Beschreibung
Kontaktwerkstoff auf Silber-Basis, Verwendung eines solchen Kontaktwerkstoffes in einem Schaltgerät der Energietechnik und Verfahren zur Herstellung des Kontaktwerkstoffes
Die Erfindung bezieht sich auf einen Kontaktwerkstoff auf Silber-Basis, wobei neben Silber Eisenoxid als Haupt¬ wirkkomponente und wenigstens eine weitere Wirkkomponente vorhanden sind. Daneben bezieht sich die Erfindung auf die Verwendung eines solchen Kontaktwerkstoffes in einem Schalt¬ gerät der Energietechnik und auf das zugehörige Verfahren zur Herstellung des Kontaktwerkstoffes.
Für Kontaktstücke in Niederspannungsschaltgeräten der Ener¬ gietechnik, z.B. in Leistungsschaltern sowie in Gleichstrom-, Motor- und Hilfsschützen, sind Kontaktwerkstoffe einerseits des Systems Silber-Metall (AgMe) und andererseits des Systems Silber-Metalloxid (AgMeO) bekannt. Vertreter des ersten Systems sind beispielsweise Silber-Nickel (AgNi) oder Silber- Eisen (AgFe) ; Vertreter des zweiten Systems sind inbesondere Silber-Cadmiumoxid (AgCdO) und Silber-Zinnoxid (AgSnC>2) . Hinzu können weitere Metalloxide, wie insbesondere Wismutoxid (Bi2C>3), Kupferoxid (CuO) und/oder Tantaloxid ( a2Ü5) , kommen.
Die praktische Verwendbarkeit eines Kontaktwerkstoffes auf Silber-Metall- oder Silber-Metalloxid-Basis wird durch das sogenannte elektrische "Kontakteigenschaftsspektrum" be- stimmt. Maßgebliche Kenngrößen sind dabei die Lebensdauer¬ schaltzahl einerseits, die durch den Abbrand des Schalt¬ stückes bestimmt wird, und die sogenannte Übertemperatur andererseits, d.h. die Kontakterwärmung an der Kontaktbrücke und an den Anschlüssen, welche sich im wesentlichen aus dem elektrischen Widerstand des genannten Kontaktaufbaus ergibt. Weiterhin wichtig sind eine hinreichend geringe Schweißneigung der Kontaktstücke und eine ausreichende
Korrosionsbeständigkeit. Denn es ist zu beachten, daß sich durch Langzeitkorrosion des Werkstoffes in Luf schaltgeräten die Schalteigenschaften mit der Zeit verändern können.
Aus der DE-A-1 608 211 ist bereits ein elektrisches Kontakt¬ material des Systems Silber-Metalloxid bekannt, das neben Cadmium- oder Zinnoxid auch Eisenoxid enthalten kann. Weiter¬ hin ist aus der DE-C-38 16 895 die Verwendung eines Silber- Eisen-Werkstoffs mit 3 bis 30 Gew.-% Eisen und mit einem oder mehreren der Zusätze Mangan, Kupfer, Zink, Antimon, Wismut¬ oxid, Molybdänoxid, Wolframoxid, Chromnitrid in Mengen von insgesamt 0,05 bis 5 Gew.-%, Rest Silber, für elektrische Kontakte bekannt. Daneben ist aus der DE-A-39 11 904 ein pulvermetallurgisches Verfahren zum Herstellen eines Halbzeugs für elektrische Kontakte aus einem Verbundwerkstoff auf Silberbasis mit Eisen bekannt, bei dem 5 bis 50 Gew.-% Eisen als erstem Nebenbestandteil und 0 bis 5 Gew.-% eines zweiten Nebenbestandteils verwendet werden. Der zweite Bestandteil enthält eine oder mehrere Substanzen aus der Gruppe, welche die Metalle Titan, Zirkon, Niob, Tantal,
Molybdän, Mangan, Kupfer und Zink sowie ihre Oxide und ihre Karbide umfaßt. Das Eisen in elementarer Form wird dabei insbesondere durch chemisches Fällen erhalten. Schließlich ist aus der JP-A-1/055345 ein Werkstoff der eingangs genannten Art bekannt, der aus einer Silbermatrix mit 0,5 bis 20 Gewichtsprozent verteilten Eisenoxidpartikeln besteht, bei dem ein Teil des Eisenoxids durch wenigstens eines der Oxide von Nickel, Kobalt, Chrom, Molybdän, Wolfram, Cadmium, Zink, Antimon, Zinn, Wismut, Indium, Blei, Mangan, Beryllium, Calcium, Magnesium oder Kupfer ersetzt ist. Die daraus hergestellten Kontaktstücke sollen sich zur Anwendung bei Schaltern durch gute mechanische Eigenschaften und hohe Lichtbogenbeständigkeit auszeichnen.
Mit der WO-A-92/22080 wurde bereits ein Kontaktwerkstoff vor¬ geschlagen, bei dem neben dem Eisenoxid als weitere Wirkkom¬ ponente Rheniumoxid und/oder Wismutzirkonat und/oder Boroxid
und/oder Zirkonoxid vorhanden sind, wobei das Eisenoxid als Hauptkomponente in Massenanteilen zwischen 1 und 50 % und die Nebenkomponenten in Massenanteilen zwischen 0,01 und 5 % vorliegen. Das Eisenoxid kann dabei die Konstitution Fe2θ3 oder Fe O^ gegebenenfalls aber auch eine Mischform haben.
Bei den Werkstoffen des Standes der Technik werden meist noch nicht alle Anforderungen des "Kontakteigenschaftsspektrums" gleichzeitig erfüllt. Letztendlich wird angestrebt, für den jeweiligen Anwendungsfall ein daran angepaßtes Optimum der jeweils wichtigsten Kenngrößen zu erreichen.
Ausgehend von obigem Stand der Technik ist es Aufgabe der Erfindung, weitere Kontaktwerkstoffe auf Silber-Eisenoxid- Basis mit anderen Nebenkomponenten aufzufinden und das zuge¬ hörige Herstellungsverfahren anzugeben. Die neuen Werkstoffe sollen sich durch geringe Kontakterwärmung mit stabilem Erwärmungsverhalten, geringe Neigung zum Verschweißen und eine hohe Lebensdauer in bezug auf die Schaltstromstärken auszeichnen. Weiterhin soll eine gute Korrosionsbeständigkeit gegeben sein.
Die Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die wei¬ tere Wirkkomponente ein Oxid eines Elementes der dritten Nebengruppe des Periodensystems ist. Zusätzlich kann wenig¬ stens ein Oxid vorhanden sein, das Elemente der sechsten Nebengruppe des Periodensystems enthält. Diese Kontaktwerk¬ stoffe sind insbesondere geeignet zur Verwendung in einem Niederspannungsschalter.
Im Rahmen der Erfindung liegt das Eisenoxid vorzugsweise in Massenanteilen von 3 bis 20 % und die weitere Wirkkomponente in Massenanteilen von 0,1 bis 10 % vor. Dabei kann das Eisen¬ oxid insbesondere entweder in Massenanteilen von 7,5 bis 15 % oder in Massenanteilen von 4 bis 7,5 % vorliegen, während das weitere Oxid vorzugsweise einen Massenanteil zwischen 0,5 bis 2 % hat. Als Element für die Wirkkomponente kommen aus der
dritten Nebengruppe des Periodensystems die Elemente Scandium (Sc) , Yttrium (Y) und Lanthan (La) mit den weiteren Lanta- niden in Frage. Insbesondere ist aber die weitere Wirk¬ komponente Yttriumoxid (Y2O3) . Besonders gut erfüllt ein Werkstoff der Zusammensetzung Ag/Fe2θ3lO Y2θ3l die gestellten Anforderungen.
Als weiteres Metalloxid bei einem Werkstoff der Konstitution Ag Fe2θ3 Y2θ3 kann insbesondere Ferrowolframat (FeWθ4) vor- handen sein. Besonders bewährt hat sich ein Werkstoff der Zu¬ sammensetzung Ag/Fe2θ39/Y2θ3l FeWθ4θ,5.
Die Herstellung der neuen Kontaktwerkstoffe erfolgt erfin¬ dungsgemäß dadurch, daß zunächst Silberpulver und Eisenoxid- pulver in vorgegebenem Verhältnis miteinander gemischt wer¬ den, daß dieser Mischung die weiteren Metalloxide hinzuge¬ mischt werden und daß anschließend die weitere Verarbeitung durch abwechselndes Sintern und Pressen erfolgt.
Mit der Erfindung sind verbesserte AgNi-Ersatzwerkstoffe rea¬ lisiert. Insbesondere der bei den bekannten Ersatzwerkstoffen mit Eisenoxid als Hauptwirkkomponente, bei dem der Eisen¬ oxidanteil zur Gewährleistung des Temperaturverhaltens ins¬ besondere unter 7,5 % Massenteile gewählt wurde, beobachtete höhere Abbrand der Kontaktstücke wird nunmehr verringert und dem Abbrand des Silber-Nickels angenähert.
Im Rahmen vorliegender Erfindung wurde erkannt, daß speziell Eisenoxid als Hauptwirkkomponente in Verbindung mit Yttrium- oxid als Nebenkomponente das komplette "Kontakteigenschafts¬ spektrum " des Kontaktwerkstoffs verbessert.
Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen. Dabei wird auf die beigefügte Tabelle mit Einzelbeispielen für konkrete WerkstoffZusammensetzungen gemäß der Erfindung eingegangen.
In der Tabelle sind Meßwerte für die Obertemperatur der neuen Werkstoffe, die jeweils an der Kontaktbrücke des Schaltgerä¬ tes gemessen wurde, als maximale und mittlere Brücken- temperaturen sowie weiterhin Meßwerte für das Abbrandver- halten angegeben.
In der ersten Spalte ist die jeweils maximale Übertemperatur, die sich bei der Brücke mit den höchsten Temperaturwerten ergibt, und in der zweiten Spalte sind die mittleren Werte aller Temperaturmessungen enthalten. Die Werte ergeben sich jeweils als Temperaturdifferenz zur Raumtemperatur. In der dritten Spalte sind Werte für den Abbrand, der sich aus Gewichtsmessungen ergibt, aufgeführt. Alle Messungen wurden in Schaltreihenversuchen in einem 15 kW-Schütz bis zu einer Schaltzahl ns = 50.000 Schaltungen durchgeführt.
Die Tabelle enthält neben Vergleichswerkstoffen ein typisches Beispiel mit aussagekräftiger Zusammensetzung des erfindungs- gemäßen Kontaktwerkstoffes. Gemessen wurde jeweils direkt an einer Kontaktbrücke des 15KW-Testschützes mit jeweils zwei Kontaktstücken. Auf die Meßergebnisse wird weiter unten im einzelnen eingegangen.
Beispiel 1: Ag/Fβ2θ3lO/Y2θ3l-Kontakt erkstoff
Es soll ein Werkstoff der Zusammensetzung Ag Fe2θ3l0/Y2θ3l hergestellt werden. Dazu werden zunächst separates Silber¬ pulver und Eisenoxidpulver in vorgegebenem Verhältnis gemischt, und dieser Pulvermischung wird lm-% Yttrium- oxidpulver zugemischt. Die weitere Herstellung erfolgt in bekannter Weise durch abwechselndes Sintern und Pressen unter vorgegebenen Randbedingungen.
Die Fertigung der Kontaktstücke erfolgt entweder durch eine Strangpreßtechnik oder durch eine Formteiltechnik. In beiden Fällen werden die Rückseiten bereits bei der Herstellung zur Gewährleistung einer sicheren Verbindungstechnik mit einer
löt- und/oder schweißbaren Silberschicht versehen. Die so hergestellten Kontaktstücke der Konstitution Ag/Fe2θ3/Y2θ3 wurden im angegebenen Schütz Vergleichsversuchen mit be¬ kannten Kontaktwerkstoffen unterzogen, deren Ergebnisse in der Tabelle wiedergegeben sind.
Die Tabelle zeigt zunächst einen AgNi20-Kontaktwerkstoff mit den bekannt guten Eigenschaften sowohl hinsichtlich der Brückentemperatur als auch hinsichtlich des Abbrandes. Diese Werte werden bei AgFe2θ3-Kontaktwerkstoffen mit ausschlie߬ lich Eisenoxid zum Ersatz des Nickels wesentlich verschlech¬ tert, wobei insbesondere die bei einzelnen Schaltbrücken be¬ obachteten maximalen Temperaturen unzulässig hoch sind. Dabei wird ein Anstieg proportional mit dem Oxidgehalt beobachtet, während der Abbrand in erwarteter Weise abnimmt.
Vom Stand der Technik sind bereits verschiedene weitere Zu¬ sätze als Nebenwirkkomponente angegeben, welche diese Eigen¬ schaften verbessern sollen. Speziell Zirkonoxid (Zrθ2> hat sich bewährt, wobei die Ergebnisse in der Tabelle aufgeführt sind. Hier wird bei niedrigem Eisenoxidgehalt, insbesondere bei unter ca. 7,5 % Massenanteilen Fe2θ3# eine niedrige maximale Brückentemperatur und eine ausgezeichnete mittlere Brückentemperatur festgestellt, wobei der Abbrand allerdings unbefriedigend ist. Letzterer sinkt erst bei höheren Eisen¬ oxidgehalten, d.h. ab ca. 7,5 % Massenanteilen Fe2θ3, wobei allerdings eine Verschlechterung des Temperaturverhaltens festzustellen ist.
Aus der Tabelle ist weiterhin ersichtlich, daß das Tempera¬ turverhalten insbesondere durch die Zugabe von Yttriumoxid in überraschender Weise verbessert wird, ohne daß sich der Abbrand wesentlich verschlechtert. Dabei kann der Yttrium¬ oxidanteil im Bereich zwischen 0,1 und 10 % Massenanteilen liegen.
Speziell der in der Tabelle aufgeführte Werkstoff Ag Fe2θ3lO Y2θ3l ist in seinem Temperaturverhalten direkt mit dem Werkstoff AgNilO vergleichbar. Im Gegensatz zu den bisher vorgeschlagenen AgFe2θ3-Basiswerkstoffen mit anderen Neben¬ komponenten liegt nun aber der Abbrand signifikant unter, dem Abbrand bei den bekannten Werkstoffen. Beispielsweise wurde bei einer Schaltzahl von 50000 ein Abbrand nur etwa 20 % über dem Silber-Nickel beobachtet, während er bei den anderen Er¬ satzwerkstoffen erheblich darüber liegt.
Insbesondere durch die gleichermaßen bezüglich des Tempera¬ turverhaltens und des Abbrandverhaltens günstigen Eigen¬ schaften von Ag/Fe2θ3l0/Y2θ3l ergeben sich nunmehr die Vor¬ aussetzungen, die Silber-Nickel-Werkstoffe mit den bekannten Schadwirkungen für ein breites -Anwendungsspektrum zu erset¬ zen. Statt speziell Yttriumoxid kommen gegebenenfalls auch die anderen chemischen Elemente der dritten Nebengruppe des Periodensystems als Nebenkomponente zu einem AgFe2θ3-Werk¬ stoff in Frage.
Beispiel 2: Ag Fβ2θ39/Y2θ3l Fe θ40,5-Kontaktwerkstoff Zur Herstellung dieses Werkstoffes wird zunächst separates Silberpulver und Eisenoxidpulver im vorgegebenen Verhältnis gemischt und dieser Pulvermischung 1 Masse-% Yttriumoxidpul- ver und 0,5 Masse-% Eisenwolframatpulver zugemischt. Die wei¬ tere Herstellung erfolgt in bekannter Weise durch abwech¬ selndes Sintern und Pressen unter vorgegebenen Randbedingun¬ gen.
Die Fertigung von Kontaktstücken aus diesem Werkstoff erfolgt entweder durch eine Strangpreßtechnik oder eine Formteiltech- nik. In beiden Fällen werden die Rückseiten bei der Herstel¬ lung der Kontaktstücke mit einer löt- und/oder schweißbaren Silberschicht zur Gewährleistung einer sicheren Verbindungs- technik der Kontaktstücke versehen.
Die so hergestellten Kontaktstücke wurden Vergleichsversuchen mit bekannten Kontaktwerkstoffen einerseits und den Werkstof¬ fen gemäß den übrigen Beispielen der vorangehenden Beschreibung andererseits unterzogen.
Es wurde festgestellt, daß mit dem Werkstoff gemäß Beispiel 2 nicht nur die günstigen Temperatureigenschaften der bereits im Beispiel 1 vorgeschlagenen Sinterkontaktwerkstoffe der Konstitution Ag Fe2θ3 Y2θ3 erreicht werden, sondern auch insbesondere das Schweiß- und Kurzschlußverhalten weiter verbessert wird. Daher ist dieser Werkstoff in besonderem Maße für den Einsatz in Leistungsschaltern geeignet.
Tabelle:
Maximale Brücken- Mittlere Brücken- Abbrand der gesamten Brücke temperatur temperatur (zwei Kontaktstücke) [K] [K] [Gewichtsverlust in g]
AgNi20 91 68 0,13
AgFe2θ56,4 162 71 0,27
AgFe2θ3lO 168 87 0,18
AgFe2θ55,4Zrθ2l 89 66 0,24
AgFe2θ510Zrθ2l 136 78 0,16
AgFe2θ3l0Y2θ3l 101 74 0,16