Präzisionswaage
Bei Präzisionswaagen üblicher Bauart ist der am Waagengestell schwenkbar gelagerte Waagebalken an seinem einen Waagabalkenarm mit einem Gegengewicht versehen. Am anderen Waagebalkenarm ist der mit der Waageschale versehene Schalenträger laufge- hängt, der vermittels eines zwischen ihm und dem Waagengestell wirkenden Lenkhebels parallel geführt wird. Um unmittelbar Gewichtsunterschiede auswiegen zu können oder um das Gewicht von Behälbern zur Aufnahme des Wägegutes zu kompensieren, haben Präzisionswaagen noch eine Tariervorrichtung.
Die letztere weist ein gegenüber dem Waagengestell verstellbares Spannglied auf, mit welchem eine zwischien diesem Spannglied und dem Schalenträger wirkende Tarierfeder verstellt wird. Bei einer gebräuchlichen Ausbildung der Tariervorrichtung ist die Tarierfeder eine stets auf Zug beanspruchte Schraubenfeder, welche das Bestreben. hat, den Schalenträger mit einer einstellbaren Zugkraft nach oben zu ziehen.
Es ist jedoch auch bekannt, die Tarierfeder derart zwischen dem Spannglied und dem Schalenträger einzufügen, dass der Schalenträger stets nach unten gezogen wird, wobei dann das am erwähnten Waagebal- Lenarm befindliche Gegengewicht entsprechend zu vergrössern ist
An solche Tarierfedern werden nun hohe Anforderungen gestellt, da die Federkonstante der Tarierfeder unmittelbar auch die Empfindlichkeit der Waage beeinflusst. Um eine Temperaturabhängigkeit der tarierenden Federkräfte zu vermeiden, hat man die Tarierfeder durch zwei entweder in Reihe oder parallel wirkende, jedoch in stets ; gleichem Sinn bean- spruchte Federn von ent & prechend verschiedener Bauart und Beschaffenheit aufgelöst.
Eine temperaturunabhängige Federkonstante kann aber auch mit nur einer einzigen Tarierfeder erreicht werden, sofern bei der Herstellung der Tarierfeder die in letzter Zeit be kanntgewordenen Vergütungsverfahren in Verbindung mit geeigneten Federlegierungen benützt werden.
Eine weitere Fehlerquelle, welche die Empfind lichkeit der Waage in unerwünschter Weise verändert, ist durch die an sich unvermeidliche Nichtlinearität zwischen Federkraft und Federweg der Tarierfeder gegeben. Besonders bei sehr empfindlichen Präzi sionswaagen mit hohem durch die Tarierfeder bestn.- chenem Tarierbereich hat die Nichtlinearität der Tarierfeder bereits Fehler in der Grössenordnung von einigen Zehnteln Promille zur Folge, und es zeigt sich, dass diese vorwiegend durch das quadratische Glied der Nichtlinearität bestimmt sind.
Schliesslich stellt sich eine weitere und ebenfalls Messfehler verursachende Veränderung der Empfind lichlkeit, der Waage ein, wenn die letztere e nicht genau horizontiert ist. Dabei tritt diese durch Horizontierfehler verursachte Veränderung der Empfindlichkeit der Waage in erheblich verstärktem Mass auf, wenn gleichzeitig die Tarierfeder die vorerwähnte Nichtlinearität aufw, eist.
Demgemäss befasst sich die vorliegende Erfindung mit einer Präzisionswaage mit einem am Waagengestell schwenkbar gelagerten Waagebalken, an des sen einem Waagebalkenarm ein Schalenträger aufgehängt ist, einem zwischen dem Schalenträger und dem Waagengestell wirkenden Lenkhebel zur Parallelführung des Schalenträgers und einer Tariervorrichtung mit einem gegenüber dem Waagengestell verstellbaren Spannglied sowie einer Mehrzahl von zwischen dem Spannglied und dem Schalenträger wirkenden Tarierfedern.
Die oben kurz erläuterten Unzulänglichkeiten von Präzisionswaagen dieser Bauart können nun er findungshgemäss dadurch weitgehend behoben werden, dass eine Anordnung der Tarierfedern zwischen Spannglied und Schalenträger benützt wird, bei wel cher eine der Tarierfedern bestrebt ist, den Schalenträger nach unten zu ziehen, und ein andere Tarierfeder bestrebt ist, den Schalenträger nach oben zu ziehen, das Ganze derart, dass bei einer Verstellung des Spanngliedes und bei festgehaltenem Schalenträger die eine der beiden genannten Tarierfedern stärker gespannt und gleichzeitig die andere der genannten Tarierfedern entspannt wird.
Dabei hat sich eine Bauart als zweckmässig erwiesen, bei welcher die den Schalenträger nach unten ziehende Tarierfeder zwischen einem oberen Teil des Schalenträgers und einem unteren Teil des Spanngliedes angreift, während die den Schalenträger nach oben ziehende Tarierfeder zwischen einem unteren Teil des Schalenträgers und einem oberen Teil des Spanngliedes wirksam ist. Die beiden erwähnten und bei einer Verstellung des Spanngliedes gegenläufig beanspruchten Tarierfedern sind vorzugsweise ausschliesslich auf Zug beanspruchte Schraubenfedern von je gleicher Beschaffenheit und je gleichen Abmessungen.
Ein vereinfachtes Ausfüiirungsbeispiel der vorliegenden Erfindung ist in der Zeichnung in schematischer Darstellung und in perspektivischer Ansicht ge zeiAgt, wobei die für das Verständnis der vorliegendien Erfindung nicht unbedingt, erforderlichen Einzelheiten aus Gründen der r Übersichtlichkeit nicht näher veran- schaulicht sind.
Das Waagengestell weist die Grundplatte 1 und eine an ihr starr befestigte und nach oben ragende plattenförmige Säule 2 auf, deren oberes Ende das beispielsweise V-förmige Widerlager 3 zur Unterstützung der Mitteischneide 4 des Waagbalkens 5 aufweist.
Vom Waagebalken 5 ist der längere und übli- cherweise mit dem Gegengewicht versehene Waagebalkenarm nur abgebrochen veranschaulicht. Hinge- gen ist der kürzere und mit der Aussenschneide 6 versehene Waagebalkenarm vollständig wiedergoge- ben. Auf der geteilt ausgeführten Aussenschneide 6 ruht die ebenfalls mit einem V-förmigen Widerlager 7 versehene Traverse 8, welche einen Teil des Schalenträgers bildet. Der letztere weist eine starr mit der Traverse 8 verbundene Stange 9 sowie an ihrem oberen Ende die Waageschale 10 auf. Unten an der Stange 9 ist eine qveitere Traverse 11 befestigt, welche ebenfalls ein V-förmiges Widerlager 12 besitzt.
Am oberen Teil des Schalenträgers 8 bis 11 und nahezu auf der Höhe der Traverse 8 ist ein auskragender Arm 13 vorgesehen. Ein weiterer auskragender Arm 14 ist an der Traverse 11 und damit am unteren Teil ! des Schalenträgers vorgesehen. Die beiden Arme 13 und 14 sind seitlich gegeneinander versetzt.
Um eine Parallelführung. des Schalenträgers 8 bis 11 zu erhalten, ist der Len. khebel 15 angebracht. Die eine Schneide 16 desselben ruht in der V-fönnigen Ausnehmung 12 der Traverse 11 des Schalenträgers, während die andere zu ihr parallele Schneide 17 in einem weiteren V-förmigen Lager 18 sitzt, welches an der Säule 2 ausgenommen ist.
Die Tariervorrichtung ist ebenfalls auf dem Waa gengestell aufgebaut. Zu diesem Zweck ist in der Grundplatte 1 eine Vierkantschiene 19 befestigt, die oben mit einem Querbügel 20 versehen ist. An der Grundplatte 1 und von der Vierkantschiene 19 durchsEetzt ist schliesslich noch ein Lagerblock 21 angebracht, in welchem eine Spindel 22 drehbar gelagert, jedoch gegen axiale Verschiebung gesichert ist.
Die e Spindel 22 erfährt im Querbügel 20 eine weitere drehbare Lagerung, und am oberen Ende der Spindel 22 ist ein von Hand zu bedienender Drehknopf 23 angebracht. Das im oberen Teil der Spindel 22 angebrachte Gewinde 24 ist zur Verstellung der Höhenlage des Spanngliedes der Tariervorrichtung ausgebildet. Dieses Spannglied besteht im wesentlichen aus , dem lotrechten Träger 25, der unten mit der Quertraverse 26 versehen ist.
Diese letztere ist einerseits am zylindrischen unteren Teil der Spindel 22 und anderseits an der Vierkantschiene 19 in lotrechter Richtung beweglich g, eführt. Das obere Ende 27 des Trägers 25 ist horizontal abgewinkelt und weist ein mit dem Aussengewinde 24 der Spindel 22 zur am mennviirkendes Innengewinde auf. Am oberen Teil 27 ist ein auskragender Arm 28 angebracht, der lotrecht über dem Arm 14 des Schalenträgers 8 bis 11 endet.
In entsprechender Weise endet der an der Quertraverse 26 angabrachte auskragende Arm 29 lotrecht unterhalb. des Armes 13 des Schalenträgers, so dass also die Arme 13, 14 und 28, 29 wechselseitig gegeneinander versetzt sind, wobei ihre Enden je übereinander liegen. Zwischen den Armen 14 und 28 ist nun eine erste ausschliesslich auf Zug beanspruchte Tarierfeder 30 ausgespannt, welche das Bestreben hat, den Schalenträger 8 bis 11 nach oben zu ziehen.
Eine zweite Tarierfeder 31, die ebenfalls nur auf Zug beansprucht werden soll, greift zwischen den Armen 13 und 29 an, und sie e hat demnach das Bestreben, den Schalenträger 8 bis 11 nach unten zu ziehen.
An ihren freien Enden sind die Tarierfedern 30 und 31 mit Idcn angedeuteten Gewinden versehen, und jedes Federende wind mit Hilfe von zwei auf. ge- schraubten kleinen Muttern 32 am betreffen. den Arm 13, 14, 28, 29 befestigt. In der Zeichnung ist jeweils nur die oben befindliche Mutter 32 sichtbar. Um schliesslich, die durch die beiden Tarierfedern 30 und 31 bewirkte Zuigrichtung justieren zu können, haben die Arme 13 und d 14 Schlitze 33, welche in Richtung des Waagebalkens 5 und damit senkrecht zur Richtung der Schneiden 4 und 6 verlaufen.
In ihrem aus ge'oauten unid entspannten Zustand d sollen die Tarier- federn 30 und 31 Schraubenfedern von je gleicher Bauart, Materialbeschaffenheit und Abmessung darstellen.
Die ganze Anordnung ist nun derart getroffen, dass auch bei der tiefsten Stellung des Spanngliedes 25 bis 27 un,d gleichzeitig bei der höchsten Stellung des Schalenträgers 8 bis 11 die Tarierfeder 30 gerade noch nicht völlig entspannt ist. Dies lentspricht der Stellung Null der Tariervorrichtunig und gleichzeitig der Stellung Null des Waagebalkens bei i unbelasteter Waageschale 10. Die andere Tarierfeder 31 soll hin gegen auch bei der höchsten Stellung des Spann gliedes 25 bis 27 und gleichzeitig bei der tiefsten Stellung des Schalenträgers 8 bis 11 ebenfalls gegrade noch nicht völlig enspannt sein.
In cntsprechen- der Weise list dies bei maximaler Tarierung und gleichzeitig beim Vollausschlag des Waagebalkens 5 (Maximallast auf der Waageschale 10) der Fall. Um eine Tarierung auszuführen, ist demnach Dadurch entsprechende Drehung der Spindel 22 das Spannglied 25 bis 27 aus seiner tiefsten Stellung heraus anzuheben, und es wird dadurch die Zugkraft der den Schalenträger 8 bis 1-1 nach unten ziehenden Tarierfeder 31 vermindert und gleichzeitig, die Zugkraft der den Schalenträger 8 bis 11 nach oben ziehenden Tarierfeder 30 vergrössert.
Denkt man sich den Schalenträger 8 bis 11 festgehalten und verstellt man sodann die Höhenlage des Spanngliedes 25 bis 27, so wird stets die eine der beiden Tarierfedern stärker gespannt, während die andere der beiden Tarierfedern entsprechend entspannt wird.
-Die beiden Tarierfedern werden somit immer gegenläufig verstellt, und dies hat zur Folge, dass bei der resultierenden von beiden Tarierfedern 30 und 31 ausgeübten Summenkraft sich die nichtlinearen Kraftanteile der einzelnen Federn kompensieren, so dass die Summenkraft praktisch keine Nichtlinearitäten mehr aufweist. Bei einer einzelnen Feder ist bekanntlich die Nichtlinearität zwischen Federkraft und Fe derweg zum überwiegenden Teil durch den n Kraftan- teil gegeben, der proportional dem Quadrat des Federweges ist, und bei der hier verwendeten gegenläu- figen Verstellung der Tarierfedern 30 und 31 hebt sich dann dieses quadratische Glied d genau heraus.
Darüber hinaus und teilweise als Folge der erwähnten Beseitigung von Nichtlinearitäten wind fer ner eine venbesserte Ilonstanz Ider Empfindlichkeit der Waage in bezug auf Horizontierungsfehler erreicht, so dass dann bei Abwesenheit von Horizontierungsfehlern lediglich der Nullpunkt des Waage balkens nachzustellen ist. Die praktische Handhabung der Waage bei der Durchführung von Wägungen mit oder ohne Tarierung wird hierdurch erheblich Eerleich- tert.