Einzelketten-Antikörper mit verbesserter Stabilität
Die vorliegende Erfindung betrifft einen Einzelketten-Antikörper, der dadurch gekennzeichnet ist, daß der C- oder N-Terminus der V -Domäne ohne Linker direkt mit dem N- bzw. C-Terminus der i-Domäne verknüpft ist, wobei die Vπ-Domäne eine Deletion von mindestens einer natürlicherweise an ihrem C- oder N-Terminus vorkommenden Aminosäure und/oder die Vι_-Domäne eine Deletion von mindestens einer natürlicherweise an ihrem N- bzw. C-Terminus vorkommenden Aminosäure aufweist, vorzugsweise lediglich die VΗ-Domäne des Einzelketten-Antikörpers eine Deletion der natürlicherweise den C- Terminus darstellenden Aminosäure aufweist. Dadurch kann eine deutlich verbesserte Stabilität des Antikörpers bei Lagerung und auch eine verbesserte Halbwertszeit im Plasma erreicht werden. Die vorliegende Erfindung betrifft schließlich auch diese Einzelketten- Antikörper kodierende DNA-Sequenzen und die erfindungsgemäßen Verbindungen enthaltende Arzneimittel.
Rekombinante Antikörper, vorzugsweise Einzelketten-Antikörper (scFv) spielen inzwischen in der Medizin sowohl im Bereich der Diagnostik als auch bei der Therapie, z.B. bei der Tumortherapie, eine wichtige Rolle. Diese Einzelketten-λntikörper werden üblicherweise rekombinant hergestellt und zeichnen sich in der Regel dadurch aus, daß der C-Terminus der VΗ-Domäne über einen Aminosäure-Linker mit dem N-Terminus der VL-Domäne verknüpft ist. Ein Nachteil der bisher im Stand der Technik verwendeten Antikörper ist allerdings deren relative Instabilität. Dies bezieht sich sowohl auf die Lagerung als auch die Halbwertszeit im Plasma nach der Verabreichung an den Patienten.
Somit liegt der vorliegenden Erfindung das technische Problem zugrunde, Einzelketten- Antikörper bereitzustellen, die eine höhere Stabilität aufweisen.
Die Lösung dieses technischen Problems erfolgt durch die Bereitstellung der in den Patentansprüchen gekennzeichneten Ausführungsformen.
In der vorliegenden Erfindung konnte gezeigt werden, daß eine wesentlich erhöhte Stabilität dadurch erreicht werden kann, daß bei den Einzelketten-Antikörpern der C- oder N- Terminus der VH-Domäne ohne Linker direkt mit dem N- bzw. C-Terminus der V -Domäne verknüpft ist, wobei die VH-Domäne eine Deletion von mindestens einer natürlicherweise an ihrem C- oder N-Terminus vorkommenden Aminosäure und/oder die VL-Domäne eine
Deletion von mindestens einer natürlicherweise an ihrem N- bzw. C-Terminus vorkommenden Aminosäure aufweist. Überraschenderweise wird dadurch die Funktion des Antikörpers, z.B. hinsichtlich Spezifität und Affinität, nicht wesentlich beeinträchtigt. Durch dieses Vorgehen können sehr stabile dimere bivalente Antikörpermoleküle erzeugt werden, wobei die Spezifität der Antikörper nicht negativ beeinflußt wird. Die erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörper weisen eine bessere Lagerungsstabiltät auf und es kann davon ausgegangen werden, daß ihre Halbwertszeit in vivo ebenfalls höher ist. Die erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörper sind außerdem stabiler gegenüber chemischen Modifikationen, wie z.B. lodination oder das Anknüpfen von Chelatkomplexen. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, daß die erfindungsgemäßen Einzelketten- Antikörper auf Grund ihrer geringeren Größe im Vergleich zu den bisher verwendeten Antikörpern eine verbesserte Gewebedurchdringung aufweisen, was (u.a. in Verbindung mit der erhöhten Halbwertszeit in vivo) beispielsweise dazu führen kann, daß auch bereits bei geringeren Dosierungen die erwünschten Wirkungen auftreten bzw. diese Wirkungen in stärkerem Maß auftreten.
Somit betrifft die vorliegende Erfindung einen Einzelketten-Antikörper, der dadurch gekennzeichnet ist, daß der C- oder N-Terminus der Vπ-Domäne ohne Linker direkt mit dem N- bzw. C-Terminus der VL-Domäne verknüpft ist, wobei die VH-Domäne eine Deletion von mindestens einer natürlicherweise an ihrem C- oder N-Terminus vorkommenden Aminosäure und/oder die VL-Domäne eine Deletion von mindestens einer an ihrem N-bzw. C-Terminus natürlicherweise vorkommenden Aminosäure aufweist.
Die erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörper weisen im Vergleich zu den im Stand der Technik verwendeten Antikörpern (Verknüpfung der VH-Domäne mit der VL-Domäne über einen Linker, keine Verkürzung der VH- bzw. V -Domäne) keine wesentlich verringerte Spezifität und/oder Affinität auf.
Der hier verwendete Ausdruck „Einzelketten-Antikörper" betrifft alle künstlichen Antikörper, bei denen eine VH-Domäne mit einer VL-Domäne verknüpft ist, also z.B. scFv-Antikörper. Der erfindungsgemäße Einzelketten-Antikörper kann eine VH- und eine VL- Domäne aber auch mehrere, vorzugsweise zwei, VH- und V -Domänen aufweisen, wobei die einzelnen VH- bzw. VL-Domänen gleich oder unterschiedlich sein können.
Der hier verwendete Ausdruck „verknüpft" bezieht sich auf eine Peptidbindung.
Der hier verwendete Ausdruck „wobei die VH-Domäne eine Deletion von mindestens einer natürlicherweise an ihrem C- oder N-Terminus vorkommenden Aminosäure und/oder die VL-Domäne eine Deletion von mindestens einer an ihrem N- bzw. C-Terminus natürlicherweise vorkommenden Aminosäure aufweist" betrifft alle Deletions-Konstrukte, die im Vergleich zu den im Stand der Technik verwendeten Antikörpern (Verknüpfung der VH-Domäne mit der V -Domäne über einen Linker, keine Verkürzung der VH- bzw. VL- Domäne) keine wesentlich verringerte Spezifität und/oder Affinität aufweisen, jedoch eine erhöhte Stabilität. Der Fachmann kann mittels üblicher Methoden DNA-Sequenzen herstellen, die die vorstehenden Deletions-Konstrukte kodieren und die biologischen Eigenschaften der dadurch kodierten Einzelketten-Antikörper über übliche Assays, z.B. auch mit den in den nachstehenden Beispielen 3 und 4 beschriebenen Assays bestimmen. Vorzugsweise betreffen die Deletionen (pro Domäne) nicht mehr als 10 Aminosäuren, vorzugsweise nicht mehr als 5 Aminosäuren, am meisten bevorzugt nicht mehr als 1 oder 2 Aminosäuren.
Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörpers mit den vorstehenden Eigenschaften bzw. der einen solchen Antikörper kodierenden DNA- Sequenzen, deren Expression in geeigneten Wirten und deren Gewinnung und Reinigung sind dem Fachmann bekannt und z.B. auch beschrieben in WO 89/09622, WO 89/01783, EP-A1 0 239 400, WO 90/07861 und Colcher et al., Cancer Research 49 (1989), 1732- 1745. Der Fachmann ist auch in der Lage die entsprechenden Immunglobulin-Domänen weiter zu modifizieren, z.B. mittels Aminosäure-Deletionen, -Insertionen, -Substitutionen und/oder Rekombinationen. Verfahren zur Einführung solcher Modifikationen in die die Immunglobulinkette kodierende DNA-Sequenz sind dem Fachmann bekannt; siehe z.B. Sambrook, Molecular Cloning - A Laboratory Manual, Cold Spring Harbor Laboratory (1989), N.Y. Zum Erhalt der den variablen Teil des Antikörpers darstellenden Domänen kodierenden DNA-Sequenzen kann der Fachmann von bereits publizierten Sequenzen ausgehen. Dem Fachmann ist auch bekannt, was er bei der Verknüpfung der diese Domänen kodierenden DNAs beachten muß, und welche zusätzlichen Elemente die den Einzelketten-Antikörper kodierende DNA enthalten muß, beispielsweise das „Schwanzstück" (μtp), die „leader"Sequenz der VH-Domäne und Gelenkregion etc.
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörpers weist lediglich die VH-Domäne eine Deletion von mindestens einer natürlicherweise an
ihrem C-Terminus vorkommenden Aminosäure auf, vorzugsweise weist die VH-Domäne eine Deletion der natürlicherweise den C-Terminus darstellenden Aminosäure auf. Dies führt üblicherweise dazu, daß dann die C-terminale Aminosäure der Vπ-Domäne Val ist und die N-terminale Aminosäure der VL-Domäne Asp.
In einer mehr bevorzugten Ausführungsform liegt der erfindungsgemäße Einzelketten- Antikörper in polymerer Form vor, beispielsweise als Dimer, Tetramer, Pentamer, Hexamer oder einem Gemisch daraus. Diese Formen zeichnen sich gegenüber den monomeren Formen durch eine höhere Avidität aus. Die Gewinnung der polymeren Formen des Antikörpers kann durch allgemein bekannte Verfahren erfolgen, z.B. mittels der in den nachstehenden Beispielen 1 und 3 beschriebenen Fraktionierung des Kulturüberstands über Gelfiltration, beispielsweise mit Superdex-200™.
Eine weitere bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden Erfindung betrifft den erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörper kodierende DNA-Sequenzen. Bezüglich der Herstellung dieser DNA-Sequenzen wird auf die vorstehenden in Zusammenhang mit dem Einzelketten-Antikörper selbst offenbarten Ausführungen verwiesen.
Die erfindungsgemäßen DNA-Sequenzen können auch in einen Vektor bzw. Expressionsvektor insertiert werden. Somit umfaßt die vorliegende Erfindung auch diese DNA-Sequenzen enthaltende Vektoren bzw. Expressionsvektoren. Die Bezeichnung „Vektor" bezieht sich auf ein Plasmid (pUC18, pBR322, pBIueScript etc.), auf ein Virus oder ein anderes geeignetes Vehikel. In einer bevorzugten Ausführungsform ist die erfindungsgemäße DNA-Sequenz in einem Expressionsvektor mit regulatorischen Elementen funktioneil verknüpft, die dessen Expression in prokaryotischen oder eukaryotischen Wirtszellen erlauben. Solche Vektoren enthalten neben den regulatorischen Elementen, beispielsweise einem Promotor, typischerweise einen Replikationsursprung und spezifische Gene, die die phänotypische Selektion einer transformierten Wirtszelle erlauben. Zu den regulatorischen Elementen für die Expression in Prokaryoten, beispielsweise E.coli, zählen der lac-, trp-Promotor oder T7-Promotor, und für die Expression in Eukaryoten der AOX1- oder GAL1-Promotor in Hefe und der CMV-, SV40-, RVS- 40-Promotor, CMV- oder SV40-Enhancer für die Expression in tierischen Zellen. Weitere Beispiele für geeignete Promotoren sind der Metallothionein I- und der Polyhedrin-Promotor. Zu geeigneten Expressionsvektoren für E.coli zählen beispielsweise pGEMEX, pUC-Derivate und pGEX-2T. Zu den für die Expression in Hefe geeigneten Vektoren zählen pY100 und Ycpadl, für die Expression in Säugerzellen pMSXND, pKCR, pEFBOS, cDM8 und pCEV4.
Allgemeine, auf dem Fachgebiet bekannte Verfahren können zur Konstruktion von Expressionsvektoren, die die erfindungsgemäßen DNA-Sequenzen und geeignete Kontrollsequenzen enthalten, verwendet werden. Zu diesen Verfahren zählen beispielsweise in vitro-Rekombinationstechniken, synthetische Verfahren, sowie in vivo-Rekombinationsverfahren, wie sie beispielsweise in Sambrook et al., supra, beschrieben sind. Die erfindungsgemäßen DNA-Sequenzen können auch in Verbindung mit einer für ein anderes Protein bzw. Peptid kodierenden DNA insertiert werden, so daß die erfindungsgemäßen DNA-Sequenzen beispielsweise in Form eines Fusionsproteins exprimiert werden können.
Die vorliegende Erfindung betrifft auch die vorstehend beschriebenen Vektoren enthaltende Wirtszellen. Zu diesen Wirtszellen zählen Bakterien (beispielsweise die E.coli-Stämme HB101, DH1, x1776, JM101, JM109, BL21 und SG13009), Hefe, vorzugsweise S. cerevisiae, Insektenzellen, vorzugsweise sf9-Zellen, und Tierzellen, vorzugsweise Säugerzellen. Bevorzugte Säugerzellen sind Myelomzellen, vorzugsweise Maus-Myelomzellen. Verfahren zur Transformation dieser Wirtszellen, zur phänotypischen Selektion von Transformanten und zur Expression der erfindungsgemäßen DNA-Sequenzen unter Verwendung der vorstehend beschriebenen Vektoren sind auf dem Fachgebiet bekannt.
Die vorliegende Erfindung betrifft ferner Verfahren zur rekombinanten Herstellung des erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörpers unter Verwendung der erfindungsgemäßen Expressionsvektoren. Das erfindungsgemäße Verfahren umfaßt die Kultivierung der vorstehend beschriebenen Wirtszellen unter Bedingungen, die die Expression des Proteins (bzw. Fusionsproteins) erlauben (vorzugsweise stabile Expression), und die Gewinnung des Proteins aus der Kultur oder aus den Wirtszellen. Dem Fachmann sind Bedingungen bekannt, transformierte bzw. transfizierte Wirtszellen zu kultivieren. Geeignete Verfahren zur rekombinanten Herstellung von Proteinen sind allgemein bekannt (siehe beispielsweise Holmgren, Annu.Rev.Biochem. 54 (1985), 237; LaVallie et al., Bio/Technology 11 (1993),187; Wong, Curr.Opin.Biotech.6 (1995), 517; Romanos, Curr.Opin.Biotech.6 (1995), 527; Williams et al., Curr. Opin. Biotech.6 (1995), 538; und Davies, Curr. Opin.Biotech.6 (1995), 543. Auch geeignete Reinigungsverfahren (beispielsweise präparative Chromatographie, Affinitätschromatographie, beispielsweise Immunoaffini- tätschromatographie, HPLC etc.) sind allgemein bekannt.
Wie bereits vorstehend ausgeführt weisen die erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörper ausgezeichnete Eigenschaften hinsichtlich der Stabilität bei Lagerung und der Halbwertszeit in vivo auf, sind somit für eine Reihe von therapeutischen (oder diagnostischen) Maßnahmen sehr gut geeignet. Somit betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Arzneimittel, das die erfindungsgemäßen Einzelketten-Antikörper, DNA- Sequenzen oder Expressionsvektoren enthält. Dieses Arzneimittel enthält gegebenenfalls zusätzlich einen pharmazeutisch verträglichen Träger. Geeignete Träger und die Formulierung derartiger Arzneimittel sind dem Fachmann bekannt. Zu geeigneten Trägern zählen beispielsweise Phosphat-gepufferte Kochsalzlösungen, Wasser, Emulsionen, beispielsweise Öl/Wasser-Emulsionen, Netzmittel, sterile Lösungen etc. Die Verabreichung der Arzneimittel kann oral oder parenteral erfolgen. Zu den Verfahren für die parenterale Verabreichung gehören die topische, intra-arterielle, intramuskuläre, subkutane, intramedulläre, intrathekale, intraventrikuläre, intravenöse, intraperitoneale oder intranasale Verabreichung. Die geeignete Dosierung wird von dem behandelnden Arzt bestimmt und hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. von dem Alter, dem Geschlecht, dem Gewicht des Patienten, der Art der Erkrankung, der Art der Verabreichung etc..
Vorzugsweise werden die vorstehend beschriebenen DNA-Sequenzen in einen für die Gentherapie geeigneten Vektor inseriert, beispielsweise unter Kontrolle eines gewebespezifischen Promotors, und in die Zellen eingeschleust. In einer bevorzugten Ausführungsform ist der die vorstehend beschriebenen DNA-Sequenzen enthaltende Vektor ein Virus, beispielsweise ein Adenovirus, Vaccinia-Virus oder Adenovirus. Besonders bevorzugt sind Retroviren. Beispiele für geeignete Retroviren sind MoMuLV, HaMuSV, MuMTV, RSV oder GaLV. Für Zwecke der Gentherapie können die erfindungsgemäßen DNA-Sequenzen auch in Form von kolloidalen Dispersionen zu den Zielzellen transportiert werden. Dazu zählen beispielsweise Liposomen oder Lipoplexe (Mannino et al., Biotechniques 6 (1988), 682).
Die Figuren zeigen:
Figur 1. Schematische Darstellung der Erzeugung des erfindungsαemäßen anti-CD19 scFv-1 Konstruktes und des Vergleichskonstruktes anti-CD19 scFv 10 (Diabody CD19)
c-terminale Sequenzen der VH- und N-terminale Sequenzen der VL-Domänen sind unterstrichen. Der Linker des Diabody CD19 ist in Fettschrift angegeben. Die Abkürzungen
(rbs) bedeuten Ribosomenbindungsstelle, (pelB) pelB „Leader", (c-myc) c-myc Epitop, (His6) Hexahistidin-tag und (stop) Stopcodon.
Figur 2: Ergebnisse der Gelfiltration des erfindungsgemäßen anti-CD19 scFv-1 (a) und des
Diabody CD19 (b)
In vitro Stabilität von anti-DC19 scFv-1 (a) und des Diabody CD19 (b) wurden bestimmt durch eine Größenausschluß FPLC. Die Proben wurden bei 37°C in Puffer gelagert und einer Zentrifugation unterworfen, bevor sie auf die Säule gegeben wurden. Die Positionen des monomeren (M) und dimeren (D) anti-CD19 scFv-1 bzw. Diabody CD19 sind angegeben.
Die nachstehenden Beispiele erläutern die Erfindung.
Beispiel 1 Allgemeine Verfahren
(A Vektor-Konstrukte
Die Plasmide pHOG-scFv 0 αCD19 und pHOG-scFv 0 αCEA, die ein scFv-Molekül mit einem „NuH"-Aminosäurelinker (scFv 0) kodieren, das spezifisch für humanes CD19 bzw. humanes CEA ist (Kipriyanov et al., J. Immunol. Methods 196 (1996), 51-62; ehester et al.,
Lancet 343 (1994), 455-456), wurden als Material für die Herstellung der CD19- und CEA-
Konstrukte verwendet. Für die Konstruktion von scFv -1 kodierenden Genen wurden die
PCR-Fragmente der VH-Domäne von anti-CD19 unter Verwendung folgender Primer erzeugt:
DP1 : 5'-TCA CAC AGA ATT CTT AGA TCT ATT AAA GAG GAG AAA TTA ACC-3'
VH/CDI9: 5'-GAG CAA GAT ATC GAC GGT GAC TGA GGT TCC-3'
Für die VH-Domäne für anti-CEA wurde der vorstehende Primer DP1 verwendet sowie der
Primer VH/CEA:
5'-GAG CAC GATATC GAC GGT GAC CGT GGTTCC-3'
Die entstandenen PCR-Fragmente wurden mit den Restriktionsenzymen Ncol und EcoRV geschnitten und mit dem mit Ncol/EcoRV linearisierten Plasmid pHOG-scFv 0 αCD19 und
pHOG-scFv 0 αCEA ligiert. Alle scFv-Fragmente kodierenden Sequenzen wurden hinsichtlich Korrektheit mittels des Didesoxynucleotidverfahrens überprüft.
(B) Proteinexpression und Aufreinigung
Zur Expression der 'scFv-Fragmente wurden die Plasmide in den £.co//-Stamm K12 XL- 1Blue (Stratagene, La Jolla, CA, USA) transformiert. Die Plasmide wurden bei 37°C in Schüttelflaschen in 2 x YT-Medium mit 0,1 g/l Ampicillin gezüchtet. Die IPTG-Induktion und die Isolierung von periplasmatischen Extrakten wurden wie kürzlich beschrieben durchgeführt (Kipriyanov et al., supra). Zur Isolierung der scFv-Fragmente wurden der Kulturüberstand und der lösliche periplasmatische Extrakt vereinigt und unter Verwendung einer Amicon YM10®-Membran (Amicon, Witten, Deutschland) mit einer Auschlussgrenze von 10 kDa konzentriert. Danach erfolgte eine gründliche Dialyse gegen 50 mM Tris-HCI, 1 M NaCI, pH-Wert 7,0. Die Reinigung wurde durch immobilisierte Metallaffinitätschromatographie (IMAC)) unter Verwendung von Cu2+-beladener „Chelating Sepharose" (Pharmacia, Freiburg, Deutschland) wie in Kipriyanov et al., Protein Eng. 10 (1997), 445-453 beschrieben erreicht. Der letzte Reinigungsschritt bestand aus einer lonenaustauschchromatographie an einer „MonoQ HR5/5"-SäuIe (Pharmacia) in 20 mM Tris-HCI, pH-Wert 8,0, mit einem linearen 0 - 1 M NaCl-Gradienten. Alle Reinigungsschritte wurden bei 4°C durchgeführt.
(C) SDS-PAGE und Größenausschlußchromatographie
SDS-PAGE wurde gemäß Laemmli, Nature 259 (1979), 680-685 unter reduzierenden Bedingungen durchgeführt. Analytische Gelfiltration der scFv-Präparationen wurde an einer kalibirierten Superdex 200™ HR10/30-Säule (Pharmacia) in PBSI (15 mM Natriumphosphat, 0,15 M NaCI, 50 mM Imidazol, pH-Wert 7,0) durchgeführt. Das Probenvolumen und die Fließgeschwindigkeit waren 50 μl bzw. 0,5 ml/min.
(D) Durchflußzvtometrie und Affinitätsbestimmung für humanes CD19
Die humane CD19+B-Zellinie JOK-1 wurde wie kürzlich beschrieben (Kipriyanov et al., J. Immunol. Methods 196 (1996), 51-62) für die Durchflußzytometrie verwendet. Die abgeschätzten Affinitäten der rekombinanten Antikörpermoleküle wurden mittels Assays hinsichtlich der kompetitiven Hemmung bestimmt (Kipriyanov et al., Int. J. Cancer 77 (1998), 763-772). Dabei wurden ansteigende Konzentrationen an gereinigten Antikörperfragmenten zu unter der Sättigungsgrenze liegenden Konzentration von FITC-markiertem MAK HD37 (anti-CD19) gegeben und mit JOK-1-Zellen inkubiert. Die Fluoreszenzintensitäten der
gefärbten Zellen wurden mittels eines „FACSan"-Durchflußzytometers (Becton Dickinson, Mountain View, CA, USA) gemessen. Die Bindungsaffinitäten wurden gemäß folgender Gleichung berechnet: KD(i) = /C 0/(1 + [F\TC-MAK]/ KD(MAK), wobei I der unmarkierte Inihibitor („Diabody", Triabody" oder „Tetrabody") ist, [FITC-MAK] die Konzentration des FITC- markierten MAK HD37, KD(MAK) die Bindungsaffinität des MAK und IC50 die Konzentration des Inhibitors, die zu 50% Bindungshemmung führt. Dem MAK HD37 konnte ein Wert von 0.4 nM für die Affinitätskonstante (K0) zugeordnet werden (Kipriyanov et al., Int. J. Cancer 77 (1998), 763-772).
(E) Zelloberflächenretentions-Assav
Zelloberflächenretentions-Assays wurden bei 37°C in vitro im wesentlichen wie von Adams et al., Br. J. Cancer 77 (1998), 1405-1412 beschrieben durchgeführt, außer daß der Nachweis der zurückgehaltenen Antikörperfragmente unter Verwendung des anti-c-myc- MAK 9E10 (IC Chemikalien, Ismaning, Deutschland) und im Anschluß daran mittels FITC- markiertem anti-Maus-lgG durchgeführt wurde. Die kinetischen Dissoziationskonstanten (Koff) wurden mittels einer Gleichung der ersten Ordnung (Ft = F0 x eb"w) berechnet, wobei Ft die Fluoreszenz zur Zeit t0 ist, F0 die Fluoreszenz zum Zeitpunkt 0 und k ist koff. Die Halbwertszeit (t 2) für die Dissoziation des Antikörperfragments wurde mittels der Gleichung t1 2 = In2/k0ff berechnet.
(F) Analyse der Antikörperstabilität in vitro
Die Antikörperfragmente wurden in PBS-Imidazol, pH-Wert 7,0, bis zu einer Konzentration von 1 mg/ml verdünnt und durch Filtration über ein Membrex 4CA™-Filter mit einem Leervolumen von 50 μl und einer Porengröße von 0,2 μm (MembranePure, Lorzweiler, Deutschland) sterilisiert. Aliquots (100 μl) wurden auf einmal unter sterilen Bedingungen präpariert und bei 37°C aufbewahrt. Zu den angegebenen Zeitpunkten wurde die Größe der Moleküle an einer kalibirierten Superdex 200™ HR10/30-Säule wie vorstehend beschrieben bestimmt. Die Aliquots wurden bei -80°C eingefroren. Die Aktivitäten der Proben wurden mittels Durchflußzytometrie unter Verwendung von CD19+ JOK-1 Zellen und CEA+ LOVO Zellen bestimmt. Die Proteinpräzipitation und Proteindegradierung in den jeweiligen Proben wurden über SDS-12% PAGE und Western-Blot-Analysen mittels des anti-c-myc-MAK 9E10 wie beschrieben (Kipriyanov et al., Molec. Immunol. 31 (1994), 1047-1056) bestimmt.
Beispiel 2 Konstruktion der erfindungsgemßen scFv-Moleküle, Expression und Reinigung
Die anti-CD19 scFv 0- und anti-CEA scFv O-Genkonstrukte (Le Gall et al., FEBS Letters 453 (1999), 164-168), bei denen die VH- und VL-Domänen mit dem „Null"-Rest, also ohne Linker, (scFv 0) verknüpft worden waren, wurden als Matrize zur Erzeugung erfindungsgemäßer scFv -1 Konstrukte verwendet (Figur 1). ScFv -1 wurde durch Ligation des Codons für das C-terminale VH-Val'" mit dem N-terminalen V -Asp' (Numerierung gemäß Kabat el al., Sequences of Proteins of Immunological Interest, Fifth Edition, NIH Publication No. 91-3243 (1991)) konstruiert. Alle scFv-Fragmente wurden in E.coli durch Sezernierung in das bakterielle Periplasma produziert. Die löslichen Antikörperfragmente wurden aus periplasmatischen Extrakten und dem Kulturmedium durch zwei Chromatographie-Schritte isoliert, wobei die typischen Ausbeuten bei 0,9 mg (für scFv -1 anti-CD19) und 3 mg (für scFv -1 anti-CEA) pro 1 Liter Schüttelf laschenkultur betrugen.
Beispiel 3 Proteinanalysen
Die Gelfiltration auf einer kalibrierten Superdex 200™-Säule zeigte, daß das anti-CD19 scFv -1 Protein einen einzelnen symetrischen Peak mit einer relativen molekularen Masse von 60 kDa (als Dimer) für anti-CD19 (Fig. 2a) lieferte bzw. einen asymetrischen, einem Dimer entsprechenden Peak im Fall des Vergleichskonstruktes (Diabody CD19) (Fig. 2b ).
Die relativen Affinitäten des anti-CD19 scFv -1 und des Diabody CD19 wurden durch kompetitive Bindung an humane JOK-1 Zellen in Gegenwart des FITC-markierten anti- CD19 MAK HD37 analysiert. Die relativen Affinitäten wurden von den entsprechenden IC50- Werten berechnet. Die Ergebnisse der Hemmungsexperimente zeigten, daß der anti-CD19 scF-1 mit einer Affinität band, die mit der des Diabody CD19 identisch war (Tabelle 1).
Zur Bestätigung der biologischen Relevanz der Affinitätswerte wurden diese auch über in vitro Retentionsexperimente auf der Oberfläche von CD19-positiven Zellen, die bei 37°C inkubiert worden waren, mittels Durchflußzytometrie bestimmt. Der verkürzte anti-CD19 scFv -1 wies eine ähnliche Retentionshalbwertszeit (t1/2) auf wie der „Diabody" CD19 (Tabelle 1)
Tabelle 1 Affinitäten und Bindungskinetiken von Antikörpern gegen humanes CD19 (mit JOK-1
Zellen (CD37CD19+)
Antikörper IC50* IC50* K * " koff * 12 μg/ml NM NM s-1/10-4 min
Diabody 1,35 23 1,19 17,33 6,7
CD19
Anti-CD19 1,5 26,4 1,37 19,25 6 scFv -1
*aus Hemmungsexperimenten bestimmt;
* durch Zelloberflächenretentionsassays bestimmt;
Beispiel 4 Analysen zur Stabilität in vitro
Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete für dimere rekombinante Antikörper stellt die Krebstherapie dar, wobei Faktoren wie z.B. Halbwertszeit im Plasma und Eindringung in den Tumor eine wichtige Rolle spielen. Daher wurde die Antigenbindungsaktivität der dimeren, in Beispiel 1 und 2 beschriebenen Einzelketten-Antikörper bei Lagerung bei 37°C nach verschiedenen längeren Zeitintervallen bestimmt. Die Restaktivität wurde mittels Durchflußzytometrie mit CD19+JOK Zellen und CEA+LOVO Zellen bestimmt. Es zeigte sich, daß anti-CD19 scFv-1 selbst nach Inkubation in PBSI, pH-Wert 7,0, über einen Zeitraum von 196 Stunden über 60% der Antigenbindungsaktivität beibehalten hatte, während jedoch der Diabody CD19 nach 196 Stunden seine Fähigkeit zur Bindung praktisch vollständig verlor (Tabelle 2.
Analysen der Molekülgröße über Größenausschlußchromatographie zeigten, daß nach 96 Stunden anti-CD19 scFv-1 in dimerer Form vorhanden war, während für den Diabody CD19 bereits nach 24 Stunden keine Moleküle mehr nachweisbar waren. Die Spezifität der Moleküle wurde nach einer Lagerung bei 37°C für 196 Stunden mittels Durchflußzytometrie
bestimmt. Anti-CD19 scFv-1 -Moleküle zeigten Spezifität für humanes CD19 Antigen, im Fall des Diabody CD19 konnte keine Bindung bestimmt werden.
Der scFv -1 mit CEA-Spezifität zeigte ebenfalls nach 264 Stunden bei 37°C eine bessere Stabilität als der Diabody CEA (Figur 4). Die Gegenwart dimerer Formen von scFv -1 anti- CEA konnte auch nach 264 Stunden mittels Größenausschlußchromatographie nachgewiesen werden. Die Spezifität dieser dimeren Formen konnte über FACS-Analysen an CEA+Zellen ebenfalls bestätigt werden.
Tabelle 2
Vergleich der Stabilität in % des anti-CD19 scFv-1 und des Diabodv CD19 bei 37°C
Zeit (h) 0 6 24 48 72 96 120 149 172 196
Anti-CD19 scFv-1 100 102,87 96,8 86,79 75,39 68,84 66,77 63,17 63,55 63,17
Diabody CD19 100 100,85 49,36 24,39 13,23 9 5,06 5,62 2,69 2,54
Tabelle 3
Vergleich der Stabilität in % des anti-CEA scFv-1 und des Diabody CEA
Zeit (d) 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Anti-CEA ScFv-1 100 101,6 104,17 95,01 95,49 92,34 93,83 82,75 86,37 88,6 82,09 92,96
Diabody CEA 100 90,4 72,2 59,17 77,54 65,07 69,95 56,1 62,11 58,59 59,15 59,31