Verfahren zur Herstellung von Schwefelsäure ohne Kammern und Türme. Die Herstellung von Schwefelsäure aus schwefligsäurehaltigen Grasen, zum Beispiel Röstgasen, ist, von dem sogenannten Kontakt verfahren abgesehen, im Grossbetrieb niemals ohne die Verwendung von Bleikammern oder Türmen durchgeführt worden. Es sind nun zwar schon eine Reihe von Vorschlägen be kannt geworden, nach denen die Schwefel säuredarstellung auch ohne Kammern und Türme bewirkt werden soll; diese Vorschläge haben aber vor allem deswegen zu keinem praktischen Erfolge geführt, weil mit den vor geschlagenen Mitteln keine wirklich intensiv verlaufende Gas-Flüssigkeitsreaktion zu er reichen ist.
Es muss nämlich das schweflig säurehaltige Gas möglichst rasch mit einer ausserordentlich grossen und sich ständig er neuernden Menge feinverteilter nitroser Säure in innige Berührung gebracht werden. Weiter hin ist nötig, dass die Grädigkeit der nitrosen Säure innerhalb bestimmter Grenzen gehalten wird, damit einerseits genügend Wasser in der Säure für einen raschen Verlauf der Reaktion vorhanden ist und anderseits doch der Säure die Fähigkeit erhalten bleibt, nitrose Gase festzuhalten und freigewordene nitrose Gase wieder aufzunehmen.
Durch vorliegende Erfindung wird die Aufgabe der Schwefelsäuredarstellung ohne Bleikammern und Türme in wirtschaftlicher Weise und nit praktisch erprobtem Erfolge dadurch gelöst, dass eine möglichst grosse Menge einer zwischen 54 und 58 Bé ge haltenen nitrosen Säure in feinster Verteilung in einem Mischraum, zweckmässig durch mechanische Vorrichtungen beliebiger Bauart, mit den schwefligsäurehaltigen Gasen in innigste Berührung gebracht wird. Bei nor maler Gaszusammensetzung und nicht zu grosser Gasgescliwindigkeit gelingt es, auf diese Weise den Schwefelsäuregewinnungsvorgang ausserordentlich rasch und in kleinstem Raume durchzuführen.
Die Zahl der zur Verwendung kommenden Mischvorrichtungen hängt dabei ab von der Metige und dein Gehalt der zu verarbeitenden Grase.
Vorteilhafter ist es jedoch, besonders dann, wenn es sich um die Verarbeitung grosser Mengen armer Grase handelt, die Gase, nach dem sie die Mischvorrichtung durchlaufen haben, durch einen kastenförmigen Beriese lungsraum, der mit nitroser Säure derselben Zusammensetzung wie die des Mischraumes berieselt wird, zu leiten.
Dadurch wird be wirkt, dass die durch die Reaktion in dem Mischraum entbundenen nitrosen Gase Ge legenheit haben, nochmals auf die schweflige Säure oxydierend einzuwirken und sodann durch die Berieselungssäure aufgenommen zu werden und gelöst in den Mischraum zurück zukehren, so dass dort die Säure ihren Nitrose- gehalt im wesentlichen unverändert erhält, Ein Mischraum und ein Berieselungsraum bilden bereits eine betriebsfähige Einheit, an die je nach Erfordernis weitere solche Ein heiten angegliedert werden können. Die Ein richtung der Misch- und Berieselungssäure kann beliebig sein, nur müssen besonders die Mischräume eine innige Berührung grosser Säuremengen mit den Gasen in kurzer Zeit ermöglichen.
Am besten eignen sich dafür Vorrichtungen, wie sie in der schweizerischen Patentschrift Nr. 90084 von Theodor Schmiedel beschrieben sind, und bei welchen eine Walze in einem Behälter drehbar gelagert ist und in eine Flüssigkeit so tief eintaucht, dass von der Walze bei rascher Drehung Gas in die Flüssigkeit hineingerissen wird und zugleich ein Flüssigkeitsregen abgeschleudert wird.
In der Zeichnung ist in Fig. 1 im Aufriss und in Fig. 2 im Grundriss eine beispielsweise Anlage zur Ausübung des Verfahrens gemäss Erfindung mit mehreren. Misch- und Beriese lungsräumen dargestellt. c ist das Zuführungsrohr für die schweflige Säure führenden Gase, zum Beispiel normale Röstgase, von Schwefelkies, Zinkblende und dergleichen oder auch arme Abgase hütten- männischer oder chemischer Verfahren. b ist ein vorgeschalteter Denitrierraum. d ist der Überleitungsstutzen aus dem Denitrierraum in den ersten Mischraum e'. Für die Misch räume eignen sich verschiedene Einrichtungen, sie müssen nur eine möglichst innige Berüh rung von Nitrose und Gasen herbeiführen.
Der Mischraum besteht gemäss der Zeichnung aus einem kastenartigen, säurefesten und gas- dichten Behälter, der etwa zur Hälte mit nitroser Säure gefüllt ist. In jedem Misch raum ist eine Walze p1, p2, pn usw. von säure festem Material drehbar eingebaut und be rührt mit ihrem Mantel gerade die Säure oder taucht etwas in sie hinein. Auf den verlängerten Zapfen s bis sn der Walze sitzt eine Scheibe t bis tn für den Antrieb. Durch die rasche Umdrehung wird die nitrose Säure in Form eines feinen Regens in den Gasraum über der Walze geschleudert, so cass die hin durchströmenden Gase mit ihr in innigste Berührung kommen.
Ein Teil der Gase wird durch die Walze in die Nitrose hineingerissen und tritt hinter der Walze heraus, um sich mit den über die Walze strömenden Gasen wieder zu vereinigen. Auf dem Mischraum e' befindet sich ein mit Füllmaterial ausgelegter Berieselungsraum f1, der durch die Zulauf rohre n1 bis n6 mit Säure berieselt wird, die in den Mischraum e1 läuft. Die Gase sind also gezwungen, beim Verlassen des Misch raumes den Berieselungsraum f l zu durch strömen und gelangen von hier durch den Überleitungsstutzen d1 in den nächsten Misch raum e2 mit anschliessendem Berieselungs raum f2 und so fort je nach Bedarf.
Die Mischräume mit Zubehör sind kaskadenartig angeordnet, so dass die Säure von selbst von dem obersten Mischraum bis in den untersten fliesst, und zwar durch die Überlaufrohre gn usw., g2, g' und die Einlauftrichter Pn usw., h2, 1t.1, wobei durch passende Einstellunder Überlaufstellen für gleichbleibende Säurehöhe gesorgt wird. Aus dein Mischbehälter e' ge langt die Säure in den LTrnlaufsäurebehälter i., aus dem sie in einen Hochbehälter h durch die Pumpe l gehoben wird. .
Von dort fliesst sie teilweise durch die Leitung ja in den obersten Mischraum und teilweise durch Lei tung<I>na zu</I> den einzelnen Berieselungsräumen. Aus dem ersten Nischraum e' wird eine der Tageserzeugung entsprechende Menge nitroser Säure durch g und h in den Denitrierrauul b abgezweigt und gelangt von dort denitriert zur Verbrauchsstelle.
Die einzelnen Walzen in den Mischräumen werden von dem Motor v durch Riemenüber- tragung angetrieben. Statt die einzelnen Be hälter kaskadenartig anzuordnen, können sie auch alle in derselben Ebene liegen. In diesem Falle erfolgt die Zuführung der Säure zu den Berieselungsräumen und ihre Abführung aus den Mischräumen parallel zueinander.
Die Arbeitsweise ist nun folgende: Durch alle Misch- und Berieselungsräume lässt man ständig rritrose Säure von gleicher Zusammensetzung fliessen. Um die nitrose Säure, die sich durch die Aufnahme der er zeugten Schwefelsäure und durch den Abgang des normalen Verlustes an Stickstoffoxyden ändert, immer wieder auf der erforderlichen Grädigkeit von 54-58 Bö, am besten etwa 56 Bé, und auf einem passenden Nitrose- gehalt zu erhalten, werden ihr Wasser bezw. Salpetersäure in der erforderlichen Menge zu geführt. Der Antrieb der Walzen der Misch räume wird in Bewegung gesetzt, so dass der Gasraum über den Walzen von einem feinen Nitroseregen erfüllt wird.
Sobald nun schweflige Säure enthaltende (fase von beliebiger Stärke heiss oder kalt in den ersten Mischraum auf den dort er zeugten sehr dichten und sehr feinen Regen der nitrosen Säure von etwa 56 Bé eintreten. beginnt sofort, infolge der ausserordentlich grossen Berührungsmöglichkeit zwischen Gas und Flüssigkeit, eine sehr lebhafte Reaktion zwischen beiden. Der Teil der Gase, den die Walze in die Nitrose in feinster Verteilung hinheinpresst, wird darin restlos oxydiert.
Das Ergebnis dieser Einwirkung ist, dass ein beträchtlicher Teil, nämlich bis zu 50 %, der schwefligen Säure im ersten Mischraum oxydiert wird und eine entsprechende Menge nitroser Gase dafür in das Gasgemisch ein tritt. Da das Gasgemisch mit einer verhältnis mässig starken Schwefelsäure in Berührung war, ist sein Wassergehalt zu einer weiteren Oxydation in Form einer normalen Gasreak tion zu gering geworden, und es entsteht die Neigung zur Bildung von Nitrosyl-Schwefel- säure, bezw. zur Absetzung von Kammer kristallen.
Dem wird dadurch vorgebeugt, dass das Gasgemisch nunmehr in dem sich an den Mischraum anschliessenden Beriese lungsraum mit einer Nitrose von der gleichen Grädigkeit wie die des Mischraumes benetzt wird, wodurch die Nitrosyl-Schwefelsäure auf gelöst und von neuem eine Gas-Flüssigkeits reaktion vermittelt wird. Gleichzeitig löst die Berieselungssäure die im Mischraum entbun entbun denen nitrosen Gase wieder auf und führt sie in den Mischraum zurück, so dass dessen Nitrosevorrat irn wesentlichen erhalten bleibt.
Ein Mischraum und ein Berieselungsraum bilden daher in sich ein abgeschlossenes Ganzes, das geeignet ist, bei geringer Gas- geschwindigheit den Säurebildungsprozess un ter Aufarbeitung der SO2-Gase und Wieder gewinnung der Stickstoff-Sauerstoff-Verbin dungen durchzuführen. Infolgedessen hat man es nicht nötig, die Nitrose den Gasen immer nur in einem gemeinsamen Strome entgegen zuführen, sondern man kann die Nitrose den einzelnen Misch- und Berieselungsräumen auch gesondert zuführen, diese also gleichsam parallelschalten.
Der praktische Vorteil dieser Berieselungsweise liegt darin, dass man erfor derlichenfalls jederzeit den einzelnen durch diese sogenannte Parallelschaltung in bezug auf die Nitrosezufuhr voneiuander unabhän gigen 11 lisch- und Berieselungsräumen ver schieden grosse Säure- bezw. Nitrosemengen zuteilen kann. Das den Berieselungsraum verlassende (xas- gemisch durchläuft, wenn nötig, noch weitere mit Ber,ieseliirrgsr-:
iumen abwechselnde Misch räume, bis der Gehalt an schwefliger Säure nahezu restlos aufgearbeitet ist. Da bei dieser Arbeitsweise der Gehalt an nitrosen Gasen in dem (xasgernisch jeweils nur der an einer gegeheneu Stelle zur Einwirkung gekommenen Menge schwefliger Säure entspricht, ist am Schluss des Systems gleich wie die schweflige Säure auch gasförmige Nitr-ose aus den End- gasen verschwunden. Diese können also un mittelbar ins Freie geleitet werden.
Da bei dem neuen Verfahren die erzeugte Schwefelsäure sich mit der im Umlauf befind lichen nitrosen Säure mischt, so liefert das Verfahren normalerweise stets eine nitrose- haltige Säure. Will man nun eine handels fähige Säure erlangen, so wird ein erfahrungs gemäss der Tageserzeugung entsprechender Teil der umlaufenden nitrosen Säure abge zweigt und denitriert. Dies geschieht zweck- massig in der Weise, dass vor den ersten i äf Mischraum ein ähnlich wie dieser ausgebildeter Denitrierraum vorgeschaltet ist, in den ein Teil der Nitrose eintritt und aus dem das Gasgemisch, ohne einen Berieselungsraum zu durchströmen, in den ersten eigentlichen Misch raum übertritt. Die denitrierte Säure wird gesondert abgezogen und aufbewahrt.
Auf diese Weise gelingt es, irr kleinem Raum und mit verhältnismässig geringem Salpeter säure- und Kraftverbrauch eine grosse Säure menge zu erzeugen. Da die Baukosten der Anlage wegen des Wegfalles umfangreicher Bauten, wie Kammern und. Türme, sich nie drig stellen, handelt es sich auch aus diesem Grunde bei den neuen Verfahren um einen Fortschritt von grosser Bedeutung.