Verfahren und Vorrichtung zum ein- oder beidseitigem Auftragen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1 sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 10.
Gattungsgemäße Verfahren und Vorrichtungen werden im Rahmen von sogenannten Streichanlagen eingesetzt, um eine laufende Materialbahn, die beispielsweise aus Wellpappen-Rohpapier besteht, ein- oder beidseitig mit einer oder mehreren Schichten des Auftragsmediums, beispielsweise Stärke oder Imprägnierflüssigkeit zu versehen.
Beim sogenannten direkten Auftrag wird das flüssige oder pastöse Medium von einer Auftragseinrichtung direkt auf die Oberfläche der laufenden Materialbahn aufgetragen, die während des Auftrages auf einer umlaufenden Gegenfläche, wie eine Gegenwalze oder einem umlaufenden Band gestützt wird. Beim indirekten Auftrag des Mediums wird das flüssige oder pastöse Medium hingegen zunächst auf eine Trägerfläche, z.B. die Oberfläche einer als Auftragswalze dienenden Walze oder auf die Oberfläche einer Seite eines flexiblen Bandes aufgebracht, um von dort auf die Materialbahn übertragen zu werden.
Zumeist erfolgt dieses indirekte Auftragen mittels einer sogenannten Filmpresse. Das sind zwei, miteinander einen Nip bildende Walzen, die das Medium nacheinander oder simultan auf beide Seiten der Materialbahn - oder auch nur auf eine Seite der Bahn - übertragen.
Auf die US 5,683,509 wird hierbei verwiesen. Bei dieser Lösung bildet ein flexibles
Endlosband mit einer Auftragswalze einen Press-Spalt (Press-Nip), den die Bahn durchläuft. Im Inneren des Endlosbandes ist ein Press-Schuh angeordnet, der hierbei zu einer Verlängerung des Nips führt und das mit demselben Aggregat aufgebrachte
Auftragsmedium in die Bahn einpresst. Dadurch soll das Auftragsergebnis, insbesondere durch Vermeidung von Filmsplitting, verbessert werden.
Ferner sei auf die DE 198 23 739 A1 verwiesen, gemäß der eine Materialbahn noch in der oder unmittelbar anschließend an die Nasspartie einer Papiermaschine beschichtet wird.
Film- oder auch Leimpressen sind bereits seit Jahren im Einsatz, haben aber einige signifikante Nachteile, die bei den heutigen modernen, schnelllaufenden Maschinen und in Abhängigkeit von der Art der Faserstoffbahn und des Auftragsmediums nicht immer ausreichende Auftragsqualität erbringen.
In zunehmendem Maße sinkt die Rohstoffqualität des Papiers oder Kartons. Dies trifft insbesondere auf die Herstellung von von Wellpappen-Rohpapier zu, das in hohem Maße aus Altpapier gefertigt wird. Außerdem besteht immer stärker die Forderung nach geringer werdender flächenbezogener Masse (auch Flächengewicht genannt, nachfolgend aber mit FbM bezeichnet). Diese niedrige Rohstoffqualität und geringere FbM führen dazu, dass die Bahnfestigkeit nach dem Filmpressenauftrag nur sehr gering ist, so dass es im freien Zug der Bahn nach dem Auftrag immer wieder zu Abrissen der Bahn kommt. Das bedeutet enorme Produktionsausfälle und damit verursachte hohe Kosten.
Filmpressen (auch als Speedsizer, Speedcoater, Optisizer, metering sizepress bezeichnet) verursachen häufig Nipabplattungen und Verdrückungen im Nip. Diese Effekte wirken sich wiederum bei der Wellpappe-Produktion in besonderem Maße negativ aus.
Dem Bahnabriss wird in der Praxis, insbesondere bei der Produktion von
Wellpappen-Rohpapier, entgegengewirkt, indem vermehrt modifizierte Stärken mit niedriger Viskosität und hohem Feststoffgehalt als Auftragsmedium zum Einsatz kommen. Die niedrige Viskosität soll einerseits eine gute Penetration, der hohe
Feststoffgehalt soll andererseits eine niedrige Rückbefeuchtung bewirken und damit einen nur geringen Festigkeitsabfall nach der Filmpresse ermöglichen. Modifizierte Stärken sind aber im Vergleich mit nativen Stärken teurer.
Aber auch diese Maßnahmen führen nicht immer zu zufriedenstellenden Ergebnissen.
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von Wellpappen-Rohpapier zu entwickeln, mit denen eine tiefe Penetration des stärkehaltigen Auftagsmediums in die Materialbahn und unabhängig von der flächenbezogenen Masse (FbM), bei Verbesserung der Ausnutzung der Stärkeeigenschaften möglich ist und darüber hinaus Bahnabrisse nach dem Auftragen weitestgehend vermieden werden.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren gemäß dem Kennzeichen des Anspruches 1 sowie mit einer Vorrichtung gemäß dem Kennzeichen des Anspruches 10 gelöst.
Die Erfinder haben erkannt, dass die bisher verwendeten, in Viskosität und Feststoffgehalt modifizierten, Stärken nur eine unwesentliche Steigerung der Festigkeit der beschichteten bzw. imprägnierten Materialbahn, im Vergleich zu nativen Stärken, bewirken.
Dadurch, dass die vorgetrocknete Wellpappen-Rohpapierbahn erst nach dem Beschichten einem Press-Nip zugeführt wird und diesen dann erst durchläuft und außerdem die nasse, beschichtete bzw. imprägnierte, oder geleimte Bahn erst danach getrocknet wird und darüber hinaus nach dem Nip ein wesentliches Teilstück (das kann idealerweise bis zum ersten Trockenzylinder der nachfolgenden Trockenpartie erfolgen) ohne freien Zug gestützt wird, ist die Stärkeausbeute des Auftragsmediums deutlich höher. Auch bei niedriger FbM kann dadurch eine vollständige Penetration bis zur "Blattmitte" erzielt werden, wodurch die Festigkeit der
Bahn erhöht wird.
Als weiterer Vorteil kommt hinzu, dass es nunmehr möglich ist, auch native Stärken trotz der starken Rückbefeuchtung einzusetzen. Verdrückungen bei der Wellpappen- Rohpapierproduktion werden zuverlässig vermieden. Außerdem führen diese erfindungsgemäßen Maßnahmen zu weit weniger Bahnabrissen nach dem Auftragsvorgang.
Eine besonders vorteilhafte Lösung der Erfindung besteht darin, die Stützung der feuchten Bahn mittels wenigstens einem flexiblen Band vorzunehmen. Die Stützfläche ein- oder beidseitig der Bahn kann dabei beliebig verlängert werden.
Weitere zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
Die Erfindung soll nachstehend anhand eines Ausführungsbeispieles näher beschrieben werden.
Es zeigen: Figur 1 : ein erstes Beispiel der erfindungsgemäßen Lösung in einer schematisch dargestellten Seitenansicht der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
Figur 2: ein zweites Beispiel der erfindungsgemäßen Lösung
In dem, in Figur 1 gewählten Beispiel ist eine vorgetrocknete Wellpappen- Rohpapierbahn B dargestellt, die bereits mit einem Trockengehalt von ca. 85 bis 95% von einem letzten Trockenzylinder 2 der Vortrockengruppe 3 einer Maschine zur Herstellung des Wellpappen-Rohpapiers auf eine erste Auftagswalze 4 aufläuft. Dieser Auftragswalze 4 ist eine Auftragseinrichtung 5 zugeordnet, mit der die Bahn B auf ihrer Oberseite B0 beschichtet wird. Als Auftragseinrichtungen kommen alle bekannten Einrichtungen, wie ein Short Dwell Time Applicator (SDTA) oder LDTA (für Long Dwell- Time), Freistrahldüsenauftragswerke oder eine Vorhangsbeschichtungs-
düse in Betracht. Mit diesem ein- oder beidseitigem Auftrag wird eine Vorpenetration des aufzubringenden Mediums erreicht.
Zur Stützung der Bahn B wird ein Transferband, das ist ein flexibles Endlosband 6 aus einem Kunststoff oder Gummi, um eine weitere Walze 16, eine Stütz- oder Gegenwalze 7 sowie um mehrere Leit- bzw. Umlenkwalzen 8 geführt. Eine Spannwalze 21 , die auf dem Papiermaschinenboden PMB gelagert ist, wirkt von außen auf das Band 6 ein und spannt es dadurch.
Im vorgesehenen Beispiel soll ein beidseitiger Auftrag vorgenommen werden. Deshalb ist eine weitere Auftragseinrichtung 5a der Stützwalze 7 zugeordnet. Das Auftragsmedium wird danach vom Endlosband 6 auf die Unterseite Bu der Bahn B übertragen, sobald das Band 6 mit der Bahn B in Kontakt tritt. Der Auftrag mit den Einrichtungen 5 und 5a kann dabei simultan oder auch nacheinander, zeitversetzt erfolgen. Soll nur ein einseitiger Auftrag auf die Bahnober- oder Bahnunterseite erfolgen, kann eine der nicht benutzten Auftragseinrichtungen abgeschwenkt werden. Wie aus der Figur 1 zu entnehmen ist, bilden hier die Walzen 4 und 7 keinen Press- Nip miteinander. Das ist hier so gewollt, damit keine Verdrückungen der Bahn auftreten und es nicht zum Abriss kommt.
In der in Figur 1 gezeigten Ausführungsform ist deshalb eine lange Vorpenetrationsstrecke Ps, die weit mehr als 100 mm lang sein sollte, vorhanden und somit eine gute Penetration infolge der verlängerten Einwirkdauer mittels Kapillarwirkung gegeben. Diese lange Strecke ist besonders vorteilhaft zur Erzielung der gewünschten Durchpenetration.
Die Figur 2, die im Wesentlichen dieselben Bezugszeichen für dieselben Teile wie Figur 1 aufweist, ist eine weitere Variante der Ausführung dargestellt. Anstelle des Vorhandenseins der Walze 4, ist hierbei nur die Auftragseinrichtung 5 angeordnet, mit der ein direktes Auftragen auf die Bahnoberseite B0 erfolgt.
Denkbar, aber nicht dargestellt, ist auch das Anordnen eines weiteren Endlosbandes anstelle der Walze 4, mit dem eine Stützung der Bahn B und wiederum am selbigen Aggregat ein indirektes Auftragen auf die Materialbahn vorgenommen werden kann.
Nach Passieren der Penetrationsstrecke Ps läuft die Bahn B gemeinsam mit dem als Auftrags- und Stützband verwendbaren Band 6 durch eine Presszone 9.
Die Presszone kann auf verschiedene Arten realisiert sein.
Um die Zielsetzung, die in einer langen Verweilzeit und der Vermeidung von Verdrückungen besteht, sowie auch variable Liniendrücke über die ganze Breite der Bahn B einstellen zu können, bietet sich hier der Einsatz einer an sich bekannten Schuhpresse an. In der Presszone 9 kann die vorpenetrierte Stärke sozusagen "nachpenetrieren" und sich dadurch fest in der Bahn B verankern.
Eine weitere Möglichkeit der Realisierung der Presszone kann in der Verwendung eines weiteren flexiblen Endlosbandes 10, welches über Leitwalzen 11, 12, 13 läuft, bestehen. Das Band 10 sollte dabei mit seiner Innenfläche über eine Gleitfläche eines Press-Schuhes 14 laufen, wobei die Gleitfläche mit einer Walze 15, die beispielsweise auch eine Saugwalze sein kann, einen Press-Nip N bildet. Dieser Press-Schuh 14 ist nur vereinfacht dargestellt und kann sich über einen weiten Bereich des Bandes 10 erstrecken. Die Presszone kann aber auch aus den zwei, einen Press-Nip N bildenden Walzen 15 und 16 bestehen, wobei die Walze 16 in der Figur 1 und 2 strichpunktiert dargestellt ist und eine sogenannte, aus der Pressenpartie bekannte Flexonipwalze verkörpert. Diese Ausführung ist aus der DE 198 20 516 A1 bereits bekannt, bei der allerdings keine Aussagen zur Stützung der Bahn nach dem Einpressen des Auftrages entnehmbar sind.
Die Walze 15 ist gleichzeitig eine jener Walzen, um die das Endlosband 6 läuft und die besagte Gegenfläche zur Walze 16 und/oder das als Press-, Stütz-, und ggf. als
Auftragsband 10 fungierende Band bildet. Das Endlosband 10 sowie das Endlosband
6 bieten jeweils eine Stützfläche zwischen sich für die nach dem Nip N durchpenetrierte Bahn B. Die Stützfläche SF reicht im Wesentlichen bis zum ersten Trockenzylinder 18 der folgenden Trockenpartie, beispielsweise der Nachtrockenpartie 19 der Papiermaschine.
Das Endlosband 10 kann, wie in der Figur 2 in gestrichelten Linien gezeigt, seine Stützfläche SF, beispielsweise durch Verstellung der Leitwalze 13, und/oder das Band 6 auch seine Stützfläche durch Verstellen der oberen Leitwalze 8 auf ein gewünschtes Maß hinaus verlängern. Bei verlängerter Stützfläche kann wie ebenfalls in Figur 2 zu sehen ist, ein Blas- oder Saugkasten 20 oder eine sonstige Überführhilfe das Überführen der Bahn bzw. eines Überführstreifens zum Trockenzylinder 18 sicherstellen.
In die Figur 1 ist zusätzlich in gepunkteter Linie die Möglichkeit der Stützung der Bahn B in Richtung des Auftragsortes eingezeichnet. Dazu kann das Band 10 (oder auch ein gesondertes Band 10a) um die Walze 4 oder um eine adäquat angeordnete Leitwalze umgelenkt werden. Dabei kann das Band auch zusätzlich von der Walze 11 gestützt werden.
Denkbar, aber in den Figuren nicht gesondert dargestellt, ist auch das Anordnen eines weiteren Endlosbandes 10a anstelle der Walze 4, mit dem die besagte Stützung der Bahn B und auch das indirekte Auftragen an derselben Position wie bei der Walze 4 mit demselben Aggregat auf die Materialbahn vorgenommen werden kann.
Die Bänder 6 und 10 sind mit einem Antrieb ausgerüstet. Im Beispiel sind dazu die Walzen 4, 7, 15 angetrieben. Im Band 6 befindet sich dieser Antieb am Nip N, um hierdurch für einen ausreichenden Zug der Bahn zu sorgen. Außerdem sind Spanneinrichtungen (z. B. Spannwalze 21) und Zugregler für die Bänder, sowie die Verstellmöglichkeit, wie mit Doppelpfeil an den Leitwalzen dargestellt ist, vorhanden.
Um die Bahn B einwandfei in die Trockenpartie 19 überführen zu können, ist nach der Presszone 9 bzw. nach dem Endlosband 10 eine Saugwalze 22 mit oder ohne Foil 23 vorgesehen. Durch diese Anordnung ist es möglich, die Bahn seillos zu überführen.
Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt sein, dass zum sicheren Überführen der Bahn B vor dem Auflaufen des Bandes 6 auf die Auftragswalze 4 auch noch ein oder mehrere Spritzrohre (nicht dargestellt in der Zeichnung) angebracht sind, die gezielt Flüssigkeit auf das Band oder die Bahn B aufbringen, um eine Haftung des Überführstreifens bzw. der ganzen Bahn zu gewährleisten.
Um ein Abheben der Bahn an der Presswalze 16 zu vermeiden, können zusätzliche Stützbänder, sogenannte Fibronbänder oder andere bekannte Überführungshilfen eingesetzt werden.
Der in der Figur 1 und 2 gezeigte Abschnitt einer Papiermaschine entspricht im Wesentlichen einer "geschlossenen Überführung" in die Trockenpartie.
Darüber hinaus ist es denkbar, auch dem Endlosband 10 eine weitere Auftragseinrichtung 5c zuzuordnen, mit der ein doppelter Auftrag auf die obere Bahnseite Bo möglich ist. Das kann mit und ohne Zwischentrocknung erfolgen. Auch ist es möglich, weitere Stützbänder 10a....10n, bzw. 6a...6n auf einer oder beiden Seiten der Bahn vorzusehen, denen jeweils wieder gleichartige oder verschieden voneinander wirkende Auftragseinrichtungen 5a...5n zugeordnet sind. Der Vorteil derartiger Anordnungen liegt darin, dass pro Auftragsaggregat nur eine Teilmenge an Stärke aufgetragen wird. Damit verringert sich die Rückbefeuchtung der Bahn unmittelbar nach jedem Auftragen. Die Bahn verliert nicht an Festigkeit, wodurch die Runability gesteigert wird.
Insgesamt wurde in Versuchen festgestellt, dass der Festigkeitsgewinn der Papier- und Kartonbahn nicht wie bisher nur ca. 20N/% Stärke, sondern 40N/% Stärke beträgt. Dadurch kann die Stärkemenge bei gleicher Qualität um 30% reduziert
werden oder aber bei gleicher Menge an Stärke die Qualität entsprechend gesteigert werden. Das ist besonders wichtig bei den derzeit sinkenden Qualitäten der zur Herstellung von Wellpappen-Rohpapier eingesetzten Rohstoffe.
Außerdem lassen sich nunmehr auch native Stärken einsetzen.
Hervorzuheben ist, dass nach dem Pressnip nur noch sehr wenige Pressnip- bedingte Abrisse der Bahn zu verzeichnen sind, zumal dadurch Produktionsausfälle (das sind ca. 15 bis 20 min pro Ausfall) eingespart werden können.