Verfahren zur Durchführung von Polymerisationen. Die Herstellung von Polymerisaten aus Vinylverbindungen, wie zum Beispiel Vinyl- äthern, Vinylestern, Vinylcyaniden, Vinyl- karbonsäuren und deren Derivaten (Acryl- und Methacrylverbindungen), Divinylen und substituierten Divinylen, Vinylbenzol und deren Gemischen,
wird heute in der Regel so vorgenommen, dass man die monomeren Stoffe in flüssiger Form unverdünnt, gelöst oder emulgiert in periodischer oder kontinuier licher Arbeitsweise bei gewissen Tempera turen der Einwirkung vongatalysatoren aus setzt. Dabei ergeben sich in technischem Mass stab bedeutende Schwierigkeiten, weil die Reaktion stark egotherm verläuft und ein gleichmässiger Reaktionsverlauf leicht und häufig durch vorher schwer wahrnehmbare Zufälle verhindert wird.
Durch spontane Re aktion grösserer Mengen kommt es zu Tempe ratur- und Drucksteigerungen, die das Aus mass von gefährlichen Explosionen annehmen können; aber auch schon geringere Tempe- raturschwankungen beeinflussen die Eigen schaften der Polymerisate ungünstig. Man setzt daher meist nur kleinere Mengen der monomeren Stoffe den Polymerisationsbedin- gungen aus, indem man kontinuierlich arbei tet oder die zu polymerisierende Substanz nur nach und nach in den Polymerisationsraum einführt.
Dabei ist jedoch eine der Polymeri- sationsgeschwindigkeit entsprechende Dosie rung kaum zu erreichen, weil die Feststellung, ob die Polymerisation eingesetzt hat oder verzögert ist und insbesondere, wie weit sie fortgeschritten ist,
schwierig und meist nicht mit der erforderlichen Geschwindigkeit fest zustellen ist. Es können sich also auch bei dieser Arbeitsweise noch grössere Mengen an polymerisierbarer Substanz im Reaktions raum ansammeln und wiederum zu den ein gangs genannten Gefahren und Schwierig keiten führen.
Ganz besonders tückisch sind die Verhältnisse bei den Emulsionsverfahren. So kann die Emulsion im Polymerisations- raum zufällig vorzeitig brechen, wodurch sich die Reaktionsbedingungen radikal ändern und Schwierigkeiten bedeutenden Ausmasses ent stehen.
Es wurde nun eine spezielle Regel für technisches Handeln bei der Durchführung von Polymerisationen gefunden, nach welcher sich die Konzentration der polymerisierbaren Verbindung im Polymerisationsraum leicht mit ausreichender Genauigkeit dem Reakti.ons- verlauf anpassen und messen lässt, so dass Druck und Temperatur sich unter allen ITni- ständen in dem gewünschten Bereich halten lasen.
Diese Regel besteht aus der Kombination folgender Massnahmen: 1. Man arbeitet in der Nähe desjenigen Druckes, der dem Sättigungsdruck der zu polymerisierenden Verbindung bei der ge wünschten Polymerisationstemperatur ent spricht.
2. Man hält die Konzentration der zu polymerisierenden Verbindung im Polymeri- sationsraum an derjenigen Grenze, wo der Sättigungsdruck durch das Verschwinden einer verhältnismässig kleinen Menge an flüs siger, polymerisierbarer Verbindung unter schritten wird. Dieses Verschwinden ist durch den Poly merisationsvorgang bedingt. das heisst durch die Überführung der polymerisierbaren Verbindung in die polymerisierte Form.
3. Der so bewirkte Druckabfall wird als Anzeige für die Zugabe eines weiteren An teils der polymerisierbaren Verbindung be i nutzt, worauf dieZugabe unmittelbar getätigt wird.
4. Schliesslich unterbricht man dann die Zugabe an polymerisierbarer Verbindung, so bald sich der obengenannte ArbeitsdruclL (Siittigungsdruek) wieder eingestellt hat.
Die Konzentrationsgrenze. in -v elcher inan die zu polymerisierenden Verbindungen im Poly merisationsraum hält, liegt dort, wo diese Verbindungen eben noch in kleinster Menge als reine Flüssigkeit vorhanden sind.
Die Erreichung dieses Zustandes beim Be schicken des Polyinerisationsgefässes gibt sich dadurch zu erkennen, dass bei gleiche r Temperatur der Druck im Polymerisations- gefäss nicht mehr ansteigt und selbst bei wei terer Zugabe der zu polymerisierenden Ver- bindungen konstant bleibt. Sobald dieser Punkt erreicht ist, oder wenigstens kurz da nach, wird die Beschickung unterbrochen, während die erneute Zugabe der polymerisier baren. Verbindungen erst dann wieder erfolgt, wenn sich von neuem ein Sinken des Druckes bemerkbar macht.
Die Einhaltung dieses Zu standes kann mit Hilfe der üblichen Mess- instrumente und Dosiervorrichtungen leicht von Hand oder auch durch Kupplung des Nessinstrunientes mit. der Dosiervorrichtung in bekannter Weise automatisch mit grosser Genauigkeit erreicht werden.
Das Vorhanden sein duz, gewünschten Zustandes ist jederzeit leicht feststellbar durch den eintretenden Druckabfall, und zwar auch dann, wenn der Beobachter die vorausgehenden Vorgänge zu fällig nicht kennen sollte und den Druck abfall nicht abwarten will. 1xi einem solchen Falle braucht er nur zum Beispiel durch Off nen eines Ventils Gas abblasen zu lassen, bis ein etwas niedrigerer Druck - natürlich bei gleicher Temperatur - bestehen bleibt; dann ist mit Sicherheit die erfindungsgemässe Grenze eben unterschritten, worauf in der be schriebenen Weise weiter gespeist wird, bis gerade Druckkonstanz eintritt.
Zu dieser Fest stellung smögliehkeit des jeweiligen Polymeri- sationszust < indes durch Gasabblasen greift inan natürlich nur dann, wenn der Reaktions verlauf nicht ausreichend beobachtet oder registriert würde.
Die zur Aufrechterhaltung der gewünsch ten Polynierisationstemperatur erforderliche V'ä rmezu- oder -abfuhr wird in der allgemein üblichen Weise, zum Beispiel durch geeignete Bäder oder Kühler, vorgenommen. Die Tempe ratur lässt sieh leicht, auch bei sehr grossen Anlagen, mit einfachen Mitteln in engen Grenzen konstant halten; weil nach der er- findungsgeni;issen Arbeitsweise niemals ein zufälliger Reaktionsstoss ungewollten Aus masses stattfinden kann.
Die Dosierung bezw. Zuführung der polymerisierbaren Verbindung entsprechend dem Druckverlauf im Polymerisationsgefäss erfolgt durch Betätigung einer entsprechen den Vorrichtung von Hand oder automatisch. Beispielsweise hält man die zu polymerisie rende Verbindung in einer Vorlage durch Druckstickstoff unter einem höheren Druck als im Polymerisationskessel bereit, oder man hält die Vorlage auf einer höheren Tempera tur als die Polymerisationsflüssigkeit und regelt durch einVentil den Zulauf derart, dass im Autoklaven der erfindungsgemässe Druck gerade erhalten bleibt.
Man kann auch eine Pumpe in automatischer Weise durch die be schriebene Druckdifferenz steuern. In diesem Falle setzt bei sinkendem Druck die Pumpe ein, bis der Druck durch Zugabe der zu poly merisierenden Verbindungen wieder konstant ist; dabei kann man unter Umständen auf eine druckfeste Vorlage verzichten. Die je weils zugeführte Menge ist durch entspre chende Anzeigegeräte, zum Beispiel durch eine Waage oder ein Niveaurohr, feststellbar.
Die erfindungsgemässe Arbeitsweise istviel- seitig verwendbar und variierbar. So kann man zum Beispiel bei einer bestimmten Tempera tur oder auch nach einem bestimmten Tempe raturprogramm arbeiten, wie das für manche Polymerisate vorgeschlagen wird, indem man eine gewisse Menge beispielsweise bei 50 C und eine andere Menge bei 60 C polymeri siert und dabei jeweils die erfindungsgemäss leicht feststellbare Konzentration aufrecht erhält. Die Polymerisation kann mit oder ohne Lösungsmittel und Verdünnungsmittel durchgeführt werden.
Besonders vorteilhaft lässt sich die Emulsionspolymerisation nach der erfindungsgemässen Arbeitsweise durch führen. Solange die Emulsion im Polymeri- sationsgefä.ss noch geringe Mengen an emul- gierter, polymerisierbarer Verbindung ent hält, ist im Reaktionsraum der Sättigungs druck der polymerisierbaren Verbindung vor handen.
Durch die Polymerisation wird auch hier die flüssige Phase; das heisst die emul- gierte, polymerisierbare Verbindung, in der Emulsionsflüssigkeit zum Verschwinden ge bracht, indem festes, emulgiertes Polymeri- sat entsteht.
Unmittelbar nach dessen Bil- dung sinkt der Druck unter den Sättigungs druck der polymerisierbaren Verbindung, so dass man hierauf dafür Sorge tragen wird, dass kleineMengen frischer, polymerisierbarer Verbindung, sei es als solche (wobei sie so fort emulgiert wird) oder bereits in Emulsion, dem Reaktionsgefäss zugeführt wird, bis der genannte Sättigungsdruck wieder erreicht ist. Auch in diesem Falle können also jeweils nur geringe Mengen an polymerisierbarer Ver bindung im Polymerisationsgefäss vorhanden sein.
Diese Arbeitsweise lässt sich sowohl zur Polymerisation einzelner Verbindungen als auch bei der Herstellung von Mischpolymeri- saten anwenden, wobei man auf den Sätti gungsdruck der niedrigstsiedenden, polymeri- sierbaren Komponente einstellt; in diesem Falle hat man für die Konzentration der niedrigstsiedenden Komponente ein Mass, was für die Verfolgung des Polymerisationsver- laufes von Vorteil ist.
Man kann auch bei be liebigem Druck arbeiten, insofern die Tempe ratur so gewählt wird, dass der Sättigungs druck vorhanden ist, zum Beispiel lässt sich Vinylacetat in dieser Weise gut bei zirka 400 mm Quecksilberdruck (also im Vakuum) und 54 C polymerisieren, wobei ein wert volles Polymerisat gewonnen wird.
Das Verfahren bietet den Vorteil, Poly- merisationen bei geringer Konzentration au polt' merisierbaren Substanzen rasch und regelmässig durchzuführen, ohne spontane Re aktionen grosser Mengen befürchten zu müs sen. Man hätte bei dieser Arbeitsweise eine grosse Verringerung der Polymerisations- geschwindigkeit erwarten sollen, da die Kon zentration der zu polymerisierenden Verbin dung erfindungsgemäss klein gehalten wird. Überraschenderweise ist dies jedoch nicht der Fall.
Die Polymerisationen verlaufen durch wegs rasch, und es wurde sogar festgestellt, da.ss sie in vielen Fällen rascher erfolgen als bei den bisher bekannten Verfahren.
Ein weiterer angesichts der Verdünnung nicht zu erwartender Vorteil besteht darin, dass die erfindungsgemäss hergestellten Poly- merisate eine hervorragende Qualität besitzen, was vermutlich auf den gleichmässigen Re aktionsablauf zurückzuführen ist.
Die vorliegende Erfindung sei an Hand des nachstehenden Beispiels erläutert, ohne indessen darauf beschränkt zu sein.
Be;,spiel: Ein R.ührautoklav ist mit einer Vorlage durch eine Leitung verbunden, wobei die Lei tung als Tauchrohr etwa. bis auf den Boden der Vorlage führt. Die Vorlage enthält zirka 500 Teile flüssiges Vinylchlorid bei Raum- temperatur. das heisst unter einem Druck von zirka 3 Atni. Der Rührautoklav enthält 1000 Teile Nasser, ? Teile Natriumstearat, 1.
Teil Natriumkarbonat und 5 Teile Kali11m- persulfat. Der Autoklaveninhalt wird wie ein Thermostat durch ein mit Heiz- und Kühl elementen ausgestattetes Wasserbad auto matisch auf konstanter Temperatur gehalten, und zwar auf 45 C T 1 .
(Die Temperatur kann auch in engeren Grenzen gehalten. wer- den'.) Nach Einstellen der Temperatur von 45" C in der Autoklav enflüssigkeit wird bei > rasch laufendem Rührer mit Hilfe einer in die Verbindungsleitung von Vorlage und Autoklav eingebauten Pumpe. Vinylchlorid eingespritzt, bis der Druck auf etwa 6,5 Atin. gestiegen ist und konstant bleibt.
Diese Druck- i konstanz ist nach Einspritzen von 50 Teilen Vinylchlorid erreicht. Innerhalb der nächsten 20 Minuten bleibt der Druelz konstant, und es wird daher während dieser Zeitspanne kein Vinylehlorid zugeführt.
Nach Ablauf dieser s Zeitdauer beginnt der Druck zii sinken, so dass man mit leicht. ansteigender Geschwindig keit fast dauernd naehpumpen muss, uni < len Anfangsdruck von 6..5 Atm. aufrechtzuerhal- ten. Nach insgesamt ? Stunden sind auf diese Weise ?80 Teile Vinylchlorid aufgenommen.
Jetzt wird die Zuführung von Vinylclilorid endgültig abgestellt, die Polymerisations- masse noch 30 Minuten bei der gleichen Temperatur von 45 C gehalten, wobei der s Druck auf zirka 5 Atm. zuriicl@geht. Dann wird das überschüssige Vinylchlorid abgebla sen.
Der Autoklaveninhalt besteht jetzt aus einer milchartigen Flüssigkeit mit einem Ge halt an 250 Teilen Polyvinylchlorid. Aus diesem Latex kann das Polymerisat in be- kannter Weise in reiner Form in mehlfeinem Zustand isoliert werden.
111an kann auch nur einen Teil des Latex entnehmen, eine ent sprechende Menge neues Serum zuführen und, wie oben beschrieben, weiterpolymerisieren, wodurch eine ergiebige kontinuierliche Ar- bcitsweise erzielt wird.
Man kann auch zu- niielist in bekannter Weise aus dem wässeri gen Serum und Vinylchlorid eine Emulsion des llonomeren herstellen, zum Beispiel bei Zininiertemperatur. und diese "l_onoemul- ,ion" alsdann dem auf Polymerisationstempe- ratur gehaltenen Autoklaven zuführen und in der gleichen Weise, wie oben erwähnt, ver fahren;
für diese Arbeitsweise wird zweck- inässig ein rohrartiger Autoklav verwendet oder ein U-Rolir. Ani. einen Ende wird nach der erfindungsgemässen Regel die Monoexntil- sion zugefiibrt, ain andern der fertige Latex entnommen.