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Verfahren zur Herstellung von Acrylsäure-Propionsäuregemischen und
deren funktionellen Derivaten Es ist bekannt, daß man Acrylsäure und ihre funktionellen
Derivate, im folgenden als Acrylsäureverbindungen bezeichnet, durch Umsetzen von
Acetylen mit Kohlenoxyd und Verbindungen mit beweglichen Wasserstoff atomen, z.
B. Wasser, Alkoholen, Phenolen, Meilcaptanen, Carbonsäuren, Ammoniak und Aminen,
in Gegenwart von carbonylbildenden Metallen oder deren Verbindungen herstellen kann.
Besonders bewährt haben sich als Katalysatoren Nickel und seine Verbindungen, insbesondere
Nickelhalogenide und von diesen abgeleiteten Komplexverbindungen, z. B. komplexe
Trialkylamin-Nickelhalogenid-Alkylhalogenid-Verbindungen und Triphenylphosphin-Nickelhalogenid-Alkylhalogenid-Verbindungen
(vgl.
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W. Treppe, eNeue Entwicklungen auf dem Gebiet der Chemie des Acetylens
und Kohlenoxyds(., 1949, ferner die deutschen Patentschriften 805 641 und 892 445).
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Bisher hat man in der Regel bei derartigen Herstellungsverfahren
ein Gasgemisch verwendet, das aus etwa gleichen Volumteilen Kohlenoxyd und Acetylen
bestand und frei von Wasserstoff war.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Herstellung der Acrylsäureverbindungen
in sehr wirtschaftlicher Weise durchführen kann, wenn man das bei der unvollständigen
Verbrennung gasförmiger Paraffinkohlenwasserstoffe mit Sauerstoff erhaltene acetylenhaltige
Gas unter den Herstellungsbedingungen mit carbonylbildenden Metallen, insbesondere
Nickel, oder deren Verbindungen zusammenbringt.
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Es ist überraschend, daß trotz der Anwesenheit sehr großer Wasserstoffmengen
nur in verhältnismäßig geringem Umfang eine Hydrierung der gebildeten Acrylsäureester
eintritt, besonders da es bekannt war, daß bei der Acrylsäureestersynthese nach
Reppe schon geringe Wasserstoffmengen hydrierend wirken.
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Es ist auch bekannt, daß bei der Acrylsäureesterherstellung nach
Reppe ein Überschuß von Kohlenoxyd verwendet werden kann. Jedoch war es nicht vorauszusehen,
daß bei Anwesenheit von überschüssigem Kohlenoxyd und erheblichen Mengen Wasserstoff
die Herstellung durchgeführt werden kann, ohne daß die Carbonylierung zum Erliegen
kommt.
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Zur Herstellung des Ausgangsgases verfährt man in an sich bekannter
Weise so, daß man den gasförmigen Paraffinkohlenwasserstoff, in der Regel Methan
oder Erdgas, und eine zur vollständigen Verbrennung nicht ausreichende Menge, gewöhnlich
mindestens 850/0eigen Sauerstoff getrennt auf Temperaturen zwischen etwa 400 und
600" vorerhitzt, die heißen Gase unter Vermeidung einer Verbrennung mischt, das
Gemisch unter Flammenerscheinung reagieren läßt und dann abschreckt. Man erhält
ein Gas, das nach der Entfernung des in geringer Menge gebildeten Rußes, in der
Regel zwischen 7 und 80/0 Acetylen, 26 bis 2801, Kohlenoxyd und 52 bis 560/, Wasserstoff,
sowie geringe Mengen an Paraffinkohlen-
wasserstoffen, Kohlendioxyd, Äthylen, Stickstoff,
höheren Acetylenkohlenwasserstoffen, aromatische Kohlenwasserstoffe und, wenn man
es nicht getrocknet hat, noch Wasserdampf enthält.
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Dieses Gas, im folgenden als »Spaltgas bezeichnet, wird ohne weitere
Behandlung, ausgenommen eine vielleicht erforderliche Entfernung des Wassers, zur
Herstellung der Acrylsäureverbindungen verwendet. Trotz des hohen Kohlenmonoxydüberschusses
und des großen Wasserstoffgehaltes gelingt die Synthese durchaus befriedigend, wenn
man unter den auch sonst üblichen Bedingungen arbeitet. Lediglich wegen des geringen
Partialdruckes des Acetylens im Spaltgas werden zweckmäßig etwas höhere Drücke,
beispielsweise zwischen 50 und 150 at, angewandt. Aber auch bei den bisher üblichen
Drücken von 20 bis 50 at verläuft die Umsetzung schon mit beachtlicher Geschwindigkeit.
Die Umsetzungstemperatur liegt in der Regel zwischen 100 und 250°, insbesondere
zwischen 150 und 200°.
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Als Katalysatoren verwendet man in erster Linie Nickelhalogenide,
z. B. Nickelbromid, gegebenenfalls in Gegenwart von Butylbromid, Bromwasserstoff
oder anderen üblichen Zusätzen, z. B. Kupferhalogeniden.
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Auch Nickelcyanid ist geeignet. Außer den einfachen Nickelhalogeniden
und -cyaniden sind insbesondere die von ihnen abgeleiteten Oniumkomplexverbindungen
gute Katalysatoren. Von derartigen tertiären und quaternären Ammoniumverbindungen
seien beispielsweise genannt N-Butylpyridiniumnickelbromid [C5H5N N (C4 H ) NiBr4,
Tetramethylammoniumnickeljodid [(C H3)4Nj2. NiJ4, Triäthylbutylammoniumnickelbromidj
odid [(C2H5)3-(C4H9) Nl2 NiBr2J2 und ähnliche Verbindungen, die
andere
quaternäre Ammoniumreste, z. B. Alkylpyridinium-, Dialkylpyrrolidinium- oder Tiräthylbenzyl
ammoniumreste, enthalten. Als Beispiel eines tertiären Ammoniumsalzes sei das Trimethylammoniummdeljodid
[(CH3)3NHj2. NiJ4 genannt.
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Als komplexe Phosphoniumverbindungen -seien erwähnt die aus Triphenylphosphin,
Alkylhalogeniden und Nickelbromid oder -jodid zugänglichen Verbindungen von der
Art des Triphenylbutylphosphoniumnickelbromids [(C6H5)3(C4H9)P]2.NiBr4 oder auch
einfache Anlagerungsprodukte des Triphenylphosphins an Nickelhalogenide, wie [(C6Hs)3P]2
. NiBr2. Weiter kommen in Frage Triphenylbutylphosphoniumnickelchloridbromid [(C6H5)
(C4H9) P2 NiCl2Br oder Tritolyläthylphosphoniumnickeljodid [(C7Hj)3P(C2Hs)22 . NiJ4.
Ähnliche Komplexverbindungen, die sich von Arsen und Wismut ableiten, sind beispielsweise
Triphenylbutylarsoniumnickelbromid [(C6H5)3 (C4Hg) Asj2. NiBr4 und Triphenylbutylstiboniumnickelbromid
(C6H5)3 (C4Hg) Sb] NiBr4.
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Auch Mischkomplexverbindungen, z. B. Triphenylbutylphosphoniumtetraäthylammoniumnickelbromid
[(C6H5)3(C4Hg)P] . [(C2H5)4N] NiBr4, oder ganz allgemein Mischungen verschiedener
Komplexverbindungen können angewendet werden.
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Es ist nicht erforderlich, die fertigen Komplexverbindungen als Katalsyatoren
anzuwenden, sondern man kann auch von Mischungen der zu ihrer Bildung befähigten
Ausgangsstoffe ausgehen, wobei es nicht erforderlich ist, die stöchiometrischen
Verhältnisse einzuhalten. Im Umsetzungsprodukt findet man dann in der Regel die
fertigen Komplexverbindungen vor.
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Die Carbonylierung kann auch in Gegenwart von Lösungsmitteln durchgeführt
werden. Als Lösungsmittel kommen z. B. Lactone, Ester, Kohlenwasserstoffe, Lactame,
Säureamide und Äther in Betracht. Diese Verbindungen können, in den Fällen, in denen
sie als Komplexbildner in Frage kommen (Lactame und Säureamide), auch in kleinen
Mengen wirksam sein. In allen Fällen kann die Umsetzung kontinuierlich oder ansatzweise
durchgeführt werden.
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Nach dem vorliegenden Verfahren erhält man Acrylsäureverbindnngen,
die mit Propionsäureverbindungen vermischt sind. Bei der Acrylsäureesterherstellung
entstehen Gemische, die etwa 70 bis 75 0/o Acrylsäureester und etwa 25 bis 30010
Propionsäureester enthalten. Diese Gemische können ohne weitere Reinigung zur Polymerisation
in Lösung verwendet werden. Die entstandenen Polymerisate eignen sich besonders
gut für die Verwendung als Lacke und als Klebstoffe. Die Propionsäureester dienen
hierbei als Lösungsmittel und als Geruchsverbesserer.
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Beispiel 1 Durch ein hochdruckfestes Rohr aus Edelstahl von 31 Inhalt
werden von unten nach oben stündlich 100 ccm einer Lösung gepumpt, die aus 940/o
n-Butanol, 301o Triäthylbutylammoniumnickelbromid [(C2H5)3 (C4H>) N]2 NiBr4 und
3 01o 50%igem Bromwasserstoff hergestellt wurde. Im Gleichstrom wird ein Spaltgas,
das aus 8°/o Acetylen, 27°/o Kohlenmonoxyd, 56°/o Wasserstoff, 5% Äthan, 0,3 01o
Äthylen und 3,5 0/o Kohlendioxyd besteht, bei einem Druck von 50 at durch das Rohr
geleitet. Die Umsetzungstemperatur beträgt 175 bis 1800. Stündlich werden etwa 50
1 Gas am oberen Ende entspannt. Das entspannte Gas enthält 2 bis 3% Acetylen. Die
überlaufende Reaktionslösung enthält durchschnittlich 15°/o
eines n-Butylestergemisches
der Acryl- bzw. Propionsäure und 1 10/o hochsiedende Anteile neben nicht umgesetztem
n-Butanol und Katalysator. Das Gemisch wird durch Destillation im Vakuum aufgearbeitet.
Der erhaltene Estergemisch mit dem Kp.25 = 50 bis 56° besteht zu 700/, aus Acrylsäurebutylester
und zu 300/o aus Propionsäurebutylester. Den Katalysator erhält man in unveränderter
Form als kristallinen Destillationsrückstand zurück.
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Beispiel 2 Unter den im Beispiel 1 genannten Bedingungen wird das
gleiche Spaltgas mit einer Lösung, die aus 9201o Butanol, 501o [(C2H5)3 (C4H9) N]2.NiBr4und
3 0/0500/0igem Bromwasserstoff bereitet wurde, umgesetzt. Die Konzentration des
Acetylens im Abgas beträgt 20/o und die Reaktionslösung enthält 21 01ü Butylestergemisch,
das zu 2501o aus Propionsäurebutylester und zu 750/o aus Acrylsäurebutylester besteht.
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Beispiel 3 Durch das im Beispiel 1 erwähnte Rohr werden bei einem
Druck von 50 at des gleichen Spaltgases und einer Temperatur von 185 bis 1900 und
60 1 je Stunde entspanntem Gas stündlich 100 ccm einer Lösung aus 87,3 0/o Tetrahydrofuran,
12,0°/o Wasser, 0,3 01o NiBr2, 0,06 0/o CuBr2, 0,34 01o Acetamid gepumpt. Das Umsetzungsprodukt
enthält neben Tetrahydrofuran, nicht umgesetztem Wasser und dem Katalysatorgemisch
601o Acrylsäure neben Spuren Propionsäure. Das Umsetzungsprodukt wird durch Destillation
aufgearbeitet.
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Beispiel 4 In einem Rolldruckgefäß werden 100 Teile Diäthylamin,
20 Teile Wasser, 3 Teile Nickelcyanid und 1 Teil Hydrochinon bei 100 at und 85°
50 Stunden mit einem Gas der gleichen Zusammensetzung wie im Beispiel 1 behandelt.
In diesem Zeitraum wird das Druckgefäß achtmal abgekühlt, das Restgas entspannt
und durch frisches Spaltgas ersetzt. Bei der Aufarbeitung des Reaktionsproduktes
erhält man neben Diäthylamin 6 Teile Acrylsäurediäthylamid, 3 Teile Propionsäurediäthylamid
und 2 Teile ß-Diäthylaminopropionsäurediäthylamid, das sich in bekannter Weise in
Acralsäurediäthylamid und Diäthylamin spalten läßt.