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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur geregelten Bildung von Walzgut- Schlingen zwischen zwei Walzgerüsten, insbesondere in den Fertig- bzw. Zwischenstrassen von
Fein- und Mitteleisenstrassen.
Bei bekannten Walzstrassen werden, um zwischen zwei aufeinanderfolgenden Gerüsten mit Sicherheit zugfrei walzen zu können, beim Durchlauf des Walzgutes durch die Fertigstaffel zwischen den Walzgerüsten vertikale bzw. horizontale Schlingen gebildet. Die zu diesem Zweck eingesetzten, den Auf- und Abbau der Schlinge zwischen zwei Walzgerüsten ermöglichenden Schlingenheber bestehen aus Horizontalschlingenbildnern mit einer Auswerferrolle, die durch mindestens einen Luft- oder Hydraulikzylinder ausgeschwenkt wird. Sofern auch ein Vertikalschlingenbildner vorhanden ist, kann die Auswerferrolle für die Vertikalschlinge über ein Hebeigestange mit angelenktem Luft- oder Hydraulikzylinder angetrieben und zur Schlingenbildung ausgelenkt werden.
Gleichzeitig wird die sich durch die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den beiden Gerüsten bildende Schlinge durch einen Rollenhebel aus der geraden Führung auf den Schlingentisch aus- gelenkt. Hierbei ist zu beachten, dass die Schlingenbildung zwischen zwei Gerüsten spätestens abgeschlossen sein muss, wenn der Stabanfang das auf diese zwei Gerüste folgende Gerüst erreicht hat und zu einer neuen Schlingenbildung ansetzt
Der obige Vorgang wird durch eine Schlingenregelung unterstützt, mit deren Hilfe die Schlinge aufgebaut und auf einem vorgegebenen Wert konstant wahrend des Walzens gehalten wird. Sie begrenzt die beiden horizontalen bzw. vertikalen Endlagen der Schlinge und hält diese soweit wie möglich auf einen vorgegebenen Wert in der Mitte des Schlingentisches. Dabei werden die beim Walzprozess auftretenden Einflüsse wie Querschnittsanderungen z.
B. in Folge wechselnder Besetzung der vorhergehenden mehradrigen Gerüste, Temperatur des Walzgutes, etc. berück- sichtigt, die sich in Längenänderungen und damit in Änderungen der Schlingengrösse umsetzen.
Die Schlingenregelung wird nach der Auslenkung der Schlinge durch den Rollenhebel freigegeben ; sie arbeitet anhand einer photoelektrischen Abtastung des Walzgutes und wirkt abhängig von Richtung der Kaskadenregelung auf die Drehzahl des vorgehenden oder folgenden Gerüstes ein.
Es werden folglich hohe Ansprüche an die Steuerung und Regelung gestellt, wobei sich der Auf- und Abbau der Schlinge aufgrund einer hohen Dynamik als die problematischste Phase der Schlingenregelung erweist, da häufig Oszillationen unvermeidlich sind. Vor dem Walzgut-Auslauf muss die Schlinge von der Schlingenregelung abgebaut, d. h. auf eine Höhe Null heruntergefahren werden. Um zu vermeiden, dass das aus einem Gerüst austretende Stabende, besonders bei hohen Geschwindigkeiten, gegen die Führungen schlägt, ist ein rechtzeitiger Abbau notwendig.
Eine weitere Problematik ergibt sich daraus, dass bei Walzgeschwindigkeiten über 20m/sec. Die Steuerungsregelung synchron mit dem Materialfluss auf eine 1/10 sec. genauwirken muss, um eine Fehlauswertung zu vermeiden. Schliesslich muss sich vor dem Walzguteinlauf in das Walzgerüst die Schlinge zwischen den einzelnen Gerüsten in einem stabilisierten Zustand befinden, was insbesondere bei einem Schlingenaufbau mit hohen Geschwindigkeiten meist nur schwer zu realisieren ist.
Aus der DE 11 98 773 B ist ein Verfahren bekanntgeworden, bei dem das Walzgut zwischen den beiden Walzgerüsten zunächst von einer zweiteiligen Führungsrinne, die sich beim Auslaufen des Walzgutes aus dem Walzgerüst in der angehobenen Lage befindet, abgestützt wird. Erst wenn das Walzgut in das Walzgerüst eingetreten ist, wird die Führungsrinne in die abgesenkte Lage weggeklappt, sodass dann die übliche Schlingenregelung einsetzen kann.
Die DE 973 137 C zeigt ein Verfahren, bei dem die über einer Schlingengrube angeordneten Abdeckelemente so lange einen das Band abstützenden Tisch bilden, bis der Bandanfang über die Grube hinweggeführt worden ist. Erst danach werden die Abdeckelemente nach unten geschwenkt, sodass das Band dann als Schleife in der Grube durchhängen und gegebenenfalls mit einer Schlingenregelung geregelt werden kann.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung der eingangs beschriebenen Art zu schaffen, mit denen sich die genannten Nachteile vermeiden und die Schlingenbildung vereinfachen lässt, ohne komplexe Anteile an Antriebs-, Steuerungs- und Regelungstechnik zu erfordern.
Diese Aufgabe wird mit einem Verfahren erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass dem aus dem Walzgerüst austretenden Walzgutanfang Gelegenheit zum schwerkraftbedingten Absinken
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gegeben wird, die Walzgutspitze dann in Richtung auf das nachfolgende Walzgerüst umgelenkt und anschliessend das Walzgut während der Umlenkungsphase temporär abgestützt wird, bis die Walzgutspitze in das Folgegerüst eingetreten ist und die Schlingenregelung die Schlinge stabilisiert. Durch diese überraschende Massnahme, nämlich die Schlinge durch das Eigengewicht des auslaufenden Walzgutes sich gravitationsbedingt selbst ausbilden zu lassen, werden mehrere Vorteile gleichzeitig erreicht.
Abgesehen davon, dass ohne Schlingentisch und Schlingenheber gearbeitet werden kann, so dass sich eine einfache Konstruktion mit wenigstmöglichen beweglichen Teilen ergibt, wodurch sich die Herstellung sowie die Wartung und die Betriebskosten verringern, entfallen aufgrund des erfindungsgemässen Verfahrens vor allem die beiden gefährlichsten Phasen der Schlingenregelung, nämlich der Schlingenauf- und-abbau. Die Gravitationsschlinge lauft am Ende über die Abstützung automatisch aus. Da kein Schlingenheber vorhanden ist, besteht auch keine Gefahr, dass das auslaufende Walzgut zum "Peitschen" gelangt.
Die gravitationsbedingte Schlingenausbildung verringert die Ansprüche an die Dynamik der Schlingenregelung ganz wesentlich, so dass die Drehzahlregelung als Einquadrantenregelung ausgeführt werden kann, während bei bekannten Anlagen eine Vierquadrantenregelung die Norm ist.
Nach einem Vorschlag der Erfindung ist die Absenkphase abhängig von der gewünschten Schlingenhöhe einstellbar. Die bedingt durch das Eigengewicht maximale Walzgutdurchbiegung lässt sich somit voreinstellen, indem die dem Walzgut während der Umlenkungsphase eine Auflagefläche bereitstellende Abstützung entsprechend mehr oder weniger angehoben wird. Da bei einer sich gravitationsbedingt ausbildenden Schlinge das Walzgut nicht über einen Schlingenheber gezogen zu werden braucht, kann mit geringeren Schlingenhöhen als üblich gearbeitet werden, und die Schlingenhöhe bewegt sich produktabhängig nur etwa zwischen 20 bis 100mm. Durch das Einstellen der Abstützung, ergänzt durch eine entsprechende Vorwahl der Schlingenhöhe, wird sichergestellt, dass die Gravitationsschlinge im stabilisierten Zustand keinen Kontakt mit der Abstützung hat.
Zum Durchführen des Verfahrens weist erfindungsgemäss von zwei aufeinanderfolgenden Walzgerüsten zumindest das jeweils hintere Walzgerüst eine nach unten geneigte, sich zu dem jeweils vorderen Walzgerüst erstreckende, nach einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung als Führungsrinne ausgebildete Stützführung auf. Auf diese trifft folglich die sich durch das Eigengewicht absenkende Walzgutspitze auf, wird dabei zentriert und während der sich anschliessenden Umlenkungsphase, in der die Walzgutspitze in das Folgegerüst geleitet wird, abgestützt.
Eine Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass das höherliegende, dem jeweils hinteren Walzgerüst zugewandte Ende der Stützführung in einem Schwenklager angeordnet ist. Das Einstellen der in einfachster Form als Schweisskonstruktion herzustellenden Stützführung bzw.
Führungsrinne lässt sich somit durch Verschwenken erreichen. Das begünstigt auch einen Programmwechsel, der ggf. lediglich erfordert, den Grad der Neigung der einen bzw. beider Führungsrinnen nachzustellen.
Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Patentansprüchen und der nachfolgenden Beschreibung eines in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungs- beispiels des Gegenstandes der Erfindung.
Von einer Fertig- bzw. Zwischenstrasse 1 einer weiter nicht gezeigten Fein- und Mitteleisen- strasse sind zwei aufeinanderfolgende, jeweils durch lediglich eine obere und eine untere Horizontalwalze 2 bzw. 3 symbolisch gekennzeichnete Walzgerüste I und ll dargestellt. Im Ausführungsbeispiel ist sowohl dem vorderen Walzgerüst I als auch dem folgenden, hinteren Walzgerüst ll eine Stützführung in Form einer jeweils in einem Schwenklager 4 einstellbar angeordneten, als Schweissbauteil ausgebildete Führungsrinne 5 bzw. 6 zugeordnet ; sind in V-förmiger Anordnung schräg nach unten geneigt angelenkt.
Um den nachfolgend beschriebenen, gravitatonsbedingten Schlingenaufbau zu bewirken, reicht die in dem Schwenklager 4 des hinteren Walzgerüstes ll angelenkte Führungsrinne 6 aus, und die vordere Führungsrinne 5 dient lediglich dazu, das auslaufende Ende des Walzgutes weitestgehend ohne Peitschwirkung auf die vordere Führungsrinne 6 überzuleiten.
Die einzelnen Phasen der sich durch das Eigengewicht des auslaufenden Walzgutes 7 selbstätig ausbildenden Gravitationsschlinge sind in der Zeichnung mit Phase 1, Phase 2 und Phase 3 schematisch dargestellt. Die Walzgutspitze des aus dem vorderen Walzgerüst I
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auslaufenden Walzgutes 7 nimmt in der Phase 1 der Schlingenbildung den mit einer durchgezogenen Linie verdeutlichten Kurvenverlauf ein, demnach sich die Walzgutspitze aufgrund des Eigengewichtes schwerkraftbedingt selbstätig absenkt.
Sobald die Walzgutspitze auf die Führungsrinne 6 des nachfolgenden Walzgerüstes ll auftrifft, beginnt gemäss dem durch eine gepunktete Linie verdeutlichten Kurvenverlauf die Phase 2, in der die Walzgutspitze bzw. das Walzgut 7 in Richtung auf das nachfolgende Walzgerüst ll umgelenkt und gleichzeitig solange abgestützt wird, bis die Walzgutspitze zwischen die Horizontalwalzen 2,3 des Walzgerüstes ll eingefädelt worden ist, was durch einen Einlass 8 unterstützt wird. Sobald dies der Fall ist, d. h. das Walzgut 7 von den Horizontalwalzen 2,3 des Walzgerüstes ll erfasst ist, wird die Gravitationsschlinge durch die dann einsetzende Schlingenregelung mit einem Scanner stabilisiert; den Kurvenverlauf der stabilisierten Gravitaionsschlinge gibt die dickgestrichelte, mit Phase 3 beschriftete Linie wieder.
Die Schlingenhöhe 9 bewegt sich produktabhängig zwischen einem Mass von lediglich 20 bis 100mm. Das durchhängende, die Gravitationsschlinge gemäss Phase 3 bildende Walzgut ist aus physikalischer Sicht in seiner stabilen Lage und die Form der Durchbiegung ist natürlich. Diese durch das Eigengewicht stabil gehaltene Lage neigt nach den erforderlichen Regeleingriffen auch weniger zu mechanischen Vibrationen. Die Inbetriebnahme erfordert weit weniger Zeit als bei bekannten Anlagen, da für die Schlingenregelung die Auf- und Abbauphase - wie zuvor schon erläutert - entfällt. Weiterhin besteht damit keine Notwendigkeit der Synchronisierung zwischen Auswerfer, Steuerung, Walzgutdurchlauf und Freigabe der Regelung mehr, was nicht nicht nur einen wesentlich einfacheren Prozessablauf ermöglicht, sondern auch zu einer weit höheren Betriebssicherheit führt.
PATENTANSPRÜCHE:
1. Verfahren zur geregelten Bildung von Walzgut-Schlingen zwischen zwei Walzgerüsten, insbesondere in den Fertig- bzw. Zwischenstrassen von Fein- und Mitteleisenstrassen, dadurch gekennzeichnet, dass dem aus dem Walzgerüst austretenden Walzgutanfang
Gelegenheit zum schwerkraftbedingten Absenken gegeben wird, die Walzgutspitze dann in Richtung auf das nachfolgende Walzgerüst umgelenkt und anschliessend das Walzgut während der Umlenkungsphase temporär abgestützt wird, bis die Walzgutspitze in das
Folgegerüst eingetreten ist und die Schlingenregelung die Schlinge stabilisiert.