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Verfahren zur Herstellung von 11ß,14a,17a, 21-Tetraoxyprogesteron
Die Erfindung bezieht sich auf die Gewinnung von 11ß, 14a, 17a, 21-Tetraoxyprogesteron
durch Trennung von Steroiden, die bei der Behandlung von Reichsteins Verbindung
S mit einem Pilz der Gattung Curvularia oder dessen oxydierend wirkenden Enzymen
erhalten werden.
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In der USA.-Patentschrift 2 658 023 ist ein Verfahren zur Herstellung
von 11 ß-Oxysteroiden, insbesondere von Kendalls Verbindung F und 17-Oxycorticosteron,
beschrieben, das darin besteht, daß man 11-Desoxysteroide, insbesondere Reichsteins
Verbindung S (11-Desoxy-17-oxycorticosteron) der oxydierenden Wirkung bestimmter
Kulturen von Mikroorganismen unterwirft. Nach diesem Verfahren lassen sich auch
andere Produkte, z. B. das 11ß, 14a, 17a, 21-Tetraoxyprogesteron, herstellen. Auf
die Gewinnung, Reinigung und Kristallisation dieser Substanz aus dem Bioxydationsgemisch,
das noch weitere Stoffe, wie Kendalls Verbindung F und Reichsteins Verbindung S,
enthält, bezieht sich die Erfindung.
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Nach dem Verfahren der vorstehend genannten USA.-Patentschrift werden
neben Kendalls Verbindung F gewisse Derivate von Reichsteins Verbindung S mit mindestens
zwei zusätzlichen Hydroxylgruppen gebildet.
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Es wurde nun gefunden, daß die Trennung dieser Verbindungen (Kendalls
Verbindung F, Reichsteins Verbindung S und die Polyoxyderivate) leicht mit Hilfe
des nachstehend beschriebenen Verfahrens durchgeführt werden kann.
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Aus einem Gemisch von Kieselsäuregel (bekannt unter der Handelsbezeichnung
»Silicagela) und einem niedermolukularen Alkohol, z. B. Äthanol, wird eine chromatographische
Trennsäule hergestellt, auf die das rohe Biooxydationsgemisch, das in einem chlorierten
niedermolekularen Kohlenwasserstoff gelöst ist, gegeben wird. Als chlorierte, niedermolekulare
Kohlenwasserstoffe werden z. B. Chloroform, Methylenchlorid, Dichloräthan und Propylenchlorid
verwendet. Das adsorbierte Gemisch wird dann durch allmähliches Zugeben von Gemischen
aus dem chlorierten niedermolekularen Kohlenwasserstoff mit zunehmenden Mengen eines
niedermolekularen Alkohols ausgewaschen und so in seine Bestandteile getrennt.
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Wenn die Menge des niedermolekularen Alkohols in dem zum Auswaschen
verwendeten Gemisch allmählich erhöht wird, wird ein Gemisch von Steroiden in folgender
Reihenfolge aus der Säule eluiert 1. Nicht umgesetzte Verbindung S (Reichstein);
2. ein Steroid, das schwächer polar ist als Kendalls Verbindung F; 3. ein bis jetzt
noch nicht definiertes Steroid; 4. ein Steroid, das schwächer polar ist als Kendalls
Verbindung F; 5. Kendalls Verbindung F; 6. ein hier mit MP-1 bezeichnetes Steroid,
das stärker polar ist als Kendalls Verbindung F; 7. drei weitere, noch nicht definierte
Steroide.
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Die Buchstaben MP sind von den Worten »mehr polar« abgeleitet. Der
Polaritätsgrad dieser Verbindungen kann. je nach den verschiedenen Lösungsmittel-Adsorptions-Systemen
verschieden sein.
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Die nicht umgesetzte Verbindung S (Reichstein) sowie die Verbindungen,
die schwächer polar als Kendalls Verbindung F sind, werden aus der Säule entfernt,
wenn das zum Auswaschen verwendete Mittel z. B. etwa.. 2 bis 4 Volumprozent Äthanol
in Methylenchlorid enthält. Wenn die chromatographische Trennung unter Verwendung
von etwa 5 Volumprozent Äthanol in' Methylenchlorid fortgesetzt wird, werden Kendalls
Verbindung F und dann die stärker polaren Verbindungen ausgewaschen. Das Verfahren
kann derart kontrolliert werden, daß man Proben des ausgewaschenen Materials mittels
Papierchromatographie prüft und hierbei die ausgewaschenen. Materialien mit bekannten,
als Kontrollmaterial verwendeten Proben vergleicht.
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Die aus der chromatographischen Säule gewonnenen Lösungen, von denen
jede ein gelöstes Steroid enthält, werden zur Trockne eingedampft und die festen
Steroide daraus gewonnen. Es wurde gefunden, daß die Verbindung MP-1 als reines
Kristall erhalten werden kann, wenn man. sie aus einer Lösung in einem polaren,
organischen Lösungsmittel von niedrigem Molekulargewicht, wie Methanol oder Aceton,
umkristallisiert.
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Die Verbindung MP-1 erwies sich als ein 11ß, 14a, 17a, 21-Tetraoxvprozesteron,
eine Substanz, die durch Einführen
zweier Oxygruppen in das Molekül
von Reichsteins Verbindung S entstanden ist.
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Eigenschaften des MP-1 -Eine zweimal aus Methanol umkristallisierte
analytische Probe des MP-1 zeigte folgende Eigenschaften Schmelzpunkt: 231,6 bis
233,4°; optische Drehung:
_ + 188,4°;
215,4°; Ultraviolettadsorption: E`Ä;h°"°' = 15850.
Analyse für C, ,l H30 06
' 1/z C 1,3 0 H Berechnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . C = 65,46,H = 8,18;
gefunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C = 65,28,H = 8,13. Das Verhalten
dieser Verbindung bei der Papierchromatographie weist darauf hin, daß sie ein Derivat
von Reichsteins Verbindung S ist, das zwei zusätzliche Hydroxylgruppen enthält,
so daß die Formel C21Ha006 dieser Annahme entspricht. Weitere Untersuchungen
des MP-1, einschließlich Berechnungen der molekularen Drehung, Infrarotuntersuchungen
und Abbauversuche zeigten, daß es sich um ein 11ß, 14a, 17a, 21-Tetraoxyprogesteron
handelt. Höchst bedeutungsvoll ist außerdem die Feststellung, daß diese Verbindung
einen positiven Leberglykogentest sowie einen positiven Thymusinvolutionstest gibt.
Es sind dies Standardteste, welche das Vorhandensein corticaler Wirksamkeit beweisen,
und es zeigte sich, daß diese Verbindung eine Aktivität besitzt, die der der sehr
wertvollen Verbindung F von Kendall gleichwertig ist.
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Wenn MP-1 mit Essigsäureanhydrid und Pyridin bei Raumtemperatur behandelt
wurde, so bildete sich ein Monoacetat. Nach dem Umkristallisieren aus Methanol ergaben
sich für diese Verbindung die folgenden physikalischen Konstanten: Schmelzpunkt:
212 bis 213°; optische Drehung:
_ -E- 179,1°; Ultraviolettadsorption :
= 16 200. Acetylbestimmung: gefunden 9,89; berechnet für eine Acetylgruppe 10,19.
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Analyse für C231,3207 ` CHa0H: Berechnet . . . . . . . . . . . . .
. . . . . C = 63,70,H = 8,01; gefunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C =
63,83,H = 8,09. Die Verbindung ist also ein 11ß, 14a, 17a, 21-Tetraoxyprogesteron-21-acetat.
Sie besitzt ebenfalls eine sehr große corticale Wirksamkeit, wie sich aus dem positiven
Leberglykogen- sowie dem Thymusinvolutionstest ergibt.
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Das 11ß, 14a, 17a, 21-Tetraoxyprogesteronhatfolgende Strukturformel:
Die 21ständige Hydroxylgruppe kann nach den üblichen Methoden leicht verestert und
veräthert werden. Eine große Zahl von Estern und Äthern wurde auf diese Weise hergestellt,
z. B. die Ameisensäure-, Essigsäure-, Propionsäure- und Benzoe- und Bernsteinsäureester
und die Methyl-, Äthyl-, Methoxymethyl- und Benzyläther.
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Diese neuen Verbindungen eignen sich ebenfalls als Zwischenprodukte
für die Synthese der medizinisch wichtigen Steroide. Durch die Einführung von Hydroxylgruppen
erhält das Molekül weitere Stellen chemischer Reaktionsfähigkeit, so daß es zu weiteren
Reak, ionen, z. B. zur Acetatbildung, wie oben beschrieben, befähigt ist. Das nachfolgende
Beispiel dient der Erläuterung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Beispiel Reichsteins Verbindung S wurde, wie im Beispiel III der obengenannten-Patentschrift
beschrieben ist, mit dem Mycel aus einer Kultur von Curvularialunata (Q. M.120 h),
das ebenfalls gemäß dieser Patentschrift erhalten war, behandelt. Die vereinigten
Chloroformextrakte des gemäß dem Beispiel erhaltenen Reaktionsgemisches wurden zur
Trockene eingedampft, wobei ein trockenes Gemisch von Steroiden entstand. Diese
Reaktion wurde mehrmals wiederholt, und von dem erhaltenen trockenen Steroidgemisch
wurde 1 g in dem vorliegenden Beispiel verwendet.
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37 g »Silicagel« (Sieb-Nr. 7,5-81) wurden mit 37 ml eines 95 0%igen
Äthanols gemischt; die erhaltene Schlämmung wurde mit Methylenchlorid in eine 20
cm hohe Glassäule mit einem Innendurchmesser von 2 cm gebracht. 1 g des wie oben
erhaltenen, rohen, trockenen Steroidgemisches wurde in 5 ml Chloroform gelöst und
auf .diese Säule gebracht. Die Säule wurde mit 200 ml Chloroform gewaschen und dann
entwickelt. Das für die Entwicklung verwendete Lösungsmittel bestand aus einem Gemisch
von Methylenchlorid und 95 0%igem Äthanol. Das Verhältnis von Methylenchlorid zum
Äthanol betrug zu Beginn 98: 2 (Volumteile) und zum Schluß 95: 5,
um die stärker polaren Verbindungen zu entfernen.
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Eine Eluatfraktion mit einem Volumen von etwa 50 ml wurde alle 2 Stunden
aufgefangen. Reichsteins Verbindung S wurde in den Fraktionen 3 bis 5 und die schwächer
polare Verbindung in den Fraktionen 6 bis 8 aufgefangen. Eine bisher noch nicht
definierte Verbindung wurde in der Fraktion 9 eluiert. Die Fraktionen 10 bis 12
enthielten ebenfalls eine schwächer polare Verbindung und die Fraktionen 13 bis
26 Kendalls Verbindung F. Die Verbindung MP-1 wurde in den Fraktionen 27 bis 30
gefunden. Gemische von noch nicht definierten Verbindungen wurden in den darauffolgenden
Fraktionen ausgewaschen.