Verfahren zur Entfernung von in Wasser gelöstem Sauerstoff mit Hilfe von Ionenaustauscherharzen
Es sind Untersuchungen bekannt, die die Über- tragung der Arbeitsweise der Elektrolytentfernung aus Wasser mit Hilfe von lonenaustauscherharzen auf die Entfernung von Sauerstoff aus Wasser zum Gegenstand haben.
So wurden z. B. für solche Zwecke Kunstharze untersucht, die durch eingebaute reversibel oxydierund reduzierbare Gruppen die Bindung des in Wasser gelösten Luftsauerstoffes bewirken sollen. Es wurden so mehrere Redoxsysteme nach verschiedenartigen Verfahren in Kunstharze eingebaut und die Eigenschaften der erhaltenen Redoxaustauscher untersucht und beschrieben (siehe Ullmann, Enzyklopädie der technischen Chemie, 3. Autlage, 1955, Bd. 6, Seite 477).
Bisher erlangte jedoch keiner dieser Austauscher eine praktische Bedeutung. Im allgemeinen ist die Kapazität und die Reaktionsgeschwindigkeit derselben gegenüber dem im Wasser gelösten Luftsauerstoff zu gering, oder die Beständigkeit der Austauscher oder die Haftfestigkeit der Redoxsysteme am Harzgerüst genügt den Anforderungen nicht. Das Problem der Entfernung von Sauerstoff aus Wässern mit Hilfe von reversiblen Redoxsystemen ist somit praktisch noch nicht gelöst.
Es ist weiterhin ein Verfahren zur Entfernung von Sauerstoff aus industriellen Wässern bekannt, bei welchem auf die Verwendung eines Redoxsystems im Austauscher verzichtet wird. Das Wasser wird in diesem Falle durch ein Ionenaustauscher-Filter geleitet, welches als Reduktionsmittel das Sulfit-Ion salzartig gebunden enthält. Die Praxis zeigt indessen, dass die Oxydation dieses tons durch den gelösten Luftsauerstoff zu Sulfat-lon bei Zimmertemperatur entschieden zu langsam erfolgt, als dass nach diesem \'verfahren der Sauerstoff in technisch befriedigender Weise aus dem Wasser entfernt werden konnte.
Zur Überwindung der erheblichen Mängel dieser Verfahren wurde vorgeschlagen, für die Entfernung von Sauerstoff aus seinen Lösungen in Wasser Anionenaustauscherharze zu verwenden, die sowohl stark basische wie auch schwach basische funktionelle Gruppen tragen und mit Anionen der dithionigen Säure beladen sind.
Es wurde nunmehr gefunden, dass man zu einem leistungsfähigen und wirtschaftlichen Verfahren zur Entfernung von in Wasser gelöstem Sauerstoff gelangt, wenn man für diesen Zweck stark basische Anionenaustauscherharze einsetzt, welche mit Polysulfid beladen sind. Das Wasser wird gegebenenfalls anschliessend durch ein Gemisch aus einem stark basischen Anionaustauscher in Salzform und Schwefel geleitet.
Das vorliegende Verfahren unterscheidet sich von den bisher bekannten Verfahren einmal durch die andersartigeBeladung der au stausch aktiven Gruppen. Die erfindungsgemässe Beladung des Austauschers mit einem Reduktionsmittel, das bei Oxydation keine Säure liefert, ermöglicht ferner den Verzicht auf eine Neutralisationskapazität im Austauscherharz bzw. führt zu einer annähernden Verdoppelung seiner Reduktionskapazität.
Reduktionsmittel, die das letztgenannte Verhalten zeigen, sind z. B. die Salze der Schwefelwasserstoffsäure, die Sulfide. Die Beladung eines Austauschers mit Alkalisulfid führt jedoch bei weitem noch nicht zu befriedigenden Ergebnissen.
Für die Beladung mit Sulfid-Ionen kommen nur stark basische Austauscher in Betracht, da schwach basische durch die Alkalität der Sulfidlösungen, mit denen die Beladung durchgeführt wird, in die Basenform übergeführt würden.
Leitet man über die Sulfide solcher stark basischen Austauscher entsalztes Wasser, das mit Luft gesättigt ist, so lässt sich wohl feststellen, dass eine Bindung von Sauerstoff an den Austauscher zweifellos erfolgt. Die Geschwindigkeit der Oxydation ist aber viel zu gering, als dass der Sauerstoff während der üblichen Durchlaufzeit vollständig aus dem Wasser entfernt werden könnte.
Darüber hinaus enthält der Filterablauf, obwohl das Wasser vorher entsalzt wurde, beständig etwas Schwefelwasserstoff, der vermutlich durch Hydrolyse des Austauschersulfids entsteht und von dem durch strömenden Wasser mit fortgeführt wird. Seine Konzentration ist zwar gering (etwa 6 mg pro Liter Wasser), doch bereitet die Enfernung solcher Spuren einer sehr schwachen Säure aus dem Wasser bekanntlich Schwierigkeiten, so dass also stark basische Anionenaustauscher in der Sulfidform für den vorliegenden Zweck nicht in Frage kommen.
Die vorliegende Erfindung beruht nun auf der Erkenntnis, dass die Mängel, welche der Verwendung eines mit Sulfid-Ionen beladenen Austauschers zur Bindung von Sauerstoff im Wege stehen, dadurch beseitigt werden können, dass diese Austauscher mittels elementarem Schwefel in die Polysulfidform überführt werden.
Schwefel löst sich, wie festgestellt wurde, in dem Sulfid eines stark basischen Anionenaustauschers erheblich besser als beispielsweise in Schwefelnatrium, das heisst, er geht beim Durchleiten einer wässrigen Polysulfidlösung durch ein Filter, das mit einem Anionenaustauscher in der Sulfidform beschickt ist, aus der wässrigen Lösung in den Austauscher über.
Obwohl das Polysulfid des Austauschers das Salz eines stark basischen Kations vorstellt, ist es im Gegensatz zum einfachen Sulfid nur wenig hydrolysiert, aber auch praktisch kaum dissoziert, so dass beim Durchleiten von entsalztem Wasser ein schwefelwasserstofffreier Ablauf erhalten werden kann. Zu diesem bemerkenswerten Vorteil, den die Austauscherpolysulfide vor den entsprechenden Sulfiden besitzen, kommt als weiterer die grössere Reaktivität gegenüber elementarem Sauerstoff hinzu, welche es ermöglicht, den im Wasser gelösten Sauerstoff innerhalb der für Ionenaustauschreaktionen üblichen Durchlaufzeiten vollkommen zu entfernen. Dabei entsteht nach der Bruttogleichung S,-- + 30 = S203-- Thiosulfat.
Es tritt also keine saure Reaktion auf, und das entstandene Thiosuifat-Ion hat weiterhin die für das vorliegende Verfahren sehr wertvolle Eigenschaft, dass es im Gegensatz zum Polysulfid leicht gegen andere Ionen austauschbar ist. Das gebildete Thiosulfat-Ion kann mit nahezu der theoretischen Menge Na2SS aus dem Austauscher verdrängt werden, wobei dieser seine volle Reduktionskapazität zurückerhält.
Die Beladung des Austauschers mit Polysulfidschwefel nach dem Durchlaufverfahren kann sowohl mit Natriumdisulfidlösung als auch mit Natriumpolysulfidlösungen höheren Schwefelgehaltes vorgenommen werden. Es entsteht dabei in jedem Falle ein Polysulfid mit einem Schwefelgehalt, der mindestens einem Tetra- bis Pentasulfid entspricht. Die Anwendung der theoretischen Natriumsulfidmenge führt zur Bildung der soeben genannten Polysulfide neben einfachem Sulfid.
Leitet man nämlich eine wässrige Natriumdi- oder -trisulfidlösung von oben durch ein Filter, in welchem der Anionenaustauscher in der Chlorid- oder Sulfatform vorliegt, so findet nicht nur ein Austausch der Chlorid- oder Sulfat Ionen des Austauschers gegen S2--oder S,-- statt, sondern das in der obern Harzschicht entstandene Polysulfid des Austauschers entzieht der durchströmenden wässrigen Polysulfidlösung den Schwefel, so dass diese nur als Natriumsulfidlösung in die darunter liegenden Harzschichten gelangt und farblos abläuft.
Die Beladung des Austauschers mit Polysulfidschwefel kann bei Durchführung des Versuches in einem Glasrohr an der Verfärbung des Austauschers gut verfolgt werden. Der Austauscher färbt sich um so stärker rotbraun, je mehr Schwefel er aufgenommen hat, und die Zonengrenze zwischen der Polysulfidund der Sulfidform des Austauschers rückt im Verlauf der Beladung immer weiter nach unten vor, bis sie schliesslich das untere Ende des Filters erreicht hat und das ablaufende Schwefelnatrium nun auch Polysulfidschwefel enthält.
Selbst eine an Schwefel gesättigte wässrige Natriumpolysulfidlösung gibt beim Durchlauf durch das Filter den gesamten Polysulfidschwefel an den Austauscher ab und verlässt schliesslich als farblose Schwefelnatriumlösung das Filter. Demzufolge können mit stark basischen Ionenaustauschern Polysulfide von höherem Schwefelgehalt hergestellt werden als ihn eine mit Schwefel gesättigte, wässrige Natriumpolysulfidlösung besitzt.
Die grosse Affinität des Schwefels zu dem Austauschersulfid zeigt sich ferner darin, dass durch die Schwefelaufnahme eine beträchtliche Volumenkontraktion des Austauschers stattfindet. Das Austauscherpolysulfid besitzt wesentlich mehr Schwefel als dem Disulfid entspricht, daher scheidet sich bei dem Betrieb eines solchen Filters der überschüssige Schwefel in elementarer Form in und auf dem lonenaustauscher aus ohne aber, etwa in kolloider oder suspendierter Form, in das durchströmende Wasser überzugehen. Derselbe verstopft anderseits auch nicht die Poren des Austauschers, er wird beim Regenerieren mit Na,S- sofort wieder als Polysulfidschwefel an die basischen Austauschergruppen gebunden.
Für das erfindungsgemässe Verfahren können alle bekannten stark basischen Ionenaustauscher zur Anwendung kommen. Derartige stark basische Ionenaustauscher, wie sie bei dem vorliegenden Verfahren verwendet werden können, sind durch den Gehalt an quaternären Ammoniumgruppen entsprechend der allgemeinen Formel
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charakterisiert. In dieser Formel bedeuten Rj, R2 und R3 niedrige Alkyl- oder Oxalkylgruppen mit 1-8 Kohlenstoffatomen, die verzweigt sein können und worin die Radikale Rt, R2 und R3 gleich oder verschieden sein können. Vorzugsweise stellen R,, Ro und R3 Methyl-, Athyl- oder Oxäthylgruppen dar.
In vorstehender Formel bedeutet fernerhin X ein Hydroxylanion oder das salzbildende Anion einer organischen oder anorganischen Säure, wie z. B. Salzsäure, Schwefelsäure, Thioschwefelsäure, Salpetersäure, Phosphorsäure oder Essigsäure. Vorzugsweise steht hierfür das Chloranion.
Die chemische Natur bzw. die Herkunft der Austauscherharzmatrix ist unwesentlich, sowohl Kondensationsharze wie Polymerisationsharze der verschiedensten Art können in Anwendung kommen.
Harze, die nur primäre oder sekundäre oder tertiäre Aminogruppen aufweisen, können entweder teilweise oder vollständig quaternerisiert werden.
Für das vorliegende Verfahren können Kondensationsharze eingesetzt werden, wie z. B. Stickstoff enthaltende Harze, die sich von Athern aromatischer Oxyverbindungen ableiten, wie sie in dem deutschen Patent Nr. 959947 beschrieben sind. Andere Kondensationsharze, die verwendet werden können, werden durch Kondensation von Aldehyden oder Ketonen, insbesondere Formaldehyd mit aromatischen oder aliphatischen Aminen, erhalten. Harze dieser Art und verwandte Typen sind in Ullmann Enzyklo pädie der technischen Chemie 3. Auflage, Band 8, tvlünchen-Berlin 1957, Seite 811, beschrieben.
Darüber hinaus können ferner noch die verschiedensten andern Typen, beispielsweise auf Basis von Aminotriazin-, Harnstoff-oder Melamin-Formaldehydkondensationsprodukten, ferner auf Basis von Kondensationsprodukten aus Polyepoxyverbindungen und aliphatischen Polyaminen herangezogen werden.
Als geeignete Polymerisationsharze seien beispielsweise genannt: vernetzte Polymerisate von Vinylaromaten, wie Styrol, Methylstyrol, Vinyltoluol und üblichen Vernetzungsmitteln, wie beispielsweise Divinylbenzol und Trivinylbenzol, Divinyläther, Athylenglykol-dimethacrylat und ähnliche. Die Herstellung solcher Austauscherharze ist beispielsweise in den Deutschen Auslegeschriften Nrn. 1 058 737 und 1 010 738 sowie in den deutschen Patenten Nrn. 848257 und 829223 beschrieben. Andere Verfahren zur Herstellung vernetzter Styrol-Polymeris ate, die durch Haloalkylierung, nachfolgender Aminierung bzw. Quaternisierung in Austauscherharze übergeführt werden können, die sich für den vorliegenden Anmeldungsgegenstand eignen, sind besonders in USA-Patentschriften beschrieben.
Weitere Polymerisationsharze, die im Rahmen der vorliegenden Erfindung angewendet werden können, sind auch in Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie 3. Auflage, Band 8, München-Berlin 1957, Seite 812, zusammengefasst.
Ferner können Anionenaustauscherharze verwendet werden, die Schwammstruktur aufweisen, das heisst Austauscherharze mit einer sehr hohen Austauschgeschwindigkeit, wie sie beispielsweise gemäss den deutschen Patentanmeldungen Nummern 1 049 583, 1 045 102 und 1 054 715 erhalten werden können, wenn für eine Haloalkylation und nachfolgende Aminierung solche Polymere verwendet werden, die durch Polymerisation eines aromatischen Vinylmonomeren mit einem Vernetzungsmittel in Gegenwart von beispielsweise mindestens 20 Teilen, berechnet auf die Menge der Monomeren, eines Lösungsmittels dargestellt wurden, wobei letzteres das Monomere, nicht aber das lineare Vinylaromaten-Polymere löst.
Obgleich sowohl Kondensations- als auch Polyrnerisationsharze grundsätzlich geeignet sind, ist hinsichtlich ihrer physikalischen Struktur den weitporigen Anionenaustauschern der Vorzug vor engporigen zu geben. Bei engporigen Anionenaustauschern besteht die Gefahr, dass nicht die gesamten austauschaktiven Gruppen der Reduktionskapazität zugute kommen.
Die Beladung der oben definierten stark basischen Austauscher mit Polysulfidschwefel wird mit wässrigen Lösungen von Polysulfiden der Alkalimetalle oder Ammoniumpolysulfiden durchgeführt. Der Schwefelgehalt dieser Lösungen ist hierbei höher als der der entsprechenden Monosulfide, er kann stöchiometrisch oder nichtstöchiometrisch sein (vergleiche Hollemann-Wiberg Lehrbuch der anorganischen Chemie , 24. und 25. Auflage, Berlin 1954, Seite 190). Vorzugsweise werden Lösungen von Natriumdisulfid oder Natriumpolysulfid verwendet, wobei bei letzteren der Schwefelgehalt meist den Formeln Na2S4 bzw. Na2S5 entspricht. Die Konzentration der zur Beladung zu verwendenden wässrigen Alkalipolysulfidlösungen ist unerheblich. Vorzugsweise werden Lösungen verwendet, die etwa 2-20 Gewichtsprozent Alkalipolysulfid enthalten.
Das erfindungsgemässe Verfahren ermöglicht infolge der grossen Affinität des Schwefels bzw. schwe felreicher Polysulfid-Ionen zu den basischen Gruppen des Austauschers die Entfernung von Sauerstoff nicht nur aus elektrolytfreiem Wasser, sondern auch aus Rohwasser, aus teilentsalztem oder enthärtetem Wasser. Soll also aus einem Wasser lediglich der gelöste Sauerstoff entfernt werden, während eine Entsalzung nicht erforderlich ist, oder will man aus einem Wasser zuerst den Sauerstoff und erst anschliessend die Elektrolyte entfernen, so kann die Bindung des Sauerstoffes mit dem Polysulfid eines stark basischen Austauschers erfolgen.
Der Ablauf des Reduktionsfilters enthält bei der Verwendung von elektrolythaltigem Wasser jedoch oft Spuren von Natriumsulfid oder Schwefelwasserstoff. In diesem Falle schaltet man zweckmässig hinter das Reduktionsfilter ein weiteres Filter, welches ein Gemisch aus einem stark basischen Austauscher in der Chlorid- oder Sulfatform oder in einer andern möglichst weitgehend dissoziierten Salz form und elementarem Schwefel enthält. Aus der oben angegebenen Charakterisierung des Austauschersulfides folgt, dass hierbei eine Schwefelmenge zur Anwendung kommen muss, die mindestens dem Tetrasulfid des Austauschers entspricht. Infolge der Schwierigkeit, eine vollkommen gleichmässige Verteilung des Schwefels im Austauscher zu erzielen, empfiehlt sich im allgemeinen ein mehrfacher Über- schuss an Schwefel.
Das zweite Filter hält die Spuren an Sulfid-Ionen zurück, so dass der Ablauf aus diesem zwar die Elektrolyte des Rohwassers enthält, aber sowohl frei von Sauerstoff als auch von Sulfid Ionen ist.
Die Sauerstoffentfernung aus Wässern, welche Elektrolyte enthalten, ist selbstverständlich nicht an die Verwendung von zwei besonderen Filtern gebunden, sondern kann auch in einem Filter durchgeführt werden. In diesem enthält die dem Rohwassereintritt zugekehrte Hälfte den Austauscher in der Polysulfidform, während im andern Teil des Filters ein Gemisch aus dem gleichen Austauscher in Form eines stark dissoziierten Salzes und Schwefel vorliegt.
Im allgemeinen genügt es schon, den erschöpften Austauscher mit einem beträchtlichen Unterschuss an Na2S2 zu regenerieren, so dass nur ein Teil desselben in die Polysulfidform übergeführt wird, während der restliche Austauscher ein Gemisch aus dem erschöpften Austauscher und dem bei der Oxydation ausgeschiedenen, überschüssigen Schwefel besteht. Die Beladung des Filters mit Sauerstoff erfolgt dann in der gleichen Richtung, in der die Regenerierung durchgeführt wurde. Es ergeben sich lange Laufzeiten der Filter, auch wenn nur etwa die Hälfte des Austauschers regeneriert wird, da die Reduktionskapazität der mit Polysulfid beladenen, stark basischen Ionenaustauscher dank der grossen Oxydationsgeschwindigkeit und der leichten, praktisch vollständigen Überführung in diesen Beladungszustand weitgehend ausgenützt werden kann und verhältnismässig hoch ist.
Ausserdem beansprucht die Regenerierung und das anschliessende Waschen des Filters, da das Regenenermittel im Unterschuss angewandt wird, nur wenig Zeit.
Die Verwendung von Polysulfiden stark basischer Anionenaustauscher hat gegenüber derjenigen von Dithioniten bemerkenswerte Vorteile. Die fast !OOQ/cige Ausnützung des Reduktionsmittels und der billigere Einstandspreis desselben geben dem Verfahren den Vorzug grosser Wirtschaftlichkeit, ferner ermöglicht seine Verwendbarkeit bei elektrolythaltigen Rohwässern einen erweiterten Anwendungsbereich.
Die folgenden Durchführungsbeispiele erläutern weitere Einzelheiten des vorliegenden Verfahrens.
Beispiel I
25 cm3 eines stark basischen Anionenaustauschers auf der Grundlage des Phenoxäthyltrimethylammoniumchlorids gemäss DBP Nr. 959947 (Kapazität etwa 75 Millival pro 100 cm3 des gequollenen Austauschers, Korngrösse 0,3-0,5 mm) wurden in ein Glasrohr von 12 mm lichter Weite eingefüllt. Durch dieses Austauscherfilter wurden von oben langsam SO cm3 einer Polysulfidlösung gegeben, welche 30 Millival Na2S enthielt und an Schwefel gesättigt war. Der Austauscher schrumpfte bei der Beladung mit Polysulfid und färbte sich stark rotbraun. Nach einem Durchlauf von 33 cm3 Polysulfidlösung erschien im Ablauf farbloses Schwefelnatrium.
Auch beim anschliessenden Auswaschen der überschüssigen Polysulfidlösung war im Ablauf nur Schwefel-Ion, jedoch kein Polysulfidschwefel festzustellen. Der Ablauf enthielt insgesamt 10,8 Millival Na2S, so dass vom Austauscher 19,2 Millival aufgenommen wurden. In diesen 19,2 Millival Sulfid-Ion war nunmehr der gesamte Polysulfidschwefel der angewandten I.ösung enthalten. Der verfügbare Polysulfidschwefel genügte nicht, den Austauscher vollständig in die rotbraune Polysulfidform überzuführen, denn die untern etwa 2 cm der Filterfüllung hatten noch ihre ursprüngliche gelbbraune Farbe.
Durch dieses Filter wurde nun von unten entsalztes Wasser geleitet, welches mit Luft gesättigt war. Die ersten 23,3 Liter liefen in 73 Stunden durch das Filter, so dass sich eine durchschnittliche spezifische Belastung l Vol. des Austauschers
Durchlauf pro Stunde von 1:12,7 errechnet. In den Nachtstunden war die spezifische Belastung stets geringer; sie wurde aber tagsüber auf bis 1 : 30 erhöht, ohne dass Sauerstoff im Ablauf erschien. Nach einem Stillstand von 63 Stunden wurde das Filter wieder in Betrieb genommen. In 53 Stunden wurden weitere 15 Liter Wasser von Sauerstoff befreit, so dass bis zum erfolgten Sauerstoffdurchbruch in 126 Stunden insgesamt 38 Liter Wasser durch das Filter liefen.
Als Indikator für den Sauerstoffdurchbruch diente Leukomethylenblau, das an einen Kationenaustauscher gebunden war und in die Ablaufleitung des Filters geschaltet werden konnte. Bei Sauerstoffdurchbruch waren die obersten etwa 2 cm der Filterfüllung in ihrer Farbe praktisch unverändert, das heisst, sie lagen wohl noch überwiegend in der Polysulfidform vor. Die anschlie ssenden etwa 3 cm der Füllung zeigten - nach unten zunehmend - oxydierte Körner, und der übrige Austauscher lag vollkommen in der oxydierten Form vor. Die im Verlauf des langen Wasserdurchlaufs im Ablauf gemessenen pH-Werte bewegten sich zwischen 6,8 und 7,2 (beim Sauerstoffdurchbruch 6,5). Schwefelwasserstoff konnte im Ablauf meist nicht nachgewiesen werden.
Beispiel 2
Zwei Proben von je 25 cm3 eines Austauschers gemäss Beispiel 1 in der Polysulfidform wurden in je ein Glasrohr gefüllt und mit je 100 cm3 Wasser gewaschen. Durch das eine Filter (Filter 1) wurden nunmehr 500 cm3 3,70/obige Na2SO4-Lösung gegeben, durch das andere (Filter 2) die gleiche Menge einer 3 l*igen NaC1-Lösung. Nach Auswaschen der Salzlösungen wurde durch die beiden Filter von unten entsalztes, mit Luft gesättigtes Wasser geleitet. Der Sauerstoffdurchbruch erfolgte bei Filter 1 nach einem Durchlauf von 39,5 Liter Wasser, bei Filter 2 nach einem solchen von 41,8 Liter Wasser.
Nach Durchlauf einer Elektrolytmenge, welche (in Äquivalenten) etwa zwölfmal so gross ist wie das im Austauscher vorhandene Polysulfid und wie die zum Regenerieren des erschöpften Austauschers erforderliche Na2S2 Menge, vermögen die Austauscher noch den Sauerstoffgehalt von etwa 40 Liter mit Luft gesättigten Wassers zu binden. Durch diese Versuche wird gezeigt, mit welcher Festigkeit das Polysulfid an den Austauscher gebunden ist. Der erschöpfte Austauscher enthält Thiosulfat-Ionen und elementaren Schwefel. Da bei der Oxydation des Polysulfids nur 2 Atome Schwefel in Reaktion treten, brauchen bei der Regenerierung des erschöpften Austauschers auch nur zwei Atome Schwefel pro Mol Polysulfid ersetzt zu werden.
Sie erfolgt dementsprechend mit Na2S2, und zwar genügen zur Regenerierung der 25 cm3 Austauscher 2,5 g Na2S .9 9 H2O und 0,35 g Schwefel in 25 cm3 Wasser gelöst, also etwa 10 Millimol Na. ? S2.
Beim zweiten Lauf, vor dem nunmehr keine Behandlung der Austauscher mit Na2SO4- oder NaCl Lösung erfolgte, wurden im 1. Filter 43 Liter Wasser, im 2. Filter 58 Liter Wasser, welches mit Luft gesättigt war, sauerstofffrei gemacht. Auch beim 1.
Filter erfolgt nach einer weiteren Regenerierung mit 2,5 g Na2S .9 9 H2O und 0,35 g Schwefel der Sauer- stoffdurchbruch erst nach einem Durchlauf von etwa 51 Liter Wasser.
Legt man dem luftgesättigten Wasser einen Sauerstoffgehalt von 8,5 mg pro Liter zugrunde, so werden durch 50 Liter Wasser 8,8 Millimol Na2S2 zu Thiosulfat oxydiert. Dieses kann mit 10 Millimol Na, S, vollständig verdrängt werden, wobei der Austauscher seine volle Reduktionskapazität wiedererhält. Tatsächlich konnte bei der Regenerierung der erschöpften Austauscher mit Na2S2 diese Thiosulfatmenge quantitativ im Regenerat bestimmt werden.
Beispiel 3
Es wurde ein stark basischer Austauscher auf der Grundlage von Phenoxäthyltrimethylammoniumchlorid gemäss DBP Nr. 959947 von etwas höherer Austauschkapazität (1 Millival pro 1 ml des gequollenen Austauschers) verwendet, wobei letztere durch nachträgliche Einführung von Chlormethylgruppen mit Formaldehyd und Salzsäure und Umsetzung der sclben mit Dimethylaminoäthanol erzielt wurde.
Die Korngrösse lag wieder zwischen 0,3 und 0,5 mm. Der Austauscher wurde mit überschüssiger, an Schwefel gesättigter Natriumpolysulfidlösung in die Polysulfidform übergeführt. Von dieser wurden 25 cm3 in ein Glasrohr von 12 mm lichter Weite eingefüllt. Der Ablauf aus diesem Filter 1 wurde durch ein 2. Filter geleitet, welches ein Gemisch aus 30 cm3 des gleichen Austauschers in der Chloridform und 6 g Schwefelpulver enthielt.
Als luftgesättigtes Wasser wurde Brunnenwasser verwendet, das eine Gesamthärte von 14,5 d. H.
(= Deutsche Härtegrade) und eine bleibende Härte von 6,3" d. H. besitzt. Der Gehalt des Wassers an Anionen ist 13 deutschen Härtegraden äquivalent, so dass der gesamte Elektrolytgehalt des Wassers 21,2 deutschen Härtegraden oder 7,57 Milliäquivalenten eines Elektrolyts entsprechen würde.
Das Wasser wurde mit Luft gesättigt und, ohne den Elektrolytgehalt zu verändern, von oben durch Filter 1 geleitet und anschliessend von unten durch Filter 2. Zwischen die beiden Filter war ein Dreiweghahn geschaltet, durch den nach Belieben Ablauf von Filter 1 für Analysen entnommen oder durch ein Leukomethylenblau-Indikatorröhrchen geleitet werden konnte. Auch in die Ablaufleitung von Filter 2 konnte mit Hilfe eines Dreiweghahns ein solches Indikatorröhrchen geschaltet werden.
Das Filter bindet bei dieser Arbeitsweise zunächst den gesamten im eintretenden Wasser gelösten Sauerstoff. Die durch den Elektrolytgehalt des Wassers im Ablauf des Filters 1 auftretenden Sulfid-Ionen werden im Filter 2 gebunden. Das hierbei entstehende Polysulfid kann seinerseits wieder sauerstoffbindend wirken, wenn bei genügend langem Betrieb das Filter 1 nahezu erschöpft ist.
Die Filtereinrichtung wurde in folgender Weise belastet:
Im Verlauf von 102 Stunden flossen 40 Liter Wasser durch die Filter entsprechend einer spezifischen Belastung von 1:15. Nach einer Pause von 63 Stunden wurden im Verlauf von weiteren 101 Stunden 34,5 Liter Wasser von Sauerstoff befreit.
Nach einer abermaligen Pause von 62 Stunden flossen innerhalb 57 Stunden noch 10 Liter Wasser durch die Filter, ehe im Ablauf von Filter 1 Spuren von Sauerstoff festzustellen waren.
Nach einer Leistung von 84,5 Liter Wasser in 260 Stunden erfolgt also in Filter 1 der Sauerstoffdurchbruch. Der Versuch wurde nun so lange fortgesetzt, bis der Austauscher in Filter 1 nahezu vollkommen oxydiert war, was nach einem Durchlauf von insgesamt etwa 102 Liter Wasser der Fall war.
Der Ablauf von Filter 2 war noch immer sauerstofffrei und enthielt auch keine Sulfid-Ionen.
Die steigenden Mengen Sauerstoff im Ablauf von Filter 1 wurden also im 2. Filter durch das Polysulfid gebunden, welches aus dem Schwefelnatrium entstand, das in Filter 1 an das Wasser abgegeben worden war. Der Gesamt-Elektrolytgehalt des Rohwassers ändert sich beim Durchlauf durch die beiden Filter nicht, wenngleich das bei der Oxydation des Polysulfids entstandene Thiosulfat zum Teil gegen andere Anionen des Rohwassers ausgetauscht wird.
Die Regenerierung wurde nun in der Weise vorgenommen, dass auf das 2. Filter 50 cm3 einer Schwefelnatriumlösung aufgegeben wurden, welche 4,2 g Na2S. 9 H2O enthielten. Beim langsamen Durchlauf durch das Filter bildete sich mit Schwefel Polysulfid, das gegen Thiosulfat-Ionen und andere im Austauscher vorhandene Anionen ausgetauscht wurde, so dass der Austauscher in die Polysulfidform übergeführt wurde. Der Ablauf von Filter 2, welcher reichlich S2O3 enthielt, wurde erst dann durch das Filter 1, und zwar von unten, geleitet, als er Natriumpolysulfid enthielt, was erst beim Waschen des Filters der Fall war. Im untern Teil des Filters 1 wurde dieses überschüssige Polysulfid gebunden, so dass der Ablauf dieses Filters frei von Sulfid-Ionen war.
Die Filter wurden nun wieder zur Entfernung von Sauerstoff aus Rohwasser in Betrieb genommen, wobei das Wasser während der zweiten Laufzeit die Filter in der entgegengesetzten Richtung durchströmte, also im Filter 2 oben eintrat und Filter 1 oben verliess.
Da bei diesem Verfahren weder während der Regenerierung der Filter noch während der chemischen Bindung des im Wasser gelösten Luftsauerstoffes Schwefel oder Sulfid-Ionen an das Wasser abgegeben werden, und eine anderweitige Zersetzung des Reduktionsmittels nicht erfolgt, entspricht der Verbrauch an Na2S2 der theoretischen Menge, welche sich aus der Oxydationsgleichung S2--+ 30 = S2O-- ergibt. Die Verwendung eines Gemisches aus einem stark basischen Anionenaustauscher und elementarem Schwefel für die Bindung von Natriumsulfid in dem nachgeschalteten Filter bietet den Vorteil eines wesentlich grösseren Aufnahmevermögens für Sulfid Ionen.
Dies ist aus den folgenden Versuchen ersichtlich, bei denen der gleiche Austauscher wie in Beispiel 3 verwendet wurde. a) Durch 25 cm3 des Austauschers in der Chloridform, welche sich als Filtersäule in einem Glasrohr befanden, wurde eine Na2S-Lösung geleitet, welche 0,38 g Na2S. 9 H2O im Liter enthält. Die Lösung war mit entgastem und entsalztem Wasser hergestellt worden. Nach einem Durchlauf von 1100 cm3 erfolgte der Durchbruch der Sulfid-Ionen.
Der Austauscher hatte also die Sulfid-Ionen von nur 0,42 g N