Präzisionswaage, insbesondere Analysen-oder Mikrowaage
Bei Präzisionswaagen ist das um eine Drehachse schwenkbar gelagerte Messglied, in der Regel der Waagebalken, mit einer Messplatte versehen, auf welcher meistens mit Ziffern bezeichnete Ablesemarken angebracht sind. Die Ablesemarken sind üblicherweise längs einer Kreislinie angeordnet, deren Mittelpunkt in der Drehachse des Messgliedes liegt. Vermittels einer Ablesevorrichtung, die gegebenenfalls eine Vergrösserungsoptik enthält, wird der jeweils im optischen Strahlengang befindliche Bereich der Mess- platte betrachtet, um die letzten Gewichtsdezimalen des zu wägenden Gegenstandes anhand der Ablesemarken entsprechend der jeweiligen Neigung des Messgliedes zu bestimmen.
Genauere Ablesevorrichtungen enthalten ferner einen Nonius oder einen optisch wirkenden Mikrometer, um zwischen benachbarten Ablesemarken noch interpolieren zu können und solchermassen weitere Dezimalstellen des zu wägenden Gegenstandes zu erhalten. Die bekannten Interpolationsmittel, die für solche Zwecke in Präzisionswaagen in Frage kommen, setzen jedoch voraus, dal3 mindestens am Ort des betrachteten Bildes der Ablesemarken diese konstante Abstände voneinander aufweisen. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht immer hinreichend genau erfüllbar.
Steht zum Beispiel der Waagebalken einer Analysen-oder Mikrowaage noch unter dem Einfluss einer Tarierfeder, so wird wegen der unvermeidlichen nichtlinearen Charakteristik der Tarierfeder die am Messglied der Waage vorhandene Winkelempfindlichkeit nicht mehr konstant sein. Die Abstände zwischen benachbarten, längs des Teilkreises angeordneten Ablesemarken sind aber direkt der Winkelempfindlichkeit proportional. Unter der Winkelempfindlichkeit Ea der Waage ist dabei der Differentialquotient dFverstanden, wobei da die durch eine Belastungs änderung dF erzeugte Anderung des Neigungswinkels cr des Messgliedes der Waage bedeutet.
Nicht konstante Winkelempfindlichkeiten an einer Waage werden ferner auch dann erhalten, wenn der Waagebalken grössere Neigungswinkel a gegenüber seiner Horizontallage einzunehmen hat. In diesen und ähn- lichen Fällen stellt sich die Winkelempfindlichkeit Ea der Waage als Funktion des Neigungswinkels a ihres Messgliedes dar und diese Funktion ist zudem oft nur empirisch erfassbar. Bei einer grundsätzlich vom Neigungswinkel a abhängigen Winkelempfindlichkeit der Waage können aber die üblichen direkt anzeigenden Interpolationsmittel nicht mehr angewendet werden, sofern noch einige Anforderungen an die Ablesegenauigkeit gestellt werden.
Die vorliegende Erfindung befasst sich demgemäss mit einer Präzisionswaage und insbesondere einer Analysen-oder Mikrowaage, mit einem um eine Drehachse schwenkbar gelagerten Messglied, welches eine mit Ablesemarken versehene Messplatte aufweist, und einer Ablesevorrichtung, vermittels welcher die letzten Gewichtsdezimalen des zu wägenden Gegenstandes entsprechend der jeweiligen Neigung des Messgliedes anhand der Ablesemarken bestimmt werden können. Zweck der Erfindung ist, eine einfache Interpolation zwischen benachbarten Ablesemarken auch dann zu erhalten, wenn die Winkelempfindlichkeit der Waage nicht konstant ist. Dies wird erfindungsgemäss dadurch erreicht, dass die auf der Messplatte angebrachten Ablesemarken längs einer Kurve K angeordnet sind, die in Polarkoordinaten ausgedrückt wenigstens näherungsweise durch die Formel (1--k).
Eo
Rn = Ra. k @ E@+E@ gegeben ist, worin E die am Messglied vorhandene Winkelempfindlich keit der Waage in einer vorgegebenen Ausgangs- lage des Messgliedes, Ea die entsprechende Winkelempfindlichkeit in einer gegenüber der vorgegebenen Ausgangslage um den Betrag des Winkels a geneigten Lage des Messgliedes der Waage, R, den von der Drehachse des Messgliedes aus ge nommenen und der Winkelempfindlichkeit Eo zugeordneten Radiusvektor der Kurve K, Ra den ebenfalls von der Drehachse des Messgliedes aus genommenen und der Winkelempfindlichkeit E, zugeordneten Radiusvektor der Kurve K und k eine dimensionslose und vorgegebene Konstante bedeuten.
Ein Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung ist in der Zeichnung schematisch dargestellt, wobei die für das Verständnis der Erfindung nicht unmittelbar erforderlichen Einzelheiten der Waage aus Gründen der Obersichtlichkeit nicht näher dargestellt sind. In der Zeichnung zeigt
Fig. 1 eine Seitenansicht auf den direkt als Messglied der Waage dienenden Wagebalken, dessen län- gerer Waagebalkenarm eine mit fortlaufend nume rierten Ablesemarken versehene Messplatte aufweist, und
Fig. 2 eine Ansicht auf den jeweils im optischen Strahlengang befindlichen Abschnitt der Messplatte in einer gegenüber der Fig. 1 mehrfach vergrösserten Darstellung, wobei der obere Teil der Fig.
2 denjenigen Abschnitt der Messplatte zeigt, wenn der Waagebalken sich in der Nähe seiner einen Endlage befindet, die als Ausgangslage angenommen ist, wäh- rend der untere Teil der Fig. 2 zu Vergleichszwekken einen Abschnitt der Messplatte veranschaulicht, sofern der Waagebalken gegenüber seiner Ausgangslage um den Betrag des Winkels a geschwenkt worden ist.
Der unsymmetrische Waagebalken 5 hat an seinem kürzeren Waagebalkenarm die Aussenschneide 6, auf welcher wie üblich das mit der Waageschale und den Schaltgewichten versehene Gehänge sitzt.
Das letztere ist jedoch nicht veranschaulicht. Die Mittelschneide 7 des Waagebalkens ruht mit ihrer Schneidenkante M auf einem festen und ebenfalls nicht veranschaulichten plattenförmigen Widerlager, so dass der ganze Waagebalken 5 sich um die Schneidenkante M drehen kann, welche somit als Drehachse wirkt. Am längeren Waagebalkenarm ist schliesslich das übliche Gegengewicht 8 sowie die Messplatte 9 befestigt. In der Fig. 1 ist die in der Regel feststehend angebrachte Ablesevorrichtung 10 nur schematisch durch den eingetragenen gestrichelten Kreis veranschaulicht, die eine Vergrösserungs- optik enthalten kann.
Mittels dieser Vergrösserungsoptik-die ebenfalls nicht näher gezeigt ist-kann in bekannter Weise der jeweils im Bereich der Ablesevorrichtung 10 sich befindliche kurze Abschnitt der Messplatte 9 in optisch vergrössertem Massstab abgebildet werden. In der Fig. 2 sind untereinander zwei solche Bildausschnitte wiedergegeben, die zwei verschiedenen Neigungen des Waagebalkens 5 entsprechen. Auf dem Bildschirm der Ablesevorrichtung ist ferner eine Ablesegerade g angebracht, die sich senkrecht zur scheinbaren Bewegungsrichtung erstreckt, welche die Bildausschnitte bei einer Schwenkung des Waagebalkens 5 um seine Schneidenkante M ausführen.
Auf der Messplatte 9 sind nun längs einer bestimmten Kurve K beispielsweise 100 Ablesemarken in der Form von sehr kleinen Kreisringen angebracht.
Die Kurve K hat einen gesetzmässig sich ändernden Radiusvektor Ra, der von der Schneidenkante M aus zu nehmen ist. Mit R. ist der Radiusvektor der Kurve K fiir eine vorgegebene Ausgangslage bezeichnet, die im dargestellten Beispiel mit der einen Endlage des Waagebalkens 5 zusammenfällt. Jede der längs der Kurve K angeordneten Ablesemarken ist mit einer Ziffer versehen, wobei aber diese zugeordne- ten Ziffern längs eines Teilkreises T vorgesehen sind, dessen Mittelpunkt bei M liegt.
Denkt man sich nun den Waagebalken 5 der Fig. 1 so geneigt, dass das dem Radiusvektor R, zugeordnete kurze Kurvenstück Ko sich im Bereich der Ablesevorrichtung 10 befindet, so wird man gemäss der oberen Hälfte der Fig. 2 ganz links die Ziffern 0-1-2 und ganz rechts die denselben zugeordneten kreisringförmigen Ablesemarken sehen, wobei der Abstand zwischen benachbarten Ablesemarken mit SO bezeichnet ist.
Wird jetzt der Waagebalken 5 von dieser Ausgangslage aus um den Betrag des Winkels a so geschwenkt, dass das dem Radiusvektor Ra zugeordnete kurze Kurvenstück Ka in den Bereich der Ablesevorrichtung 10 gelangt, so haben sich die entsprechenden kreisringförmigen Ablesemarken infolge des anderen Radiusvektors der Kurve K um den Betrag (R"-R°,) verschoben, wie dies die untere Hälfte der Fig. 2 veranschaulicht. Am Ort des Teilkreises T erscheinen dann die zugeordneten Ziffern 63-64-65. Der Abstand Sa zwischen benachbarten Ablesemarken wird sich dabei gegenüber S"infolge einer anderen Winkelempfindlichkeit der Waage verändert haben.
Um nun die nach der vorliegenden Erfindung jeweils benötigte Kurve K zu erhalten, bestimmt man vorerst für eine grössere Anzahl von Winkeln a die dazugehörigen Winkelempfindlichkeiten Ea wobei die für eine vorgegebene Ausgangslage ermittelte Winkelempfindlichkeit mit Eo bezeichnet sei.
Für diese Ausgangslage kann man ferner den Radiusvektor Ra der Kurve K vorgeben. Die Kurve K in Polarkoordinaten ausgedrückt soll nun möglichst genau durch die Formel R@ = R@ @ (1+k) @ E@ @@@@
R Ro. k @ E@+E@ dargestellt werden, wobei k eine weitere Konstante bedeutet, über welche je nach den gewünschten Ver hältnissen verfügt werden kann.
Sind nun die Ablesemarken längs einer in dieser Weise bemessenen Kurve K angeordnet, bestimmt man gemäss der Fig. 2 den Punkt N auf der gestrichelten Verlängerung der Ablesegeraden g im Abstand von K. aus, und zieht man durch N die gestrichelte Gerade b, welche bei Ko den Abstand S,, von der Ablesegeraden g hat, so wird stets der Abstand Sa benachbarter Ablesemarken gleich der Distanz zwischen den Geraden g und b am Ort des Kurvenstückes Ka sein. Demnach wird (S@-S@)=k@ S@@(R@-R@)
Ra und dies besagt, dass die Anderung von Sa proportional wird zu (Ro-Ra) da SO, Ro und k vorgegebene oder konstante Grössen sind.
Die Kurve K hat demnach die wichtige Eigenschaft, dass die jeweilige seitliche Verschiebung (R"-R ), welche das Kurvenstück Ka gegenüber dem Kurvenstück K. erfährt, ein proportionales Mass für die Anderung von Sa gegenüber So darstellt und diese Eigenschaft der Kurve K erlaubt die Anwendung von verhältnismässig einfachen Mitteln zur Interpolation, wenn keine der Ablesemarken genau in der Ablesegeraden g zentriert ist. Beispielsweise kann man eine einfache Feinskala oder eine Noniusteilung dadurch erhalten, dass man auf dem Bildschirm, der die Ablesegerade g aufweist, ein aus einer entsprechenden Anzahl Geraden bestehendes Strahlenbüschel anbringt, dessen Ursprung im Punkt N liegt und dessen Geraden, in einer Richtung senkrecht zu g betrachtet, äquidistante Abstände voneinander haben.
Die einzelnen Geraden dieses Strahlenbüschels werden vorzugsweise entsprechend beziffert, so dass man rasch die letzte Gewichtsdezimale des zu wägenden Gegenstandes entsprechend der Koinzidenz einer der Ablesemarken mit einer der Geraden des Strahlenbüschels ablesen kann. Der lineare Zusammenhang zwischen der seitlichen Verschiebung (Ro¯Ra) und (So-Sn) erlaubt ferner die Anwendung von einfacheren optischen Korrekturoder Kompensationselementen in optisch wirkenden Mikrometern, so dal3 dann deren Anwendung auch bei nicht konstanter Winkelempfindlichkeit der Waage gewährleistet ist.
Die Kurve K kann auf der Messplatte 9 sowohl symmetrisch als auch unsymmetrisch in bezug auf die Mittellage des Waagebalkens 5 sein, die meistens dann gegeben ist, wenn die durch die Schneidenkanten seiner Schneiden 6 und 7 gezogene Gerade horizontal verläuft. Die Ausgangslage mit dem Radiusvektor R. und der Winkelempfindlichkeit E. braucht ausserdem nicht mit dem einen Ende der Kurve K zusammenzufallen. Je nach den jeweils vorliegenden Verhältnissen, die für die Anderung der Winkelempfindlichkeit der Waage verantwortlich sind, kann es vorteilhaft sein, die oben erwähnte Ausgangslage entsprechend zu wählen und beispielsweise auch in die Mitte der Kurve K zu verlegen.