüngst
erschienen Arbeit „Anion
dependence in the partitioning between proton and electron transfer
in ion/ion reactions" von
J. J. Coon et al., Int. J. Mass Spectrom. 236, 33-42, (2004) werden
die Reaktionen von mehrfach positiv geladenen Ionen (Kationen) mit
bestimmten Klassen von negativen Ionen (Anionen) in linearen Ionenfallen
untersucht. Lineare Ionenfallen (auch 2D-Ionenfallen genannt, weil
sich die elektrischen Felder im Inneren nur in zwei Dimensionen ändern) bestehen
aus vier Stäben
unter Hochfrequenzspannung mit Endelektroden, die die Ionen zurückweisen.
Die Autoren beschreiben, welche Sorten von Anionen nur zu einer einfachen.
Deprotonierung („charge
stripping") von organischen
Biopolymeren führen,
und welche Sorten bevorzugt einen Elektronentransfer bewirken, wobei
der Elektronentransfer mit großer
Ausbeute zu nachfolgenden Brüchen
des Rückgrats
dieser Biopolymere führt
(ETD = electron transfer dissociation). Die Bruchstückionen
gehören
dabei den so genannten C- und Z-Reihen an, und sind somit sehr verschieden
von den Bruchstückionen
der B- und Y-Reihen, die durch Stoßfragmentierung gewonnen werden.
Die Bruchstücke
der C- und Z-Reihen haben Vorteile für die Identifizierung und für die Bestimmung der
Aminosäuresequenz
aus den massenspektrometrischen Daten.
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Die
lineare Ionenfalle der Autoren war in besonderer Weise für die gleichzeitige
Speicherung von positiven und negativen Ionen ausgerüstet worden: Sie
hatte Gitter an beiden Enden, die mit Hochfrequenzspannungen betrieben
wurden und so Ionen beider Polaritäten zurückweisen konnten. Außerdem wurden
die positiven Ionen von einem Ende, die negativen Ionen vom anderen
Ende her zugeführt
und konnten in der linearen Ionenfalle durch besondere Maßnahmen,
die ein axiales Gleichspannungspotentialgefälle erzeugten, zunächst auseinander
gehalten werden, bevor die Reaktion durch Ausschalten des Gleichspannungspotentialgefälles eingeleitet
wurde. Die lineare Ionenfalle war also weit komplexer ausgerüstet als
die kommerzieller Geräte.
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Die
Autoren berichten ferner, dass es ihnen bekannten Arbeitsgruppen
nicht gelungen sei, den Elektronentransfer und die damit verbundenen
Fragmentierungen in 3D-Ionenfallen nachzuweisen, selbst in Reaktionen
mit gleichen Kombinationen aus Kationen und Anionen, die in linearen
Ionenfallen zu Elektronentransfer geführt hätten. Die positiven Ionen waren
dabei in üblicher
Weise durch ein Loch in einer der beiden Endkappen, die negativen
Ionen dagegen durch eine Öffnung
in der Ringelektrode in die 3D-Ionenfalle eingeführt worden. Die Autoren spekulieren
in einem eigenen Abschnitt 3.7 des zitierten Artikels (3D versus
2D traps for ETD) über
die Gründe, warum
Elektronentransfer in 3D-Ionenfallen nicht eintreten könne: eine
der Erklärungen
ist, dass die Ionen in einer 3D-Ionenfalle von allen Seiten durch Pseudopotentialfelder
eingesperrt seien, während sie
in 2D-Ionenfallen in einer Richtung Bewegungsfreiheit hätten. Es
ist also nicht nur die Elektronentransfer-Dissoziation (ETD) in
3D-Ionenfallen trotz Suchens nicht bekannt, es wird auch von ernstzunehmenden
und auf diesem Gebiet sehr erfahrenen Autoren darüber diskutiert,
dass und warum Elektronentransfer dort nicht eintreten könne.
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Dreidimensionale
Ionenfallen (3D-Ionenfallen) nach Wolfgang Paul bestehen aus einer
Ringelektrode und zwei Endkappenelektroden, wobei in der Regel die
Ringelektrode mit der Hochfrequenzspannung versorgt wird, es sind
jedoch auch andere Betriebsarten möglich. Im Inneren der Ionenfalle
können
Ionen im quadrupolaren Hochfrequenzfeld gespeichert werden. Die
Ionenfallen können
als Massenspektrometer verwendet werden, indem die gespeicherten
Ionen massenselektiv ausgeworfen und durch Sekundärelektronenvervielfacher
gemessen werden. Es sind mehrere verschiedene Methoden für den Ionenauswurf
bekannt geworden, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll.
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Die
Hochfrequenzspannung an der Ringelektrode ist sehr hoch, sie beträgt bei handelsüblichen
Ionenfallenmassenspektrometern zwischen 15 und 30 Kilovolt (Spitze-Spitze).
Die Frequenz beträgt etwa
ein Megahertz. Im Inneren wird ein hauptsächlich quadrupolares Feld aufgespannt,
das mit der Hochfrequenzspannung schwingt und die Ionen oberhalb
einer Schwellenmasse zum Zentrum treibt, wodurch diese Ionen so
genannte sekulare Oszillationen in diesem Feld ausführen. Die
rücktreibenden Kräfte in der
Ionenfalle werden in der Regel durch ein so genanntes Pseudopotential
beschrieben, das über
eine zeitliche Mittelung der Kräfte
des realen Potentials bestimmt wird.
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Das
Pseudopotential steigt gleichmäßig in allen
Richtungen quadratisch an. In diesem „Topf" des Pseudopotentials oszillieren die
Ionen.
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Die
Ionen können
im Inneren erzeugt, aber auch von außen eingeführt werden. Ein Stoßgas in der
Ionenfalle sorgt dafür,
dass die ursprünglich
vorhandenen Bewegungsschwingungen (Oszillationen) der Ionen im Topf
des Pseudopotentials abgebremst werden; die Ionen versammeln sich
dann als kleine Wolke im Zentrum der Ionenfalle. Der Durchmesser der
Wolke beträgt
in üblichen
Ionenfallen bei üblichen Ionenfüllungen
mit einigen Tausend Ionen etwa ein Millimeter; er bestimmt sich
durch ein Gleichgewicht zwischen der rücktreibenden Kraft des Pseudopotentials
und den abstoßenden
Coulombschen Kräften zwischen
den Ionen. Die inneren Abmessungen der Ionenfallen sind meist durch
einen Abstand von etwa 14 Millimeter der Endkappen voneinander charakterisiert,
der Ringdurchmesser beträgt
etwa 14 bis 20 Millimeter.
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Ionenfallenmassenspektrometer
haben Eigenschaften, die ihren Einsatz für viele Arten von Analysen
interessant macht. So können
insbesondere ausgewählte
Ionensorten (so genannte „Elternionen") in der Ionenfalle
isoliert und fragmentiert werden. Unter der Isolierung einer Ionensorten
versteht man, dass alle nicht interessierenden Ionensorten durch
starke resonante Anregungen oder anderen Maßnahmen aus der Ionenfalle
entfernt werden, so dass nur die Elternionen übrig bleiben. Die Fragmentierung
erfolgt durch eine schwache resonante Anregung der Ionenoszillationen
mit einer dipolaren Wechselspannung, die zu vielen Stößen mit
dem Stoßgas
führt,
ohne die Ionen aus der Ionenfalle zu entfernen. Die Ionen können in
den Stößen Energie aufsammeln,
die schließlich
zum Zerfall der Ionen führt.
In der Regel geht man für
die Fragmentierung von doppelt geladenen Elternionen aus. In Ionenfallen
wurden die Ionen nach bisheriger Technik nur durch solche Stöße mit Stoßgas fragmentiert
(CID = collision induced dissociation). Die Spektren dieser Fragmentionen
werden "Tochterionenspektren" oder "Fragmentionenspektren" der betreffenden
ausgewählten
Elternionen genannt. Es können
auch „Enkelionenspektren" als Fragmentionenspektren
ausgewählter
Tochterionen gemessen werden. Aus diesen Tochterionenspektren lassen
sich Strukturen der fragmentierten Ionen ablesen; so ist es möglich (wenn
auch schwierig), aus diesen Spektren die Sequenz der Aminosäuren eines
Peptids zu bestimmen.
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Eine
gängige
Art der Ionisierung großer
Biomoleküle
ist die Elektrosprüh-Methode
(ESI = electro spray ionization), die Ionen bei Atmosphärendruck außerhalb
des Massenspektrometers ionisiert. Diese Ionen werden dann über Einlasssysteme
bekannter Art in das Vakuum des Massenspektrometers und von dort
in die Ionenfalle eingebracht. Für
die Überführung der
Ionen innerhalb des Vakuumsystems werden gewöhnlich Hochfrequenz-Ionenleitsysteme eingesetzt,
die meist als Hexapol- oder Oktopol-Stabsysteme ausgeführt sind.
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Diese
Ionisierung durch Elektrosprühen
erzeugt praktisch keine Fragmentionen, die Ionen sind im wesentlichen
die des protonierten Moleküls.
Wohl aber treten bei Elektrosprühen
in der Regel auch mehrfach geladene Ionen der Moleküle auf (doppelt und
dreifach geladene Ionen). Durch das Fehlen fast jeder Fragmentierung
während
des Ionisierungsprozesses beschränkt
sich die Information aus dem Massenspektrum auf das Molekulargewicht;
es fehlen Informationen über
interne Molekularstrukturen, die zur weiteren Identifizierung der
vorliegenden Substanz benutzt werden können. Diese Informationen können erst über die
Aufnahme von Fragmentionenspektren erhalten werden.
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Aus
der Ionencyclotronresonanz- oder Fourier-Transform-Massenspektrometrie
ist vor einigen Jahren ein Verfahren zur Fragmentierung von Biomolekülen, hauptsächlich von
Peptiden und Proteinen, bekannt geworden. Es besteht darin, Elektronen
von meist doppelt geladenen Ionen einfangen zu lassen, wobei die
dabei freiwerdende Ionisierungsenergie zum Bruch der in der Regel
kettenförmigen
Moleküle führt. Das
Verfahren wird ECD genannt (electron capture dissociation). Waren
die Moleküle
doppelt geladen, so bleibt eines der beiden entstehenden Fragmente
als Ion zurück.
Die Fragmentierung folgt dabei sehr einfachen Regeln (für Fachleute:
es gibt im Wesentlichen nur herausragend viele C-Brüche, einige Z-Brüche und
ganz wenige Y-Brüche zwischen
den Aminosäuren
eines Peptids), so dass aus dem Fragmentierungsmuster sehr einfach
auf den Aufbau des Moleküls
geschlossen werden kann. An den herausragend großen C-Bruckstückionen kann die Sequenz von
Peptiden oder Proteinen häufig
sehr einfach abgelesen werden; die Sequenz ist damit in der Regel in
einfacherer Weise aus dem Fragmentierungsspektrum sichtbar als bei
Stoßfragmentierungen.
Die Interpretation dieser ECD-Fragmentspektren
ist bedeutend einfacher als die Interpretation von stoßerzeugten
Fragmentspektren.
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Es
ist auch möglich,
dreifach geladene Ionen in dieser Weise zu fragmentieren, doch zeigt
die Methode ihren Glanz besonders an den zweifach geladenen Ionen.
Wird eine Elektrosprüh-Ionisierung auf Peptide
angewandt, so sind die zweifach geladenen Ionen in der Regel auch
die häufigsten
Ionen. Elektrosprüh-Ionisierung
ist eine Methode der Ionisierung, die für Biomoleküle zum Zwecke der massenspektrometrischen
Untersuchung in Ionenfallen besonders häufig verwendet wird.
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Die
oben angesprochene Fragmentierung durch Elektronentransfer in Reaktionen
zwischen mehrfach geladenen Kationen und geeigneten Anionen wäre eine
geeignete Alternative zur Elektronen-Einfang-Fragmentierung (ECD),
die in 3D-Hochfrequenz-Quadrupol-Ionenfallen
nur sehr schwer durchzuführen
ist, da die Hochfrequenzfelder kaum den Zutritt von niederenergetischen
Elektronen erlauben, wie aus der Offenlegungsschrift
DE 103 25 582 A1 bekannt
ist. Die Fragmentierung durch Elektronentransfer führt zu sehr ähnlichen
Bruchstücken wie
die Fragmentierung durch Elektroneneinfang.
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Aufgabe der Erfindung
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Es
ist die Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Fragmentierung
nach dem Typus der Elektronen-Einfang-Dissoziation bereitzustellen,
das einerseits auch in einer 3D-Hochfrequenz-Quadrupol-Ionenfalle arbeitet und andererseits
eine hohe Ausbeute an Fragmentionen insbesondere der C-Reihe liefert.
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Kurze Zusammenfassung der
Erfindung
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Die
Aufgabe wird durch Verfahren nach Anspruch 1 und 9 sowie durch ein
Ionenfallenmassenspektrometer nach Anspruch 12 gelöst. Die
Erfindung besteht darin, dass die Fragmentierung von Ionen durch
Elektronentransfer in Reaktionen zwischen mehrfach geladenen positiven
Ionen und geeigneten negativen Ionen in einer 3D-Hochfrequenz-Ionenfalle
erzeugt wird, ohne besondere Maßnahmen,
die über
den üblichen
Betrieb einer Ionenfalle hinausgehen. Geeignete negative Ionen sind beispielsweise
solche von Fluoranthen, Fluorenon, Anthracen oder anderen polyaromatischen
Verbindungen. Die positiven und die negativen Ionen wurden in unseren
Versuchen sequentiell durch die gleiche Einführungsöffnung in einer der beiden
Endkappen eingebracht. Diese Art der Einführung stellt ein bevorzugtes
Verfahren dar, da es den herkömmlichen
Betrieb eines Ionenfallenmassenspektrometers nicht stört. Es ist
jedoch zu erwarten, dass auch eine Einführung über verschiedene Einführungsöffnungen in
die 3D-Hochfrequenz-Ionenfalle,
beispielsweise eine Einführung
durch zwei Öffnungen
in gegenüberliegenden
Endkappen, zum Erfolg führen
kann; das wird jedoch möglicherweise
nicht für
alle Arten von Einführungen
von Ionen und alle Arten von Einführungsöffnungen gelten.
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Es
erscheint daher gut möglich,
dass die in der obig zitierten Arbeit berichteten Misserfolge mit 3D-Ionenfallen
auf die Art der Ioneneinführung
zurückzuführen ist.
Es scheint daher eine besonders günstige Ausführungsform zu sein, einer Ionenfalle (möglicherweise
auch einer 2D-Ionenfalle)
die positiven und die negativen Ionen durch die gleiche Einführungsöffnung zuzuführen.
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Die
Reaktionen zwischen den eingespeicherten positiven und negativen
Ionen laufen in der 3D-Ionenfalle automatisch und ohne besondere Maßnahmen
ab, wobei – im
Gegensatz zu obig zitierten Literaturangaben – nicht nur Deprotonierungs-Reaktionen,
sondern auch – abhängig von
der Art der negativen Ionen – sehr
hohe Anteile an Elektronentransfer-Reaktionen zu beobachten ist.
Die Elektronentransfer-Reaktionen führen dabei wiederum entweder
zu der gewünschten
sofortigen Fragmentierung oder zur Bildung von Radikal-Kationen, deren
Protonenzahl nicht verringert ist, die aber ein Elektron aufgenommen
haben. Diese Radikal-Kationen verbleiben über längere Zeit stabil in der Ionenfalle.
Die 3D-Ionenfalle ist dabei wie üblich
mit einem Stoßgas
(auch Dämpfungsgas
genannt) gefüllt,
um die Ionenoszillationen zu dämpfen.
Insbesondere kann die 3D-Hochfrequenz-Ionenfalle auch als Massenspektrometer
zur Analyse der Fragmentionen betrieben werden.
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Werden
bei den Reaktionen zwischen mehrfach geladenen positiven Ionen und
negativen Ionen in der Hochfrequenz-Ionenfalle größere Mengen
an stabilen Radikal-Kationen gebildet, so können diese Radikal-Kationen
durch Stöße mit Stoßgas zusätzlich fragmentiert
werden. Es entstehen dabei Typen von Fragmentionen, die den Fragmentionen
durch Elektronentransfer gleichen; nicht solche Typen, wie sie durch
Stoßfragmentierung
nicht-radikaler Ionen erhalten werden. Die Stoßfragmentierung der Radikal-Kationen
kann durch eine gezielte Anregung mit einer resonanten dipolaren
Wechselspannung bewirkt werden, wie sie üblicherweise für ein Stoßfragmentierung
angewendet wird. Diese Anregungswechselspannung kann bereits während der
Einspeicherung der negativen Ionen eingestrahlt werden, aber auch
erst später,
also nach Ablauf der Reaktionen.
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Die
Radikal-Kationen haben die gleiche Anzahl von Ladungen wie die deprotonierten
Ionen, unterscheiden sich von den deprotonierten Ionen um die Masse
eines Protons und eines Elektrons. Die Fragmentierung dieser Radikal-Kationen
durch Stöße mit Dämpfungsgas
braucht gegenüber üblicher Stoßfragmentierung
anscheinend sehr viel weniger Energie. Ist eine Mischung aus deprotonierten
Ionen und Radikal-Kationen der Untersuchungssubstanz vorhanden,
so genügt
eine sehr schwache resonante Anregung zur Erzeugung der Elektronentransfer-Fragmentionen,
ohne dass wesentliche Anteile der deprotonierten Ionen fragmentiert
werden.
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Eine
besondere Ausführungsform
bringt zunächst
die positiven Ionen in die Hochfrequenz-Ionenfalle ein, isoliert
danach die zu fragmentierenden Ionen einer ausgewählten höheren Ladungsstufe (beispielsweise
dreifach geladenen Ionen der Untersuchungssubstanz) in der Ionenfalle,
und führt
erst dann die negativen Ionen zu.
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Werden
die positiven und negativen Ionen durch die gleiche Einführungsöffnung in
die Ionenfalle eingeführt,
ist es vorteilhaft, dass vor der Einführungsöffnung ein Hochfrequenz-Ionenleitsystem vorhanden
ist, in dem sich Ionen beider Polaritäten führen lassen. In diesem Ionenleitsystem
kann sich dann insbesondere auch ein übliches Quadrupol-Ionenfilter
befinden, mit dem bereits vor Einführung der Ionen in die Ionenfalle
die geeigneten positiven und später
die geeigneten negativen Ionen ausgefiltert werden können
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Es
ist vorteilhaft, wenn die positiven Ionen in einer Elektrosprüh-Ionenquelle
erzeugt werden, da dann besonders viele zweifach und dreifach geladene
Ionen entstehen. Besonders die dreifach geladenen Ionen führen zu
hohen Anteilen an Elektronentransfer-Reaktionen mit anschließender Fragmentierung
der dann im Übergang
gebildeten doppelt geladenen Radikal-Kationen, die meist selbständig weiter zerfallen.
Die Elektrosprüh-Ionenquelle
befindet sich regelmäßig außerhalb
des Vakuumsystems an Atmosphärendruck,
und die Ionen werden durch Kapillaren ins Vakuum geführt. Die
negativen Ionen können günstig in
einer chemischen Ionisierungsquelle für negative Ionen erzeugt werden;
diese Ionenquelle kann sich bevorzugt im Vakuumsystem des Massenspektrometers
befinden.
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Die
positiven und die negativen Ionen können bevorzugt, aus ihren entsprechenden
Ionenquellen kommend, durch eine Ionenweiche sequenziell in den
gemeinsam benutzten Teil des Hochfrequenz-Ionenleitsystems eingeführt werden.
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Beschreibung der Abbildungen
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1 stellt
ein Schema eines Ionenfallenmasserispektrometers für die Durchführung eines Verfahrens
nach dieser Erfindung dar, mit einer Elektrosprüh-Ionenquelle (1, 2),
einer Ionenquelle für
negative Ionen (8) und einer 3D-Ionenfalle mit Endkappenelektroden (11, 13)
und Ringelektrode (12). Das Ionenleitsystem (9),
hier als Oktopol-Stabsystem ausgeführt, kann sowohl positive wie
auch negative Ionen zur Ionenfalle leiten.
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2 zeigt
ein Tochterionenspektrum der dreifach geladenen Ionen der Substanz
P, das nach dieser Erfindung durch Reaktion mit negativen Ionen von
Fluoranthen gewonnen wurde. Die Fragmentionen sind durch Sternchen
gekennzeichnet.
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Günstige Ausführungsformen
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Eine
günstige
Ausführungsform
eines Ionenfallenmassenspektrometers nach dieser Erfindung und zur
Durchführung
eines erfindungsgemäßen Verfahrens
ist in 1 schematisch wiedergegeben. Es wird hier eine
Elektrosprüh-Ionenquelle
(1) mit einer Sprühkapillare
(2) außerhalb
des Massenspektrometers zur Ionisierung von Biomolekülen verwendet.
Es werde hier angenommen, dass eine Mischung von Verdaupeptiden
eines größeren Proteins untersucht
werden soll. Die Ionen werden in üblicher Weise durch eine Einlasskapillare
(3) und einen Abstreifer (4) mit den Ionenleitsystemen
(5) und (9) durch die Druckstufen (15),
(16), (17) in zur 3D-Ionenfalle mit Endkappenelektroden
(11 und 13) und Ringelektrode (12) geführt und
dort in üblicher
Weise eingefangen. Die Ionenleitsysteme (5) und (9)
bestehen aus parallelen Stabpaaren, an denen alternierend die Phasen
einer Hochfrequenzspannung liegen. Sie können als Quadrupol-, als Hexapol-
oder als Oktopol-Stabsystem ausgeführt sein.
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Ein
erstes Massenspektrum, das durch resonante Anregung der Ionen mit
massenselektivem Auswurf mit Messung im Ionendetektor (14)
gewonnen wird, gibt eine Übersicht über die
Verdaupeptide. Sollen jetzt ein oder mehrere Peptide auf ihre Sequenz
aus Aminosäuren
hin untersucht werden, so isoliert man mit üblichen Mitteln die dreifach
geladenen Ionen dieses Peptids; das heißt, man überfüllt zunächst die Ionenfalle und wirft
dann alle Ionen aus der Ionenfalle aus, die nicht dreifach geladene
Ionen dieses Peptids sind. Die dreifache Ladung erkennt man am Abstand
der Isotopenlinien voneinander, die für dreifach geladene Ionen genau
1/3 atomare Masseneinheit beträgt.
Stehen dreifach geladene Ionen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung, so
können
auch die doppelt geladenen Ionen verwendet werden.
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Diese
mehrfach geladenen Ionen werden durch eine kurze Wartezeit von einigen
Millisekunden durch das immer vorhandene Stoßgas in das Zentrum der Falle
hinein abgebremst. Sie bilden dort eine kleine Wolke von etwa einem
Millimeter Durchmesser.
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Sodann
werden die negativ geladenen Ionen hinzugefügt. Diese Ionen werden hier
in einer gesonderten Ionenquelle (8) für negative chemische Ionisierung
erzeugt und über
ein kleines Ionenleitsystem (7) zu einer Ionenweiche geführt, wo
sie in das Ionenleitsystem (9) zur Ionenfalle (11, 12, 13)
eingefädelt werden.
Die Ionenweiche besteht in der hier gezeigten Ausführung einfach
aus einer geteilten Lochblende (6), an deren beide Hälften zwei
geeignete Gleichspannungspotentiale angelegt werden können, und aus
einer Verkürzung
zweier Stäbe
des stabförmigen Ionenleitsystems
(9). Besonders günstig
für diese sehr
einfache Art einer Ionenweiche ist es, wenn das Ionenleitsystem
als Oktopolsystem ausgeführt
ist. Diese Ionenweiche kann die Ionen der Elektrosprüh-Ionenquelle
(1, 2) bei geeigneten Spannungen an den Halbblenden
ungehindert durchlassen, mit anderen Spannungen werden die negativen
Ionen aus der Ionenquelle (8) in das Ionenleitsystem (9)
hinein reflektiert. Über
dieses Ionenleitsystem (9) gelangen sie zur Ionenfalle
und werden dort in üblicher Weise
durch eine Einschussoptik (10) eingespeichert. Sie reagieren
dabei sofort (innerhalb weniger Millisekunden) mit den positiven
Ionen.
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Diese
Art der Ionenweiche ist sehr einfach und kann (einschließlich einer
Ionenquelle für
negative Ionen) häufig
in existierende Geräte
nachträglich eingebaut
werden. Selbstredend können
aber auch andere Arten von Ionenweichen verwendet werden. So ist
im Patent
US 6,737,641
B2 (Y. Kato) eine Ionenweiche dargestellt, die aber gegenüber der
oben geschilderten Ionenweiche sehr kompliziert und teuer erscheint
und den Typus des Gerätes
grundlegend ändert.
Aus den Offenlegungsschriften
DE 103 25 581 A1 und
US 2004/0159785 A1 ist
zudem bekannt, dass Ionen in Hochfrequenz-Stabsystemen zu einer 3D-Hochfrequenz-Ionenfallen
geleitet werden können,
beispielsweise in Form eines Hexapol- oder Oktopolsystems. Es sind
aus der Offenlegungsschrift
DE 103 25 581 A1 auch gekrümmte Ionenleitvorrichtungen
bekannt, in denen gebogene anstelle von geraden Stäben verwendet
werden.
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Da
sich durch Transfer eines Elektrons in der Regel auch stabile Radikal-Kationen
bilden, die nicht sofort zerfallen, wird eine schwache dipolare
Anregungswechselspannung für
eine resonante Anregung dieser Radikal-Kationen an die beiden Endkappen
(11, 13) der Ionenfalle gelegt. Die Frequenz für diese
Anregungswechselspannung kann aus der bekannten Masse dieser Radikal-Kationen
und ihrer bekannten Ladung berechnet werden. Diese Anregungsspannung
bewirkt, dass die Ausbeute der gewünschten Fragmentionensorte
erhöht
wird.
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Die
Einfädelung
der positiven wie der negativen Ionen durch die gleiche Eingangsöffnung der
Ionenfalle bewirkt, dass der übliche
Betrieb der Ionenfalle mit Befüllung
und massenselektiven Ejektion der Ionen zum Detektor (14)
hin nicht gestört
wird. Die Einfädelung
durch die gleiche Eingangsöffnung
kann aber auch, wie indirekt aus den obig beschriebenen fehlgeschlagenen
Versuchen anderer Arbeitsgruppen zu schließen ist, fördernde Eigenschaften für den Ablauf
der Reaktionen zwischen positiven und negativen Ionen haben. Eine
solche Einfädelung
kann daher auch für
lineare Ionenfallen verwendet werden und dort eine Verbesserung
der Ausbeute bewirken.
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Für die Berechnung
der Zeiten einer optimalen Befüllung
der Ionenfalle gibt es verschiedene bekannte Verfahren, auf die
hier nicht näher
eingegangen werden soll. Die Füllzeiten
bewirken eine optimale Füllung,
bei der die Raumladung gerade noch nicht die Spektrenaufnahme durch
die massenselektive Ejektion der Ionen stört. Dabei wird im Wesentlichen die
Zahl der Ladungen innerhalb der Ionenfalle gesteuert; für ein optimales
Verhalten bei der Spektrennahme spielen auch noch andere Parameter
eine Rolle, doch soll hier auf Einzelheiten nicht eingegangen werden.
Für die
Befüllung
mit negativen Ionen ist dagegen nur ein einziges Mal eine optimale
Befüllungszeit
zu ermitteln, da immer etwa die gleiche Menge an negativen Ionen
gebraucht wird, um mit der feststehenden Anzahl von positiven Ionen
optimal zu reagieren.
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Die
Massenspektren, die so gewonnen werden, gleichen weitgehend den
Massenspektren aus Fragmentierungen durch Einfang niederenergetischer
Ionen (Elektroneneinfang-Dissoziation).
Sie zeigen für
Proteine und Peptide ganz bevorzugt die C-Reihe von Fragmentionen
und eignen sich dadurch sehr gut für eine Bestimmung der Aminosäuresequenz.
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Dieses
Verfahren kann dann für
andere Peptide aus dem Gemisch wiederholt werden. Es ergibt sich
so eine sehr sichere Identifizierung des Eiweißes. Es können sogar Unterschiede des
untersuchten Eiweißes
zu solchen aus Proteinsequenzdatenbanken festgestellt werden, diese
Unterschiede durch posttranslationale Modifikationen der Proteine sind
in der Regel von besonderem Interesse.
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Es
lassen sich durch den Fachmann in Kenntnis dieser Erfindung auch
weitere Verfahren erstellen, die die Kenntnis über Strukturen der untersuchten
Substanzen vergrößern und
vervollständigen.
Beispielsweise können
von den so hergestellten Fragmentionen auch wieder Enkelionen durch
Stoßfragmentierung
erzeugt werden. Alle diese Lösungen sollen
vom Erfindungsgedanken mit umfasst sein.