Verfahren zum Herstellen von Flachstahl-Produkten mit hoher Magnetisierungsfähigkeit
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Flachstahl-Produkten mit hoher Magnetisierungsfähigkeit, wie bspw. Magnetstahlblech oder Dynamoblech für eine Magnetschienenbahn und / oder Statoren oder Rotoren von Elektromotoren oder Generatoren, auf der Grundlage des Inversionsverfahrens bei Raumtemperatur eines Mutterbandes, das durch eine Stahlschmelze gezogen wird.
Das Inversionsverfahren ist bspw. in der DE 43 19 569 C1 ausführlich beschrieben. Ebenso ist die zur Ausübung des Inversionsverfahrens benötigte Vorrichtung bekannt. Einzelheiten an Inversionsgießgefäßen ergeben sich außerdem bspw. aus der EP 0 814 926 B1.
Gegenüber dem Stranggießen von Stahlsträngen im Brammenformat von ca. 200 - 300 mm Dicke und dem Stranggießen von Dünnsträngen von ca. 45 bis 75 mm Dicke sind die Abkühlungsvorgänge beim Inversionsverfahren zeitlich deutlich kürzer und führen zu unterschiedlichen Korngrößen im Gefüge. In Anbetracht der höheren Gießgeschwindigkeit beim Dünnstrang-Gießen erhält man schon dort gegenüber dem Brammengießen ein Gefüge mit relativ kleinerem Korn. Das Abkühlen und Wiedererwärmen in mehreren Stufen bedeutet jedoch sowohl beim Brammengießen als auch beim Dünnstranggießen ein Kornwachstum, das nicht für jeden Verwendungszweck des späteren Walzgutes vorteilhaft ist. Die weitere Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit beim Inversionsverfahren erzeugt bei entsprechender Weiterbehandlung des Stranggutes eine anzustrebende Korngröße mit den gewünschten Eigenschaften des End- produktes.
Vom Brammengießen ist es bekannt, um die für ein hochwertiges Magnetstahlblech geforderten Kernverlustwerte zu erreichen, dass bei Stählen, bei denen mehr als 1 % Si zugesetzt wird, der Effekt eintritt, dass bei Durchführung eines Warm- oder Kaltwalzvorgangs über der Grenze von 4 Gew.-% Silizium die Wirtschaftlichkeit derart gemindert ist, dass eine Verwendung wegen Sprödigkeit unmöglich ist.
Auf diese Zusammenhänge bei der Herstellung von nichtorientiertem Magnetstahlblech aus Brammen wird zu den einzelnen Einflussgrößen des C ( Kohlenstoff), des Si (Silizium), von Mn ( Mangan), von S (Schwefel), AI (Aluminium), P (Phosphor), N (Stickstoff) und B (Bor) in der DE 40 05 807 C2 hingewiesen.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Flachstahl-Produkte mit hoher Magnetisierungsfähigkeit für den Einsatz an Magnetschwebebahnen, Elektromotoren, Generatoren u.dgl. vorzuschlagen, deren wirtschaftliche Herstellungsweise mit vorteilhaften physikalischen Eigenschaften verbunden ist.
Die gestellte Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass das Mutterband durch eine C-Si-Stahlschmelze mit niedrigen C-Gehalten und mit Siliziumgehalten zwischen 2 bis 6 Gew.-% Si gezogen, beschichtet und anschlie- ßend an das Schmelzbad der Verbundwerkstoff unmittelbar und ohne Verzögerung auf eine dem Flachstahl-Produkt entsprechende Enddicke verformt und vollends abgekühlt wird. Dadurch kann wirtschaftlich bei sehr hohen Fertigungsgeschwindigkeiten ein Flachstahl-Produkt mit geringer Verformungsdicke erzeugt werden, das eine hohe Magnetisierungsfähigkeit aufweist und bisher nicht erreichbare Si-Gehalte für die optimalen magnetischen Eigenschaften besitzt. Die auch von Brammen und Dünnbrammen bekannten Nachteile, dass ab höheren Si-Gehalten die Verformbarkeit nicht mehr möglich ist, entfallen völlig. Si-Gehalte von 2 bis 4,5 Gew.-% und höher sind hingegen ohne weiteres erreichbar. Besonders hervorzuheben ist die vorteilhafte geringe Komgöße des Gefüges.
Eine Ausgestaltung sieht vor, dass als Werkstoff des Mutterbandes der gleiche Werkstoff wie der der C-Si-Stahlschmelze gewählt wird. Dadurch entsteht eine MonoStruktur, die die Verwendung von rostfreien oder austenitischen Stählen oder von ferritischen Stählen gestattet.
Eine andere Ausgestaltung besteht darin, dass das Mutterband einseitig oder doppelseitig beschichtet wird. Auch hier können C-Stähle, Rostfrei-Stähle oder Ferritstähle mit den angegebenen Eigenschaften eingesetzt werden.
Eine Weiterbildung ist dadurch gegeben, dass beim einseitigen Beschichten zwei aneinanderliegende Mutterbänder jeweils auf ihrer Außenfläche beschichtet werden. Der Vorteil ist eine wirtschaftliche Steigerung der erzeugten Menge an Flachstahl-Produkten mit den angegebenen Eigenschaften.
Nach weiteren Merkmalen wird vorgeschlagen, dass zwischen den beiden Mutterbändern eine anorganische Schicht aus ausreichend hitzebeständigem Werkstoff aufgebracht wird. So kann ein Stoff mit einer schlechten Wärmeleitung eingesetzt werden, um ein Zusammenkleben der beiden Mutterbänder für die Zeit von wenigen Sekunden zu verhindern.
Ein weiteres Beispiel für eine solche kurzzeitige Isolationswirkung wird dadurch geschaffen, dass eine Schicht aus anorganischer Schlichte aufgebracht wird.
Die geeignete Korngröße des Gefüges wird weiter dadurch erhalten, dass das Verformen des Verbundwerkstoffes nach dem Ausziehen aus dem Schmelzbad durch Walzen vorgenommen wird.
Weitere Vorteile ergeben sich dadurch, dass der gewalzte und abgekühlte Verbund-Werkstoff zu einem Coil aufgewickelt wird.
Geeignete Stahlschmelzen werden ferner dahingehend ausgewählt, dass eine Stahlschmelze mit einem Kohlenstoff-Gehalt gleich oder größer 0,03 Gew.-% C,
mit einem verminderten Kohlenstoffgehalt gleich oder größer 0, 01 Gew.-% C oder mit einem in einem Vakuum anzuwendenden Kohlenstoff-Gehalt gleich oder größer 0,005 Gew.-% C verwendet wird.
Das Verfahren kann in Verbindung mit dem Inversionsverfahren dahingehend ausgeübt werden, dass die im Verbundwerkstoff entstehenden Alpha-Kristalle als Einkristalle auf der Temperatur-Reise vom Verformen bis zum Abkühlen des Coils aufrechterhalten werden.
Eine solche Maßnahme besteht darin, dass durch ( wiederholtes ) Glühen eines Coils die Alpha-Kristalle zum Wachsen und das Gefüge-Korn zum Ausrichten angeregt werden.
Dabei kann es für den Magnetisierungsvorgang und Entmagnetisierungsvor- gang vorteilhaft sein, wenn das Gefüge-Korn einheitlich, mit seiner Kornachse quer zur Oberfläche des Verbundwerkstoffs im Sinn der Weiß'schen Bezirke ausgerichtet wird.
Wesentliche Vorgänge sind in der Zeichnung dargestellt, anhand deren die einzelnen Verfahrensschritte nachstehend erläutert werden.
Es zeigen:
Fig. 1 eine Seitenansicht zum Prinzip des Inversionsbeschichtens (Stand der Technik),
Fig. 2 die Seitenansicht für mehrere alternative Verfahren,
Fig. 2A eine Einzelheit „X" aus Fig. 2 für doppelseitiges Beschichten,
Fig. 2B eine Einzelheit „X" aus Fig. 2 für einseitiges Beschichten,
Fig. 3 ein Eisen-Silizium-Diagramm mit den Gebieten der Alpha-Kristalle und der Arbeitsfläche des Verfahrens,
Fig. 4 eine Darstellung der Lage und Richtung der Alpha-Kristalle und
Fig. 5 eine Hysterese-Kurve bei niedrigem und hohen Silizium-Gehalt des verformten Flachstahl-Produkts.
Das Verfahren zum Herstellen von Flachstahl-Produkten 1 , nämlich Stahlbleche mit hoher Magnetisierungsfähigkeit, wie z.B. Magnetstahlblech für Magnetan- triebe oder Elektromotoren (Dynamobleche) beruht auf dem erwähnten Inversionsverfahren, bei dem eine Abkühlung von innen nach außen stattfindet. Dabei wird ein Mutterband 2 durch eine C-Si-Stahlschmelze 3 mit niedrigen C- Gehalten und mit sehr hohen Siliziumgehalten 5 ( zwischen 2 bis 6 Gew.-% Si ) in einem Schmelzenbehälter 4 gezogen, dabei beschichtet und anschließend an das Schmelzbad 6 der gebildete Verbundwerkstoff 7 unmittelbar und ohne Verzögerung auf eine dem flachen Stahlprodukt 1 entsprechende Enddicke 8 verformt und vollends abgekühlt ( Fig. 1). Das Mutterband 2 kann sowohl die chemische Zusammensetzung der Stahlschmelze 3 mit hohem Silizium-Gehalt als auch eine normale chemische Zusammensetzung mit bspw. 0,03 Gew.-% C ( St 37) aufweisen.
Grundsätzlich kann als Werkstoff des Mutterbandes 2 der gleiche Werkstoff der C-Si-Stahlschmelze 3 gewählt werden ( wie in Fig. 2 vorgesehen ist), was eine MonoStruktur darstellt.
Das Mutterband 2 kann ferner einseitig oder doppelseitig beschichtet werden. Gemäß Fig. 2A ist ein Mutterband 2 mit einer doppelseitigen Beschichtung 9 versehen. In Fig. 2B erfolgt eine einseitige Beschichtung 9 durch zwei aneinan- derliegende Mutterbänder 2, die jeweils auf ihrer Außenfläche 10 mit der Be- Schichtung 9 einseitig versehen werden. Nach Trennen der beiden Mutterbänder 2, die durch ihren niedrige Anfangstemperatur entweder überhaupt nicht
oder nur wenig zusammenkleben, liegen zwei einseitig beschichtete Mutterbänder 2 vor, die demnach einzeln verformt werden können.
Um eine sichere Trennung durchzuführen, wird zwischen den beiden Mutterbändern eine anorganische Schicht 11 aus ausreichend hitzebeständigem Werkstoff 11 a aufgebracht. So kann z.B. vor dem Prozess eine Schicht 11 aus anorganischer Schlichte 12 aufgetragen werden. Vorteilhaft kann z.B. ein Metallstaub hochschmelzender Metalle eingesetzt werden. Als anorganische Schlichte können Calziumsilikate, Metalloxide, Keramikstoffe u. dgl. verwendet werden.
Wie in Fig. 1 gezeigt ist, kann das Verfahren zum Verformen des Verbundwerkstoffs 7 unmittelbar nach dem Ausziehen aus dem Schmelzbad 6 durch Walzen in einem (oder mehreren) Walzenpaar 13 vorgenommen werden.
Währenddem das Mutterband 2 von einer Mutterband-Abwickelrolle 2a kontinuierlich abgewickelt und kontinuierlich durch das Schmelzbad 6 gezogen wird, wird der gewalzte und abgekühlte Verbundwerkstoff 7 zu einem Coil 14 aufgewickelt und am Ende geschnitten.
Die C-Si-Stahlschmelze 3 weist Kohlenstoff mit einem Kohlenstoff-Gehalt 15 gleich oder größer 0,03 Gew.-% C, mit einem verminderten Kohlenstoff gehalt 15 gleich oder größer 0,01 Gew.-% oder einem in einem Vakuum anzuwendenden Kohlenstoffgehalt 15 gleich oder größer 0,005 Gew.-% C auf.
Dadurch wird ersichtlich im Eisen-Silizium-Diagramm der Fig. 3 nur ein ganz links liegender Schacht 16a beginnend bei den γ - Kristallen nach unten reichend ausgenutzt, in dem Alpha-Kristalle 16 auftreten. Die Ausbildung solcher Alpha-Kristalle 16 ist abhängig von einer Funktion der Temperatur (K), der Konzentration, der Zeit , der Diffusion und von dem Potential an Silizium. Bei Silizi- um-Gehalten von bis zu 6 Gew.-% Si wachsen ständig Einkristalle 17, die aus Alpha-Kristallen 16 bestehen und auf der Temperatur-Reise vom Verformen bis
zum Abkühlen auf Normaltemperatur des Coils 14 aufrechterhalten werden. Die mit einem Pfeil im γ-Bereich angedeutete Richtung wird als γ-Nase bezeichnet und steht in Funktion mit dem Kohlenstoff-Gehalt. Dabei entspricht eine kleine Nase einem geringen C-Gehalt und eine größere Nase einem höheren Kohlenstoffgehalt.
Die Coils 14 können in verschiedenen Temperatur-Stufen geglüht werden, so dass die Alpha-Kristalle 16 zum Wachsen ( Fig. 4) und das Gefüge-Korn 18 mit der Korn-Achse 18a zum Ausrichten veranlasst werden. Sofern das Gefüge- Korn 18 einheitlich, mit seiner Kornachse 18a quer zur Oberfläche 7a des Ver- bundwerkstoffs 7 im Sinn der Weiß'schen Bezirke 19 ausgerichtet sind, ist die Magnetisierung besonders hoch. Als Beispiel sind in Fig. 4 die Weiß'schen Bezirke 19 eines Nickel-Einkristalls 17 gezeigt. Im Zustand der hohen Magnetisierung (Sättigungsinduktion) treten zwischen den Weiß'schen Bezirken 19 sog. Bloch-Wände 20 auf.
In Fig. 5 ist der Verlauf der Permeabilitätszahl μ ( = magnetische Flussdichte B / magnetische Feldstärke H) gezeigt. Bei völlig unmagnetischem Werkstoff ( Punkt Null) wird zunächst die Neukurve 21 bis zur Sättigungsinduktion 22 durchlaufen. Nach Ausschalten des magnetischen Feldes ( H = 0) bleibt eine Restinduktion übrig ( sog. Remanenz). Zur Erreichung eines erneut unmagnetischen Materialzustandes wird eine Gegenfeldstärke bis zur Koerzitiv-Feldstärke 23 eingestellt. Bei weiter zunehmendem Gegenfeld wird der Werkstoff bis zur Sättigung in Gegenrichtung ( Punkt 24) aufmagnetisiert. Beim Ausschalten des Magnetfeldes ( H = 0) fällt die magnetische Induktion wieder bis zur Rema- nenzflussdichte 25. Erst ein positives Magnetfeld mit der Koerzitiv-Feldstärke 23 erzeugt wieder ein unmagnetisches Material. Bei erneuter Erhöhung des magnetischen Feldes wird wieder die Sättigungsinduktion 22 erreicht. Diese als Hysterese-Kurve bekannte Kurve von 22 über 24, 25, 23 zurück zu 22 umschließt mit ihrer Hysterese-Fläche 26 ein weiß gelassenes Feld, dessen Größe bei ca. 1 ,5 Gew.-% Silizium auftritt.
Die schraffierte Fläche 27 entspricht einem Silizium-Gehalt von ca. 4 - 6 Gew.- % Si. Dadurch ergeben sich die erfindungsgemäßen Vorteile. Die Flächen der Hysterese-Kurven sind ein Maß für die Energie, die zur Ummagnetisierung notwendig ist. Für die weichmagnetischen Materialien muss sie möglichst gering gehalten werden.
Bezugszeichenliste
1 Flachstahl-Produkt
2 Mutterband
2a Mutterband-Abwickelrolle
3 C-Si-Stahlschmelze
4 Schmelzenbehälter
5 Silizium-Gehalt
6 Schmelzbad
7 Verbundwerkstoff
7a Oberfläche
8 Enddicke
9 Beschichtung
10 Außenfläche
11 anorganische Schicht
11 a hitzebeständiger Werkstoff
12 anorganische Schlichte
13 Walzenpaar
14 Coil
15 Kohlenstoff-Gehalt
16 Alpha-Kristalle
16a Schacht
17 Einkristall
18 Gefüge-Korn
19 Weiß 'sehe Bezirke
20 Bloch-Wände 1 Neukurve
Sättigungs-Induktion Koerzitiv-Feldstärke Gegenrichtung Remanenz-Flussdichte Hysterese-Fläche schraffierte Hysterese-Fläche