METABOLISCHE SELEKTIONSMARKER FÜR PFLANZEN
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von DNA-Sequenzen, die in der Lage sind einen Stoffwechseldefekt in einer Pflanze zu komplementieren, als Selektionsmarker in Pflanzenzellen zur Selektion transformierter Pflanzen. Weiterhin betrifft diese Erfindung rekombinante DNA-Moleküle, die derartige DNA-Sequenzen enthalten, wobei diese mit regulatorischen Sequenzen eines in Pflanzen aktiven Promotors und gegebenenfalls Transkriptions-Terminations und/oder Polyadenylierungssignalen operativ verbunden sind. Ferner werden Vektoren, Wirtszellen und Kits beschrieben, die derartige rekombinante DNA-Moleküle enthalten, sowie mit den rekombinanten DNA-Molekülen transformierte Pflanzenzellen und Pflanzen. Die vorliegenden Erfindung betrifft ebenfalls Verfahren zur Herstellung transgener Pflanzen, die aufgrund der Einführung der oben beschriebenen rekombinanten DNA-Moleküle auf selektiven Medien selektioniert werden können. Ferner betrifft die vorliegende Erfindung transgene Pflanzen, Pflanzenzellen und Gewebe, die das erfindungsgemäße DNA-Molekül enthalten oder durch das vorstehend beschriebene Verfahren erhalten werden, sowie Ernteprodukte und Vermehrungsmaterial der beschriebenen transgenen Pflanzen.
Nachfolgend werden Dokumente aus dem Stand der Technik zitiert, deren Offenbarungsgehalt hiermit durch Bezugnahme in dieser Anmeldung enthalten ist.
Mittels gentechnischer Verfahren ist es möglich, gezielt Fremdgene in das pflanzliche Genom zu übertragen. Dieser Prozeß- wird als Transformation und die resultierenden Pflanzen als transgen bezeichnet. Die vomehmlichen Ziele sind zum einen der Pflanzenschutz und zum anderen eine Qualitätssteigerung der Ernteprodukte. Beispiele für Pflanzenschutzmaßnahmen sind: (i) Herbizidtolerante Pflanzen (Stalker (1988) Science 242, 419), (ii) Insektenresistente Pflanzen (Vaek
(1987) Plant Cell 5, 159-169), (iii) Virusresistente Pflanzen (Powell (1986) Science 232, 738-743) und (iv) Ozon-resistente Pflanzen (Van Camp (1994) BioTech. 12, 165-168). Beispiele für Qualitätssteigerungen sind: (i) Erhöhung der Haltbarkeit von Früchten (Oeller (1991 ) Science 254, 437-439), (ii) Erhöhung der Stärkeproduktion in Kartoffelknollen (Stark (1992) Science 242, 419), (iii) Veränderung der Stärke (Visser (1991 ) Mol. Gen. Genet. 225, 289-296) und Lipidzusammensetzung (Voelker (1992) Science 257, 72-74) und (iv) Produktion pflanzenfremder Polymere (Poirer (1992) Science 256, 520-523). Grundvoraussetzung für die Erzeugung transgener Pflanzen ist die Verfügbarkeit geeigneter Transformationssysteme und das Vorhandensein von Selektionsmarkem, die die Identifizierung erfolgreich transformierter Pflanzenzellen ermöglichen.
Die Entwicklung neuer Selektionsmarker gewinnt durch den stärker werdenden Einsatz von Pflanzen in der Biotechnologie immer mehr an Bedeutung. Bislang wurden vornehmlich Antibiotika- oder Herbizidresistenzen, beispielsweise Kanamycin, Hygromycin oder BASTA, zur Selektion transgener Pflanzen eingesetzt, die je nach Pflanzenart, nicht immer effektiv sind und häufig die Pflanzenregeneration negativ beeinflussen. Darüber hinaus ist der Einsatz von Genen, die Antibiotikaresistenzen vermitteln, im Lebensmittelbereich unerwünscht. Desweiteren ist zur Steuerung komplexer Stoffwechselprozesse die Manipulation mehrerer enzymatischer Schritte notwendig. Als weitere Selektionsmarker werden Gene überexprimiert, die Resistenzen gegen Methotrexat bzw. 2-Difluoromethylomithin erzeugen oder die Verwendung stoffwechselfremder Substrate, beispielsweise Indol/Thryptophan, Histinol/Histidin oder Mannose, zulassen.
Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, Mittel und Verfahren zur Verfügung zu stellen, die zur Herstellung transgener Pflanzenzellen und Pflanzen genutzt werden können.
Diese Aufgabe wird durch die Bereitstellung der in den Patentansprüchen gekennzeichneten Ausführungsformen gelöst.
Somit betrifft die vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Herstellung von trangenen Pflanzenzellen, Pflanzengeweben oder Pflanzen umfassend
(a) Transformation der Pflanzenzellen, Pflanzengewebe oder Pflanzen, die einen Stoffwechseldefekt aufweisen, mit einem DNA-Molekül, das eine DNA-Sequenz enthält die in der Lage ist den Stoffwechseldefekt zu komplementieren oder aufzuheben;
(b) Selektion der transformierten Pflanzenzellen, Pflanzengewebe oder Pflanzen auf geeignetem Selektionsmedium.
Im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung wird unter einem Stoffwechseldefekt ein durch natürlich oder künstlich erzeugte Mutation im Genom der Pflanze oder Pflanzenzelle hervorgerufener Defekt verstanden, durch den die Pflanzenzelle oder Pflanze nicht mehr in der Lage ist, einen für sie essentiellen Metaboliten in ausreichender Menge selbst zu synthetisieren, so daß sie auf die Zuführung dieses Metaboliten oder geeigneter Vorstufen von außen angewiesen ist, um den durch den Metabolitenmangel verursachten Phänotyp zu kompensieren oder vorzugsweise aufzuheben. Dabei handelt es sich insbesondere um einen Metaboliten, der normalerweise von pflanzlichen Zellen hergestellt wird, d.h. von genetisch nicht veränderten Pflanzenzellen. Unter dem Begriff "komplementieren" wird in der vorliegenden Erfindung die Fähigkeit verstanden, den vorgenannten durch den Stoffwechseldefekt verursachten Phänotyp zu kompensieren oder aufzuheben.
Beispiele für "Metabolite" im Sinne der vorliegenden Erfindung umfassen Aminosäuren bzw. ihre Vorstufen bspw. die Aminosäuren Methionin und Threonin bzw. Homocystein. Unter "Phänotyp" wird die Ausprägung eines Merkmals verstanden, das mittels augenscheinlicher Betrachtung, biochemischer Analysen oder vorzugsweise selektiven Bedingungen ausgelesen werden kann. Im Sinne der vorliegenden Erfindung äußert sich der verursachte Phänotyp in einem verlangsamten Wachstum der Pflanzen bis hin zum Absterben der Pflanze.
Die vorliegende Erfindung basiert auf dem überraschenden Befund, daß die genetische Komplementation von Stoffwechseldefekten in Pflanzen, beispielsweise
innerhalb der Aminosäurebiosynthese der Aspartatfamilie, mittels Expression homologer bzw. heterologer Gene als Selektionssystem für die Herstellung transgener Pflanzen dienen kann. Die Stoffwechsel mutanten können durch verschiedene Verfahren erlangt und mittels Metabolitensupplementation in vitro propagiert werden. Durch Anwendung dieses Verfahrens kann auf andere Selektionsmarker verzichtet werden, indem der Stoffwechseldefekt zum Wildtypzustand zurückgeführt wird bei gleichzeitiger Expression der neuen gewünschten Eigenschaft. Unter Verwendung homologer Gene zur Komplementation der Defekte wird vorteilhafterweise der Anteil an Fremd-DNA in den erzeugten transgenen Linien reduziert. Das erfindungsgemäße Verfahren wird in den Beispielen anhand der Erzeugung und Komplementation einer Methionin-auxotrophen Kartoffelpflanze erläutert. Das Gen für die Cystathionin beta-Lyase (CbL; EC 4.4.1.8), die eine essentielle Rolle in der Biosynthese der Aminosäure Methionin spielt, wurde durch die Komplementation der Methionin-auxotrophen E. coli-Mutante GUC41 isoliert. Ausgehend von einer λZAPII cDNA-Bank von Kartoffelblättern wurden mittels in vivo Excision Plasmide (pBluescript SK"), die verschiedene cDNAs enthalten, in ihrer Gesamtheit isoliert und in der Mutante etabliert. Zunächst wurde lediglich auf die vom eingebrachten Plasmid ausgehende Resistenz selektiert und in einem zweiten Durchgang auf die Auxotrophie der Mutante auf einem geeigneten Selektionsmedium. Die Analyse der aus dieser Durchmusterung hervorgegangenen Kolonien ergab ein einheitliches Bild mit cDNA-Fragmenten einer Größe. Das von der cDNA-Sequenz abgeleitete Protein weist eine hohe Homologie zu den abgeleiteten Proteinen aus E. coli (Belfazia, Proc. Natl. Acad. Sei. USA 83 (1986), 867-871 ) und Arabidopsis thaliana (Ravanel, Plant Mol. Biol. 29 (1995), 875-882) auf. Durch das Einbringen der cDNA für Cystathionin beta-Lyase in inverser Orientierung bezüglich des Promotors konnten Kartoffelpflanzen regeneriert werden, die auf Komplementationsmedium keine Veränderung zum Wildtyp aufweisen. Werden die transgenen Linien jedoch in Töpfen ins Gewächshaus gebracht, ist ein breit gefächertes Phänotypenspektrum sichtbar. In der Regel findet man in Anhängigkeit vom Grad des Antisense-Effektes eine Retardierung des Wachstums bis zum Verlust der Pflanze; siehe auch Beispiel 1. Der bei den Antisensepflanzen von Anwendungsbeispiel 1 beobachtete Phänotyp konnte durch Supplementation
(gießen bzw. sprühen mit Methionin-haltigem Wasser) zum Wildtyp revertiert werden. In einem ähnlichen Experiment konnte durch Expression des CbL Gens aus E. coli der genetische Defekt einer Tabak-Mutante, die den gleichen Phänotyp aufweist wie die Antisensepflanzen, erfolgreich komplementiert werden (Beispiel 2). Für andere toxische Verbindungen, die als Selektionsmarker in der Pflanzentransformation eingesetzt werden, sind vielfältige Wirkungen auf den Metabolismus der Pflanze beschrieben. So führt z. B. die Zugabe von manchen Antibiotika oftmals zur Regeneration von transgenen Pflanzen, die physiologische und morphologische Veränderungen gegenüber dem Phänotyp des Wildtyps aufweisen und/oder steril sind. Hingegen werden bei Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens in Verbindung mit der Selektion auf geeigneten Kompiementationsmedien phänotypisch normale und fertile transgene Pflanzen regeneriert.
DNA-Sequenzen, die zur Erzeugung von Stoffwechseldefekten in Pflanzen genutzt werden können, bzw. zu deren Komplementation, können aus natürlichen Quellen isoliert werden, vorzugsweise Pflanzen, beispielsweise durch Komplementation von entsprechenden auxotrophen Bakterien- oder Hefemutanten, vorzugsweise, E. coli und Saccharomyces cerevisae. Beispiele solcher DNA-Sequenzen sind beschrieben in Kim, Plant Mol. Biol. 32 (1996), 1117-1124; Ravanel et al., Biochem. J. 331 (1998), 639-648; Curien et al., FEBS Letters 390 (1996), 85-90; Leggewie et al., Plant Cell 9 (1997), 381-392.
Mittels gängiger molekularbiologischer Techniken ist es möglich (siehe z.B. Sambrook, 1989, Molecular Cloning, A Laboratory Manual, 2. Aufl. Cold Spring Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor, NY), verschiedenartige Mutationen in die vorgenannten DNA-Sequenzen einzuführen, wodurch es zur Synthese von RNA und gegebenenfalls Proteinen mit eventuell veränderten biologischen Eigenschaften kommt. Hierbei ist zum einen die Erzeugung von Deletionsmutanten möglich, bei denen durch fortschreitende Deletionen vom 5'- oder vom 3'- Ende der codierenden DNA-Sequenz, die Synthese entsprechend verkürzter Proteine erreicht werden kann. Ferner ist es möglich, gezielt Enzyme herzustellen, die aufgrund der Addition entsprechender Signalsequenzen in bestimmten
Kompartimenten der Pflanzenzelle lokalisiert sind. Derartige Sequenzen sind bekannt (siehe beispielsweise Braun, EMBO J. 11 (1992), 3219-3227; Wolter, Proc. Natl. Acad. Sei. USA 85 (1988), 846 850; Sonnewald, Plant J. 1 (1991), 95-106). Bevorzugte Signalseqenzen sind das Transitpeptid von Rubisco (Krebbers et al., Plant Mol. Biol. 11 (1988), 745-759) und Signalsequenzen für das Targeting in Mitochondrien (Boutry et al., Nature 328 (1987), 340-342). Andererseits ist auch die Einführung von Punktmutationen denkbar an Positionen, bei denen eine Veränderung der Aminosäuresequenz einen Einfluß beispielsweise auf die Enzymaktivität oder die Regulierung des Enzyms hat. Auf diese Weise können z.B. Mutanten hergestellt werden, die einen veränderten Km-Wert besitzen oder nicht mehr den normalerweise in der Zelle vorliegenden Regulationsmechanismen über allosterische Regulation oder kovalente Modifizierung unterliegen. Desweiteren können Mutanten hergestellt werden, die eine veränderte Substrat- oder Produktspezifität aufweisen. Weiterhin können Mutanten hergestellt werden, die ein verändertes Aktivitäts-Temperatur-Profil aufweisen.
Für die gentechnische Manipulation in prokaryontischen Zellen können die DNA-Moleküle oder Teile dieser Moleküle in Plasmide eingebracht werden, die eine Mutagenese oder eine Sequenzveränderung durch Rekombination von DNA-Sequenzen erlauben. Mit Hilfe von Standardverfahren (vgl. Sambrook, 1989, Molecular Cloning: A laboratory manual, 2. Aufl., Cold Spring Harbor Laboratory Press, NY, USA) können Basenaustausche vorgenommen oder natürliche oder synthetische Sequenzen hinzugefügt werden. Für die Verbindung der DNA-Fragmente untereinander können an die Fragmente Adaptoren oder Linker angesetzt werden. Ferner können Manipulationen, die passende Restriktionsschnittstellen zur Verfügung stellen oder die überflüssige DNA oder Restriktionsschnittstellen entfernen, eingesetzt werden. Wo Insertionen, Deletionen oder Substitutionen in Frage kommen, können in vitro-Mutagenese, "primer repair", Restriktion oder Ligation verwendet werden. Als Analysemethode werden im allgemeinen eine Sequenzanalyse, eine Restriktionsanalyse und weitere biochemisch-molekularbiologische Methoden durchgeführt. Die Degeneration des genetischen Codes bietet dem Fachmann u.a. die Möglichkeit, die Nucleotidsequenz der DNA-Sequenz an die Codon-Präferenz des jeweiligen Wirts,
vorzugsweise Pflanzen, anzupassen.
Die gewünschte DNA-Sequenz kann synthetisch hergestellt oder natürlich gewonnen sein oder eine Mischung aus synthetischen und natürlichen DNA-Bestandteilen enthalten. Im allgemeinen werden synthetische DNA-Sequenzen mit Codons erzeugt, die von Pflanzen bevorzugt werden. Diese von Pflanzen bevorzugten Codons können aus Tripletts mit der höchsten Proteinhäufigkeit bestimmt werden, die in den meisten interessanten Pflanzenspezies exprimiert werden. Bei der Präparation einer Expressionskassette können verschiedene DNA-Fragmente manipuliert werden, um eine DNA-Sequenz zu erhalten, die in der korrekten Richtung liest und die mit einem korrekten Leseraster ausgestattet ist. Für die Verbindung der DNA-Fragmente miteinander können an die Fragmente Adaptoren oder Linker angesetzt werden.
Verfahren zur Verringerung der Aktivität bzw. der Menge eines bestimmten Enzyms, die zur Erzeugung von Stoffwechseldefekten in Pflanzen genutzt werden können, sind gängiger Stand der Technik. Hierzu wird ein in der Regel chimäres Gen in die Pflanze eingeführt. Es besteht aus einem in der Pflanze aktiven Promotor, einer in antisense-Richtung an den Promotor gebundenen codierenden Sequenz des Enzyms, dessen Aktivität zu verringern ist (3'-Ende der codierenden Sequenz am 3'-Ende des Promotors) und einem in der Pflanze funktionalen Terminationssignal für die Transkription. Die Erzeugung von Stoffwechselmutanten kann natürlich auch durch andere gängige Techniken wie Cosuppressionseffekten und Expression von Ribozymen erfolgen, siehe beispielsweise Hans Heldt, Pflanzenbiochemie, Spektrum, Akad. Verl., 1996; Benjamin Lewin, Molekularbiologie der Gene, Akad. Verl., 1998; William Dashek, Methods in plant biochemistry and molecular biology, CRC Press, 1997. Zur Einführung derartiger Gene in Pflanzenzellen stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Insbesondere bieten sich hier Transformationsmethoden an, die eine Transformation ohne klassische Selektionsmarker erlauben, d.h. die Selektion transformierter Zellen ohne die Expression eines Antibiotikaresistenzgens oder Herbizidresistenzgens. Beispiele hierfür sind das System der Co-Expression (Wakita et al., Genes & Genetic Systems 73 (1998), 219-226), oder Systeme, die neue Selektionsmarker, wie z.B. Phosphomannose-Isomerase (Joersbo et al.,
Physiol. Plant 105 (1999), 109-115) oder Isopentenyltransferase (Kunkel et al., Nature Biotech. 17 (1999), 916-919) verwenden. Aus den transformierten Zellen können intakte transgene Pflanzen regeneriert werden, unter denen solche mit dem gewünschten Phänotyp (Verringerung der Aktivität des Zielenzyms) ermittelt werden. Vorzugsweise handelt es sich bei den vorgenannten stoffwechseldefekten Pflanzen um auxotrophe Mutanten, die beispielsweise auf die äußere Zufuhr von (einer) Aminosäure(n) oder deren Vorstufen angewiesen sind.
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt der Stoffwechseldefekt innerhalb der Aminosäurebiosynthese vor, vorzugsweise in der Aminosäurebiosynthese der Aspartatfamilie.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt der Stoffwechseldefekt in der Biosynthese der Aminosäure Cystein, Methionin oder Threonin. Ganz besonders bevorzugt führt der Defekt zu einer Reduzierung oder zu einem Verlust der Aktivität der Cystathionin beta-Lyase oder der Threoninsynthase.
Im allgemeinen kann der Stoffwechseldefekt in den Pflanzenzellen und Pflanzen für das erfindungsgemäße Verfahren durch eine Mutation, Antisense, Cosuppression, oder einen dominanten Mutanten Effekt erzeugt werden. Derartige Techniken sind dem Fachmann bekannt; siehe beispielsweise Negrutiu et al., Mol. Gen. Genet. 199 (1985), 330-337, oder die oben angegebenen Literaturstellen.
Die oben beschriebenen DNA-Sequenzen umfassen auch Fragmente, Derivate und allelische Varianten der oben beschriebenen DNA-Sequenzen, die zur Erzeugung des Stoffwechseldefekt oder dessen Komplementation eingesetzt werden können. Unter "Fragmenten" werden dabei Teile der DNA-Sequenz verstanden, die lang genug sind, um eines der beschriebenen Proteine zu codieren. Der Ausdruck "Derivat" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die Sequenzen sich von den oben beschriebenen DNA-Sequenzen an einer oder mehreren Positionen unterscheiden aber einen hohen Grad an Homologie zu diesen Sequenzen aufweisen. Homologie bedeutet dabei eine Sequenzidentität von mindestens 40 %,
insbesondere eine Identität von mindestens 60 %, vorzugsweise über 80 % und besonders bevorzugt über 90 %. Die Abweichungen zu den im Stand der Technik beschriebenen DNA-Sequenzen können dabei beispielsweise durch Deletion, Substitution, Insertion und/oder Rekombination entstanden sein. Bei den DNA-Sequenzen, die homolog zu den oben beschriebenen Sequenzen sind und Derivate dieser Sequenzen darstellen, handelt es sich in der Regel um Variationen dieser Sequenzen, die Modifikationen darstellen, die dieselbe biologische Funktion ausüben. Es kann sich dabei sowohl um natürlicherweise auftretende Variationen handeln, beispielsweise um Sequenzen aus anderen Organismen, oder um Mutationen, wobei diese Mutationen auf natürliche Weise aufgetreten sein können oder durch gezielte Mutagenese eingeführt wurden. Ferner kann es sich bei den Variationen um synthetisch hergestellte Sequenzen handeln. Bei den allelischen Varianten kann es sich sowohl um natürlich auftretende Varianten handeln, als auch um synthetisch hergestellte oder durch rekombinante DNA-Techniken erzeugte Varianten. Dem Fachmann ist natürlich auch bekannt, daß das zur Komplementation des genetischen Defekts verwendete Gen nicht unbedingt homolog zu oder identisch mit dem entsprechenden defekten Gen in der Pflanze sein muß. Es muß lediglich ein Genprodukt codieren und exprimieren das in der Lage ist den Gendefekt zu komplementieren, beispielsweise ein Protein, das zumindest als eine seiner enzymatischen Aktivitäten diejenige(n) des Proteins aufweist, das durch den genetischen Defekt nicht mehr oder nicht in genügender Menge oder in inaktiver Form gebildet wird. Mit CbL ist beispielsweise ein Gen aus E. coli bekannt (maiY, Zdych et al., J. Bacteriol. 177 (1995), 5035-5039), das ein Enzym aus einem anderen Stoffwechselweg codiert und trotzdem signifikante CbL- Aktivität aufweist und somit potentiell zur Komplementation des genetischen Defekes eingesetzt werden kann. Wie weiter in der vorliegenden Anmeldung beschrieben, werden auch Verfahren bereitgestellt, um geeignete Seletionsmarker zu isolieren, die in der Lage sind, die oben beschriebenen genetischen Defekte zu komplementieren.
Die von den verschiedenen Varianten der in den rekombinanten DNA-Molekülen enthaltenen DNA-Sequenzen codierten Proteine, weisen vorzugsweise bestimmte gemeinsame Charakteristika auf, wie Enzymaktivität, Molekulargewicht, immunologische Reaktivität oder Konformation oder physikalische Eigenschaften,
ie das Laufverhalten in Gelelektrophoresen, chromatographisches Verhalten, Sedimentationskoeffizienten, Löslichkeit, spektroskopische Eigenschaften, Stabilität; pH-Optimum, Temperatur-Optimum.
Zur Expression der in den erfindungsgemäßen rekombinanten DNA-Molekülen enthaltenen DNA-Sequenz in pflanzlichen Zellen ist diese mit regulatorischen Sequenzen verknüpft, die die Transkription in pflanzlichen Zellen gewährleisten. Hierzu zählen insbesondere Promotoren. Generell kommt für die Expression jeder in pflanzlichen Zellen aktive Promotor in Frage.
Der Promotor kann dabei vorzugsweise so gewählt sein, daß die Expression konstitutiv erfolgt oder nur in einem bestimmten Gewebe, zu einem bestimmten Zeitpunkt der Pflanzenentwicklung oder zu einem durch äußere Einflüsse determinierten Zeitpunkt. In Bezug auf die Pflanze kann der Promotor homolog oder heterolog sein. Sinnvolle Promotoren sind z.B. der Promotor der 35S RNA des Cauliflower Mosaic Virus und der Ubiquitin-Promotor aus Mais für eine konstitutive Expression. Besonders bevorzugt ist ein Promotor, der während der Pflanzentransformation, der Pflanzenregeneration oder bestimmten Stadien dieser Prozesse aktiv ist, z. B. Zellteilungsspezifische Promotoren; siehe beispielsweise den meristematischen Promotor meri-5 (Medford et al., Plant Cell 3 (1991 ), 359- 370). Eine Übersicht weiterer in Frage kommender Promotoren ist z.B. in Ward (1993) Plant Mol. Biol. 22, 361 -366 gegeben.
Ferner ist vorzugsweise eine Transkriptions-Terminationssequenz vorhanden, die der korrekten Beendigung der Transkription dient sowie der Addition eines Poly-ASchwanzes an das Transkript dienen kann, dem eine Funktion bei der Stabilisierung der Transkripte beigemessen wird. Derartige Elemente, z.B. der Terminator des Octopinsynthasegens aus Agrobakterien, sind in der Literatur beschrieben (vgl. Gielen, EMBO J. 8 (1989), 23-29) und sind beliebig austauschbar.
In einer bevorzugten Ausführungsform stammen die vorgenannten DNA-Sequenzen aus Bakterien oder Pflanzen.
Wie in den Beispielen beschrieben konnten Stoffwechsel auxotrophe Pflanzen
erfolgreich durch die Expression des CbL-Gens aus E. coli komplementiert werden. Phänotypische und physiologische Untersuchungen dieser transgenen Linien zeigten keinen Unterschied zu den ebenfalls untersuchten Kontroll pflanzen. Diese Methode führt demzufolge zu keiner Veränderung der Pflanzen, wie es bei Anwendung dieser Technik in der Biotechnologie erwünscht ist. Ein Einfluß auf andere Metabolite kann demzufolge ausgeschlossen werden.
Daher codiert in einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens die DNA-Sequenz ein Enzym, vorzugsweise Cystathionin beta-Lyase oder Threoninsynthase.
Die Einführung erfindungsgemäßer DNA-Moleküle in pflanzliche Zellen erfolgt vorzugsweise unter Verwendung von Vektoren wie Plasmiden, die eine stabile Intergration der eingeführten DNA in das pflanzliche Genom gewährleisten. Für die vorliegende Erfindung können beispielsweise die binären Vektoren BIN 19 und Derivate verwendet werden. Der Vektor BIN 19 wurde von Bevan (Nucl. Acids Res. 12 (1984), 8711-8721 ) beschrieben und ist kommerziell erhältlich (Clontech Laboratories, Inc., USA). Es ist jedoch auch jeder anderer Pflanzentransformationsvektor geeignet, in den eine Expressionskassette integriert werden kann, und die Integration der Expressionskassette in das pflanzliche Genom gewährleistet.
Zur Vorbereitung der Einführung fremder Gene in höhere Pflanzen stehen eine große Anzahl von Klonierungsvektoren zur Verfügung, die ein Replikationssignal für E. coli und ein Markergen zur Selektion transformierter Bakterienzellen enthalten. Beispiele für derartige Vektoren sind pBR322, pUC-Derivate, M13mp-Derivate, pBluescript-Derivate, pACYC184, usw. Die gewünschte DNA-Sequenz kann an einer passenden Restriktionsschnittstelle in den Vektor eingeführt werden. Das erhaltene Plasmid wird für die Transformation von E. coli-Zellen verwendet. Transformierte E. coli-Zellen werden in einem 'geeigneten Medium kultiviert, anschließend geerntet und lysiert. Das Plasmid wird nach Standardmethoden wiedergewonnen. Als Analysemethode zur Charakterisierung der gewonnenen Plasmid-DNA werden im allgemeinen Restriktionsanalysen und Sequenzanalysen eingesetzt. Nach jeder Manipulation kann die Plasmid-DNA gespalten werden und
resultierende DNA-Fragmente mit anderen DNA-Sequenzen verknüpft werden.
In einer bevorzugten Ausführungsform enthält der erfindungsgemäße Vektor mindestens ein weiteres rekombinantes DNA-Molekül. Durch die Bereitstellung der erfindungsgemäßen DNA-Moleküle und Vektoren kann jede beliebige Information, die in einem weiteren rekombinanten DNA-Molekül enthalten ist, auf Pflanzen bzw. Pflanzenzellen übertragen werden und anschließend mittels Selektion auf geeigneten Medien auf die gewünschte Information selektioniert werden. Natürlich weiß der Fachmann, daß das rekombinante DNA-Molekül, das die zusätzliche Information enthält, nicht unbedingt in dem Vektor, der den Selektionsmarker trägt, anwesend sein muß, sondern auch mit diesem co-transformiert werden kann (Lyznik (1989) Plant Mol. Biol. 13, 151-161 ; Peng (1995) Plant Mol. Biol. 27, 91-104). Diese Möglichkeit bietet sich zum Beispiel an, wenn keine physikalische Koppelung des Markergens und der zu übertragenden Information gewünscht wird. In diesem Fall können nach der Selektion der primären transgenen Pflanze das Markergen und die gewünschte Information in nachfolgenden Kreuzungen unabhängig voneinander seggregieren.
In einer bevorzugten Ausführungsform enthält das weitere rekombinante DNA- Molekül eine DNA-Sequenz, die ein Peptid, Protein, Antisense-, Sense-RNA, virale RNA, oder Ribozym codiert. Einige Beispiele zur heterologen (Über)expression und zur Antisense-Inhibierung mit dem Ziel, Stoffwechselflüsse in transgenen Pflanzen zu manipulieren, sind in Herbers & Sonnewald (1996) TIBTECH 14, 198-205 zusammengefaßt. Ein Beispiel für Ribozyme wurde von Feyter (1996) Mol. Gen. Genet. 250, 329-338 publiziert. Durch Expression eines "hammerhead"-Ribozyms gelang es den Autoren, eine TMV-Resistenz in transgenen Tabakpflanzen zu erzeugen. Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten von transgenen Pflanzen, die mit Hilfe der erfindungsgemäßen rekombinanten DNA-Moleküle und Vektoren erzeugt werden können, sind auch in TIPTEC Plant Product & Crop Biotechnology, 13 (1995), 312-397 beschrieben.
Die erfindungsgemäßen Vektoren können weitere Funktionseinheiten besitzen, die eine Stabilisierung des Vektors im Wirtsorganismus bewirken, wie einen
bakteriellen Replikationsursprung oder die 2-Mikron-DNA zur Stabilisation in Saccharomyces cerevisiae. Ferner können "left border"- und "right border"-Sequenzen agrobakterieller T-DNA enthalten sein, wodurch eine stabile Integration in das Erbgut von Pflanzen ermöglicht wird. Eine weitere Strategie, markerfreie transgene Pflanzen zu erzeugen, ist die Verwendung von Sequenz-spezifischen Rekombinasen. Zu diesem Zweck sind z.B. zwei Strategien einsetzbar: (i) Re-Transformation einer Rekombinase exprimierenden Ausgangslinie und Auskreuzung der Rekombinase nach erfolgter Entfernung des Selektionsmarkers, welches mit dem gewünschten Gen assoziiert war. (ii) Co-Transformation mit anschließender Auskreuzung. Voraussetzung für diese Rekombinase-Strategie sind (i) Flankierung des Selektionsmarkers mit Erkennungssequenzen für die Rekombinase und (ii) eine Rekombinase, die in Pflanzen aktiv ist und keine pflanzeneigenen Sequenzen zur Rekombination nutzt. Derartige Verfahren kann der Fachmann dem Stand der Technik entnehmen, z.B. RecA (Reiss (1996) Proc. Natl. Acad. Sei. USA 93, 3094-3098), Cre/lox (Bayley (1992) Plant Mol. Biol. 18, 353-361 ), FLP/FRT (Lloyd (1994) Mol. Gen. Genet. 242, 653-657), Gin (Maeser (1991 ) Mol. Gen. Genet. 230, 170-176) und R/RS (Onouchi (1991 ) Nucl. Acids Res. 19, 6373-6378).
Für die Einführung von DNA in eine pflanzliche Wirtszelle stehen eine Vielzahl von Techniken zur Verfügung. Diese Techniken umfassen die Transformation pflanzlicher Zellen mit T-DNA unter Verwendung von Agrobacterium tumefaciens oder Agrobacterium rhizogenes als Transformationsmittel, die Fusion von Protoplasten, die Injektion, die Elektroporation von DNA, die Einbringung von DNA mittels der biolistischen Methode sowie weitere Möglichkeiten. Bei der Injektion und Elektroporation von DNA in Pflanzenzellen werden an sich keine speziellen Anforderungen an die verwendeten Plasmide gestellt. Es können einfache Plasmide wie z.B. pUC-Derivate verwendet werden. Sollen aber aus derartig transformierten Zellen ganze Pflanzen regeneriert werden, ist die Anwesenheit eines selektierbaren Markergens notwendig.
Je nach Einführungsmethode gewünschter Gene in Pflanzenzellen können weitere DNA-Sequenzen erforderlich sein. Werden z.B. für die Transformation der Pfianzenzelle das Ti- oder Ri-Plasmid verwendet, so muß mindestens die rechte
Begrenzung, häufig jedoch die rechte und linke Begrenzung der Ti- und Ri-Plasmid T-DNA als Flankenbereich mit den einzuführenden Genen verbunden werden. Werden für die Transformation Agrobakterien verwendet, muß die einzuführende DNA in spezielle Plasmide kloniert werden, und zwar entweder in einen intermediären Vektor oder in einen binären Vektor. Die intermediären Vektoren können aufgrund von Sequenzen, die homolog zu Sequenzen in der T-DNA sind, durch homologe Rekombination in das Ti- oder Ri-Plasmid der Agrobakterien integriert werden. Dieses enthält außerdem die für den Transfer der T-DNA notwendige vir-Region. Intermediäre Vektoren können nicht in Agrobakterien replizieren. Mittels eines Helferplasmids kann der intermediäre Vektor auf Agrobacterium tumefaciens übertragen werden (Konjugation). Binäre Vektoren können sowohl in E. coli als auch in Agrobakterien replizieren. Sie enthalten ein Selektionsmarker-Gen und einen linker oder polylinker, weiche von der rechten und linken T-DNA Grenzregion eingerahmt werden. Sie können direkt in die Agrobakterien transformiert werden (Holsters et al., Mol. Gen. Genet. (1978), 181-187). Die zur Transformation der Agrobakterien verwendeten Plasmide enthalten weiterhin ein Selektionsmarkergen, beispielsweise das NPT Il-Gen, das die Selektion transformierter Bakterien erlaubt. Das als Wirtszelle dienende Agrobakterium soll ein Plasmid, das eine vir-Region trägt, enthalten. Die vir-Region ist für den Transfer der T-DNA in die Pflanzenzelle notwendig. Zusätzliche T-DNA kann vorhanden sein. Das derartig transformierte Agrobakterium wird zur Transformation von Pflanzenzellen verwendet.
Die Verwendung von T-DNA für die Transformation von Pflanzenzellen ist intensiv untersucht und ausreichend in EP 120516; Hoekema, In: The Binary Plant Vector System Offsetdrukkerij Kanters B.V., Alblasserdam (1985), Chapter V; Fraley et al., Crit. Rev. Plant Sei. 4, 1-46; Ann et al., EMBO J. 4 (1985), 277-287) beschrieben worden. Binäre Vektoren sind bereits z.T. kommerziell erhältlich. Für den Transfer der DNA in die Pflanzenzelle können Pflanzen-Explantate mit Agrobacterium tumefaciens oder A. rhizogenes cokultiviert werden. Aus dem infizierten Pflanzenmaterial (z.B. Blattstücke, Stengelsegmente, Wurzeln, aber auch Protoplasten oder Suspensions-kultivierte Pflanzenzellen) können dann in einem geeigneten Medium, welches Antibiotika oder Biozide zur Selektion transformierter Zellen enthalten kann, wieder ganze Pflanzen regeneriert werden. Die so
erhaltenen Pflanzen können dann auf Anwesenheit der eingeführten DNA untersucht werden.
Ist die eingeführte DNA einmal im Genom der Pflanzenzelle integriert, ist sie dort in der Regel stabil und bleibt auch in den Nachkommen der ursprünglich transformierten Zelle erhalten. Sie enthält normalerweise einen Selektionsmarker, der den transformierten Pflanzenzellen Resistenz gegenüber einem Biozid oder einen Antibiotikum wie Kanamycin, G 418, Bleomycin, Hygromycin oder Phosphinotricin u.a. vermittelt. Der individuelle gewählte Marker sollte daher die Selektion transformierter Zellen gegenüber Zellen, denen die eingeführte DNA fehlt, gestatten.
Die für die erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten stoffwechseldefekten Pflanzenzellen, Pflanzengewebe oder Pflanzen werden vorzugsweise auf Komplementationsmedium kultiviert, insbesondere dann, wenn der Stoffwechseldefekt letal für die Pflanze ist. Die transformierten Zellen wachsen innerhalb der Pflanze in der üblichen Weise (siehe auch McCormick et al., Plant Cell Reports 5 (1986), 81-84). Beispielsweise werden die stoffwechseldefekten Pflanzen unter Zugabe von Methionin angezogen. Nach Transformation mit einem der vorstehend beschriebenen DNA-Moleküle, die in der Lage sind, den Stoffwechseldefekt zu komplementieren oder aufzuheben, können die resultierenden Pflanzenzellen, Pflanzengewebe und Pflanzen auf Medien kultiviert werden, die das in den stoffwechseldefekten Pflanzen fehlende Stoffwechselprodukt oder ein entsprechendes Intermediat nicht mehr enthalten. Ein entsprechendes Selektionsmedium kann direkt zu Anfang der Kultivierung der transformierten transgenen Pflanzenzellen, Pflanzengewebe und Pflanzen verwendet werden oder in jeder beliebigen Stufe der Regeneration transgener Pflanzen. Die Wahl des Zeitpunktes Einsatzes des selektiven Mediums mag beispielsweise von der Wahl der Promotoren abhängen, die mitverantwortlich für Stoffwechseldefekt sind und/oder die die DNA-Sequenz steuern, die in der Lage ist, den entsprechenden Stoffwechseldefekt zu komplementieren oder aufzuheben. Es sollten zwei oder mehrere Generationen angezogen werden, um sicherzustellen, daß das phänotypische Merkmal stabil beibehalten und vererbt wird. Als Wirtspflanzen sind alle Pflanzenspezies, insbesondere Kulturpflanzenspezies, geeignet.
Unter Kulturpflanzenspezies sind z.B. Zuckerrübe, Kartoffel, Tabak, Tomate, Raps, Weizen und Mais, aber auch andere Kulturpflanzenspezies zu verstehen, insbesondere auch solche Spezies, die als landwirtschaftliche Hilfspflanzen verwendbar sind.
Durch die Bereitstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es möglich, neue Selektionsmittei für die Pflanzentransformation zu benutzen, vorzugsweise zur Selektion transformierter Pflanzen, die von Hochleistungssorten abstammen, für die die im Stand der Technik beschriebenen Selektionsmarker oftmals nur im beschränkten Maße von Nutzen sind. Die vorliegende Erfindung betrifft somit auch transgene Pflanzenzellen, die ein erfindungsgemäßes rekombinantes DNA-Molekül oder einen erfindungsgemäßen Vektor enthalten oder durch das erfindungsgemäße Verfahren erhalten wurden sowie transgene Pflanzenzellen, die von derartig transformierten Pflanzenzellen abstammen. Derartige Zellen lassen sich von natürlicherweise vorkommenden Pflanzenzellen dadurch unterscheiden, daß sie mindestens ein erfindungsgemäßes rekombinantes DNA-Molekül enthalten, das natürlicherweise in diesen Zellen nicht vorkommt oder dadurch, daß ein solches Molekül an einem Ort im Genom der Zeile integriert vorliegt, in dem es natürlicherweise nicht vorkommt, d.h. in einer anderen genomischen Umgebung.
In einer bevorzugten Ausführungsform enthält die erfindungsgemäße Pflanzenzelle mindestens ein weiteres Fremdgen. Wie bereits in der Einleitung dieser Patentanmeldung erwähnt, ist für die Möglichkeit der Steuerung komplexer Stoffwechselprozesse die Manipulation mehrerer enzymatischer Schritte notwendig und daher die Möglichkeit transgene Pflanzen mehrfach zu transformieren essentiell. Mit Hilfe der erfindungsgemäßen rekombinanten DNA-Moleküle und Vektoren kann der Fachmann nun auf neue Marker zur Selektion mehrfach transformierter Pflanzenzellen zurückgreifen.
Die transgenen Pflanzenzellen können nach dem Fachmann bekannten Techniken zu ganzen Pflanzen regeneriert werden. Die durch Regeneration der erfindungsgemäßen transgenen Pflanzenzellen erhältlichen Pflanzen sind ebenfalls
Gegenstand der vorliegenden Erfindung. Ferner sind Gegenstand der Erfindung
Pflanzen und Pflanzengewebe, die die oben beschriebenen transgenen Pflanzenzellen enthalten. Bei den transgenen Pflanzen kann es sich prinzipiell um Pflanzen jeder beliebigen Pflanzenspezies handeln, d.h. sowohl monokotyle als auch dikotyle Pflanzen. Bevorzugt handelt es sich um Nutzpflanzen wie Weizen, Gerste, Reis, Raps, Erbse, Mais, Zuckerrübe, Zuckerrohr oder Kartoffel.
Die Erfindung betrifft ebenfalls Vermehrungsmaterial und Ernteprodukte der erfindungsgemäßen Pflanzen, beispielsweise Früchte, Samen, Knollen, Wurzelstöcke, Sämlinge, Stecklinge etc., wobei das Vermehrungsmaterial bzw. die Ernteprodukte erfindungsgemäße Zellen enthalten.
In einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung von Selektionsmarkem für Pflanzen umfassend
(a) Transformation eines durch einen Stoffwechseldefekt auxotrophen Mikroorganismus mit einer DNA-Bibliothek;
(b) Züchten des Mikroorganismus unter geeigneten Bedingungen die die Komplementation des Stoffwechseldefekts erlauben,
(c) Durchmustern des Mikroorganismus auf geeignetem Selektionsmedium;
(d) Isolierung der(s) DNA-Moleküle(s), die (das) den Stoffwechseldefekt komplementieren (kann) können; und gegebenenfalls
(e) Verknüpfung der(s) DNA-Moleküle(s) aus (d) mit den regulatorischen Sequenzen eines in Pflanzen aktiven Promotors.
Grundlage für dieses Verfahren ist die Herstellung geeigneter DNA-Bibliotheken, den sogenannten Expressionsbanken. Als Spender können dabei sowohl eukaryontische als auch prokaryontische Organismen dienen. Ausgehend von RNA, die in cDNA (copy-DNA) überschrieben wird, bzw. von genomischer DNA werden DNA-Fragmente in Expressionsvektoren kloniert. In diesen Vektoren stehen dann die Fragmente unter der Kontrolle eines Wirts-spezifischen Promotors, der u.a. die Expression des gesuchten Proteins/Enzyms zuläßt. Als Wirt dienen Bakterien- (z.B. E. coli) und Hefe- (z.B. S. cerevisiae) Mutanten, die einen Defekt in
einem biosynthetischen Schritt aufweisen, bspw. in der Aminosäurebiosynthese. Werden dann mit den hergestellten DNA-Bibliotheken transformierte Mikroorganismen auf Medium ausplattiert, das lediglich Grundbestandteile enthält (z.B. für Bakterien M9-Medium, für Hefen SD-Medium) werden nur solche Zellen überleben, die das Gen exprimieren, das den Defekt der verwendeten Mutante komplementiert. Material und Methoden die im Sinne des erfindungsgemäßen Verfahrens genutzt werden können sind beschrieben, beispielsweise in Kim, Leustek, Plant. Mol. Biol. 32 (1996), 1117 - 1124; Curien et al., FEBS Letters 390 (1996), 85 - 90; Leggewie et al., Plant Cell 9 (1997), 381-392.
Vorzugsweise betrifft der Stoffwechseldefekt einen Stoffwechseldefekt wie er in einem der vorstehenden Ausführungsformen definiert wurde.
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens ist der Mikroorganismus E. coli.
Wie bereits oben dargelegt stellt die vorliegende Erfindung neue Selektionsmarker für Pflanzen bereit. Daher betrifft die vorliegende Erfindung auch Selektionsmarker in der Form von rekombinanten DNA-Molekülen umfassend
(a) regulatorische Sequenzen eines in Pflanzen aktiven Promotors;
(b) funktioneil verknüpft mit einem in einem der vorstehenden Ausführungsform definierten oder nach einem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltenen DNA- Molekül; und gegebenenfalls
(c) funktioneil daran verknüpft regulatorische Sequenzen, die als Transkriptions- Terminations und/oder Polyadenylierungssignale in Pflanzen dienen können.
Geeignete Promotoren und Terminations- bzw. Polyadenylierungssignale sind im Stand der Technik beschrieben; siehe auch oben.
Die Erfindung betrifft ferner Vektoren, die erfindungsgemäße rekombinante DNA- Moleküle enthalten. Vorzugsweise handelt es sich dabei um Plasmide, Cosmide, Viren, Bacteriophagen und andere in der Gentechnik übliche Vektoren. Zur Vorbereitung der Einführung fremder Gene in höhere Pflanzen stehen eine große
Anzahl von Clonierungsvektoren zur Verfügung, die ein Replikationssignal für E. coli und ein Markergen zur Selektion transformierter Bakterienzellen enthalten. Beispiele für derartige Vektoren sind pBR322, pUC-Serien, M13mp-Serien, pACYC184 usw. Die gewünschte Sequenz kann an einer passenden Restriktionsschnittstelle in den Vektor eingeführt werden. Das erhaltene Plasmid wird für die Transformation von E. coli-Zellen verwendet. Transformierte E. coli-Zellen werden in einem geeigneten Medium gezüchtet, anschließend geerntet und lysiert. Das Plasmid wird wiedergewonnen. Als Analysemethode zur Charakterisierung der gewonnenen Plasmid-DNA werden im allgemeinen Restriktionsanalysen, Gelelektrophoresen und weitere biochemisch-molekularbiologische Methoden eingesetzt. Nach jeder Manipulation kann die Plasmid-DNA gespalten und gewonnene DNA-Fragmente mit anderen DNA-Sequenzen verknüpft werden. Jede Plasmid-DNA-Sequenz kann in den gleichen oder anderen Plasmiden cloniert werden.
In einer weiteren Ausführungsform betrifft die Erfindung Wirtszellen, die die erfindungsgemäßen rekombinanten DNA-Moleküle oder Vektoren transient oder stabil enthalten. Unter einer Wirtszelle wird ein Organismus verstanden, der in der Lage ist, in vitro rekombinierte DNA aufzunehmen und gegebenenfalls die in den erfindungsgemäßen rekombinanten DNA-Molekülen enthaltene DNA-Sequenz zu exprimieren.
Vorzugsweise sind dies prokaryontische oder eukaryontische Zellen. Insbesondere betrifft die Erfindung Pflanzenzellen, die die erfindungsgemäßen Vektorsysteme oder Derivate oder Teile davon enthalten. Diese weisen vorzugsweise aufgrund der Aufnahme der erfindungsgemäßen Vektorsysteme, Derivate oder Teile der Vektorsysteme einen der oben beschriebenen Stoffwechseldefekte auf. Diese Pflanzenzellen bzw. daraus regenerierte Pflanzen können dann wiederum in einem der vorstehend beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahren benutzt werden. Vorzugsweise sind die erfindungsgemäßen Zellen dadurch gekennzeichnet, daß das eingeführte erfindungsgemäße rekombinante DNA-Molekül entweder heterolog in Bezug auf die transformierte Zelle ist, d.h. natürlicherweise nicht in diesen Zellen vorkommt, oder an einem anderen Ort im Genom lokalisiert ist als die entsprechende natürlicherweise auftretende Sequenz.
In einer weiteren Ausführungsform betrifft die Erfindung Kits, die ein erfindungsgemäßes rekombinantes DNA Molekül oder einen erfindungsgemäßen Vektor enthalten und gegebenenfalls ein geeignetes Selektionsmedium für die vorstehend beschriebenen Pflanzen. Die vorstehend beschriebenen DNA-Moleküle und Vektoren können in dem erfindungsgemäßen Kit in Behältern verpackt sein, beispielsweise in Gefäßen, gegebenenfalls in Puffern und/oder Lösungen. Die erfindungsgemäßen Kits können vielseitig eingesetzt werden. Beispielhafte Anwendungsbereiche wie die Züchtung wurden vorstehend angegeben. Die Herstellung der Kits selbst erfolgt vorzugsweise nach Standardverfahren.
Wie oben bereits dargelegt, stellt die vorliegende Erfindung rekombinante DNA- Moleküle und Vektoren zur Verfügung, die als Selektionsmarker in Pflanzenzellen zur Selektion transformierter Pflanzenzellen sowie davon abgeleitete transgene Pflanzen, Pflanzenzellen und/oder Gewebe zur Verfügung. So betrifft die vorliegende Erfindung auch die Verwendung eines erfindungsgemäßen rekombinanten DNA-Moleküls, eines erfindungsgemäßen Vektors oder der erfindungsgemäß hergestellten Selektionsmarker zur Herstellung von transgenen Pflanzen, Pflanzenzellen und/oder Gewebe sowie deren Nutzung als selektierbare Marker in pflanzlicher Zeil- und Gewebekultur und/oder Pflanzenzüchtung.
Diese und andere Ausführungsformen sind dem Fachmann offenbart und offensichtlich und umfaßt durch die Beschreibung und die Beispiele der vorliegenden Erfindung. Weiterführende Literatur kann zu einer der oben angeführten Methoden, Mittel und Verwendungen, die im Sinne der vorliegenden Erfindung angewendet werden können, dem Stand der Technik entnommen werden, z. B. aus öffentlichen Bibliotheken unter z. B. der Benutzung von elektronischen Hilfsmitteln. Zu diesem Zweck bieten sich unter anderem öffentliche Datenbanken an wie die "Medline", die über Internet zur Verfügung stehen, z. B. unter der Adresse http://www.ncbi.nim.nih.gov/PubMed/mediine.html. Weitere Datenbanken und Adressen sind dem Fachmann geläufig und können aus dem Internet entnommen werden, z. B. unter der Adresse http://www.lycos.com. Eine Übersicht über Quellen und Informationen zu Patenten bzw. Patentanmeldungen in
der Biotechnologie ist in Berks, TIBTECH 12 (1994), 352-364 gegeben.
In den Beispielen verwendete Methoden (wenn nicht anders angegeben):
1. Klonierungsverfahren
Zur Klonierung in E. coli wurde der Vektor pBluescript SK- (Stratagene) verwendet. Für die Pflanzentransformation wurden die Genkonstruktionen in die binären Vektoren BIN 19 (Bevan, Nucl. Acids Res. 12 (1984), 8711-8720) kloniert. Wenn nicht anders erwähnt, wurden die in Sambrook, 1989 oder Ausubel et al., eds, Current Protocols in Molecular Biology, John Wiley and Sons, USA, beschriebenen Techniken verwendet.
2. Bakterienstämme
Für die unter 1. genannten Plasmid-Vektoren wurde der E. coli- Stamm XL-1 Blue (Stratagene) und zur Komplementation der auxotrophe E. coli Stamm GUC41 (Gutermann, J. Bact. 114 (1973), 1225-1230) verwendet. Für die Komplementation der E. coli-Mutante wurde eine cDNA-Bank von Kartoffelblättern eingesetzt. Die cDNA-Bank wurde in einem Phagenvektor kloniert (λZAP II, Stratagene, USA). Der Phagenvektor enthält das Plasmid Bluescript SK" (Stratagene, USA) integriert, in das die cDNA kloniert ist. Mit Hilfe eines Helfer-Phagen wurde das Plasmid herausgeschnitten und für die Transformation eingesetzt. Zur Komplementation wurden die Bakterien auf einem Minimal-Medium (M9-Medium) ausplattiert (Sambrook et al., 1989) und für drei Tage bei 37°C inkubiert.
Die Transformation der binären Plasmide in die Kartoffelpflanzen wurde mit Hilfe des Agrobacterium tumefaciens-Stammes"C58C1 pGV2260 (Deblaere, Nucl. Acids Res. (1985), 4777-4788) durchgeführt.
3. Transformation von Agrobacterium tumefaciens
Der Transfer der DNA erfolgte durch direkte Transformation nach der Methode von Höfgen & Willmitzer (Nucl. Acids Res. 7 (1989), 1513-1523) isoliert und nach geeigneter Restriktionsspaltung gelelektrophoretisch analysiert.
4. Transformation von Kartoffel
Zehn kleine mit dem Skalpell verwundete Blätter einer Kartoffel-Sterilkultur (Solanum tuberosum L. cv. Desiree) wurden in 10 ml MS-Medium (Murashige & Skoog, Physiol. Plant. 15 (1962), 473-497) mit 2% Saccharose gelegt, welches 50 μl einer unter Selektion gewachsenen Agrobacterium tumefaciens-Übemachtkultur enthielt. Nach 3-5 minütigen leichtem Schütteln erfolgte eine weitere Inkubation für 2 Tage im Dunkeln. Daraufhin wurden die Blätter zur Kallusinduktion auf MS-Medium mit 1 ,6% Glucose, 5 mg/l Naphtylessigsäure, 0,2 mg/l Benzylaminopurin, 250 mg/l Claforan bzw. 125 mg/l b-Bactyl, 50 mg/l Kanamycin bzw. 1 mg 1 mg/l Hygromycin B, und 0,8% Bacto Agar gelegt. Nach einwöchiger Inkubation bei 25°C und 3000 Lux wurden die Blätter zur Sproßexpression auf MS-Medium mit 1 ,6% Giucose, 1 ,4 mg/l Zeatinribose, 20 mg/l Naphtylessigsäure, 20 mg/l Giberellinsäure, 250 mg/l Claforan bzw. 125 mg/l b-Bactyl, 50 mg/l Kanamycin bzw. 3 mg/l Hygromycin B und 0,8% Bacto Agar gelegt.
5. Radioaktive Markierung von DNA-Fragmenten
Die radioaktive Markierung von DNA-Fragmenten wurde mit Hilfe eines DNA-Random Primer Labelling Kits der Firma Boehringer (Deutschland) nach den Angaben des Herstellers durchgeführt.
6. Pflanzenhaltung
Kartoffelpflanzen wurden im Gewächshaus unter folgenden Bedingungen
gehalten:
Lichtperiode 16 h bei 25 000 Lux und 22°C
Dunkelperiode 8 h bei 15°C
Luftfeuchte 60%
Komplementationsmedium der Bakterien: M9-Medium (Sambrook et al.,
1989), versetzt mit 1 mM IPTG, 40 mg/l Threonin, 40 mg/l Leucin.
Supplementationsmedium für Antisense-Pflanzen: MS-Medium (Murashige,
Skoog, Plant Physiol. 15, 573-497, 1962), versetzt mit 2% Saccharose, 125 mg/l ß-Bactyl, 45 mg/l Methionin, 200 mg/l Caseinhydrolysat
7. Analyse genomischer DNA aus transgenen Kartoffelpflanzen
Die Isolation genomischer Pflanzen-DNA erfolgte nach Rogers & Bendich (Plant Mol. Biol. 5 (1985), 69-76). Mit Hilfe von "Southern Blof'-Analysen wurden 10-30 μg DNA nach geeigneter Restriktionsspaltung der einführenden DNA-Sequenzen hin untersucht.
Die Beispiele erläutern die Erfindung
BEISPIEL 1 : HERSTELLUNG STOFFWECHSEL AUXOTROPHER PFLANZEN
Das Gen für die Cystathionin beta-Lyase wurde durch die Komplementation der Methionin-auxotrophen E. coli-Mutante GUC41 isoliert. Ausgehend von einer λZAPII cDNA-Bank von Kartoffelblättem wurden mittels in vivo Excision Plasmide (pBluescript SK"), die verschiedene cDNAs enthalten, in ihrer Gesamtheit isoliert und in der E. coli-Mutante etabliert. Zunächst wurde lediglich auf die vom eingebrachten Plasmid ausgehende Resistenz selektiert und in einem zweiten Durchgang auf die Auxotrophie der Mutante auf einem geeigneten Selektionsmedium (M9 ohne Methionin). Die Analyse der aus dieser Durchmusterung hervorgegangenen Kolonien ergab ein einheitliches Bild mit cDNA-Fragmenten einer Länge. Teile der Sequenz der genomischen DNA wurden durch Standardverfahren mittels der Didesoxynukleotidmethode (Sanger, Proc. Natl. Acad. Sei. USA (1977), 5463-5467) partiell bestimmt. Ein Vergleich der
ermittelten Sequenzen mit der ermittelten Arabidopsis Sequenz belegte eindeutig, daß es sich bei der DNA-Insertion um ein Fragment nuklearer DNA handelt. Das von der cDNA-Sequenz abgeleitete Protein weist eine hohe Homologie zu den abgeleiteten Proteinen aus E. coli und Arabidopsis thaliana auf.
Durch das Einbringen der cDNA für Cystathionin beta-Lyase in inverser Orientierung bezüglich des Promotors (CaMV 35S) konnten Kartoffelpflanzen regeneriert werden, die auf Komplentationsmedium keine Veränderung zum Wildtyp aufweisen. Werden die transgenen Linien jedoch in Töpfen ins Gewächshaus gebracht, ist ein breit gefächertes Phänotypenspektrum sichtbar. In der Regel findet man in Anhängigkeit vom Grad des Antisenseeffektes eine Retardierung des Wachstums bis hin zu lethalen Effekten.
Über die Bedeutung der Cystathionin beta-Lyase im Stoffwechselweg konnte bislang nur spekuliert werden. Es liegen Enzymdaten vor, die eine cytosolische Isoform nicht ausschließen. Neuere Erkenntnisse können diese Hypothese jedoch nicht unterstützen. Bislang konnten aus Arabidopsis thaliana und Solanum tuberosum nur plastidär lokalisierte Varianten isoliert werden. Ferner konnte erfolgreich eine Tabakmutante, die einen Defekt für die Cystathionin beta-Lyase trägt, durch plastidäre Expression des E. coli metC-Gens (kodiert für Cystathionin beta-Lyase) komplementiert werden. Diese Tabakmutante ist auch bislang die einzige beschriebene Mutante innerhalb des Methioninstoffwechselweges. Der beobachtete Phänotyp bei den Antisensepflanzen unterstützt demzufolge die Ergebnisse der Tabakmutante. Daraus läßt sich die Essentialität der Cystathionin beta-Lyase für den Stoffwechselweg und demzufolge für die Pflanze ableiten.
BEISPIEL 2: KOMPLEMENTATION EINER AUXOTROPHEN TAKAKMUTANTE
1. Pflanzenkulturbedingungen
N. plumbaginifolia Pflanzen wurden in Gewebekultur auf 2MS Medium (Murashige und Skoog, Plant Physiol. 15 (1962), 573-497) mit 0,3 mM Methionin (Negrutiu et al., Int. J. Dev. Biol. 36 (1992), 73-84) und
Caseinhydrolysat (200 mg/l) supplementiert. Die Pflanzen wurden 16 h pro Tag beleuchtet.
2. Binäre Vektorkonstruktion
Das E. coli metC Gen wurde mittels PCR aus genomischer DNA von E. coli K12 (Laber et al., FEBS Letter 379 (1996), 94-96) mit Primern isoliert, die eine BamHI-Schnittstelle enthalten. Das amplifizierte DNA-Fragment mit einer Länge von 1187 bp wurde mit BamHI verdaut und in die BamHI- Schnittstelle des pBinAR-Vektors (Höfgen und Willmitzer, Plant Sei. 66 (1990), 221-230) ligiert. Der binäre Vektor enthält den CaMV 35S Promotor und den OCS Terminator, sowie das nptll Gen für eine Kanamycin-Selektion der transformierten Pflanzen. Für die plastidäre Lokalisierung der E. coli CbL wurde das Transitpeptid der kleinen Untereinheit der Spinat Rubisco mit dem offenen Leseraster der CbL fusioniert. Das daraus resultierende Plasmid wurde pEc-TP-metC bezeichnet.
3. Pflanzentransformation
Blattstücke der N. plumbaginifolia-Mutante wurde mittels des Agrobacterium tumefaciens Stammes GV2260 (Deblaere et al., Nucl. Acids. Res. 13 (1985), 4777-4788) nach einem Protokoll von Rosahl et al. (EMBO J. 6 (1987), 1155-1159) transformiert. Zur Selektion betrug die Kanamycinkonzentration 50 μg/ml. Methionin wurde auf 0,3 mM eingestellt bis die Pflanzen auf metC Expression untersucht wurden.
4. DNA und RNA Analyse
Für molekularbiologische Arbeiten wurden Standardtechniken eingesetzt (Sambrook et al., Molecular Cloning: A Laboratory Manual, 2nd ed. Cold Spring Harbor Laboratory Press, NY, 1989). Das komplette metC Gen wurde als Hybridisierungssonde für Southern und Northern Blot Analysen eingesetzt. Das aus pMet33 mit herausgeschnittene 1 ,2 kb Fragment wurde
in einen 0,8%-igem Agarosegel aufgetrennt, im Anschluß elektroeluiert und für die radioaktiven Markierungen mit 32P-dCTP nach den Angaben des Herstellers (Rediprime, Amersham) eingesetzt.
Genomische DNA von N. plumbaginifolia wurde nach der Methode von Dellaporta et al. (Plant Mol. Biol. Reporter 1 (1983), 19-21 ) isoliert. Der Southern Blot wurde mit 10 μg DNA pro Restriktionsverdau durchgeführt. Positiv geladene Nylonmembranen wurden von Boehringer bezogen. Gesamt RNA wurde nach einem veränderten Protokoll nach Rerie et al. (Mol. Gen. Genet. 225 (1991 ), 148-157) ausgehend von zwei g frischem Blattmaterial isoliert. Für die Northern Blots wurden je 10 μg RNA pro Spur aufgetragen. Als Marker wurde eine RNA-Leiter (Gibco BRL) verwendet. Gleichmäßige Beladung der RNA-Gele wurde nach dem Transfer auf die Membran durch Färbung mit Methylenblau kontrolliert (Brown und Mackey, Current Protocols in Molecular Biology, Vol. 1 , John Wiley and Sons, USA (1995), 4.9.1-4.9.16).
5. Partiaireinigung der Cystathionin beta-Lyase
Alle Schritte wurden bei 4°C durchgeführt.
15 g gefrorenes Blattmaterial wurde in fl. Stickstoff gemörsert und anschließend in Puffer E (100 mM KHPO4, pH 8,0, 1 mM EDTA, 5 mM Thioharnstoff, 20 % Glycerin, 10 mM ß-Mercaptoethanol) homogenisiert. Der Extrakt wurde durch Miracloth (Calbiochem) filtriert und anschließend für 15 min bei 10 000 rpm zentrifugiert. Der Überstand wurde durch sukzessive Zugaben von Ammoniumsulfat innerhalb einer Stunde auf 65 % Sättigung gebracht. Nach der Zentrifugation für 20 min bei 10 000 rpm wurde das Pellet in 1 ml Puffer D (50 mM KHPO4, pH 7,5, 1 mM EDTA, 20 % Glycerin, 1 mM DTT) resuspendiert. Die Proteinfraktion wurde mittels einer Sephadex G-25 Säule, die zuvor mit Puffer D equilibriert wurde, entsalzt. Cystathionin beta-Lyase Aktivität coeluiert mit der dunkelgrünen Fraktion. Die Fraktionen wurden gesammelt und bis zur Verwendung bei -20°C gelagert. Der Proteingehalt wurde nach der Methode von Bradford (Anal. Biochem. 72
(1976), 248-254) mittels des BIO-Rad Proteinassays mit Rinderserum als Standard gemessen.
6. Cystathionin beta-Lyase Aktivität
Zur Bestimmung der CbL Aktivität wurde partiell gereinigte Enzymextrakte mit Cystathionin inkubiert. Das bei der Reaktion freigesetzte Pyruvat wurde in ein Hydrazon in alkalischer Lösung umgesetzt und die Absorption bestimmt (Sharma und Mazumber, J. Biol. Chem. 245 (1970), 3008-3014). Der 200 μl Reaktionsmix besteht aus 60 μl entsalztem Proteinextrakt, 200 mM Tris-Puffer, pH 8,6, 5 mM Cystathionin. Nach einer Stunde Inkubation bei 37°C wurde die Reaktion durch Zugabe von 120 μl TCA gestoppt. Die denaturierten Proteine wurden durch Zentrifugation bei 13 000 rpm für 10 min pelletiert. Der Ketosäurengehalt im Überstand wurde nach Zugabe von 80 μl Dinitrophenylhydrazon (0,05 % in HCI) und 10 minütiger Inkubation bei Raumtemperatur bestimmt. Nach Zugabe von 800 μl 0,4 N NaOH und weiteren 30 min Inkubation wurde dann die Absorption bei 505 nm gemessen. Die Pyruvatkonzentration wurde anhand einer Pyruvat- Eichgeraden für den Konzentrationsbereich zwischen 0 und 800 μM bestimmt. CbL Aktivität wird in pmol Pyruvat pro min und mg Protein angegeben.
7. Cystathionin beta-Lyase Aktivitätsnachweis in nativen PAGE
Proteinproben wuden in einem vertikalen Kleingel nach Laemmli (Nature 227 (1970), 680-685) in nativen 7,5 %-igen Acryiamid PAGE-Gelen bei 4°C aufgetrennt. Nach der Elektrophorese wurde das Gel zwei Mal in 10 mM Tris/HCI, pH 8,6 gewaschen und anschließend bei 37°C mit einem Reaktionsgemisch bestehend aus 10 mM Tris/HCI, pH 8,6, 5 mM Cystathionin, 0,8 % (w/v) Tetraphenylborat (TPB). Das bei der Reaktion freigesetzte Ammonium bildet mit TPB ein unlösliches Präzipitat, daß auf dunklem Hintergrund gut nachweisbar ist (Turner, Ph.D. Thesis, University of Lancaster, UK (1994)). Kontrollen ohne Cystathionin wurden einbezogen.
. Freie Aminosäureextraktion
Zwischen 100 und 500 mg Pflanzenmaterial wurden im Mörser homogenisiert und mit einem Gemisch aus Methanol: Chloroform: Wasser (12: 5: 1 ) versetzt (Bieleski und Turner, Anal. Biochem. 17 (1966), 278-293). Das Homogenat wurde zentrifugiert und der Überstand in ein neues Gefäß überführt. Das Pellet wurde drei Mal hintereinander extrahiert und die Überstände vereinigt. Chlorophyll wurde durch Zugabe von zwei Volumen Chloroform und einem Teil Wasser entfernt. Die wässrige, Aminosäuren, enthaltene Phase wurde komplett zur Trockne eingeengt. Der Rest wurde in Wasser aufgenommen und durch einen 1 ,3 μm Filter gegeben. HCI wurde ad 2 N zugegeben und im Anschluß zur Hydrolyse der Amide bei 110°C für 2 h inkubiert. Nach einer zweiten Trocknung wurde der Rest in einem Probenpuffer (Na-Citrat-Puffer, pH 2,2) aufgenommen und durch einen 0,45 μm Filter filtriert. Die Aminosäuren wurden mittels Ninhydrin Nachsäulenderivatisierung auf einer Beckman System Gold Anlage gemessen.
9. Ergebnisse
Transformation der auxotrophen Mutante und ihre Entwicklung
Mit dem Ziel die Autotrophie der met" (10.1/9) N. plumbaginifolia Mutante wieder herzustellen, wurde ein chimäres Gen bestehend aus der kodierenden Region des metC Gens und des Transitpeptids der kleinen Untereinheit von Rubisco konstruiert und in einen binären Vektor kloniert. Agrobacterien-vermittelter Gentransfer bei N. plumbaginifolia Mutante 10.1/9 mit dem Konstrukt führte auf 2MS Medium ohne Methioninzugabe in Gegenwart von Kanamycin zur Kallusentwicklung und Sproßbildung. Im Gegensatz dazu konnten lediglich Sprosse der untransformierten Mutante regeneriert werden, wenn zum Kulturmedium Methionin zugegeben wurde. Transformierte Sprosse wurzelten auch unter diesen Bedingungen. Fünf
Primärtransformanten, die mit EcCbL 1-5 bezeichnet wurden, zeigten einen normalen Phänotyp und wurden für die weitere Analyse ausgewählt.
Zur Überprüfung der phänotypischen Reversion unter
Gewächshausbedingungen wurden die fünf regenerierten Linien in Erde gepflanzt. EcCbL 1-5 Pflanzen ähneln im Phänotyp dem Wildtyp von N. plumbaginifolia. Sie zeigten auch gleiche Fertilität und Samenbildung wie die
Kontrollpflanzen.
Basierend auf den vorläufigen Analysen der Northern Blots und
Enzymaktivität wurden zwei Linien (EcCbL 1 und 4) mit annähernd gleicher
Expression und Aktivität für eine weitere detailiertere Untersuchung ausgewählt.
Molekulare Analyse
Primärtransformanten wurden auf Integration des Konstruktes in die DNA und auf Expression untersucht. Gesamt-RNA wurde aus Kontrollpflanzen und den transgenen Linien EcCbL 1 und 4 isoliert und durch Northern Blot analysiert. Starke Expressionssignale mit einer Größe von 1 ,7 kb wurden lediglich für die transgenen Pflanzen erhalten, während kein Signal in den Kontrollpflanzen detektiert wurde. Genomische DNA wurde mit verschiedenen Restriktionsenzymen verdaut und auf Integration des E. coli metC Genes in das pflanzliche Genom der Primärtransformanten untersucht. Es konnte das Ergebnis der Northern Blot Analyse bestätigt werden. Eine Kreuzreaktion zwischen der E. coli DNA-Probe und dem pflanzlichen Gen konnte nicht beobachtet werden. Die Größe der erhaltenen Signalen stimmen mit den kalkulierten Größen der korrespondierenden Restriktionsstellen in der T-DNA überein, wobei die BamHI und Hindill Banden um ca. 0,3 kb durch das Terminationssignal abweichen. Durch den EcoRI-Verdau konnte für EcCbL 1 eine Kopie und für EcCbL 4 zwei Kopien ermittelt werden.
CbL Enzymaktivität
Teilgereinigtes Protein von Kontrollpflanzen, der Mutante und den transformierten Linien EcCbl 1und 4 wurden für die Analyse der CbL Aktivität eingesetzt. In den Extrakten von Kontrollpflanzen konnte nur eine geringe Aktivität, in der auxotrophen Mutante gar keine Aktivität bestimmt werden. Dagegen wurden für die beiden transgenen Linien bis zu 500 mal höhere Aktivitäten als in den Kontrollpflanzen ermittelt werden. Diese Zunahme konnte auch in nativen PAGE-Gelen durch Aktivitätsfärbung gezeigt werden. Gleiche Proteinmengen wurden dazu geladen und nur in den transgenen Linien konnte eine weiße, dicke Präzipitationsbande nachgewiesen werden. Dies konnte für den Wildtyp aufgrund des geringen Vorkommens nicht gezeigt werden. Eine weitere Aufreinigung wäre dazu nötig, um dies zu zeigen.
Freier Aminosäuregehalt
Um die Wirkung der Überexpression der CbL auf die Aminosäurebiosynthese zu zeigen wurden die freien Aminosäuren von Blättern unter Berücksichtigung der Aminosäuren der Aspartatfamilie in vitro gewachsener transgener Pflanzen analysiert. Der Aminosäuregehalt der transgenen Linien hat sich im Vergleich zu den Kontrollpflanzen einschließlich des Methionningehaltes nicht verändert. Es konnte zwar die Methioninmenge auf Wildtypniveau zurückgeführt werden aber es kam zu keiner Erhöhung. Während der gesamten Pflanzenentwicklung konnte keine Veränderung der freien Aminosäuregehalte in den verschiedenen Linien beobachtet werden. Auch für S-Adenosylmethionin- und Methioninsulfoxidgehalte, die aus dem Methioninmetabolismus hervorgehen, konnte keine Veränderung festgestellt werden. Der Methioningehalt der auxotrophen Mutante rührt von der Aufnahme der Aminosäure vom supplementierten Kulturmedium.
BEISPIEL 3: ALTERNATIVE ANSÄTZE
Derzeitig stehen neben bereits vorhandenen supplementierbaren Mutanten verschiedene Verfahren zur Erzeugung von Pflanzenmaterial mit definierten Stoffwechseldefekten zur Anwendung der beschriebenen Technik zur Verfügung; siehe beispielsweise Negrutiu, Mol. Gen. Genet. 199 (1985), 330-337. Zum einen sind es Mutageneseverfahren, bei denen Protoplasten durch Verwendung alkylierender Agentien derart modifiziert werden, daß sie in der Folge auf speziellen Selektionsmedien komplementiert werden müssen. Zum anderen erlaubt ein Verfahren durch "Gene knock out" mittels RNA/DNA-Hybriden gezielt Gene zu verändern. Die anschließende Selektion erfolgt wie bei einer Mutagenese. Ferner ist die Anwendung der Antisense-Technik ohne Antibiotikamarker aufgrund der hohen Transformationseffizienz möglich. Die Selektion von lethalen Mutanten ist im Gewächshaus durchführbar und kann mittels Metabolitenkomplentation in vivo propagiert werden.