Verfahren zur Herstellung von 6-Amino-penicillansäure
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von 6-Aminopenicillan- säure durch enzymatische Spaltung von Phenoxymethylpenicillin.
Die 6-Amino-penicillansäure wurde erstmals im Jahre 1950 von Sakaguchi und Murao aus Penicillin G durch Spaltung mit Mycel des Penicilliumstanunes Q 176 dargestellt. Später erkannten Batchelor u. a. die Bedeutung dieser Substanz als Ausgangsprodukt für die chemische Herstellung neuer Penicilline und beschrieben die Darstellung dieser Säure durch precursorlose Fermentation. Die technische Gewinnung von 6-Amino-penicillansäure ist jedoch infolge der relativ geringen Ausbeuten und der subtilen Isolierungs- und Reinigungsmethode für das gewünschte Produkt auf diesem Wege nur sehr schwierig durchzuführen.
Es ist auch schon vorgeschlagen worden, Penicilline zur Gewinnung von 6-Amino-penicillansäure auf enzymatischem Wege unter Verwendung verschiedener Bakterien, Actinomyceten und Pilze zu spalten. Bei diesen Verfahren werden die das spaltende Enzym enthaltenden Mikroorganismen entweder einer Gefriertrocknung unterworfen, oder die Zellen müssen infolge ihrer geringen enzymatischen Aktivität in Form dichter Suspensionen zur Anwendung gebracht werden. Andere Organismen Iiefern bei Durchführung der verschiedenen Verfahrensweisen nur sehr geringe Ausbeuten an 6-Amino-pen, i- cillansäure oder sie bilden Farbstoffe und andere Stoffwechselprodukte, die bei der Aufarbeitung des bei der Spaltung entstehenden Gemisches und Reindarstellung des Endproduktes stören.
Manche der zur Spaltung vorgeschlagenen Mikroorganismen stellen besondere Ansprüche hinsichtlich Nährlösung und Fermentationsbedingungen, oder sind in unewrwünsch- ter Weise substratspezifisch.
Es wurde nun gefunden, dass Pleutorus ostreatus aus der Klasse der Basidiomyceten in hervorragender Weise für die technische Durchführung der Spaltung von Phenoxymethylpenicillin und dessen Salzen in 6-Amino-penicillansäure geeignet ist und dass damit die vorstehend erwähnten Nachteile bekannter, für die Penicillinspaltung vorgeschlagener Mikroorganismen vermieden und besonders hohe Aus beuten an Spaltprodukt erzielt werden können.
Basidiomyceten sind bisher für die Penicillinspaltung noch nicht vorgeschlagen worden. Es ist auch kein Vertreter dieser Klasse als penicillinamidasehaitig bekanntgeworden.
Das erfindungsgemässe Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass man auf Phenoxymethylpenicil- lin oder dessen Salze den Mikroorganismus Pleuro- tus ostreatus aus der Klasse der Basidiomyceten oder entsprechende Enzyme einwirken lässt.
Der Mikroorganismus Pleurotus ostreatus kann vorteilhaft in Form von in Gärung befindlichen Kulturen, lebenden oder toten Zellsuspensionen bzw.
Myceltrockenpulvern eingesetzt werden. Man kann aber auch Autolysate oder Extrakte dieses Mikro organismus anwenden, um das erwähnte Penicillin in 6-Amino-penicillansäure umzuwandeln.
Vorzugsweise wird die Spaltung des genannten Penicillins so durchgeführt, dass der Mikroorganismus Pleutorus ostreatus in einer Nährlösung saprophytisch kultiviert wird, die das Wachstum gewährleistende assimilierbare Kohlenstoff- und Stickstoffquellen sowie Spurenmetalle enthält, wobei man je nach der Grösse der verwendeten Kulturtanks eine oder mehrere vegetative Vorstufen einschaltet und nach einer bestimmten Vorgärzeit, im allgemeinen nach Abschluss der Wachstumsphase, das zu spaltende Penicillin zusetzt und so lange weiterfermentiert, bis ein genügend grosser Anteil des Sub strates in Form von 6-Amino-penicillansäure vorliegt.
Man kann aber auch in der Weise vorgehen, dass man den Fermentationsprozess in dem Zeitpunkt, in dem der verwendete Mikroorganismus die höchste Enzymkonzentration erreicht hat, abbricht, das Pilzmycel bzw. die Zellen von der KulZ turlösung abtrennt und nach Wiedersuspendierung des Rückstandes, z. B. in Wasser, physiologischer Kochsalziösung oder Pufferlösung, mit dem zu spaltenden Substrat in innigen Kontakt bringt; dies geschieht am besten durch Schütteln oder Rühren, wobei unter aeroben Bedingungen die Spaltwirkung des Enzymkomplexes ermöglicht wird.
Die Konzentration des eingesetzten Penicillins, das auch kontinuierlich oder in Portionen während des Spaltprozesses zugesetzt werden kann, wird in Abhängigkeit von der Aktivität des Enzyms vorzugsweise so gewählt, dass die Einwirkungsdauer nur wenige Stunden, höchstens aber zwei Tage beträgt, so dass bei voller Ausnutzung der Enzymleistung die Eigenzerstörung des eingesetzten Penicillins und der gebildeten 6-Amino-penicillansäure möglichst gering gehalten wird.
Der bei der Spaltung im Medium vorliegende pH-Wert kann im schwach sauren bis schwach alkalischen Bereich liegen; das Temperaturoptimum liegt bei 28 bis 300 C, doch ist die Spaltung von Phenoxy-methylpenicillin und dessen Salzen sowohl bei tieferen als auch bei höheren Temperaturen durchführbar, wobei ähnliche Uberlegun- gen gelten wie für die Wahl der Enzym- und Sub stratkonzentration, welche die Spaltungsdauer mitbestimmen.
Beispiel 1
Das Mycel einer 14 Tage bei 240 C bebrüteten Stammkultur des Pleurotus ostreatus (Nährboden Sabouraud-Dextrose-Agar, abgefüllt in 16 X 160 mm Eprouvetten je 5 ml, in Schräglage erstarren gelassen) wird mit 5 ml nachstehend angeführter Nähr Iösung abgeschwemmt, in einer sterilen Eprouvette mittels eines Glasstabes zerkleinert und in 20 ml nachstehend angeführter steriler Nährlösung, die in einen 100 ml-Enghais-Erlenmeyerkolben abgefüllt ist, übertragen.
Nährlösung:
1 g Stickstoff (in Form von filtriertem Bierhefeautolysat),
50 g Glucose,
1 g KEI2PO4,
0,5 g MgSO4 7H20,
0,5 g Ca (NG1)2,
0,1 g NaCl,
0,05 g FeSO4 7H20, mit Brunnenwasser auf 1000 ml aufgefüllt, pH 6,0.
Nach der Abfüllung der Nährlösung werden 0,60m Spermöl zugesetzt. Die Nährlösung wird 40 Minuten bei 1200 C im Dampfautoklaven sterilisiert.
Es wird nun auf einem Rotationsschüttelwerk bei 40 mm Hub und 260 Umdrehungen pro Minute während 96 Stunden bei 280 C geschüttelt. Das Mycel dieser ersten Submersstufe ist kugelig und es wird die gesamte Kultur in einer entsprechend gre ssen Glasröhre mittels eines gut eingepassten Glasstempels unter sterilen Bedingungen zu breiiger Konsistenz verrieben.
10 ml dieser verriebenen Kultur werden zur Beimpfung der zweiten Submersstufe (500 ml Weithals Erlenmeyerkolben, gefüllt mit 100 ml der oben beschriebenen Nährlösung) verwendet. Es wird auf einem Rotationsschüttelwerk bei 40 mm Hub und 260 Umdrehungen in der Minute während 96 Stunden bei 280 C geschüttelt; hierauf wird die Kultur mittels eines geeigneten Tauchmixers unter sterilen Bedingungen bei 1000 bis 1500 Umdrehungen in der Minute während 1 Minute homogenisiert. Zu diesem Zweck wird der im Dampfautoklaven während 30 Minuten bei 1200 C sterilisierte Dispergierkopf des Mixers in das unter sterilen Bedingungen geöffnete und waagrecht gehaltene Kulturgefäss eingeführt.
10 ml des homogenisierten Produktes aus der zweiten Submersstufe werden nun zur Beimpfung eines Kulturgefässes der dritten Submersstufe (500 ml Weithals,-Erlenmeyerkolben, der mit 100 ml der oben beschriebenen Nährlösung gefüllt ist) verwendet. Es wird unter den gleichen Bedingungen wie in der zweiten Submersstufe während 96 Stunden bei 280 C geschüttelt und hierauf unter den gleichen Bedingungen homogenisiert.
Zur Spaltung des Penicillins werden nun 100 ml Erlenmeyerkolben, die mit 20 ml der oben angegebenen sterilen Nährlösung gefüllt sind, verwendet, wobei mit 10%, also 2 ml der vorstehend beschriebenen dritten Submersstufe, beimpft wird. Nach 36 stündigem Schütteln auf einer Rundschüttelmaschine bei 40 mm Hub, 260 Umdrehungen in der Minute und 280 C werden 40000 11 Einheiten Kaliumphen- oxymethylpenicillin (Penicillin-V-Kalium) in fester Form pro ml Kolbeninhalt zugesetzt.
In 8stündigen Intervallen werden zur Bestimmung des Restpenicillins bzw. der gebildeten 6-Amino-penicillansäure jeweils 2 kleine Teilmengen zur Prüfung entnommen; nach Extraktion des Penicillins wird auf jodo- metrischem Wege das Verhältnis der Konzentration des Substrates zur Konzentration des Spaltproduktes bestimmt. Nach 48 Stunden sind 82 % des eingesetzten Penicillins gespalten und liegen als 6-Amino- penicillansäure vor.
Beispiel 2
Mit 100 ml der nach Beispiel 1 erhaltenen dritten Submersstufe werden 10 Liter fassende Submerstanks aus Nirostastahl beimpft, die mit einem Vortex-Belüftung und -Rührsystem ausgestattet und mit 4 1 der im Beispiel 1 beschriebenen sterilen Nährlösung gefüllt sind. Nach einer 86 Stunden dauernden Fermentationszeit (500 Umdrehungen in der Minute, Propellerrührer mit 9 cm Durchmesser) wird das gewonnene Pilzmycel von der Kulturlösung abgetrennt, gewaschen und in 2 1 Phosphatpuffer pH 7,0 suspendiert, worauf 100000 Einheiten Kaliums phenoxymethylpenicillin zugesetzt werden. Nach 36stündigem Rühren sind 94% des eingesetzten Penicillins gespalten.
Beispiel3
10 ml der gemäss Beispiel 1 gewonnenen, homogenisierten zweiten Submersstufe werden zur Beimpfung eines mit 40 ml der im Beispiel 1 angegebenen Nährlösung gefüllten 500-ml*Erlenmeyer- kolbens verwendet. Der Kolben wird während 66 Stunden bei 30 mm Hub und 230 Umdrehungen in der Minute bei 30 C auf einer Rundschütteli maschine geschüttelt; hierauf werden 300000 Einheiten/ml Kaliumphenoxymethylpenicillin zugesetzt; 24 Stunden später ist das zugesetzte Penicillin zu 85 % gespalten.
Beispiel 4
2 I-Erlenmeyerkolben werden mit 100 ml folgender Nährlösung gefüllt:
1,5 g Stickstoff (in Form von Cornsteepliquor,
50 g Trockensubstanz),
75 g Glucose,
1,5 g KH2PO4,
1,0 g MgS04-7H20,
1,0 g Ca(NO3)2,
0,2 g Nach,
0,01 g ZnCl, mit Brunnenwasser auf 1000 ml aufgefüllt, pH 6,5.
Die Kolben werden 20 Minuten bei 1200 C sterilisiert und sodann mit je 10 ml des im Beispiel 1 beschriebenen homogenisierten Produktes aus der dritten Submersstufe beimpft. Die Kolben werden hierauf während 48 Stunden auf einem Reziprokschüttler mit 150 Bewegungen in der Minute und 5 cm Ausladung bei 260 C geschüttelt; hierauf werden 50000 Einheiten pro ml Kaliumphenoxymethylpenicillin zugefügt. Nach weiterem 36stündigem Schütteln sind 88S des eingesetzten Penicillins gespalten.
Beispiel 5
Die Heranführung der dritten Submersstufe gemäss Beispiel 1 wurde zwecks Gewinnung einer grö sseren Impfgutmenge so variiert, dass 50 ml des homogenisierten Produkts aus der zweiten Submersstufe zur Beimpfung von 2 l-Erlenmeyerkoiben, die mit 500 ml der in Beispiel 1 beschriebenen Nährlösung gefüllt waren, verwendet werden. Nach 72stündigem Schütteln bei 280 C auf einer Rundschüttelmaschine mit 40 mm Hub und 260 Umdrehungen in der Minute wird der Inhalt von 7 derartigen 2 Kolben als Einsaat für ein mit 75 I der im Beispiel 4 beschriebenen Nährlösung gefülltes 100 l-Fermentationsgefäss, welches mit einer Einrichtung zum Rühren und Belüften ausgestattet ist, verwendet.
Nach 96 Stunden Fermentationszeit, wobei mit einer Umdrehungsgeschwindigkeit von 210 Umdrehungen in der Minute und einer Luftzufuhr von 1 1 pro 1 Nährlösung/min gearbeitet wurde, erfolgt der Zusatz von 60000 Einheiten/ml Kaliumphenoxymethylpenicillin. Die beschriebenen Fermen tationsbedingungen werden aufrechterhalten, wobei nach weiteren 48 Stunden eine 90 % ige Spaltung des eingesetzten Penicillins erreicht wird.
Beispiel 6
1,5 1 der gemäss Beispiel 5 herangeführten, homogenisierten dritten Submersstufe werden zur Beimpfung eines mit 17 1 der in Beispiel 1 beschriebenen Nährlösung gefüllten, 24 1 fassenden, mit einem Schikanensystem ausgerüsteten Submersgefässes verwendet und 96 Stunden bei Rühren mit 450 Umdrehungen in der Minute und einer Luftzufuhr von 0,8 l pro 1 Nährlösung/min herangeführt. Hierauf werden 200001 Einheitenlml Kaliumpbenoxymethyl penicillin zugesetzt und 30 Stunden wie vorstehend beschrieben, weiterfermentiert, wodurch eine Spaltung des eingesetzten Penicillins von 95 % erzielt wird.