Schleifwerkzeug mit einem Metall-Kunstharz-Bindemittel und Verfahren zu seiner Herstellung
Die Erfindung bezieht sich auf ein Schleifwerkzeug zur Bearbeitung von insbe¬ sondere sprödharten Werkstoffen wie Natur- und Kunststein, gesintertem Hart¬ metall, Keramik und dergleichen, wobei das Schleifwerkzeug einteilig oder vor¬ zugsweise mehrteilig aus einem Tragteil und einem Schleifkörper aufgebaut ist und das Schleifwerkzeug beziehungsweise dessen Schleifkörper aus Hochlei- stungsschleifkorn wie Diamant, metallischem Bindemittel, Kunstharzbindemittel und gegebenenfalls Füllstoff hergestellt ist.
Die Erfindung bezieht sich weiters auf ein Verfahren zur Herstellung eines der¬ artigen Schleifkörpers.
Schleifwerkzeuge der eingangs genannten Art können sowohl im Naß- als auch im Trockenschleifverfahren verwendet werden. Die Anwendungsgebiete sind die Bearbeitung von Natur- und Kunststein, mit bevorzugt mehrteilig auf¬ gebauten Schleifwerkzeugen in beispielsweise Schleif- und Polierstraßen für dekorative Steinwerkstoffe, beim Produktions- und Instandsetzungsschliff von
Werkzeugen zur spanenden Metallbearbeitung, die ganz oder teilweise aus ge¬ härtetem Werkzeugstahl, Hartmetall oder Keramik bestehen.
Die Patentschrift US 3650715 gibt eine Schleifscheibenbindung an, die dendri- tisches Metall als Füllstoff in Polyimidharz enthält. Das Metall liegt dabei als
"clusters of dendritic metal particles", also als Anhäufungen von Dendriten vor. Die genannte Patentschrift schlägt hochwärmebeständiges Polyimidharz zur Verwendung in hochbeanspruchten, insbesondere im Trockenschliff eingesetz¬ ten Schleifwerkzeugen vor. Zur Ableitung der beim Schleifen entstehenden Wärme und zur zusätzlichen Stützung der Schleifkörner im Kunstharz-Bin¬ dungsverband wird bevorzugt Kupfer oder Silber als Füllstoff beigemischt. Da¬ durch werden Schleifscheiben vorgeschlagen, bei denen der weiche Eingriff von kunstharzgebundenen Schleifkörpem und die Wärmeleitfähigkeit und
Standfestigkeit von Metallbindungen in einem Werkzeug angestrebt werden.
Ein Teil der am Markt erhältlichen kunstharzgebundenen Diamantschleifschei¬ ben für hohe Wärmebeanspruchung oder für hohe Flächenpressung am Schleifbelag beruht auf der in der US 3650715 vorgeschlagenen Bindungsart.
Aufgabe der Erfindung ist es, einen verbesserten Schleifkörper anzugeben, der unter Verwendung von hochwärmebeständigen Kunstharzen und von Metalle¬ gierungen als Bindungsrohstoffe eine Verbesserung der Schleifeigenschaften, eine Erhöhung der Zerspanungsleistung und eine wirtschaftlichere Ausnützung des enthaltenen teuren Hochleistungsschleifkorns ermöglicht. Weiters ist Auf¬ gabe der Erfindung, ein Verfahren anzugeben, mit dem derartige Schleifkörper hergestellt werden können.
Diese Aufgabe wird nach der Erfindung dadurch gelöst, daß der Schleifkörper unter Verwendung von mindestens zwei unterschiedlichen Bindungssystemen aufgebaut ist, namentlich einem metallischen Bindemittel und einem Kunst¬ harzbindemittel, daß die unterschiedlichen Bindemittel zu jeweils einem zusam¬ menhängenden Netzwerk versintert sind, daß die unterschiedlichen Netzwerke eine miteinander verflochtene räumliche Netzwerkstruktur aufweisen und daß das Schleifkorn und gegebenenfalls der Füllstoff sich innerhalb von mindestens einem der unterschiedlichen Bindemittel und/oder im Phasengrenzbereich zwi¬ schen den unterschiedlichen Bindemitteln befindet.
Die beiden miteinander verflochtenen Bindungsnetzwerke erstrecken sich da¬ bei über den gesamten Schleifkörper, wogegen bei derartigen Werkzeugen nach dem Stand der Technik der Metallbestandteil der Bindung als Anhäufun¬ gen von Füllstoffpartikeln in einer Kunstharzmatrix vorliegt. Dabei wurde er¬ kannt, daß bei Anpassung der Sinterfähigkeit der metallischen Komponente und der Kunstharzkomponente der Bindung aneinander eine sichere Ausbil¬ dung von zwei auf gänzlich unterschiedlichen Stoffen beruhender Netzwerke erreichbar wird. Die Sinterfähigkeit ist dabei gekennzeichnet durch gleiche Sin¬ tertemperatur bei der Drucksinterung für beide Netzwerkgrundstoffe. Zwischen
den Stegen oder innerhalb der Stege eines jeden Bindungsnetzwerkes sind Schleifkörner und gegebenenfalls Füllstoffpartikel eingebettet. Während der Ausbildung der beiden Netzwerke während des Drucksinterprozesses können dabei sowohl im Bereich des metallischen, als auch im Bereich des Kunststoff- bindungsteils Schleifkörner umschlossen und für den späteren Kontakt mit dem
Werkstück eingebunden werden.
Gemäß der Erfindung wird durch das Vorliegen des Metallbindungsanteils in Form eines weitläufigen Metallgeflechtes eine sehr gute Stützwirkung im Bin- dungsgefüge erreicht ähnlich der Verfestigungswirkung von Armierungsstahl in
Beton. Das dazwischen eingebettete Kunstharznetzwerk dagegen ist verant¬ wortlich für die Nachgiebigkeit und Schwingungsdämpfung beim Eintritt der Schieifkörner in die sprödharte Werkstückoberfläche.
Erfindungsgemäß wird die Sinterfähigkeit der Metallbindungskomponente an jene der jeweiligen Kunstharzbindungskomponente der Bindung angepaßt. Dies geschieht durch Auswahl der Legierungszusammensetzung der metalli¬ schen Bindungskomponente hinsichtlich Druckerweichungspunkt und Flüssig- phasenbildung.
Eine Ausgestaltung der Erfindung ist gegeben, wenn das Kunststoffbindemittel ein Hochtemperatur-Thermoplast ist und für das metallische Netzwerk eine ent¬ sprechend niedrigsinternde Legierung gewählt wird, die vorzugsweise eine Bronze mit einer Zusammensetzung von 60 Volumsprozent Kupfer und 40 Vo- lumsprozent Zinn sein kann. Die Ausbildung der beiden erfindungsgemäßen, untereinander verflochtenen Netzwerke wird dabei selbst bei den maximalen Verarbeitungstemperaturen des Hochtemperatur-Thermoplastes von 300°C er¬ reicht.
Eine weitere Ausführungsform der Erfindung ist gegeben, wenn das Netzwerk aus Kunstharzbindemittel aus einem durch Vernetzung aushärtbaren Drucksin¬ terpolymer aus der Gruppe der Polyimide aufgebaut ist. In dieser Ausgestal¬ tung der Erfindung kann das entsprechende Metallbindungsnetzwerk ebenfalls
vorzugsweise aus einer Bronze ausgebildet sein. Die zugehörige Drucksinter¬ temperatur in dieser Ausführungsform beträgt 400 bis 500°C, um je ein sinter- metallgebundenes und/ kunstharzgebundenes, räumliches Netzwerk aufzubau¬ en.
Die US 3650715 beispielsweise sieht "melleable metal" in Form von Füllstoff¬ anhäufungen vor, die in der Kunstharzmatrix eingebettet sind. Durch diese An¬ ordnung können die erfindungsgemäßen Wirkungen nicht erzielt werden. Erfin¬ dungsgemäß ist dagegen vorgesehen, daß der Metallbestandteil der Bindung als stützendes Armierungsgeflecht wirkt, wobei zusätzlich der Vorteil gewonnen wird, daß eine Bronze, vornehmlich eine Sprödbronze beim Schleifkontakt mit dem Werkstück weniger zu Zusetzungen der Schleifscheibenoberfläche bzw. der Schneidkanten der Schieifkörner neigt, als dies bei duktilem Metall leicht auftreten könnte.
Eine Reihe von Variationen des beschriebenen Grundgedankens der Erfindung ist neben den bevorzugten Ausführungsbeispielen möglich in Abhängigkeit der am Markt erhältlichen Rohstoffe, insbesondere in Abhängigkeit der Kunstharz¬ eigenschaften.
Eine weitere Ausgestaltung des Erfindungsgedankens ist gegeben, wenn in Anpassung an die relativ niederen Verarbeitungstemperaturen für das Kuns¬ tharzbindungsnetzwerk niedrig sinternde Legierungen genommen werden, wel¬ che dann auch meist duktil bzw. schmierend beim Schleifeinsatz, wie oben er- wähnt, sein können. In diesem Fall braucht nur ein anorganischer Füllstoff wie
Siliziumkarbid, Aluminiumoxid, Schwerspat, Quarz, Graphit oder dergleichen in einer vorzugsweisen Komfeinheit von kleiner als 100 my zur Förderung der Sprödigkeitseigenschaften in das Pulver für die Netzwerke eingemischt wer¬ den.
Die Erfindung hat erkannt, daß auf Basis der an sich bekannten Bindemittel wie Hochtemperaturharze und Sintermetallegierungen wesentliche Verbesserun¬ gen beim Aufbau von Hochleistungsschneidstoff enthaltenden Schleifkörpern
möglich sind. Die erzielbaren Verbesserungen sind an das Herstellverfahren gebunden. Dementsprechend ist Gegenstand der Erfindung auch ein Verfahren zur Herstellung eines Schleifkörpers mit Verfahrensschritten gemäß Kenn¬ zeichnung des unabhängigen Anspruchs 8.
Die kennzeichnenden Verfahrensschritte der Erfindung können in Abhängigkeit des verwendeten Hochtemperaturbindungsharzes abgewandelt werden, ohne den Erfindungsgedanken zu verlassen. Bei Verwendung eines Hochtempe¬ ratur-Thermoplastes wird eine gemeinsame Sintertemperatur von höher als 300°C für das Drucksintern vorgesehen. Bei Verwendung eines Drucksinter¬ polymers aus der Gruppe der Poiyimide kann die gemeinsame Drucksintertem¬ peratur für die Ausbildung je eines Netzwerkes aus Metallbindung und aus Kunstharzbindung auf bis etwa 500°C gesteigert werden. Wesentlich ist dabei, daß die Drucksinterfähigkeit des Metallbindungsanteils bereits bei einer Tem- peratur gegeben ist, welche mindestens 10°C unterhalb der jeweiligen Degra¬ dationstemperatur des Kunstharzbindungsanteils liegt.
Die Erfindung macht sich die überraschende Erkenntnis zunutze, daß das ge¬ meinsame Verpressen und Vereintem bzw. das gemeinsame Drucksinterpres- sen zweier in ihrer Art gänzlich unterschiedlicher Bindungspulver zu je einem
Bindungsteil im Schleifköφer führt. Wichtig ist dabei nur die Heranführung der Sintertemperatur des metallischen Bindungsbestandteils an die Verarbeitungs¬ temperatur des Kunstharz-Bindungsbestandteils bei Verwendung eines Hoch¬ temperaturthermoplastes. Bei Verwendung von thermisch härtendem Drucksin- terpolymer muß ebenfalls dessen spezielle Verarbeitungs- und Aushärtetempe¬ ratur die Grundlage für die Heranführung der Sintertemperatur des metalli¬ schen Bindungsbestandteiles sein. Bestimmend für die gemeinsame Sintertem¬ peratur ist dabei jene Verarbeitungstemperatur des Bindungsharzes, bei wel¬ cher noch ausreichend Abstand zur Degradationstemperatur des Harzes ver- bleibt. Dieser Mindestabstand zeigte sich mit etwa 10°C.
In einer erfindungsgemäßen Ausgestaltung des Herstellverfahrens wird die Heranführung der Sinterfähigkeit der metallischen Bindungskomponente an je-
ne der Kunstharzbindungskomponente durch ein mit Zinn modifiziertes Bronze¬ pulver herbeigeführt. Dabei wurde gefunden, daß zusätzliches Zinnpulver der Korngröße von 2 bis 50 my die Anpassung der Sinterbedingungen an die Erfor¬ dernisse der Kunststoff-Bindungsverarbeitung wesentlich erleichtert.
Bei Verwendung eines Hochtemperatur-Thermoplastes als Kunstharzkompo¬ nente der Bindung des Schleifkörpers sind besonders niedrige, gemeinsame Verarbeitungstemperaturen von 300°C aufwärts erforderlich, um die sichere Ausbildung auch des Metallbindungsnetzwerkes zu gewährleisten. In diesen Fällen hat es sich gezeigt, daß, wie an sich bekannt, Wismut bei Gegenwart von Kupfer und Zinn die Sinterfähigkeit durch Bildung von besonders niedrig¬ schmelzenden Gefügebestandteilen sinterfähig macht.
Nachfolgend werden zwei Herstellbeispiele von erfindungsgemäßen Schleifkör- pem beschrieben:
Beispiel I
Zum Trockenschleifen von mit Hartmetall der Sorte P20 bestückten Fräsern auf einer Strausack-Werkzeugschleifmaschine wurde der Schleifbelag für einen
D11V9-Schleiftopf hergestellt. Es wurde ein Bindungspulver mit 60 Volumspro¬ zent 70/30 Kupfer-Zinn-Bronze vom Typ 25 GR der Firma Poudmet/Frankreich mit mittlerer Korngröße von 30 my und 40 Volumsprozent Hochtemperatur- Thermoplast vom Typ "P84HT" der Firma HPP (vormals Firma Lenzing)/Öster- reich mit Diamantschleifkorn vom Typ RVG-D der Firma General Electric/USA der Korngröße US-mesh 120/140 in einem Turbula-Mischer gemischt. Die Menge des Diamantkorns wurde so bemessen, daß im fertigen Schleifbelag ei¬ ne Konzentration von C75 (3,3 Karat pro cm3) entstand.
Das Pulverharz enthielt 2% Zinnpulver vom Typ "75F" der Firma Pometon/
Frankreich als Flußmittel bzw. zur Angleichung der Sinterfähigkeit der auszubil¬ denden unterschiedlichen Bindungsnetzwerke.
Alle Ausgangsstoffe wurden getrocknet.
Das gemeinsame Drucksintern erfolgte in der Schleifbelagsform bei 370°C während 20 Minuten in Stickstoffatmosphäre bei einem Druck von 20.000 N cm .
Der Schleifbelag wurde bei 300°C ausgeformt und keiner Nachhärtung unterzo- gen.
Beispiel II
Zur Bestückung der Station Nr. 9 einer 24-Stationen Breton-Maschine wurden ° Wackelkopfsegmente hergestellt. Auf dieser Schleif- und Polierstraße wurden im Naßschliff mit Wasser als Spülmittel Granitplatten mittlerer Spanbarkeit im Durchlauf bearbeitet.
Zur Herstellung der Schleifbeläge wurde eine Mischung aus 8,5 Volumsprozent 5 Zinnpulver vom Typ "75F" der Firma Pometon/Frankreich mit mittlerer Korn¬ größe von 30 my, 51 ,5 Volumsprozent, 80/20-Bronze vom Typ "25GR" von Fir¬ ma Poudmet/F rankreich, mit mittlerer Korngröße von 50 my, 40 Volumsprozent Pulverharz vom Typ "Vespel SP1A" der Firma Du Pont/USA mit mittlerer Korn¬ größe von 50 my und Diamantschleifkorn vom Typ "MDAS" der Firma De 0 Beers/Deutschland mit der Korngröße US-mesh 230/270, 20 Minuten in einem
Turbula-Mischer gemischt. Die Ausgangsstoffe wurden vorgetrocknet und ohne Zusätze gemischt. Der Diamantgehalt für den fertigen Schleifbelag war mit einer Konzentration von C18 (= 0,79 Karat/cm2) vorgesehen.
5 Diese Schleifbelagsmischung wurde mit 2000 N cm"2 in der Preßform kalt vor- gepreßt. Die Schleifbelagsmischung wurde anschließend in derselben Pre߬ form bei 490°C und einer Haltezeit von 20 Minuten in Stickstoffatmosphäre bei 22.000 N cm"2 gesintert. Nach dem Drucksintern erfolgte eine drucklose Nach¬ härtung der Schleifbeläge unter Stickstoffatmosphäre und Temperaturen von 0 300-400°C während 16 Stunden.
Mit Schleifwerkzeugen nach der Erfindung können die Vorteile der Metallbin¬ dung mit den Vorteilen der Kunstharzbindung weitgehend in einem Werkzeug
verwirklicht werden. So tritt die höhere Bindekraft des metallischen Netzwerkes gemeinsam mit der Elastizität und schwingungsdämpfenden Wirkung der Kunstharzbindung gleichzeitig auf. Die Druckbeanspruchung von erfindungsge¬ mäßen Schleifbelägen kann gesteigert werden. Durch das zusammenhängen¬ de metallische Bindungsnetzwerk erfolgt ein guter thermischer Ausgleich der Schleiftemperatur.