Zeitungssehutzvorrichtung, bei der vom Strom und von der Spannung abhängige, entgegengesetzte Kräfte auf ein Auslöseglied einwirken. Es ist bereits bekannt, zum Schutz von elektrischen Energieübertragungsleitungen Relais zu verwenden, bei denen Strom und Spannung einander entgegengesetzte Kräfte auf ein gemeinsames, bewegliches Auslöse- glied ausüben.
Solange die Leitung in ord nungsmässigem Zustand sich befindet, über wiegt die Kraft der Spannung; wenn dagegen auf der Leitung ein Kurzschluss entsteht, bricht die Spannung je nach der Entfernung der Kurzschlussstelle mehr oder weniger stark zusammen, während der Strom übernormale Grösse annimmt. Das Strom moment überwiegt dann das von der Span nung aufgebrachte Moment, und infolgedes sen wird der Ausschaltekontakt des Relais geschlossen.
Es ist ferner bereits vorgeschla gen worden, um eine Staffelung der Auslöse zeit mehrerer in einer Leitung liegender Re lais zu gewinnen, jedem Relais ein Über stromanregungsrelais beizugeben, durch wel- ches bei allen Relais in dem Augenblick, wo ein Überstrom entsteht, Hilfsvorrichtun gen in Gang gesetzt werden, welche den Ein fluss des Stromes gegenüber dem der Span nung gleichmässig vergrössern. Bei dem jenigen Leitungsschutzrelais, welches der Fehlerstelle am nächsten liegt bei dem also die Spannung am kleinsten ist, wird die Stromkraft zuerst über die Spannungskraft überwiegen; dieses Relais löst also auch zu erst seinen Leitungsschalter aus.
Die Aus lösezeit dieser bekannten Relais ist vom Scheinwiderstand der Leitungsstrecke ab hängig, der bekanntlich in hohem Masse vom Übergangswiderstand an der Fehlerstelle be einflusst wird, ausserdem fehlt derartigen Leitungsschutzrelais die Richtungsempfind lichkeit, welche für einen Selektivschutz von grosser Wichtigkeit ist.
Im folgenden wird eine neue richtungs empfindliche Schutzvorrichtung beschrieben, bei der eine vom Strom und eine von Strom und Spannung abhängige Kraft in entgegen gesetztem Sinne auf ein Auslöseglied ein wirken. Das Auslöseglied bleibt dabei in Ruh, solange die von Strom und Spannung abhängige Kraft überwiegt, führt dagegen seine Auslösebewegung aus, sobald die nur vom Strom abhängige Kraft das Über gewicht erhält.
Dies tritt stets dann ein, wenn ein Kurz schluss innerhalb einer gewissen Entfernung von der Relaisstelle entsteht. Die von der Spannung abhängige Kraft kann man bei spielsweise durch Einschalten von Wider stand vor einer von- der Spannung erregten Spule oder durch Nebenschlüsse parallel züz dieser schwächen; umgekehrt kann man auch die Stromkraft erhöhen. Durch beide Mass nahmen ändert man den Schutzbereich der Vorrichtung. Die Vorrichtung spricht nur bei einem in ihrem Schutzbereich entstan denen Fehler an.
Wenn mehrere derartige Relais auf eine Leitungsstrecke verteilt sind, s s o ist es zweckmässig, dafür Sorge zu tragen, dass bei Versagen des zugehörigen Relais die Relais der nächsten und der übernächsten Strecke bereit sind, die kranke Leitung ab zuschalten.
Mit wachsender Zahl der Lei tungsabschnitte, die zwischen einem Relais und der Fehlerstelle liegen, wird die Auslöse zeit der Relais gestaffelt, damit erst das der Fehlerstelle zunä.chstliegende, dann das nächstfolgende und so fort zum Ansprechen kommt, sofern der Fehler solange bestehen bleibt.
In der oben angedeuteten Weise lässt sich dies bei den neuen Relais leicht ver- wirklichen. Mit dem Relais wirkt beispiels weise eine Kontaktvorrichtung, zusammen, welche von dem Augenblick an, wo auf der geschützten Leitung ein Überstrom entsteht., das Feld der Spannungsspule schwächt, indem sie beispielsweise einen Widerstand vor der Spannungsspule nach und nach ver grössert, so dass selbst in den von der Fehler stelle weit entfernten Relais nach Ablauf einer gewissen Zeit die Kraft des Stromes über die der Spannung überwiegt und infolge dessen das Relais seinen Auslösekontakt schliesst.
Um dabei die Zeit, bis ein entfern ter liegendes Relais anspricht., nicht zu gross werden zu lassen, empfiehlt es sich, die Schwächung des Spannungskraftfeldes oder die Stärkung der Stromkraft stufenweise derart vorzunehmen, dass das Relais bei einem Fehler in der Leitungsstrecke, an die es angeschlossen ist, beispielsweise innerhalb einer Sekunde abschaltet, bei einem Fehler in derNachbarstrecke innerhalb zweier Sekunden, sofern das erste Relais versagt hat und bei einem noch jenseits der Nachbarstrecke ent standenen Fehler innerhalb dreier Sekunden abschaltet, wenn alle der Fehlerstelle näher liegenden Relais versagt haben.
Das neue Relais werde nun anhand eines Ausführungs- und Anwendungsbeispiels näher beschrieben: In der Abbildung ist die zu schützende Leitung mit. 1 bezeichnet. Die Spannung der Leitung wird über einen Spannungswandler und der Strom in der Leitung über einen Stromwandler 3 gemessen.
Das Relais besitzt zwei zweckmässig hin t.ereinandergeschaltete bewegliche Spulen 4 und 5, welche auf einer gemeinsamen Welle 6 befestigt sind. Die Welle 6 trägt einen Kontaktarm 7; über den Kontaktarm 7 und einen Gegenkontakt 17 kann der Stromkreis für die Auslösespule 8 des Leitungsschalters 9 geschlossen werden. Die beweglichen Spu len 4 und 5 des Relais werden vom Leitungs strom erregt. Zu dem Zweck ist in den Sekundärkreis des Stromwandlers 3 ein ohmscher Widerstand 10 eingeschaltet, von welchem die Spannung für die Erregung der Spulen 4 und 5 abgegriffen wird. Die Spulen 4 und 5 bewegen sieh in den Feldern zweier fester Spulenpaare 11 und 12.
Die festen Spulen 11 werden ebenfalls vom Strom der Leitung 1 erregt, die festen Spulen 12 da gegen über den Spannungswandler 2 ent sprechend der auf der Leitung herrschenden Spannung. Der Wicklungssinn der Spulen paare 4 und 11 bezw. 5 und 12 ist derartig, dass die von den Spulenpaaren hervorgebrach ten Drehmomente entgegengesetzte Richtung haben. Der vollständige Verlauf des Sekun därkreises des Stromwandler-, 3 enthält auch noch einen Überstrommagneten 13, dessen Aufgabe an späterer Stelle noch näher be schrieben wird.
Mit den beweglichen Spulen 4 und 5 ist noch eine Metallfadenlampe in Serie geschaltet, welche diese Spulen vor Überlastung schützen soll.
Der Spannungskreis enthält, wie schon gesagt, die feste Spule 12. Eine Kunstschal tung, bestehend aus einer Drosselspule 14 und einer Kapazität 15 hat den Zweck, in der Spule 12 ein gegen die Leitungsspannung um 90 versetztesFeld hervorzurufen. Dadurch wird das im Spulenscstem 5, 12 entstehende Drehmoment der Blindkomponente der Span nung proportional, so dass das Relais dann anspricht, wenn der Blindwiderstand des ge schützten Stromkreises einen gewissen Grenzwert unterschreitet.
Eine Kunstschal tung ist entbehrlich, wenn das Relais den ohmschen Widerstand der Leitung über wachen soll, oder wenn eine Gleichstromlei tung geschützt: werden soll; in dem Falle werden die nur in Wechselstromkreisen ver wendbaren Strom- und Spannungswandler durch entsprechende Widerstandsschaltun gen ersetzt. Der Kontaktarm 7 liegt, solange der Leitungswiderstand hoch, die von der Spannung abhängige Kraft also gross genug ist, wie dargestellt, gegen einen Anschlag 16, legt sich aber, wenn das Relais anspricht, gegen seinen Gegenkontakt 17.
Die Schutzvorrichtung besitzt ferner noch. eine Kontaktvorrichtung 18, die beispiels weise einen von einem Uhrwerk angetrie benen Kontaktarm 19 mit einem Kontakt 21 besitzt. Der Kontaktarm 19 befindet sieh solange kein Überstrom auf den@Leitungen 1 herrscht, in der gezeichneten Ruhestellung, wo er durch eine Klinke 22 festgehalten wird. Bei Auftreten eines Überstromes wird der schon erwähnte Überstrommagnet 13 er regt und zieht dann die Klinke 22 zurück. Dadurch wird der Kontaktarm 19 zur Bewe gung freigegeben und an einem Kontakt 20 der Stromkreis für die Auslösespule 2 des Leitungsschalters 9 vorbereitet. Der Kon taktarm 19 kann durch ein Uhrwerk 23 ange trieben werden.
Der Kontakt 21 des Kontaktarmes 19 schleift bei seinem Umlauf nacheinander über die Kontaktstreifen 27, 28 und 29. Wenn der Kontakt 21 in der gezeichneten Stellung den Kontaktstreifen 27 berührt, ist der Spannungsstromkreis des Relais über die Sekundärwicklung des Spannungswandlers 2, Kontakt 21 auf dem Kontaktarm 19, Kon taktstück 27 der Kontaktvorrichtung 18, feste Spulen 12 des Relais mit der parallel geschalteten Kapazität 15 und die Drossel spule 14, geschlossen. Nachdem der Kon taktarm 19 sich soweit bewegt hat, dass sein Kontakt 21 beispielsweise nach einer Sekunde Laufzeit der Kontaktstreifen 27 verlässt und dafür den Kontaktstreifen 28 berührt, wird in den Spannungskreis ein Widerstand 31 eingeschaltet und dadurch die von der Spannung abhängige Kraft. zwi schen den Spulen 5 und 12 geschwächt.
Wenn infolgedessen die zwischen den Spulen 4 und 11 herrschende, allein vom Strom ab hängige Kraft überwiegt, legt sich der Kon taktarm 7 gegen den Gegenkontakt 17. Der Auslösestromkreis wird dann geschlossen; er @, erläuft von einer Batterie 30 über die Aus lösespule 8, Kontakt 20, Kontakt 17, Kon taktarm 7 zur Batterie 30. Nach Ablauf einer weiteren Sekunde wird die von der Spannung abhängige Kraft nochmals ge schwächt, indem ein weitere: Widerstand 32 eingeschaltet wird, sobald der Kontakt 21 vom Kontaktstreifen 28 auf den Kontaki- streifen 29 hinübergleitet.
Wenn die Auslösung des Leitungsschal ters 9 nicht innerhalb der Zeit erfolgt ist, in der der Kontakt 21 aus seiner Ruhestel lung bis zum Ende des Kontaktstreifens 29 vorgerückt ist, so kann wie dargestellt, der Spannungskreis des Relais durch den weiter laufenden Kontaktarm 19 am Kontakt 21 schliesslich ganz unterbrochen werden. Hat vorher ein anderes Relais die fehlerhafte Leitungsstrecke abgeschaltet, so ist auch der Überstrom verschwunden, was sich dadurch anzeigt, dass das Überstromrelais 13 seinen Anker 22 hat abfallen lassen, so dass der Kontakt 20 im Auslösestromkreis geöffnet ist, wenn der Kontaktarm wieder seinen Ruhekontakt 27 erreicht. Es wird dann auf diesem durch die Sperrklinke 22 wieder an gehalten.
Im andern Falle, das heisst also, wenn der Überstrom in der Leitung 1 den Elektromagnet erregt und dadurch den Kontakt 20 im Auslösekreis des Leitungs schalters 9 geschlossen hält, wird der Kon taktarm 7 bei Unterbrechung des Spannungs kreises des Relais mit Sicherheit. auf den Kontakt 17 gedrückt, so dass der Leitung s scha,lter 9 dann kurz nach Ablauf der drit- ien Sekunde seit dem Entstehen des Fehlers geöffnet wird.
Die Abschaltung weit ent fernt liegender oder unvolll>ommener Kurz schlüsse, bei denen die Spannung nicht sehr stark vermindert wird, kann man leicht da durch noch weiter hinauszögern, dass man zum Beispiel den Kontaktstreifen 29 ver längert, so dass die Berührung zwischen die sem und dem Kontakt 21 erst später verloren geht.
Durch die beschriebene Vorrichtung, bei welcher der Widerstand im Spannungskreis stufenweise verstärkt wird, wird der Schutz bereich des Relais schrittweise immer weiter ausgedehnt, bis der auf der Leitung ent standene Kurzschluss vom Relais erfasst wird.
Es ist ein Vorteil des beschriebenen Rs- lais, da,ss es für ausserordentliche weite Strommessbereiche angewendet werden kann. Die empfindlichen und beweglichen Spulen 4 und 5 brauchen nämlich keinen dem Lei tungsstrom proportionalen Strom zu führen; sie können vielmehr nämlich mit einem Wi derstand in Serie geschaltet werden, der finit wachsendem Strom ebenfalls an Grösse zu nimmt, zum Beispiel kann eine 1Vletallfaden- lampe oder ein Eisenwiderstand mit diesen Cnulen in Reihe geschaltet werden.
Auf die f-";rösse des in den Spulen 4 und 5 fliessenden Stromes kommt es nicht an, weil die in den Spulensystemen 4, 11 bezw. 5, 12 hervor gerufenen einander entgegengesetzten Dreh momente in genau gleicher Weise von dem i n den Spulen 4, 5 fliessenden Strom abhängig sind. Da ferner in dem System der Spulen 4, 11 ein dem Quadrat des Stromes propor tionales Drehmoment entsteht, welches stets dieselbe Richtung hat, während in dem aus den Spulen 5 und 12 bestehenden System je nach der Phasenlage von Strom und Span nung ein Drehmoment in dem einen oder an dern Sinne entsteht, ist das Relais energie- richtungsempfindlich.
Es ist ohne weiteres möglich, an Stelle des stufenweise vergrösserten Widerstandes im Spannungskreise eine stetige Vergrösserung dieses Widerstandes zu verwenden.