Mittel zum Färben menschlicher Haare bs ist bekannt, eaartarbemltteln aut der Basis von Oxydationsfarbstoffen reduzierende Substanzen zuzusetzen, um eine vorzeitige Oxydation durch Luftsauerstoff sowohl bei der Herstellung des Haarfärbemittels als auch bei dessen Anwendung zu unterbinden. Zu diesem Zwecke sind Hämatoxylin, anorganische Sulfite (vgl. Erdmann, Zeitschr. f. angewandte Chemie 1906, Bd. I, 1053), Mercaptane (vgl. deutsche Patentschrift Nr. 839 991) und Natriumdithionit vorgeschlagen worden.
Während Hämatoxylin praktisch wirkungslos und Natriumdithionit wegen seiner Instabilität und unerwünschter Nebenreaktionen kaum einsetzbar ist, haben die Sulfite und die Mercaptane, vornehmlich Thioglykolsäure, in solchen Haarfärbemitteln, die kurz vor Ge- brauch mit Oxydationsmitteln vermischt werden, praktische Verwendung gefunden.
Durch Verhinderung der vorzeitigen Oxydation soll erreicht werden, dass die Haarfärbemittel einmal ihre Färbekraft nicht verlieren und dass sie zum andern sowohl vor dem Vermischen mit den Oxydationsmitteln ein helles, ansprechendes Aussehen erhalten als auch nach der Oxydationsmittel- zugabe möglichst lange hell bleiben, da ein zu schnelles Dunkelwerden der Färbemasse auf den Haaren die Kontrolle der zu dem jeweiligen Zeitpunkt erzielten Haarfärbung erschwert.
Bei denjenigen Haarfärbemitteln, die infolge der besonderen chemischen Struktur der benutzten Oxydationsfarbstoffe auch ohne Mitverwendung von Oxydationsmitteln allein durch den Luftsauerstoff in kurzer Zeit ausoxydieren, z. B. Haarfärbemitteln auf der Basis von 2,4-Diaminophenol (vgl. britische Patentschrift Nr. 802 554), konnten die genannten Reduktionsmittel nicht zufriedenstellend eingesetzt werden, da zwar die vorzeitige Oxydation unterbunden werden kann, gleichzeitig aber auch die notwendige Oxydation durch den Luftsauerstoff während des Färbevorganges in sehr störender Weise gehemmt und innerhalb der üblichen Behandlungszeit eine nur wenig befriedigende Farbtiefe erhalten wird. Diese Haarfärbemittel enthalten daher im allgemeinen keine Reduktionsmittel und müssen unter besonderen Vorsichtsmassnahmen, wie z. B.
Herstellung und Abfüllung unter Stickstoffatmosphäre, verarbeitet werden.
Es wurde nun gefunden, dass als Reduktionsmittel sehr vorteilhaft Ascorbinsäure eingesetzt werden kann, und zwar sowohl bei Haarfärbemitteln, die mit Oxydationsmittelzugabe angewendet werden müssen, als auch bei solchen mit Luftoxydation. In bezug auf die Herstellung heller, ansprechender Haarfärbemittel ist die Ascorbinsäure den bisher benutzten Reduktionsmitteln, wie z. B. Thioglykolsäure oder Sulfiten, mindestens gleichwertig, in bezug auf das erzielbare Färbeergebnis und die Farbentwicklung jedoch weit überlegen. Die Wirksamkeit der Ascorbinsäure gemäss der Erfindung ist gleichermassen bei ihren beiden optischen Isomeren, nämlich der als Vitamin C bekannten L-Form und der als Iso-Ascorbinsäure bekannten D-Form, vorhanden.
In den folgenden Ausführungen werden unter der Bezeichnung Ascorbinsäure beide optische Isomere verstanden.
Bei den Färbemitteln mit Oxydationsmittelzugabe, die auf p-Toluylendiamin, gegebenenfalls mit Nuancierfarbstoffen aus der Klasse der aromatischen Amine oder Phenole, aufgebaut sind, ist die Helligkeit der mit Ascorbinsäurezusatz hergestellten Färbemittel etwa vergleichbar der Helligkeit der mit Thioglykolsäurezusatz hergestellten Färbemittel, wobei beide Ausrichtungen bedeutend heller sind als die Färbemittel mit Sulfite zusatz.
Nach dem Vermischen mit Oxydationsmitteln werden jedoch die mit Tilioglykolsäure- oder Sulfite zusatz hergestellten Färbemittel sehr schnell dunkel, während die Färbemittel mit Ascorbinsäurezusatz bedeutend heller sind und auch viel langsamer dunkel werden. Überraschend ist es, dass der Ascorbinsäurezusatz trotz Verhinderung vorzeitiger Oxydation durch Luftsauerstoff und trotz Verzögerung des Nachdunkelns der Färbemasse nach der Oxydationsmittelzugabe schliesslich zu einer intensiveren Färbung führt. Offenbar hat die Ascorbinsäure eine antioxydative und die aus ihr gebildete Dehydroascorbinsäure eine prooxyda tive Wirkung.
Gleich nach der Oxydationsmiftelzugabe herrscht die antioxydative Wirkung der Ascorbinsäure vor, während die prooxydative Wirkung in dem Masse zunimmt, in dem die Dehydroascorbinsäure gebildet wird. Diese Doppelwirkung des dem Haarfärbemittel zugesetzten Reduktionsmittels ist bei den für diesen Zweck bisher benutzten Verbindungen nicht vorhanden.
Die Antioxydantien Ascorbinsäure, Thioglykolsäure und Natriumsulfit ergeben nach der Oxydation Produkte, von denen nur die aus der Ascorbinsäure gebildete Dehydroascorbinsäure eine prooxydative Wirkung besitzt, während Dithiodiglykolsäure und Natriumsulfat wirkungslos sind.
Das prinzipiell unterschiedliche Verhalten der Ascorbinsäure in Gegenwart von Wasserstoffperoxyd in Haarfärbemitteln auf der Basis von p-Toluylendiamin wird in den Fig. 1-3 dargestellt. Die Kurven geben das Dunkelwerden der Färbemittel nach der Zugabe von Wasserstoffperoxyd, gemessen in prozentualer Absorption mit dem lichtelektrischen Kolorimeter nach Dr. 13.
Lange, Modell V, mit vorgeschaltetem Grünfilter, in einer 100-cm3-Küvette, während des Zeitraumes von 30 Minuten an. Die prozentuale Absorption ist auf der Ordinate, die Zeit in Minuten auf der Abszisse aufgetragen. Die Färbemittel, die direkt vor der Messung mit gleichen Volumteilen 6% eigen Wasserstoffperoxyds gemischt wurden, enthielten jeweils reduktionsäquivalente Mengen Ascorbinsäure, Thioglykolsäure oder Natriumsulfit und hatten folgende Zusammensetzung: Fig. 1
2,2 g p-Toluylendiam, insulfat (0,01 Mol)
0,8 g Natriumhydroxyd (0,02 Mol)
0,1 g Athylendiamintetraessigsäure,
Dinatriumsalz
5,0 cm3 wässrige Ammoniaklösung, 25 % ig ad 100,0 cm3 Reduktionsmittel und Wasser
Reduktionsmittel :
Kurve a) 0,176 g Ascorbinsäure (0,001 Mol)
0,08 g Natriumhydroxyd (0,002 Mol)
Kurve b) 0,23 g Thioglykolsäure, 80% ig (0,002 Mol)
0,16 g Natriumhydroxyd (0,004 Mol)
Kurve c) 0,126 g Natriumsulfit (0,001 Mol)
Kurve d) ohne Reduktionsmittel Fig. 2
2,2 g p-Toluylendiaminsulfat (0,01 Mol)
1,8 g m-Phenylendiamin-dihydrochlorid (0,01 Mol)
1,6 g Natriumhydroxyd (0,04 Mol)
0,1 g Äthylendiamintetraessigsäure,
Dinatriumsalz
5,0 cm3 wässrige Ammoniaklösung, 25 % ig ad 100,0 cm3 Reduktionsmittel und Wasser
Reduktionsmittel wie bei Fig. 1.
Fig. 3
1,1 g p-Toluylendiaminsulfat (0,005 Mol)
0,9 g m-Phenylendiamin-dihydrochlorid (0,005 Mol)
0,8 g Natriumhydroxyd (0,02 Mol)
0,1 g Sithylendiamintetraessigsäure,
Dinatriumsalz
5,0 cm3 wässrige Ammoniaklösung, 25%ig ad 100,0 cm3 Reduktionsmittel und Wasser
Reduktionsmittel wie bei Fig. 1.
Vor der Zugabe von Wasserstoffperoxyd hatten die verschiedenen Farblösungen folgende Absorptionswerte:
1. a) 18% 2. a) 21% 3. a) 10% b) 20% b) 20% b) 15% c) 18 % c) c > 72% c) 21% d) 46% d) 83% d) 33%
Bei den Färbemitteln mit Luftoxydation, die z. B. auf 2,4- Diaminophenol als Oxydationsfarbstoff aufgebaut sind, lassen sich die bisher bekannten Reduk tionsmittel kaum einsetzen, da sie während des Färbevorganges die durch den Luftsauerstoff erfolgende Oxydation wesentlich verzögern und dadurch nur mässige Farbtiefen ermöglichen.
Setzt man diesen Färbemitteln überhaupt kein Reduktionsmittel zu, so erhält man auch bei äusserst schneller Herstellung und Abfüllung infolge vorzeitiger Oxydation tieffarbige Färbemittel mit nur mässiger Färbekraft. Bei solchen Färbemitteln ist man also darauf angewiesen, durch zusätzliche Massnahmen, wie z. B. Herstellung und Abfüllung unter Stickstoffatmosphäre, die vorzeitige Oxydation zu unterbinden.
Setzt man jedoch diesen Färbemitteln Ascorbinsäure zu, so ist die Herstellung und Abfüllung in offenen Apparaturen möglich. Bezüglich des Färbeergebnisses zeigt sich bei diesen Färbemitteln, die auf durch Luft äusserst leicht oxydierbaren Farbstoffen aufgebaut sind, die prooxydative Wirkung der während des Färbevorganges gebildeten Dehydroascorbinsäure in besonders auffallender Weise, da die mit Ascorbinsäurezusatz erhaltenen Färbungen wesentlich tiefer sind als diejenigen, die mit einem Färbemittel erzielt wurden, welches unter Stickstoffatmosphäre hergestellt und abgefüllt wurde.
Nach der erzielbaren Farbtiefe lässt sich folgende Reihenfolge aufstellen: maximale Farbtiefe: Ascorbinsäurezusatz geringere Farbtiefe: Herstellung unter Stickstoff noch geringere Farbtiefe: Herstellung an der Luft, schnelle Arbeitsweise ungenügende Farbtiefe: Zusatz von Thioglykolsäure oder Natriumsulfit.
Diese überragende Wirksamkeit der Ascorbinsäure kann durch deren besonders schnelle Oxydierbarkeit erklärt werden. Infolge dieser schnellen Oxydation wird erreicht, dass innerhalb der für die Färbung zur Verfügung stehenden Zeit von etwa 30 Minuten das Reduktionsmittel vollständig verbraucht wird und die Oxydation der Farbstoffe dann nicht mehr behindert. Die gebildete Dehydroascorbinsäure kann jetzt zusätzlich ihre prooxydative Wirkung voll entfalten. Bei den bisher bekannten Reduktionsmitteln ist dagegen die Oxydationsgeschwindigkeit durch Luft wesentlich geringer, so dass diese während des Färbevorganges ständig reduzierend wirken und dadurch die Oxydation der Farbstoffe behindern; eine prooxydative Wirkung ihrer Oxydationsprodukte ist ohnehin nicht vorhanden. Der entscheidende Unterschied in den Oxydationsgeschwindigkeiten ist in Fig. 4 dargestellt.
Auf der Ordinate sind die com3/02, auf der Abszisse die Zeit in Stunden aufgetragen.
Wässrige Lösungen reduktionsäquivalenter Mengen von Ascorbinsäure, Thioglykolsäure und Natriumsulfit wurden in einer Sauerstoffatmosphäre von genau bekannten Volumen geschüttelt und der Sauerstoffverbrauch in Abhängigkeit von der Zeit gemessen. Die Lö- sungen hatten folgende Zusammensetzung: Kurve a): 0,176 g Ascorbinsäure (0,001 Mol) 0,08 g Natriumhydroxyd (0,002 Mol) ad 100,0 cm3 Wasser Kurve b):
0,23 g Thioglykolsäure, 80% in (0,002 Mol)
0,16 g Natriumhydroxyd (0,004 Mol) ad 100,0 cm3 Wasser Kurve c):
0,126 g Natriumsulfit (0,001 Mol)
0,04 g Natriumhydroxyd (0,001 Mol) ad 100,0 cm3 Wasser
Aus Fig. 4 geht hervor, dass die Ascorbinsäure bereits nach wenigen Minuten oxydiert ist, während die Oxydation von Thioglykolsäure und Natriumsulfit auch nach Stunden noch nicht beendet ist. Durch Wahl einer geeigneten Ascorbinsäurekonzentration lässt sich der Zeitpunkt, bis zu dem die Ascorbinsäure vollständig verbraucht ist, innerhalb des Zeitraumes von 30 Minuten beliebig einstellen. Die Ascorbinsäurekonzentration wird zweckmässig so gewählt, dass die Färbemasse bereits etwa 5-10 Minuten mit dem Haar in Kontakt ist, bevor die Ascorbinsäure verbraucht ist.
Die überlegene Wirksamkeit der Ascorbinsäure in Haarfärbemitteln mit Luftoxydation wird durch folgende Vergleichsfärbungen deutlich:
Hellblonde menschliche Haare wurden mit den Färbemitteln befeuchtet, 30 Minuten an der Luft liegen gelassen und dann gespült und getrocknet. Die Färbemittel hatten folgende Zusammensetzung: A. 1,96 g 2,4-Diaminophenol-dihydrochlorid (0,01 Mol) 0,8 g Natriumhydroxyd (0,02 Mol)
0,1 g Äthylendiamintetraessigsäure,
Dinatriumsalz
5,0 cm3 wässrige Ammoniaklösung, 25 % ig ad 100,0 cm3 Wasser
Herstellung und Abfüllung unter Stickstoffatmo tsphäre.
B. wie in Beispiel A, jedoch Herstellung und Ab füllung unter Luftatmosphäre, schnelle Arbeits- weise.
C. wie in Beispiel B, jedoch sind zusätzlich enthalten:
1,76 g Ascorbinsäure (0,01 Mol) 0,8 g Natriumhydroxyd (0,02 Mol) D. wie in Beispiel B, jedoch sind zusätzlich enthalten:
2,3 g Thioglykolsäure, 80% in (0,02 Mol)
1,6 g Natriumhydroxyd (0,04 Mol) E. wie in Beispiel B, jedoch ist zusätzlich enthalten:
1,26 g Natriumsulfit (0,01 Mol)
Die Farbe dieser Färbemittel sowie die erhaltene Farbtiefe der damit gefärbten Haare wird in folgender Tabelle dargestellt:
Färbemittel Farbe des Farbton des nach Beispiel Färbemittels gefärbten Haares
A schwach gelblich mitteiblond
B tief blau violett hellblond
C schwach gelblich dunkelblond
D schwach gelblich hell-hellblond
E dunkelbraun hell-hellblond
Beispiel 1
Graue menschliche Haare werden mit 50 cm8 eines Färbemittels, welches kurz vor Gebrauch mit 50 cm3 6% eigen Wasserstoffperoxyds gemischt wurde, befeuchtet, nach 30 Minuten Einwirkungszeit gespült und getrocknet:
Das Färbemittel hat folgende Zusammensetzung:
35,0 g Ölsäure
15,0 cm3 Isopropylalkohol 18,0 cm3 25% ige wässrige Ammoniaklösung
0,3 g Ascorbinsäure
0,8 g p-Toluylendiaminsulfat
0,06 g 2,4Diaminoanisolsulfat
0,1 g m-Aminophenol
0,2 g Resorcin
0,3 g p-Aminophenol
Es ist schwach gelblich getönt und färbt die Haare in einem dunkelaschblonden Ton gut deckend ein.
Beispiel 2
20 g Cetylalkohol, 2 g Natriumcetylsulfat und 5 g Wollwachs werden zum Schmelzen erhitzt und mit 30 g Wasser von 700 C emulgiert. In die noch heisse Emulsion gibt man eine ebenfalls heisse Lösung von 1,1 g pToluylendiaminsulfat, 0,1 g 2,4-Diaminoanisolsulfat, 0,3 g Resorcin, 0, g m-Aminophenol, 0,1 g Natriumsulfit, 0,5 g Ascorbinsäure sowie 10 cm3 25 % iger wässriger Ammoniaklösung in 33 cm3 Wasser und rührt bis zum Erkalten. Zur Färbung werden 25 g der crhal- tenen elfenbeinfarbenen Creme mit 25 cm3 6 % igen Wasserstoffperoxyds vermischt,
graue menschliche Haare damit bestrichen und die Haare nach 30 Minuten Einwirkungszeit ausgespült und getrocknet. Die Haare sind mittelbraun gefärbt.
Beispiel 3
5,0 g Natriumlaurylsulfat, 8,0 cm3 25 %i ge wässrige Ammoniaklösung, 0,2 g des Dinatriumsalzes der Athylendiamintetraessigsäure und 1,0 g Ascorbinsäure werden in 60 cm3 Wasser gelöst und dann mit einer Lösung von 2,0 g 2,4-Diaminophenoldihydrochlorid in 20 cm3 Wasser vermischt und mit Wasser auf 100 cm8 aufgefüllt. Mit dieser schwach gelblichen Lösung werden graue menschliche Haare befeuchtet und die Haare nach 30 Minuten Einwirkungszeit ausgespült und getrocknet. Die Haare sind kräftig haselnussblond gefärbt.