Formteil bestehend aus Strohfasern, Papierfasern und einem Bindemittel sowie Verfahren zur Herstellung eines derartigen Formteils
Die Erfindung betrifft ein Formteil bestehend aus Strohfasern, Papierfasern und einem Bindemittel. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung eines derartigen Fσrm- teils.
Formteile aus Strohfasern, Papierfasern und einem Bindemittel, die den Vorteil bieten sollen, aus biologisch abbaubaren Mate¬ rialien zu bestehen, sind seit langer Zeit vorgeschlagen wor- den. Bevorzugte Anwendungsgebiete für derartige Formteile sind Grundkörper für die Blumenbinderei, Verpackungsmaterialien und Baumaterialien. In allen Fällen ersetzen die Formkörper aus zellulosehaltigem, pflanzlichem Material in erster Linie bis¬ her verwendete Kunststoffkörper.
In der Terminologie dieser Anmeldung sind "Strohfasern" Zellu¬ losefasern, die in pflanzlichem, verholzten oder Stengelmate¬ rial enthalten sind und in der Pflanze durch Kitsubstanzen miteinander verbunden sind. Die Strohfasern werden aus solchem pflanzlichen Material durch lediglich mechanische Zerkleine¬ rung gewonnen und enthalten somit noch pflanzliche Bindemit¬ tel, insbesondere Lignin, weswegen sie als lignozellulosehal- tige Materialien bezeichnet werden.
Die in der Papierindustrie verwendeten Papierfasern hingegen bestehen aus Zellulosefasern, die chemisch aufgeschlossen wor¬ den sind, d.h. bei denen das pflanzliche Bindemittel entfernt worden ist. Die Zellulosefasern haben die Eigenschaft, bei
Trocknung aus wäßriger Umgebung heraus Wasserstoffbrücken zu bilden, die eine feste Verbindung miteinander eingehen.
Die bisher bekannt gewordenen Formkörper, die aus Strohfasern, Papierfasern und einem Bindemittel bestehen, haben sich in der Praxis nicht bewährt, da sie nicht gegen Feuchtigkeitsein¬ flüsse stabil sind und schlechte Oberflächeneigenschaften auf¬ weisen.
Ausgehend von der Problemstellung, Formteile der eingangs er¬ wähnten Art in ihrer praktischen Verwendbarkeit zu verbessern, sind erfindungsgemäße Formteile der eingangs erwähnten Art da¬ durch gekennzeichnet, daß die Fasern mit einem Wachsüberzug hydrophobiert sind.
Für Verpackungskörper wird das Problem erfindungsgemäß auch dadurch gelöst, daß der Formkörper mit einem Latexüberzug ver¬ sehen ist.
Die erfindungsgemäßen Formkörper sind auch bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 100 % noch formstabil und auch mehrere Tage gegen intensiven Regen unempfindlich. Der erfindungsgemäß vorgesehene Latexüberzug sorgt für eine verbesserte Elastizi¬ tät und Flexibilität des Formkörpers sowie für eine staub- und kratzfreie Oberfläche, wodurch die Akzeptanz der erfindungs¬ gemäßen Formkörper erheblich erhöht wird.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines erfin¬ dungsgemäßen Formkörpers weist folgende Verfahrensschritte auf:
grob zerrissenes Papier wird in Wasser suspendiert,
der Papiersuspension wird ein Bindemittel so zugegeben, daß es noch nicht verkleistert,
mechanisch zerkleinertes Stroh wird in die Suspension eingemischt,
der Suspension wird vor oder nach dem Einmischen des Strohs ein emulgierter Wachs hinzugefügt,
der Rohstof brei wird entwässert, geformt und bei Tempe¬ raturen oberhalb der Verkleisterungstemperatur des Binde¬ mittels getrocknet,
nach der Trocknung werden die Formkörper in ein Latexbad getaucht.
Vorteile der erfindungsgemäßen Formkörper sowie des erfin- dungsgemäßen Verfahrens sowie bevorzugte Ausführungsformen werden im folgenden anhand der Beschreibung von bevorzugten Herstellungsverfahren näher erläutert.
Die Aufbereitung des Stohs erfolgt zweckmäßigerweise dadurch, daß ein Getreidestrohballen in einem Zerreißer grob vorzer¬ kleinert wird und anschließend in einem Häcksler auf ca. 30 mm Länge gehäckselt und in einer dritten Stufe durch eine Fein¬ prallmühle auf Längen von 1 mm, 1,5 mm, 2 mm oder 3 mm - je nach Anwendungsfall - zerkleinert wird.
In einem Papierzerreißer wird Tageszeitungspapier (ohne Glanz¬ papier) grob auf ca. halbe Postkartengröße zerrissen. Das so zerrissene Papier wird in definierter Menge in ein Rührwerk gefüllt. In diesem Rührwerk befindet sich ca. 45 °C warmes Wasser. Die Wassermenge entspricht etwa der 9 - 13fachen Menge der Gesamtmenge an zerrissenen Papier- und Strohfasern. Das grob zerrissene Papier wird in dem schnell laufenden Rührwerk in Wasser suspendiert. Die Verwendung des warmen Wassers er¬ folgt, um eine möglichst kurze Auflösezeit des Papiers zu er- zielen.
Nachdem das Papier aufgelöst ist, wird ein wasseremulgiertes, anionisches Paraffinwachs zugegeben. Für die Herstellung von Verpackungsformkörpern beträgt der Anteil von Paraffinwachs am Gesamttrockengewicht des Papiers und Strohs ca. 5 %, für Floristikteile vorzugsweise ca. 8 %. Der anionische Paraffin¬ wachs zieht auf die Zellulosefaser auf und hydrophobiert diese.
Ferner wird ein wasserunlöslicher Konservierungsstoff (abbau- bares Biozid) in pulveriger Form in einer Menge von ca. 1 % des Papierstoffes und Strohs zugegeben. Der Konservierungs¬ stoff hat die Aufgabe, die an den später zugegebenen Strohfa¬ sern haftenden Pilzsporen und Bakterien abzutöten. Er ist nur in feuchter Umgebung wirksam und verhindert dann eine Schim- melbildung auf den Formkörpern bzw. eine Geruchsbildung durch Bakterien. Dadurch können die teilweise sehr ausgeprägten Eigengeruchsbildungen der Formteile unterbunden werden.
Der Suspension wird ferner eine veresterte Getreiderohstärke in einer Menge von 2 - 8 Gew.% vom Papiergewicht zugegeben. Die Verkleisterungstemperatur der Stärke wird über 65 °C ge¬ wählt, damit eine Verkleisterung in dem 45 °C warmen Wasser noch nicht stattfindet.
Nachdem die Suspension mit allen Zusatzstoffen intensiv ver¬ mischt worden ist, wird das Getreidestroh eingemischt. Für Verpackungs-Formkörper werden bevorzugt 1,5 und 2 mm lange Fasern verwendet, für den Floristikbereich Faserlängen des Strohs von etwa 3 mm.
Der Papier/Stroh-Anteil beträgt im Verpackungsbereich vorzugs¬ weise 18 bis 35 zu 82 bis 65 %, im Floristikbereich liegt der Papieranteil vorzugsweise bei etwa 15 % und der Strohanteil bei etwa 85 %.
Nachdem das Stroh in die Suspension eingemischt worden ist, wird ein kationisches Ausfällungsmittel als letzter Zusatz
zugegeben. Mit diesem in der Menge ganz genau definierten Aus¬ fällungsmittel wird der bis dahin im Wasser emulgierte Pa¬ raffinwachs neutralisiert und dadurch ausgefällt. Würde diese Ausfällung nicht durchgeführt, würde das Wachs zusammen mit dem Brauchwasser beim Entwässerungsprozeß zum größten Teil abgenutscht. Da die Ausfällung als letztes durchgeführt wird, zieht das Wachs zuvor auch noch auf die Strohfaser, wie be¬ reits vorher auf die Papierfaser, auf.
Mit der so erreichten Hydrophobierung können die Formkörper so stabilisiert werden, daß sie auch bei bis zu 100 % relativer Luftfeuchtigkeit noch formstabil sind. Je nach Wachsmenge kön¬ nen sie auch mehrere Tage gegen intensiven Regen unempfindlich sein.
Der so gefertigte Rohstoffbrei wird in speziellen Saugformen mittels Druck und Vakuum entwässert und geformt und anschlie¬ ßend auf Trocknungsblechen in einem Transportwagen abgelegt und bei anfänglich 130 °C und mit zunehmender Trockungsdauer bei 110 °C getrocknet. Bei der Trocknung verkleistert die Stärke, und es bilden sich Wasserstoffbrücken zwischen den Zellulosefasern, was zur Verhärtung des Materials führt. Bevor die Formkörper auf das Blech zur Trocknung abgelegt werden, werden sie von allen Seiten mit flüssiger Zitronensäure be- sprüht. Dieses Besprühen hat den Vorteil, daß die Formkörper während der Trocknung nicht zu dunkelfarbig werden. Nach der Trocknung, die je nach Materialdicke 4 bis 6 Stunden dauern kann, werden die Formkörper, insbesondere zur Verwendung als Verpackungsmittel, in ein Latexbad getaucht und anschließend oberflächengetrocknet.
Die Latexmischung kann mit Naturkautschuk oder mit synthe¬ tischem Latex gebildet sein. In einer bevorzugten Ausführungs¬ form besteht die Latexmischung aus
30 Anteilen reinem Naturkautschuk, vermischt mit 20 Anteilen Wasser,
10 Anteilen feinstem Talkum, 1,5 Anteilen mit Wasser verdünnbarem Siliconöl, 1,5 Anteilen in Wasser emulgiertem Paraffinwachs, 0,1 Anteil biologischem Entschäumer.
Die Menge des zugegebenen Wassers bestimmt die Schichtdicke auf dem Formteil. Gibt man mehr Wasser zu, so wird die Schichtdicke dünner, gibt man weniger Wasser zu, wird die Schichtdicke größer.
Das Talkum verhindert, daß sich der auf dem Formteil getrock¬ nete Kautschuk bei Reibung aufribbelt und sich zu Klümpchen aufrollt.
Das in Wasser verdünnbare Siliconöl weist vorzugsweise einen ca. 40 %igen Feststoffanteil auf, der in einem Hochviskosenöl gelöst ist. Da der Naturkautschuk auch nach dem Trocknen eine hohe unerwünschte Oberflächenklebrigkeit aufweist, dient das Silikonöl zur Herstellung einer Trennwirkung, die die Ober- flächenklebrigkeit unterbindet. Das Hochviskoseöl als Träger¬ medium für das Silikonöl hat den Vorteil, daß es nahezu keine Schmierspuren auf dem Verpackungsgut hinterläßt. Allerdings reicht die Trennwirkung des Silikonöls allein nicht aus. Als weiteres Trennmittel wird daher das in Wasser emulgierte Pa- raffinwachs eingesetzt.
Wachs allein hätte keine ausreichende Trennwirkung, die Erhö¬ hung der Trennwirkung mit Silikonöl würde zu Schmierspuren führen. Wachs und Silikonöl ergänzen sich in ihren Trenneigen- Schäften, so daß diese Kombination die Oberflächenklebrigkeit des Naturkautschuks zuverlässig verhindert, ohne Schmierspuren auf dem Verpackungsgut zu hinterlassen.
Der eingesetzte Entschäumer besteht aus einer Mischung ver- schiedener natürlicher Öle und/oder Silikonöle und verhindert eine Bläschenbildung im Latexbad und somit eine Bläschenbil¬ dung auf dem Verpackungsformteil . Gleichzeitig sorgt der Ent-
schäumer dafür, daß die Oberfläche des Verpackungsformteils problemlos im Tauchverfahren benetzt werden kann. Ohne den Entschäumer wäre es nicht möglich, eine gleichmäßige, fehler¬ freie Benetzung des Verpackungsformteils im Tauchbad zu erzie- len.
Die beschriebene Oberflächenbehandlung mittels des Latexüber¬ zugs ergibt eine flexible, staub- und kratzfreie Oberfläche.
Für Verpackungsformteile wird manchmal zusätzlich ein Brand¬ schutz gewünscht.
Ein hochwirksamer, biologisch unbedenklicher Brandschutz für Kautschuk ist bisher nicht bekannt gewesen. Es sind daher Chlorverbindungen eingesetzt worden, die jedoch aus Umwelt¬ schutzgründen nicht mehr akzeptabel erscheinen.
Überraschenderweise hat die Zugabe eines Flammschutzmittels eine hochwirksame Flammschutzwirkung, wenn der Latexüberzug aus einer Mischung von synthetischem Latex und Naturkautschuk gebildet wird.
Die bevorzugte, flammenhemmende Mischung für den Latexüberzug besteht aus
320 Teilen Wasser, 44 Teilen synthetischem Latex,
44 Teilen Flammschutzmittel Ammoniumpolyphosphat, 40 Teilen Naturkautschuk, 20 Teilen in Wasser emulgiertem Paraffinwachs und 0,1 Teilen biologischer Entschäumer.
Der so hergestellte Latexüberzug ist flexibel und hat eine selbstverlöschende Flammschutzwirkung.