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Verfahren zur Gewinnung von Digoxin und Acetyldigitoxin aus den getrockneten Blättern der Digitalis lanata
Die Pflanze Digitalis lanata enthält bekannterweise ein Enzym, welches zur Abspaltung der GlukoseEndgruppe von der Zucker-Kette der genuinen Glukoside fähig ist (vgl. A. Stoll und W. Kreis, Helv. Chim. Acta 16, 1390/1933/). Auf Grund dieser früheren Kenntnisse wird in der österreichischen Patentschrift Nr. 140 397 ein praktisches Verfahren zur Durchführung der obenerwähnten partiellen Zuckerabspaltung und zur auf diese Weise erfolgenden Herstellung von Glukosiden der sekundären Reihe beschrieben.
Diese partielle Zuckerabspaltung kann im Sinne der vorgenannten österreichischen Patentschrift auf zwei verschiedene Weisen ausgeführt werden : entweder werden die isolierten Lanatoside A, B und C durch partielle Hydrolyse in die entsprechenden Glukoside der sekundären Reihe überführt oder es werden die in den getrockneten Blättern von Digitalis lanata anwesenden primären Glukoside schon in diesem Zustand, mit Hilfe des in den Blättern ebenfalls anwesenden Enzyms, durch mehrtägige Behandlung der Blätter mit Gemischen von Wasser und organischen Lösungsmitteln, zu sekundären Glukosiden abgebaut und die derart gebildeten sekundären Glukoside unmittelbar als Produkt aus den getrockneten Blättern gewonnen.
Die zweite Verfahrensführung ist im Prinzip wesentlich vorteilhafter, da in diesem Falle nur ein einmaliges Isolieren der Glukoside erforderlich ist ; dieser Umstand spielt in der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens eine sehr wesentliche Rolle. In der Praxis hat aber diese Form des Verfahrens den schwerwiegenden Nachteil, dass die in der angeführten österreichischen Patentschrift beschriebene Arbeitsweise nur ziemlich niedrige Ausbeuten ergibt, da die partielle Hydrolyse unter den dort beschriebenen Reaktionsbedingungen nur in beschränktem Masse gelingt.
Es wurde nun gefunden, dass die Abspaltung der endständigen Glukosegruppe von der Zucker-Kette der primären Glukoside während der Extraktion der getrockneten Digitalis lanata Blätter 100%ig durchgeführt werden kann, wenn die Extraktion mit reinem Wasser, unter Einhaltung von bestimmten Bedingungen bezüglich der Temperatur und der Dauer der Operation vorgenommen wird. Dabei kann das aus der Extraktion und aus weiteren Aufarbeitungsoperationen bestehende Gesamtverfahren derart gestaltet werden, dass das Digoxin und das Acetyldigitoxin in einer einzigen Operationsreihe, in einfacher Weise und mit guter Ausbeute unmittelbar in isoliertem Zustand gewonnen werden können, und zwar in einer Reinheit, die den Vorschriften der Arzneibücher bzw. den üblichen praktischen Anforderungen völlig entspricht.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist demnach ein Verfahren zur Gewinnung von Digoxin und Acetyldigitoxin aus den getrockneten Blättern der Digitalis lanata durch wässerige Extraktion der Droge und nachfolgende Extraktion des wässerigen Extraktes mittels organischer Lösungsmittel, bei welchem man die zerkleinerten Blätter mit Wasser bei 35-45 C 6-8 Stunden lang extrahiert, den erhaltenen wässerigen Extrakt mit einem Gemisch von Benzol und Butanol extrahiert, das aus der organischen Lösung gewonnene und von Gerbstoffen in bekannterweise befreite rohe Glukosidgemisch in wässerig-methanolischer Lösung mit Benzol extrahiert und die wässerig-methanolische Phase auf Digoxin, die Benzol-Phase auf Acetyldigitoxin weiterverarbeitet.
Bei der 6-8 stündigen Behandlung der zerkleinerten Blätter mit reinem Wasser bei 35-45 C geht die gewünschte Abspaltung der endstelligen Glukosegruppe praktisch 100%ig vor sich, eine unerwünschte Desacetylierung und weitere Zuckerabspaltung tritt aber noch nicht auf ; durch die nachfolgenden Extraktionsoperationen werden dann die anwesenden Glukoside derart getrennt, dass das Digoxin vollständig in der wässerig-methanolischen Phase, das Acetyldigitoxin dagegen vollständig in der Benzol-Phase erscheint.
Die Aufarbeitung der beiden erhaltenen Phasen, von denen die Benzol-Phase das Acetyldigitoxin (in Begleitung von verschiedenen Ballaststoffen), die wässerige methanolische Phase das Digoxin (neben andern Cardenoliden und verschiedenen Ballaststoffen) enthält, erfolgt zweckmässig durch eine ebenfalls neue und einen Teil der vorliegenden Erfindung bildende Methode, und zwar in folgender Weise :
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a) Die wässerig-methanolische Phase wird mit Chloroform extrahiert, wobei die Glukoside in das Chloroform übergehen ; das z.
B. durch Verdampfen des Chloroforms gewonnene, rohe Glukosidgemisch wird in an sich bekannter Weise desacetyliert, das deacetylierte Glukosidgemisch mit siedendem Aceton, mit siedendem Chloroform und mit siedendem Äthanol behandelt, wodurch die begleitenden Cardenolide entfernt werden ; dann wird das als ungelöster Rückstand erhaltene Digoxin in methanolischer Lösung mit Bleiacetat von den noch vorhandenen Ballaststoffen befreit und aus wässerigem Äthanol kristallisiert. b) Die benzolische Lösung wird so weit eingeengt, dass das Acetyldigitoxin und die anwesenden weiteren Glukoside schon ausscheiden, die begleitenden Ballaststoffe dagegen grösstenteils noch gelöst bleiben sollen.
Das abgeschiedene rohe Glukosidgemisch wird dann in Chloroform gelöst und an Aluminiumoxyd chromatographiert die von dem Aluminiumoxyd abfliessende Lösung enthält das Acetyldigitoxin in chemisch reinem Zustand.
Das erfindungsgemässe Verfahren wird durch das nachstehende Beispiel näher veranschaulicht.
Beispiel : 10 kg getrocknete und gemahlene Digitalis lanata Folien werden mit 20 I Wasser bei 40 C unter lebhaftem Rühren 7 h lang extrahiert, dann wird der wässerige Extrakt zweimal mit je 4000 ml 4 : l Butanol-Benzol-Gemisch ausgeschüttelt und die organische Phase wird zur Trockne verdampft.
Der trockene Rückstand wird in 7000 ml Methanol gelöst und die Lösung mit 7000 ml 5%iger BleiacetatLösung versetzt. Der gebildete Niederschlag wird durch Filtrieren entfernt und das Filtrat dreimal mit je 3500 ml Benzol extrahiert. Die benzolische Lösung enthält das Acetyldigitoxin in Begleitung von verschiedenen Ballaststoffen ; die weitere Bearbeitung dieser Lösung wird weiter unten beschrieben.
Die mit Benzol auf obige Weise extrahierte wässerig-methanolische Lösungwird dreimal mit je 3500 ml Chloroform ausgeschüttelt, die vereinigten Chloroform-Extrakte werden zur Trockne verdampft. Der erhaltene Rückstand wird in 1000 ml Methanol gelöst, mit 1000 ml C, 2 N Kaliumhydroxydlösung versetzt, das Gemisch 10 min gerührt und dann mit verdünnter Salzsäure neutralisiert. Die neutrale Lösung wird unter vermindertem Druck bis zum völligen Entfernen des Methanols eingeengt, das ausgefallene Glukosidgemisch filtriert und im Vakuum getrocknet.
Das so erhaltene desacetalierte Glukosidgemisch wird in feingepulvertem Zustand mit 100 ml wasserfreiem Aceton 2 hunter Rückfluss erhitzt, dann wird das ungelöste Produkt filtriert, getrocknet, wieder gepulvert und mit 300 ml Chloroform 3 h unter Rückfluss erhitzt, schliesslich wird diese Operation mit 100 ml abs. Äthanol wiederholt.
Der auf diese Weise erhaltene ungelöste Rückstand enthält praktisch nur mehr Digoxin ; die Menge dieses Rückstandes ist 7, 0 g. Dieser Rückstand wird in 700 ml Methanol gelöst, mit 700 ml 1% figer Bleiacetatlösung versetzt, abgenutscht, und das Filtrat dreimal mit je 700 ml Chloroform ausgeschüttelt und die vereinigte Chloroform-Phase zur Trockne verdampft. Der trockene Rückstand wird in 300 ml 80% igem Äthanol gerührt, die Lösung unter vermindertem Druck bis zum völligen Entfernen des Äthanols eingeengt, filtriert und das in dieser Weise erhaltene Digoxin getrocknet. Ausbeute : 5, 0g reines, den üblichen Forderungen der Arzneibücher entsprechendes Digoxin.
Die oben erwähnte benzolische Lösung der das Acetyldigitoxin enthaltenden Fraktion wird zu 50 ml eingeengt ; dabei scheidet das Acetyldigitoxin in Begleitung von andern Glukosiden aus der Lösung, während die Ballaststoffe grösstenteils noch in der Lösung bleiben. Das ausgeschiedene Produkt wird filtriert und getrocknet ; es werden 4, 0 g eines hauptsächlich Acetyldigitoxin enthaltenden Glukosidgemisches erhalten. Dieses Produkt wird in 80 ml Chloroform gelöst und an einer Aluminiumoxyd-Säule chromatographiert. Die von der Säule abfliessende Lösung enthält das Acetyldigitoxin in chemisch reinem Zustand.
Nach Verdampfen des Lösungsmittels werden 0, 70 g reines Acetyldigitoxin erhalten.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Gewinnung von Digoxin und Acetyldigitoxin aus den getrockneten Blättern der Digitslis lanata durch wässerige Extraktion der Droge und nachfolgende Extraktion des wässerigen Extraktes mittels organischer Lösungsmittel, dadurch gekennzeichnet, dass man die zerkleinerten Blätter mit Wasser bei 35-45 C 6-8 h lang extrahiert, den erhaltenen wässerigen Extrakt mit einem Gemisch von Benzol und Butanol extrahiert, das aus der organischen Lösung gewonnene und von Gerbstoffen in bekannter Weise befreite rohe Glukosidgemisch in wässerig-methanolischer Lösung mit Benzol extrahiert und die wässerig-methanolische Phase auf Digoxin, die Benzol-Phase auf Acetyldigitoxin weiterverarbeitet.