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Die
Erfindung betrifft ein Pulvervorkonzentrat sowie dessen Verwendung
zur Herstellung eines Treibladungspulvers. Das Pulvervorkonzentrat
bzw. Pulvervorprodukt basiert dabei auf einer Zusammensetzung aus
Nitrocellulose (NC) und energetischem Weichmacher in Form von Dinitro-diazo-Verbindungen
(DNDA). Diese finden Einsatz in Treibladungspulvern, insbesondere
temperaturunabhängigen
Treibladungspulvern (TU-TLP).
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Bei
der Formulierung von Treibladungspulvern (TLP) werden beim herkömmlichen
Batchverfahren die Einzelkomponenten der Rezeptur in den Kneter
Schritt für
Schritt eingewogen und dann zur Teigmasse verarbeitet. Die Nitrocellulose
ist dabei grundsätzlich
aus verarbeitungstechnischen und Sicherheitsgründen mit etwa 20% Alkohol angefeuchtet.
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Dieser
Alkohol beeinflusst jedoch später
beim Strangpressen die Formgebung zum Pulver und dessen ballistische
Eigenschaften durch den Gelatinierungsprozess der Nitrocellulose
mit dem Lösungsmittel
Aceton und einem Weichmacher aus der Gruppe der Dinitro-diazo-Verbindungen (DNDA).
Der Einfluss des Alkohols geht bei der Formulierung eines temperaturunabhängigen Treibladungspulvers
unter Umständen
soweit, dass die Temperaturunabhängigkeit
nur noch schwach oder gar nicht mehr vorhanden ist (
DE 197 57 469 A1 ).
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Der
Alkohol hat für
den Prozess der Herstellung von Treibladungspulvern vorab die Funktion,
die Handhabung der Nitrocellulose durch entsprechendes Anfeuchten
zu ermöglichen,
ansonsten ist die Bedeutung gering.
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Das
rheologische Verhalten des Knetansatzes bestimmt sich vornehmlich über den
Anteil des Weichmachers DNDA, den Anteil des Lösungsmittels Aceton sowie die
Knet- bzw. Presstemperatur. Es kommt hinzu, dass der Alkohol den
Trocknungsprozess der lösungsmittelfeuchten
TLP-Körper
nach dem Schneiden zum TLP-Korn hemmt, da es sich hier um Treibladungspulver
handelt, die im Lösungsmittelverfahren
formuliert werden (sog. PmL-Pulver
= Pulver mit Lösungsmittel).
Weiterhin ist ein alkoholfeuchtes TLP-Korn schwieriger zu trocknen
als ein alkoholfreies TLP-Korn.
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Es
gilt auch zu berücksichtigen,
dass alkohollösliche
Nitrocellulose, die niedrig nitriert ist, schon gar nicht alkoholfeucht
eingesetzt werden kann, wenn der Alkohol die eigentliche Funktion
des Lösungsmittels Aceton
praktisch übernimmt.
Das bessere Lösungsmittel
Aceton fehlt dann umso mehr, insbesondere auch für die bessere Trocknung als
formuliertes Pulver.
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Ausgehend
hiervon war es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Pulvervorkonzentrat
bzw. Pulvervorprodukt bereitzustellen, das die genannten Nachteile
des Standes der Technik beseitigt, das zusätzlich einfach zu formulieren
und weiter zu verarbeiten ist.
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Diese
Aufgabe wird durch das Pulvervorkonzentrat mit den Merkmalen des
Anspruchs 1, das Treibladungspulver mit den Merkmalen des Anspruchs
17 und die Verwendung des Pulvervorkonzentrats mit den Merkmalen
des Anspruchs 18 gelöst.
Die weiteren abhängigen
Ansprüche
zeigen vorteilhafte Weiterbildungen auf.
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Erfindungsgemäß wird ein
Pulvervorkonzentrat bereitgestellt, das die folgende Zusammensetzung aufweist:
- • 1
bis < 45 Gew.-%
Nitrocellulose,
- • > 55 bis 99 Gew.-% mindestens
eines energetischen Weichmachers.
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Bevorzugt
enthält
das Pulvervorkonzentrat noch mindestens einen der nachfolgend genannten
weiteren Bestandteile:
- • Bis zu 30 Gew.-% mindestens
eines kristallinen Energieträgers,
- • bis
zu 5 Gew.-% mindestens eines Alkohols,
- • bis
zu 5 Gew.-% mindestens eines Phlegmatisierungsmittels und
- • bis
zu 3 Gew.-% mindestens eines Stabilisators.
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Es
ist zunächst
festzuhalten, dass ein Pulvervorkonzentrat nicht mit einem Treibladungspulver
gleichzusetzen ist. Ein Treibladungspulver ist das qualifizierte
und klassifizierte Endprodukt mit seinen phy sikalisch-chemischen
und thermodynamischen Eigenschaften, während das Pulvervorkonzentrat
als eine Vorstufe auf dem Weg zum Treibladungspulver anzusehen ist.
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Vorzugsweise
wird als energetischer Weichmacher ein Dinitro-diaza-Weichmacher
(DNDA) eingesetzt. Dieser weist besonders bevorzugt folgende Zusammensetzung
auf:
- • 30
bis 50 Gew.-% 2,4-Dinitro-2,4-diazapentan,
- • 35
bis 55 Gew.-% 2,4-Dinitro-2,4-diazahexan und
- • 0
bis 30 Gew.-% 2,4-Dinitro-2,4-diazaheptan.
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Vorzugsweise
liegt das Gewichtsverhältnis
von Nitrocellulose zu DNDA im Bereich von 40:60 bis 1:99. Besonders
bevorzugt liegt dieses Verhältnis
im Bereich von 40:60 bis 20:80.
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In
einer bevorzugten Variante kann das Pulvervorkonzentrat zusätzlich einen
kristallinen Energieträger enthalten.
Als kristalliner Energieträger
sind bevorzugt Verbindungen ausgewählt aus der Gruppe der Nitramine
enthalten. Hier sind Hexogen (RDX) und Oktogen (HMX) besonders bevorzugt.
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Zusätzlich kann
das Pulvervorkonzentrat ein Phlegmatisierungsmittel enthalten, das
vorzugsweise ausgewählt
ist aus der Gruppe der Halogenalkane.
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Optional
kann das Pulvervorkonzentrat auch einen Stabilisator zur Stabilisierung
der Nitrocellulose enthalten. Derartige Stabilisatoren sind vorzugsweise
ausgewählt
aus der Gruppe Harnstoff und dessen Derivaten. Besonders bevorzugt
sind hier Centralit und Akardit.
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Vorzugsweise
weist das Pulvervorkonzentrat eine Reibempfindlichkeit von > 150 N, bevorzugt von
200 N und besonders bevorzugt von 250 N, auf.
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Das
Pulvervorkonzentrat kann in beliebiger Form vorliegen, wobei insbesondere
ein Gel, eine Mischung, ein Compound, ein Blend oder ein Granulat
bevorzugt ist.
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Mit
Hilfe des erfindungsgemäßen Pulvervorkonzentrates
lassen sich beliebige Treibladungspulver und auch temperaturunabhängige Treibladungspulver
herstellen. Der besondere Vorteil des erfindungsgemäßen Pulvervorkonzentrats
ist es dabei, dass die Verarbeitung sehr einfach ist, sodass beispielsweise
eine Formulierung auf der Scherwalze mit den erfindungsgemäßen Pulvervorkonzentraten
möglich
ist. Somit lassen sich auch lösungsmittelfreie
Herstellungsprozesse (sog. POL = Pulver ohne Lösungsmittel) realisieren. Die
Herstellung des Pulvervorkonzentrates in Granulatform ermöglicht wiederum
die Weiterverarbeitung mittels Extrusion oder mittels Pressgang.
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Die
erfindungsgemäßen Pulvervorkonzentrate
sind mit Nitrocellulosen unterschiedlichen Stickstoffgehaltes und
mit DNDA-Weichmachern mit unterschiedlichen Anteilen der Einzelkomponenten
formulierbar.
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Wesentlicher
Vorteil ist dabei, dass das Pulvervorkonzentrat universell einsetzbar
ist, da das Anfeuchten der Nitrocellulose mit Alkohol in einem eigenen
Prozessschritt entfällt,
sodass sich das Pulvervorkonzentrat hervorragend in den Extrusionsprozess
einbinden lässt,
insbesondere bei einer Formulierung als Granulat auf der Scherwalze.
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Somit
wird erfindungsgemäß ebenso
ein Treibladungspulver bereitgestellt, das aus einem im Voranstehenden
beschriebenen Pulvervorkonzentrat herstellbar ist.
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Erfindungsgemäß wird ebenso
die Verwendung eines erfindungsgemäßen Pulvervorkonzentrates zur Herstellung
eines Treibladungspulvers bereitgestellt.
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Anhand
der nachfolgenden Beispiele und Figuren soll der erfindungsgemäße Gegenstand
näher erläutert werden,
ohne diesen auf die hier beschriebenen Ausführungsformen beschränken zu
wollen.
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Beispiel 1
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Kleinstmengenversuche
von Hand und im Laborkneter
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Es
wurde zunächst
ein Pulvervorkonzentrat verwendet, das auf die Herstellung eines
temperaturunabhängigen
Treibladungspulvers ausgerichtet ist, das Nitrocellulose, DNDA als
Weichmacher, Hexogen (RDX) als kristallinen Energieträger und
einen Stabilisator enthält.
Dieses Treibladungspulver sollte ein Gewichtsverhältnis von
Nitrocellulose zu DNDA von 40:60 aufweisen.
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Dieses
Verhältnis
wird im Pulvervorkonzentrat angestrebt, unter Verwendung nicht alkoholisierter
Nitrocellulose und DNDA.
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In
kleinen Knetansätzen
wird der Weichmacher DNDA einmal mit und einmal ohne Phlegmatisierungsmittel
(Lösungsmittel
zur Inertisierung) eingesetzt (s. Tabelle 1, Pulvervorkonzentrat
ohne Phlegm., Pulvervorkonzentrat mit Phlegm.).
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Anfangsversuche
ohne Kneter ermöglichten
ein Mischungsverhältnis
von ca. 60 Gew.-% DNDA und 40 Gew.-% Nitrocellulose.
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Zum
Mischen und Einarbeiten wird immer der Weichmacher DNDA vorgelegt.
Die Nitrocellulose wird sukzessiv zugegeben, so lange, bis ein formstabiles
Gel vorliegt, das zur Weiterverarbeitung verwendet werden kann.
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Im
kleinen Laborkneter, der einen hohen Drehmomentseintrag hat, können, in
Ansatzmengen von 50 g, Pulvervorkonzentrate formuliert werden, die
dem Verhältnis
von Nitrocellulose/DNDA = 40:60 entsprechen (TU-Rezeptur-Verhältnis).
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Die
Laboransätze
werden auf ihre Reib- und Schlagempfindlichkeit hin untersucht (Tabelle
1) und im Holland-Test auf ihren Massenverlust bei 105°C, wobei
das Pulvervorkonzentrat keine Stabilisatoren enthält.
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Deshalb
liegt der Massenverlust mit 2,5% bzw. 2,4% beim Holland-Test auch
etwas höher
als die geforderten 2,0%.
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Aus
den Ergebnissen der Tabelle 1 ist ersichtlich, dass die Pulvervorkonzentrate
ohne oder mit Phlegmatisator deutlich reibunempfindlicher sind,
als die Treibladungspulver, die am Ende der Tabelle aufgeführt sind.
Gleichzeitig zeigt sich, dass die Treibladungspulver aus dem erfindungsgemäßen Pulvervorkonzentrat
etwas reibunempfindlicher sind als die Treibladungspulver gemäß dem Stand
der Technik (TU-TLP und JA2-TLP). Somit ermöglicht die Erfindung Produkte,
die stabiler gegen Reibung sind und sich somit weniger leicht entzünden, was
erhebliche Vorteile hinsichtlich der Lagerungs- und Transportbedingungen
mit sich bringt. Weiterhin ist aus Tabelle 2 zu entnehmen, dass
die Schlag-Empfindlichkeit des Pulvervorkonzentrats sich nicht deutlich
von der Schlag-Empfindlichkeit
der Treibladungspulver und den weiteren Proben unterscheidet.
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Ein
höherer
Anteil von Nitrocellulose zu DNDA (bei alkoholfreier Nitrocellulose)
scheint verfahrens- und sicherheitstechnisch nicht sinnvoll, da
die Drehmomentseinwirkung zu hoch wird und die Steifigkeit des PVK's keine „Gel"-Bezeichnung mehr
zulässt.
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Es
gilt festzuhalten, dass die Beschreibung der Gelstruktur nicht Bestandteil
der Untersuchungen war, auch keine Übergangszustände definiert
werden sollten. Hauptaugenmerk wurde auf die verfahrenstechnische
Machbarkeit und die Weiterverarbeitung eines Gels, insbesondere
zu einem TU-Pulver, gelegt.
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Beispiel 2
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Pulvervorkonzentrat 3Be/Treibladungspulver-Formulierung
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Die
gewonnenen Erkenntnisse mit dem kleinen Laborkneter werden auf den
größeren Kneter übertragen,
damit die Menge des Pulvervorkonzentrates ausreicht für eine TLP-Formulierung
(Scale up).
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Im
kleinen Kneter (Fassungsvermögen:
ca. 100 ml) ließen
sich, einmal mit und einmal ohne Phlegmatisator, PVK's darstellen.
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Das
Pulvervorkonzentrat mit Phlegmatisator wird im größeren Kneter
(Fassungsvermögen:
ca. 800 ml) erneut modifiziert, um es als Ausgangsprodukt für den Knetansatz
der TLP-Formulierung zu verwenden. Hierbei findet die in Beispiel
1 beschriebene TU-Rezeptur ihre Anwendung.
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Das
Pulvervorkonzentrat lässt
sich im 800 ml-Kneter hervorragend darstellen.
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Es
wird der Weichmacher vorgelegt – auch
um die Schaufeln und Innenwände
des Kneters zu benetzen und um die Reib- und Schlagempfindlichkeit
der zuzugebenden Nitrocellulose zu minimieren.
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Die
Temperierung des Kneters steuert die Drehmomentseinwirkung auf das
Pulvervorkonzentrat. Knetzeit und Temperatur gelten als variable
Verfahrensparameter. Das so gewonnene Gel kann direkt mit dem Lösungsmittel
Aceton versetzt und die kristallinen Komponenten nachfolgend zugegeben
werden.
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Der
auf ein bestimmtes Drehmoment eingestellte Knetansatz ist nun fertig
für den
Einsatz in der Presse (Knetteig oder Pressmasse). Pressparameter
wie Presstemperatur, Strangaustrittsgeschwindigkeit und Wahl der
Formgebungsteile sind u.a. auch abhängig von der Viskositätseinstellung
des Presskuchens und seiner viskoelastischen Eigenschaften.
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Auf
der Presse wird die Formgebung zum Treibladungspulver-Strang bzw.
Treibladungspulver-Korn durchgeführt.
Alle genannten Eigenschaften haben Einfluss auf die Formgebung selbst
und das Aussehen des Einzelkorns.
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Die
Auswertungen und Vergleiche zum TU-Pulver werden mit diesem Korn
vorgenommen (Los PVK 3Be, Beschuss in der Bombe: Abbrandgeschwindigkeits-
und Lebhaftigkeitskurven, Stabilitätsuntersuchungen).
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So
wird in 1 das Ergebnis der Lebhaftigkeitsmessung
des Los PVK 3Be dargestellt. Der Temperaturbeschuss erfolgt hier
bei Δ =
0,2 g/ml in Vb = 310 ml.
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In 2 ist
anhand eines Diagramms die Abbrandgeschwindigkeit des Los PVK 3Be
dargestellt. Der Temperaturbeschuss erfolgt auch hier bei Δ = 0,2 g/ml
in Vb = 310 ml.
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Die 3 und 4 stellen
entsprechende Messergebnisse mit dem Vergleichslos TU-TLP basierend auf
einem temperaturunabhängigen
Treibladungspulver dar.
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Durch
den Vergleich der 1 und 2 mit 3 und 4 wird
verdeutlicht, dass sich die erfindungsgemäß hergestellten Treibladungspulver
von den aus dem Stand der Technik bekannten temperaturunabhängigen Treibla dungspulvern
nicht unterscheiden.
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In 5 wird
die Lagerstabilität
eines erfindungsgemäß hergestellten
Treibladungspulvers (Los PVK 3Be) dargestellt. Die Lagerstabilität bezieht
sich hierbei auf eine Temperatur von 90°C.
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In 6 ist
die analoge Untersuchung für
ein aus dem Stand der Technik bekanntes temperaturunabhängiges Treibladungspulver
dargestellt.
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Auch
bezüglich
der Lagerstabilität
ist somit durch Vergleich der beiden Kurven kein Unterschied zwischen
den erfindungsgemäßen und
den aus dem Stand der Technik bekannten Treibladungspulvern festzustellen.