Wasserstrahlchirurgieinstrument
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Wasserstrahlchirurgieinstrument nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
Wasserstrahlchirurgievorrichtungen finden zunehmend in der Chirurgie Anwendung, weil ihr Schneid-, oder besser gesagt, ihr Trennverhalten sich von dem üblicher Skalpelle sowie alternativer Vorrichtungen wie Laserchirurgie- oder Hochfrequenzchirurgiegeräten unterscheidet.
Insbesondere sind mit Wasserstrahlchirurgievorrichtungen Schnitte möglich, die bestimmte Gewebearten durchtrennen und andere unangetastet lassen (selektive Gewebetrennung).
Solche Techniken finden schließlich zunehmend Anwendung bei endoskopischen Verfahren für die Chirurgie.
Derartige Wasserstrahlchirurgievorrichtungen umfassen ein Fluidreservoir und eine Fördereinrichtung zur Förderung des Fluid durch eine Druckleitung vom Fluidreservoir zu einem an der Wasserstrahlchirurgievorrichtung angeschlossenen Wasserstrahlchirurgieinstrument. Das Wasserstrahlchirurgieinstrument weist seinerseits eine Ausstoßdüse auf, um das Fluid in Form eines feinen Fluidstrahls auszustoßen.
Bei der Resektion von Gewebe, z.B. Tumorgewebe im Gastrointestinaltrakt, muss der Wasserstrahl mit hohem Druck gebündelt aus der Ausstoßdüse austreten. Wenn - wie im genannten Anwendungsbeispiel - die Resektion des Tumorgewebes auf die Mukosa begrenzt ist, soll das Tumorgewebe möglichst in einer Sitzung und möglichst vollständig ektomiert werden, wie dies mit einem Fluidstrahl möglich ist. Problematisch ist dabei aber, dass der „gebündelte" Fluidstrahl zu einer Perforation der muskularis propria führen kann. Die Folge sind gefährliche innere Blutungen, wobei der OP-Situs verdeckt wird. Für andere Anwendungen von
Wasserstrahlchirurgievorrichtungen ist es wiederum wünschenswert, den Fluidstrahl in seinem Austrittswinkel so zu verändern, dass unabsichtliche Verletzungen durch den Operateur unterbleiben bzw. andere Funktionen des Fluidstrahls ermöglicht werden (z.B. Spülen).
Aus der US 5 944 686 ist ein chirurgisches Instrument für die Wasserstrahlchirurgie bekannt, bei welchem ein schneidender Fluidstrahl über eine Ablenkfläche zerstäubt bzw. in seinem Austrittswinkel verändert wird. Diese Ablenkfläche ist dabei distal von der eigentlichen Ausstoßdüse angeordnet.
Aus der DE 10 2007 002 486 Al ist ein Wasserstrahlchirurgieinstrument bekannt, bei dem ein an sich im Querschnitt runder Fluidstrahl auf eine löffelartige Prallfläche trifft und dort in einen abgeflachten Wasserstrahl verwandelt wird. Diese löffelartige Fläche ist dabei als verlängertes distales Ende eines hier beginnenden Absaugrohrs ausgebildet, ist also wieder distal von der Ausstoßdüse angeordnet.
Übereinstimmend wird also bisher vorgeschlagen, besondere Vorrichtungen wie Pralloder Ablenkflächen vorzusehen, um dem Fluidstrahl eine gegenüber einem vom runden Querschnitt abweichende Form bzw. einen anderen Austrittswinkel zu geben. Derartige Zusatzeinrichtungen stören aber die freie Sicht auf den OP-Situs sowie das Arbeiten mit dem Instrument selbst, da dem eigentlichen Fluidaustrittselement, der Ausstoßdüse, immer eine weitere Vorrichtung nachgeschaltet ist und dies an einer für das chirurgische Arbeiten ungünstigen Stelle.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Wasserstrahlchirurgieinstrument aufzuzeigen, das in konstruktiv einfacher Weise eine Steuerung der Geometrie des Fluidstrahls ermöglicht, ohne die Handhabbarkeit des Instrumentes wesentlich zu verschlechtern.
Diese Aufgabe wird durch ein Wasserstrahlchirurgieinstrument nach Anspruch 1 gelöst.
Insbesondere wird die Aufgabe durch ein Wasserstrahlchirurgieinstrument gelöst, umfassend
- eine Zuführleitung zum Zuführen eines Fluids in einer Strömungsrichtung,
- eine Austrittsdüse zum Ausstoßen des Fluids in einem Strahl mit definierter Öffnungsgeometrie, wobei in Strömungsrichtung des Fluids vor der Austrittsdüse eine Fluidkammer vorgesehen ist und wobei in der oder an der Fluidkammer eine Störvorrichtung vorgesehen ist, durch welche eine turbulente Strömung in der Fluidkammer erzeugbar ist.
Die Strömung des Fluids ist in der ausreichend groß dimensionierten und vorzugsweise auch symmetrisch gebauten Fluidkammer zunächst laminar. Das heißt, dass in der Strömung die Trägheitskräfte an jeder Stelle der Fluidkammer gegenüber den Reibungskräften überwiegen. Erreicht das Fluid einer solchen Strömungsform die Ausstoßdüse, so wird ein mehr oder weniger feiner, jedenfalls beim Austritt scharf umrissener Fluidstrahl aus der Ausstoßdüse austreten - natürlich vorausgesetzt, dass die Düsengeometrie entsprechend aufgebaut ist.
Überraschenderweise hat es sich nun gezeigt, dass sich die Form des austretenden Fluidstrahls dahin gehend ändert, dass der Fluidstrahl nicht mehr als feiner Strahl austritt, sobald die Strömung in der Fluidkammer beginnt, turbulent zu werden. Der Fluidstrahl ist dann mehr oder weniger aufgeweitet. Dies ist insofern besonders überraschend, als gar nicht in den eigentlichen Fluidstrahl nach dem Verlassen der Ausstoßdüse eingegriffen wird, sondern die Strömung bei vollkommen unveränderter Situation an oder nach Verlassen der Ausstoßdüse viel weiter davor in der Fluidkammer verändert wird. Dadurch aber ergibt sich die Möglichkeit, das Strömungsverhalten an einer Stelle der Strömung zu verändern, die für den Anwender des Wasserstrahlchirurgieinstruments viel weniger störend ist.
Um die Strömung in der Fluidkammer turbulent werden zu lassen, wird die Geometrie der Fluidkammer an irgendeiner Stelle so verändert, dass eine Asymmetrie bezogen auf die Länge, die Breite und/oder den Radius in der Strömung auftritt. Dadurch wird die Strömung dort stellenweise turbulent. Hier überwiegen dann die Reibungskräfte und die Trägheitskräfte der Moleküle.
Bei einer ersten bevorzugten Ausführungsform umfasst die Störvorrichtung zur Umwandlung der laminaren Strömung in eine turbulente Strömung einen umströmbaren oder durchströmbaren Körper, der in der Fluidkammer angeordnet ist. Bei ansonsten gleich bleibender Geometrie der Fluidkammer hat es sich
herausgestellt, dass eine ortsfeste Störvorrichtung zu einer gleich bleibenden und wiederholbaren Strahlaufweitung des Fluidstrahls führt.
Bei einer anderen bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst die Störvorrichtung eine vorzugsweise flexible Wand der Fluidkammer. Durch die Einstellung der Form (des Querschnitts) der Fluidkammer kann somit ebenfalls eine reproduzierbare Strahlaufweitung bewerkstelligt werden.
Die Störvorrichtung kann fest in die Fluidkammer eingebaut sein bzw. die Fluidkammer kann unveränderbar dimensioniert sein, wobei man dann für verschiedene Strahlgeometrien verschiedene Wasserstrahlchirurgieinstrumente bereitstellen kann.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Störvorrichtung zur Änderung der Öffnungsgeometrie des Strahls hinsichtlich ihrer Position und/oder Geometrie einstellbar ausgebildet. Der Operateur kann dann den Fluidstrahl durch eine entsprechende Einstellung der Störvorrichtung so „formen", dass er seinen Zwecken genügt. Dies kann beispielsweise durch eine Betätigungseinrichtung zum Verschieben der Störvorrichtung in der Fluidkammer geschehen. Die Betätigungseinrichtung umfasst bei der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ein Zug- und Schubelement, insbesondere einen Draht zum Verschieben der Störvorrichtung in der Fluidkammer. Dieses Zug- und Schubelement ist dann mit einem vom Operateur betätigbaren Handgriff verbunden.
Alternativ kann die Betätigungseinrichtung auch ein Magnetelement zum Aufbringen einer Magnetkraft auf die Störvorrichtung umfassen. In diesem Fall ist ein mechanischer Eingriff in die Fluidkammer nicht notwendig, so dass die bei den hohen Drücken nicht unproblematische Abdichtung der Betätigungseinrichtung entfällt.
Vorzugsweise wird das Wasserstrahlchirurgieinstrument zum Einsetzen in einen Arbeitskanal eines Endoskops ausgebildet. Hier zeigen sich die Vorteile des Instrumentes besonders drastisch dann, wenn die Störvorrichtung vom Operateur veränderbar ist. Ein Instrumentenwechsel ist in diesem Fall nämlich besonders aufwändig, muss aber bei der Einstellbarkeit der Störvorrichtung nicht mehr vorgenommen werden.
Nachfolgend werden bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung anhand von Abbildungen näher erläutert. Hierbei zeigen
- Fig. 1 eine Wasserstrahlchirurgievorrichtung in einer schematisierten
Darstellung mit einer ersten Position einer Störvorrichtung,
- Fig. 2 die hier wesentlichen Teile des Wasserstrahlchirurgieinstruments nach
Fig. 1 mit einer hierzu veränderten Position der Störvorrichtung,
- Fig. 3 eine weitere Ausführungsform der Erfindung basierend auf einer
Störvorrichtung gemäß Fig. 1 oder Fig. 2 und
- Fig. 4 eine weitere Ausführungsform der Erfindung mit zwei Positionen der
Störvorrichtung in den Zeichnungsteilen A und B.
In der nachfolgenden Beschreibung werden für gleiche und gleich wirkende Teile dieselben Bezugsziffern verwendet.
In Fig. 1 ist eine Ausführungsform der Erfindung gezeigt, bei welcher ein Wasserstrahlchirurgieinstrument 10 über eine Zuführleitung 20 und eine Pumpe 6 mit einem Fluidreservoir 4 verbunden ist. Zwischen der Zuführleitung 20 und einer Ausstoßdüse 30 ist eine Fluidkammer 40 vorgesehen, die eine Außenwand aufweist. Die Fluidkammer 40 ist hierbei derart bemessen, dass sich in ihr eine im Wesentlichen laminare Strömung des Fluids aus dem Fluidreservoir 4 ausbildet, wenn dieses durch die Ausstoßdüse 30 ausgestoßen wird. Hierbei ist die Ausstoßdüse 30 derart geformt, dass sich bei einer laminaren Strömung in der Fluidkammer 40 ein im Wesentlichen „zylindrischer" Fluidstrahl 1 ausbildet. Mit einem derartigen Fluidstrahl 1 kann bei entsprechend hohem Druck die gewünschte Behandlung von Gewebe, nämlich ein selektives Schneiden desselben durchgeführt werden.
In der Fluidkammer 40 ist eine Störvorrichtung 50 angeordnet, die in dem in Fig. 1 schematisiert dargestellten Ausführungsbeispiel als kantiger Körper ausgebildet ist, der dann, wenn er - wie in Fig. 2 gezeigt - in Richtung auf die Ausstoßdüse 30 verschoben wird, die zunächst laminare Strömung in der Fluidkammer 40 dadurch in eine turbulente Strömung verwandelt, dass der kantige Körper vom Fluidstrom umströmt und dieser an seinen Kanten „gebrochen" wird. Wenn die in Fig. 2 gezeigte Situation vorliegt, so liegt also in der Fluidkammer 40 kurz vor der Ausstoßdüse 30
eine turbulente Strömung vor. Durch diese turbulente Strömung wird nun der Fluidstrahl 1 aufgeweitet, wie dies in Fig. 2 gezeigt ist. Allein dadurch also, dass die Art der Strömung (laminar/turbulent) vor der Ausstoßdüse 30 verändert wird, kann die Geometrie des Fluidstrahls 1 beeinflusst werden. Somit kann dem Chirurgen ein Set von Wasserstrahlchirurgieinstrumenten 10 zur Verfügung gestellt werden, bei welchen die Störvorrichtung 50 an verschiedenen Stellen (oder in verschiedenen Formen) in der Fluidkammer 40 angebracht ist. Demzufolge hat dann der Fluidstrahl 1 die eine oder andere geometrische Form, also gebündelt oder aufgefächert.
Die in Fig. 3 gezeigte Ausführungsform der Erfindung unterscheidet sich von derjenigen nach den Fig. 1 und 2 dadurch, dass die Störvorrichtung 50 - wie mit dem Doppelpfeil angedeutet - innerhalb der Fluidkammer 40 verschoben werden kann. Hierzu ist ein Zug- und Schubelement 51 vorgesehen, das als steifer Draht ausgebildet sein kann. Dieses Zug- und Schubelement 51 ist aus der Zuführleitung 20 über eine Dichtung ausgeführt und weist an seinem Ende einen ersten Handgriff 52 auf. Über diesen Handgriff 52 kann somit der Operateur während der Operation die geometrische Form des Fluidstrahles 1 einstellen, indem er die Störvorrichtung 50 verschiebt. Diese Möglichkeit ist nicht nur in der offenen Chirurgie von Vorteil, sie bietet einen besonderen Vorteil vielmehr auch in der endoskopischen Anwendung, da dort ein Instrumentenwechsel zum Ersetzen eines gebündelten durch einen aufgeweiteten Strahl besonders vorteilhaft ist.
Bei der in Fig. 4 gezeigten Ausführungsform ist die Störvorrichtung 50 dadurch gebildet, dass die Außenwand 41 der Kammer 40 einen beweglichen Außenwandabschnitt 42 aufweist. Wenn dieser verändert wird, sich also die Geometrie der Fluidkammer 40 ändert, so kann ebenfalls eine turbulente Strömung innerhalb der Fluidkammer 40 und damit eine Aufweitung des Fluidstrahls 1 erzeugt werden. Dies ist in Fig. 4 in den Beispielen A (laminare Strömung = gebündelter Strahl) und B (turbulente Strömung = aufgeweiteter Fluidstrahl) gezeigt. Dieser bewegliche Außenwandabschnitt 42, der also die Störvorrichtung 50 bildet, ist nun so gelagert, dass bei einem Verkippen (siehe Pfeilrichtung in Fig. 4B) ein Teil des Außenwandabschnitts 42 in die Fluidkammer 40 eindringt, während ein anderer Teil des beweglichen Außenwandabschnitts 42 weiter aus der Fluidkammer 40 herauskippt. Dadurch wird eine Neutralisierung der Kräfte erreicht, die aufgrund des Fluiddrucks 40 innerhalb der Kammer auf den Außenwandabschnitt 42 wirken.
Zusätzlich zu dem beweglichen Außenwandabschnitt 42 als Betätigungseinrichtung ist noch ein Aktivierungsschalter 70 vorgesehen, so dass man sich das in Fig. 4 gezeigte Wasserstrahlchirurgieinstrument insgesamt als handhabbares Teil für die offene Chirurgie vorstellen kann.
Aus Obigem geht hervor, dass die Erfindung auch ein Verfahren betrifft, um bei einem Wasserstrahlchirurgieinstrument den austretenden Fluidstrahl in seiner Form zu verändern, indem man eine vor der Ausstoßdüse anstehende laminare Strömung in eine turbulente Strömung verwandelt.
Bezuqszeichenliste
1 Fluidstrahl
4 Fluidreservoir
6 Pumpe
10 Wasserstrahlchirurgieinstrument
20 Zuführleitung
30 Ausstoßdüse
40 Fluidkammer
41 Außenwand der Fluidkammer
42 beweglicher Außenwandabschnitt
50 Störvorrichtung
51 Zug- und Schubelement
52 Handgriff für Zug- und Schubelement 70 Aktivierungsschalter für
Wasserstrahlchirurgievorrichtung