Mittel zur Bestimmung von Pankreas-Enzymen in Körperflüssigkeiten
Die Erfindung bezieht sich auf ein Mittel zur Bestimmung von Pankreas-Enzymen, insbesondere der Lipase und des Chymotrypsins, in Körperflüssigkeiten, wie Duodenalsaft und Blut.
Die Pankreas-Enzyme haben entscheidenden Einfluss auf den Stoffwechsel; die Pankreas-Lipase beispielsweise ist das für die Fettverdauung wichtige Enzym, mit dem beim Verdauungsvorgang Fettsäureester, insbesondere Triglyceride, in Alkohol- und Säurekomponenten gespalten und damit in eine resorbierbare Form überführt werden. Die Diagnostik von Pankreaserkrankungen hat bisher auf zuverlässige, rasch und einfach durchführbare Bestimmungen der Pankreas-Enzym Konzentrationen im Duodenalsaft bzw. Blut verzichten müssen. Bei der bisher bekannten Methode zur Prüfung beispielsweise der Pankreas-Lipase-Aktivität ist es notwendig, zunächst den zu prüfenden Duodenalsaft mittels einer vom Patienten zu schluckenden Schlauchsonde zu entnehmen.
Erst der so gewonnenen Körperflüssigkeit konnte dann definiert ein Substrat, z.B. Triolein oder Tributyrat, zugesetzt und das Gemisch inkubiert werden. Die dabei durch die Enzymwirkung freigesetzten Fettsäuren wurden anschliessend analytisch, beispielsweise titrimetrisch, bestimmt. Abgesehen davon, dass die Entnahme von Körperflüssigkeit mittels Schlauchsonde unangenehm und aufwendig ist, enthält diese bekannte Methode zahlreiche Fehlerquellen, so dass die damit gewinnbaren Testwerte mit einem relativ hohen Ungenauigkeitsfaktor belastet sind.
In der theoretischen Forschung sind Fluoreszeinester mit Essig-, Propion-, Chlorpropion-, Butter-, Valerian- und/oder Capronsäure zur Charakterisierung biochemisch interessierender thermodynamischer und kinetischer Enzymkonstanten eingesetzt worden, wobei die Aktivitäten verschiedener Enzyme, z.B. Steapsin, Schweinepankreaslipase, Weizenkeimlipase, Acylase und Chymotrypsin miteinander verglichen wurden. In diesen Versuchen wurden die gereinigten Enzyme in Pufferlösungen, die als Substrat Fluoreszeinester enthielten, inkubiert, und die Hydrolyse des Esters wurde an der durch das freiwerdende Fluoreszein hervorgerufenen Fluoreszenz analytisch erfasst. In keinem Falle ist bei dieser bekannten Methodik mit Körperflüssigkeiten in nativer Zusammensetzung gearbeitet worden; vor allem sind keine Versuche bekannt, die eine Anwendung der Fluoreszeinester in der klinischen Diagnostik darlegen.
Die bisherige Fragestellung bezog sich auf rein theoretische Aspekte.
Es ist das Ziel der vorliegenden Erfindung, die bestehende Lücke in der Pankreasdiagnostik in sowohl zuverlässiger, als auch einfacher Weise zu schliessen.
Zur Lösung dieser Aufgabe ist das erfindungsgemässe Mittel dadurch gekennzeichnet, dass es einen Fluoreszein-Diester einer Fettsäure mit 8 bis 16 Kohlenstoffatomen, z.B. einen Diester der Laurin- oder Myristinsäure, und eine physiologisch verträgliche Puffersubstanz für den alkalischen pH-Bereich, z. B. Dinatriumhydrogenphosphat und/oder Natriumdihydrogenphosphat, enthält.
Man kann das erfindungsgemäss Mittel in im wesentlichen zwei grundsätzlich verschiedenen Arten anwenden: a) Das für Routineuntersuchungen am besten geeignete Verfahren besteht in der peroralen Applikation des erfindungsgemässen Mittels, das zu diesem Zweck vorteilhaft portionsweise in magen- oder dünndarmlöslichem Kapselmaterial eingekapselt eingesetzt wird. Da der im erfindungsgemässen Mittel enthaltene Fluoreszein-Diester wasserunlöslich und als Ester nicht resorbierbar ist, hat dieser Bestandteil des erfindungsgemässen Diagnostikums in dieser Hinsicht die Eigenschaften der natürlichen Nahrungsfette und kann wie diese erst nach der Hydrolyse der Esterbindungen durch die Pankreasenzyme in Form der Alkohol- und Säurekomponenten resorbiert werden.
Die alkoholische Komponente, die dabei aus Fluoreszein besteht, wird nach ihrer Resorption im Blut und/oder Urin durch Messung der Absorption und/oder der Fluoreszenz nachgewiesen.
Vergleichende Untersuchungen haben erkennen lassen, dass eine der Enzym-Konzentration proportionale Menge an Fluoreszein freigesetzt wird und weder die Enzymwirkung noch die Fluoreszeinbildung durch die übrigen in der Körperflüssigkeit neben den Pankreas-Enzymen vorhandenen Enzyme beeinträchtigt oder verfälscht wird.
Dabei wurde gefunden, dass die Pankreasenzymempfindlichkeit der Fluoreszeinester in der Körperflüssigkeit bei Verabreichung vergleichbarer Mengen mit steigender Kettenlänge der mit dem Fluoreszeinmolekül veresterten Fettsäuren ein Optimum durchläuft; bei Einsatz von Estern der Fettsäuren mit relativ niedriger Anzahl von Kohlenstoffatomen, beispielsweise 8 und 10 C-Atomen, wird unter gleichen Untersuchungsbedingungen die maximale Fluoreszeinbildung zwar nach relativ kurzer Einwirkungsdauer, etwa 1,5 bis 2 Stunden, erreicht, jedoch liegt das Maximum mehr als halb so niedrig wie beispielsweise bei dem Diester der Laurinsäure.
Umgekehrt findet man bei Untersuchungen der Diester der Fettsäuren mit 14 bis 16 C-Atomen die optimale Fluoreszein-Freisetzung erst nach längerer Versuchsdauer, etwa 6 bis 7 Stunden, und das Maximum liegt etwa ebenso niedrig wie das bei Verwendung der kürzerkettigen Fettsäuren ermittelte. Je nachdem, welche Empfindlichkeit für einen speziellen Einzelfall für die Diagnostik erwünscht ist, kann man die spezifisch dafür geeigneten Fettsäureester einsetzen. Beispielsweise kann in der klinischen Diagnostik eine zu hohe Empfindlichkeit unerwünscht sein, wenn es darum geht, kleine Unterschiede in den Enzym-Konzentrationen zu ermitteln. In diesem Falle wird man vorteilhaft im erfindungsgemässen Mittel den Fluoreszein-di-myristinsäureester einsetzen.
Soll, beispielsweise bei Routineuntersuchungen, das Ergebnis in möglichst kurzer Zeit vorliegen, dann ist es vorteilhaft, das erfindungsemässe Mittel mit dem Diester der Laurinsäure zu verwenden. Die relativ kurze Dauer der Prüfmethode ist beim erfindungsgemässen Mittel deswegen möglich, weil, wie beobachtet wurde, das durch die Pankreas-Enzyme im Duodenalsaft freigesetzte Fluoreszein offensichtlich in hohem Masse harnpflichtig ist und sehr schnell durch die Niere eliminiert wird. Die Testergebnisse lassen sich durch Erhöhung der Testdosis und durch kontrollierte Variation der Ausscheidungszeiten verändern, so dass auch solche Ester in dem erfindungsgemässen Diagnostikum verwendbar sind, mit denen man in geringeren Mengen und kurzer Testdauer keine optimalen Testergebnisse erzielt.
Dies hat insbesondere den Vorteil, dass man das erfindungsgemässe Mittel gegebenenfalls einzelnen Spezialfällen angepasst einstellen kann.
Der erreichte technische Fortschritt besteht weiterhin darin, dass auf das zeitraubende und aufwendige Abziehen von Duodenalsaft mittels einer vom Patienten zu schluckenden Schlauchsonde auf jeden Fall verzichtet werden kann.
Da Resorptions- und Ausscheidungsstörungen die Erfassung der durch Pankreas-Enzyme freigesetzten Fluoreszeinmengen beeinträchtigen können, kann es von Nutzen sein, durch eine zeitlich verschobene Verabreichung einer der Testdosis an Fluoreszeinester äquimolaren Menge unveresterten Fluoreszeins den für den einzelnen Patienten zutreffenden individuellen 100%-Wert festzulegen und die durch die Enzymwirkung erreichte Fluoreszeinfreisetzung darauf zu beziehen.
In der beiliegenden Zeichnung ist die Wirksamkeit des erfindungsgemässen Mittels beispielsweise veranschaulicht. Es zeigen:
Fig. 1 Die Ausscheidung von Fluoreszein (Ordinate: 10-4 mMol) nach oraler Verabreichung einer Menge von 0,005 mMol pro kg Körpergewicht des erfindungsgemässen Mittels in Abhängigkeit von der Zeit (Abszisse), Parameter ist die Kettenlänge der Fettsäurekomponente in dem Diester,
Fig. 2 Verlauf der Ausscheidung von Fluoreszein (Ordinate) nach Verabreichung eines erfindungsgemässen Mittels, das Fluoreszein-di-laurinester enthält, in einer Menge von 0,005 mMol Ester je kg Körpergewicht in Abhängigkeit von der Zeit (Abszisse).
Aus Fig. 1 erkennt man, dass das Maximum der Extinktion bei einer Wellenlänge von 492 mu bei Verwendung von einem Fluoreszein-di-laurinsäureester enthaltenden erfindungsgemässen Mittel mehr als doppelt so hoch liegt als bei Verwendung eines sowohl C8-Fettsäure-Diester als auch C14-Fettsäure-Diester enthaltenden Mittels. Die integrale Fluoreszein-Freisetzung nach 6 bis 10 Stunden ist in der nachfolgenden Tabelle wiedergegeben. Dabei ist die Ausscheidung in Prozent von je 0,005 mMol Ester je kg Körpergewicht, als 100% berechnet, bezogen.
Tabelle
C8 C10 C12 C14 C16 nach 6 Std. 11% 14,2% 17,3% 7,0% 1,3% nach 10 Std. 13,2% 17,9% 21,1% 13,4% 1,5%
Aus Fig. 2 erkennt man, dass die Fluoreszein-Konzentra tion im Urin nach oraler Verabreichung eines erfindungsgemässen Mittels, das 0,005 mMol an Fluoreszein-di-laurinester je kg Körpergewicht enthielt, nach einer Wirkungsdauer von rund 2 Stunden den optimalen Wert erreicht, was dieses
Mittel besonders geeignet für Reihenuntersuchungen macht.
Eine weitere Methode, mit der das erfindungsgemässe Mittel vorteilhaft anwendbar ist, wird nachfolgend beschrie ben: b) Da ein kleiner Anteil der Pankreasenzyme direkt von den Pankreaszellen in das Blut übertritt, was insbesondere bei einer pathologischen Erhöhung der Permeablilität der Zellmembranen, z.B. bei Pankreatitiden, der Fall ist, können die Pankreasenzyme im Blut durch Inkubation von Plasma oder Serum mit einer zugesetzten Lösung des erfindungsgemässen Mittels, die vorzugsweise durch Aufschlämmen und/oder Lösen in Wasser, insbesondere in einer Menge von
10 ml, erhalten wird, an der spektrophotometrisch und/oder fluorometrisch erfassbaren Menge des freigesetzten Fluor eszeins erkannt und quantitativ bestimmt werden. Die Fluor eszein-Difettsäureester sind farblos und fluoreszeieren nicht.
Man kann das erfindungsgemässe Mittel, sofern dies gewünscht wird, auch mit üblichen Füllstoffen tablettiert oder als Dragee einsetzen, und es ist ferner ohne weiteres möglich, übliche Farb- und/oder Geschmacksstoffe zuzusetzen.
Als besonders vorteilhafte Puffersubstanz-Kombination hat sich eine Mischung aus 419 mg Na2HPO4 12 H2O und
9 mg NaH2PO4 H2O erwiesen. Wenn man das erfindungs gemässe Mittel mit dieser Mischung im Gemisch mit
0,35 mMol des betreffenden Fluoreszein-Diesters einsetzt, dann erhält man nach Zugabe von 10 ml Wasser das erfin dungsgemässe Mittel mit dem im Duodenum vorherrschen den pH-Wert von 8,0.