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Die
Erfindung betrifft einen Treibsatz. Ein solcher Treibsatz findet
insbesondere im Bereich der Geschosse oder Feststofftriebwerke Anwendung.
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Die
Treibsätze – insbesondere
Pulver oder Festtreibstoffe – enthalten
im allgemeinen mindestens einen energetischen Stoff bzw. eine Mischung
von energetischen Stoffen und eine Weichmacherzusammensetzung.
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Die
Abbrandgeschwindigkeit eines konventionellen Treibladungspulvers
oder Festtreibstoffes ist durch die Umgebungstemperatur bedingt.
Somit erfolgt der Abbrand eines Treibladungspulvers oder eines Festtreibstoffes
im allgemeinen bei niedrigen Temperaturen langsamer und bei höheren Temperaturen
schneller.
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Dies
führt zu
bestimmten Nachteilen.
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Einerseits
hat dies eine Änderung
der Treffsicherheit in Abhängigkeit
von der Umgebungstemperatur zur Folge.
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Andererseits
kommt es bei sehr niedrigen Umgebungstemperaturen ebenfalls zu einer
derartigen Versteifung und Versprödung der Treibsatzmatrix, dass
sie bricht und dass die Bildung von Sprüngen oder sogar Rissen verursacht
wird, die somit eine Unkontrollierbarkeit der Abbrandfläche verursachen,
was schwerwiegende Folgen bis zur Verpuffung und Zerstörung der
Waffen und Flugkörper
haben kann.
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Methoden
zur Herstellung eines Treibsatzes mit temperaturunabhängiger Abbrandgeschwindigkeit sind
bereits bekannt.
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Eine
erste Möglichkeit
ist die Oberflächenbehandlung
der Treibladungspulver- oder Treibstoffkörner. Diese Technik ist jedoch
kostspielig, langwierig in der Umsetzung und führt nicht zu sehr zufriedenstellenden Ergebnissen.
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Eine
zweite Möglichkeit
ist der Zusatz einer geeigneten Weichmacherzusammensetzung zum energetischen
Stoff oder zur Mischung der energetischen Stoffe.
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Eine
solche Weichmacherzusammensetzung wird beispielweise im Dokument
WO 98/34891 A1 beschrieben.
Hierbei handelt es sich um eine sogenannte DNDA57-Zusammensetzung,
die folgende drei Dinitramine in einem bestimmten Mengenverhältnis enthält:
- – 2,4-Dinitro-2,4-diazapentan
(DNDA5) mit der Formel:
- – 2,4-Dinitro-2,4-diazahexan
(DNDA6) mit der Formel:
- – 3,5-Dinitro-3,5-diazaheptan
(DNDA7) mit der Formel:
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Die
Zusammensetzung eines DNDA57-Treibladungspulvers oder -Treibstoffes
weist jedoch nur in einem bestimmten Zusammensetzungsbereich der
DNDA57-Mischung eine geringe Temperaturabhängigkeit auf.
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Zudem
hat die Anmelderin eine starke Änderung
der Abbrandgeschwindigkeit eines solchen Treibladungspulvers bei
bestimmten Temperaturen festgestellt.
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Außerdem ist
der auf diese Weise erhaltene Treibsatz zeitlich unstabil, was nicht
wünschenswert
ist.
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Die
Erfindung soll eine Lösung
für diese
Probleme liefern.
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Die
Anmelderin hat das thermische Verhalten von DNDA57 genau untersucht,
wobei das Mengenverhältnis
aller drei oben genannten Dinitramine von 0 bis 100% variiert wurde,
und konnte somit die entscheidende Wirkung von DNDA6 auf die Temperaturunabhängigkeit
der Abbrandgeschwindigkeit des Treibsatzes nachweisen. Zudem wurde
der nachteilige Einfluss von DNDA5 und DNDA7 in einigen Zusammensetzungsbereichen
von DNDA57 auf diesen Kennwert festgestellt.
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Somit
betrifft die Erfindung einen Treibsatz mit mindestens einem energetischen
Stoff bzw. einer Mischung von energetischen Stoffen und einer Weichmacherzusammensetzung,
wobei die Weichmacherzusammensetzung mindestens 55 Masse-% 2,4-Dinitro-2,4-diazahexan
(DNDA6) enthält.
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Gemäß einer
ersten möglichen
Ausführungsform
enthält
die Weichmacherzusammensetzung mindestens 97 Masse-% DNDA6.
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Gemäß einer
zweiten möglichen
Ausführungsform
enthält
die Weichmacherzusammensetzung mindestens noch ein weiteres Dinitramin.
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Die
Weichmacherzusammensetzung enthält
zum Beispiel zusätzlich
2,4-Dinitro-2,4-diazapentan (DNDA5).
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Der
Treibsatz kann aus einem energetischen Polymer und einer Weichmacherzusammensetzung
bestehen oder mindestens ein energetisches Polymer, eine Weichmacherzusammensetzung
und mindestens eine energetische Verbindung aus der Gruppe der Hexogene,
Oktogene, Nitramine, CL-20 (Hexanitrohexaazaisowurtzitan) und deren
Mischungen enthalten.
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Das
energetische Polymer wird beispielweise aus der Gruppe der Nitrozellulosen,
PolyNIMMO, GAP, PolyGlynn und deren Mischungen ausgewählt. Andere
energetische Polymere können
ebenfalls verwendet werden.
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Die
Weichmacherzusammensetzung kann zudem Folgendes enthalten:
- – mindestens
ein Weichmachermittel aus der Gruppe der Nitroglyzerine, Salpetersäure-Ester, Diethylenglycoldinitrate,
Nitratoethylnitramine (NENA) und deren Mischungen,
- – und/oder
mindestens einen Stabilisator, wie zum Beispiel Centralit oder Diphenylamin.
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Gemäß einer
besonderen Ausführungsform
umfasst der Treibsatz:
- – 25 bis 35 Masse-% der Weichmacherzusammensetzung,
die wie folgt zusammengesetzt ist:
– 55 bis 65 Masse-% DNDA6;
– 35 bis
45 Masse-% Methyl-NENA;
- – 65
bis 75 Masse-% einer Mischung von energetischen Stoffen, die wie
folgt zusammengesetzt ist:
– 45 bis 55 Masse-% Hexogen;
– 35 bis
45 Masse-% Nitrozellulose;
- – 0
bis 1 Masse-% einer oder mehrerer anderer Verbindungen.
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Die
weiteren Merkmale der Erfindung gehen aus der nachstehenden Beschreibung
der Ausführungsformen
unter Bezugnahme auf die beiliegenden Figuren hervor, wobei:
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in 1 die
Abbrandgeschwindigkeit r des Treibsatzes in Abhängigkeit vom Druck P der erzeugten Gase
bei unterschiedlichen Temperaturen graphisch dargestellt wird;
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in 2 die
dynamische Lebhaftigkeit L des Treibsatzes in Abhängigkeit
vom Verhältnis
P/Pmax bei unterschiedlichen Temperaturen graphisch dargestellt
wird;
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in 3 die
charakteristische dynamische Lebhaftigkeit Lk des
Treibsatzes in Abhängigkeit
von der Temperatur graphisch dargestellt wird.
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Der
Treibsatz enthält
mindestens einen energetischen Stoff bzw. eine Mischung von energetischen Stoffen
sowie eine Weichmacherzusammensetzung.
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Der
energetische Stoff bzw. die Mischung von energetischen Stoffen kann:
- – entweder
aus einem einzigen energetischen Polymer bestehen, wobei der Treibsatz
in diesem Fall „zweibasiges
Treibladungspulver” genannt
wird,
- – oder
mehrere Verbindungen mit mindestens einem energetischen Polymer
enthalten, wobei der Treibsatz in diesem Fall „mehrbasiges Treibladungspulver” genannt
wird.
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Das
energetische Polymer wird aus der Gruppe der Nitrozellulosen, PolyNIMMO,
GAP, PolyGlynn und deren Mischungen ausgewählt. Andere energetische Polymere
können
ebenfalls verwendet werden.
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Die „mehrbasigen” Treibsätze können zudem
andere energetische Verbindungen, z. B. Nitramine wie Hexogen (Trimethylentrinitramin,
C3H6O6N6) oder Oktogen, CL-20 (Hexanitrohexa-aza-iso-wurtzitan)
usw., enthalten.
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Die
Treibsätze
können
außerdem
mindestens ein Weichmachermittel, wie Salpetersäure-Ester, z. B. Nitroglycerin, Diethylenglycoldinitrat,
Nitratoethylnitramine (NENA), z. B. Methyl-Nena, Ethyl-Nena, Butyl-Nena, Propyl-Nena,
sowie andere Stickstoffverbindungen usw., aufweisen.
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Stabilisatoren,
wie z. B. Centralit, Diphenylamin (oder andere Stabilisatoren),
sowie übliche
Verbindungen, wie z. B. Mittel zur Begünstigung des Herstellungs-
und Umsetzungsprozesses, können
ebenfalls im Treibsatz enthalten sein.
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Die
Weichmacherzusammensetzung enthält
hauptsächlich
DNDA6, wodurch die Temperaturunabhängigkeit der Abbrandgeschwindigkeit
des Treibsatzes sichergestellt wird.
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Somit
enthält
die Weichmacherzusammensetzung:
- – entweder
reines DNDA6 (Reinheitsgrad über
97 Masse-% in der Weichmacherzusammensetzung)
- – oder
eine Mischung von Weichmachern, die DNDA6 in einem Anteil von über 55 Masse-% der Weichmacherzusammensetzung
enthält.
In diesem Fall enthält
die Weichmacherzusammensetzung mindestens noch ein weiteres Dinitramin,
wie z. B. DNDA5.
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In
Tabelle 1 werden einige Beispiele von erfindungsgemäßen Treibsätzen mit
einer temperaturunabhängigen
Abbrandgeschwindigkeit zumindest im Temperaturbereich zwischen –40°C und +50°C angegeben.
TREIBSATZ |
Weichmacherzusammensetzung
Anteil
(%) | Energetischer
Stoff
(oder Mischung von energetischen Stoffen) | |
Energetisches
Polymer
Anteil (%) | Energetische
Verbindung
Anteil (%) |
reines
DNDA6
10 bis 40 | 10 bis 40 | 20 bis 60 |
reines
DNDA6
20 bis 40 | 80 bis 60 | 0 |
DNDA6
(über 55%)
+ andere Verbindung (zum Beispiel DNDA5)
10 bis 40 | 10 bis 40 | 20 bis 60 |
DNDA6
(über 55%)
+ andere Verbindung (zum Beispiel DNDA5)
20 bis 40 | 80 bis 60 | 0 |
Tabelle
1
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In Tabelle 1:
-
- – sind
die Anteile der Weichmacherzusammensetzung, des energetischen Polymers
und der energetischen Verbindung in Masseprozent des Treibsatzes
angegeben;
- – sind
die Anteile von DNDA6 in der Weichmacherzusammensetzung in Masseprozent
der Weichmacherzusammensetzung angegeben.
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Nachstehend
werden einige genaue Beispiele von Treibsätzen aufgeführt:
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Beispiel 1:
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• Weichmacherzusammensetzung
(32 Masse-% des Treibsatzes):
-
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• energetische
Stoffe (67 Masse-% des Treibsatzes):
– Hexogen: | 53
Masse-% |
– Nitrozellulose: | 47
Masse-% |
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• andere
Verbindungen (1 Masse-% des Treibsatzes):
-
- – Stabilisatoren,
Mittel zur Begünstigung
des Herstellungs- und Umsetzungsprozesses.
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Beispiel 2:
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• Weichmacherzusammensetzung
(30 Masse-% des Treibsatzes):
– DNDA6: | 60
Masse-% (der Weichmacherzusammensetzung) |
– Methyl-NENA: | 40
Masse-% |
• energetische
Stoffe (69 Masse-% des Treibsatzes):
– Hexogen: | 50
Masse-% (aller energetischen Stoffe) |
– Nitrozellulose: | 50% |
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• andere
Verbindungen (1 Masse-% des Treibsatzes):
-
- – Stabilisatoren,
Mittel zur Begünstigung
des Herstellungs- und Umsetzungsprozesses.
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Im
Folgenden wird auf die 1 bis 3 Bezug
genommen, in denen die Effizienz von DNDA6 als thermisches Desensibilisierungsmittel
eines Treibsatzes aufgezeigt wird.
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In 1 bis 3 werden
verschiedene Variablen, die für
eine 50 cm3-Hochdruckbombe bei unterschiedlichen
Temperaturen aufgezeichnet wurden, für folgenden Treibsatz graphisch
dargestellt:
- – 32 Masse-% Nitrozellulose;
- – 32
Masse-% reines DNDA6 (zu 97%);
- – 36
Masse-% Hexogen.
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In 1 wird
die Abbrandgeschwindigkeit r (in mm/s) des Treibsatzes in Abhängigkeit
vom Druck P (in MPa) der erzeugten Gase bei einer Temperatur von –40°, –10°, +20° und +50°C dargestellt.
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In 2 wird
die dynamische Lebhaftigkeit L des Treibsatzes in Abhängigkeit
vom Verhältnis
P/Pmax bei einer Temperatur von –40°, –10°, +20° und +50°C dargestellt.
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Die
dynamische Lebhaftigkeit ist wie folgt definiert:
wobei P und Pmax jeweils
dem Druck bzw. Maximaldruck der erzeugten Gase und t der Zeit entspricht.
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L
wird in MPa–1·s–1 ausgedrückt und
hängt somit
von der Druckänderung
der erzeugten Gase in Abhängigkeit
von der Zeit, vom Kehrwert des Drucks der erzeugten Gase und vom
Kehrwert des Maximaldrucks der erzeugten Gase ab.
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P/Pmax
= z wird dem Massengehalt des bereits verbrannten Pulvers gleichgestellt.
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In 3 wird
schließlich
die (in MPa–1·s–1 ausgedrückte) charakteristische
dynamische Lebhaftigkeit Lk des Treibsatzes
in Abhängigkeit
von der Temperatur T (°C)
dargestellt.
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Die
charakteristische dynamische Lebhaftigkeit Lk entspricht
dem Mittelwert der Werte der dynamischen Lebhaftigkeit L, und zwar
von z = 0,3, z = 0,4, z = 0,5, z = 0,6 und z = 0,7.
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In 1 bis 3 wird
die Wirkung der Unabhängigkeit
des Abbrandes von einer Temperatur zwischen –40° und +50°C deutlich aufgezeigt.
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Mit
dieser Erfindung können
folglich Treibsätze
guter Qualität,
d. h. mit einer temperaturunabhängigen Abbrandgeschwindigkeit,
mindestens in einem Bereich von –40° bis +50°C erhalten werden. Die Treffsicherheit
wird dadurch erheblich verbessert.
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Zudem
können
die erfindungsgemäßen Treibsätze, zumindest über einen
Zeitraum von 20 oder 30 Jahren, zeitlich stabil sein, was besonders
vorteilhaft ist.