WO1992007675A1 - Bindersystem und verfahren für die verarbeitung von metallpulver durch spritzgiessen - Google Patents
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Abstract
Für die Technik des Metal Injection Moldings wird ein binäres Bindersystem vorgeschlagen nach Gattung der Solid-Polymer-Solutions, sowie ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus gesinterten Metallpulvern unter Verwendung des erfindungsgemäßen Bindersystems. Es zeichnet sich aus durch die Verwendung physiologisch unbedenklicher niedermolikularer Binderkomponenten und durch den Verzicht auf Benetzungshilfsmittel. Durch den Einsatz des erfindungsgemäßen Bindersysteme lassen sich mit Metallpulver hochgefüllte Formteile problemlos durch Spritzgießen herstellen und aus diesen der Binder unter Beibehaltung der Maße in kurzer Zeit entfernen. Nach dem Sintern des verbleibenden Metallpulvergerüstes werden qualitativ hochwertige Teile erhalten.
Description
Bindersystem und Verfahren für die Verarbeitung von Metallpulver durch Spritzgießen
Stand der Technik
Die Erfindung geht aus von einem Bindersystem nach der Gattung des Hauptanspruches sowie einem Verfahren zur Verarbeitung von Metall- pulvern zu Sinterteilen unter Einsatz des erfindungsgemäBen Binder¬ systems.
Die Verarbeitung von Metallpulver durch Spritzgießen und anschlie¬ ßendem Sintern ist in der Literatur unter der Bezeichnung MIM (Metal-Xnjection-Molding) bekannt. Wie in der Figur dargestellt, werden beim MIM-Verfahren folgende Stufen durchlaufen:
1. Auswahl von Metallpulver und Binder,
2. Aufbereitung des Compounds aus Metallpulver und Binder,
3. Spritzgießen,
4. Entfernen des Binders und
5. Sintern des verbleibenden Metallpulvergerüstes.
Je nach Bindersystem kann das Entfernen der einzelnen Komponenten durch Destillation, Sublimation, Extraktion, Cracken unter Schutzgas etc. erfolgen.
Bindersysteme auf der Basis von Wachsen, wie z.B. Paraffinwachs sind bekannt, z. B. aus dem Vortrag von Chan I. Chung: Binder-Assisted Injection Molding of Powders auf dem Rensselaer Symposium in Troy/New York vom 16. bis 18.7.1990. In dem Vortragsmanuskript wird bereits auf Unzulänglichkeiten der genannten wachshaltigen Binder¬ systeme hingewiesen: geringe Formstabilität beim thermischen Aus¬ treiben des Binders, lange Austreibzeiten, sowie eine StrukturInho¬ mogenität des Grünlings nach Austreiben des Binders.
Es wurden daher neue Bindersysteme entwickelt, die aus einer Poly¬ merkomponente und einer bei Raumtemperatur festen, niedermolekularen Binderkomponente bestehen, und die über einen weiten Temperatur- und Mischungsbereich Lösungen bilden, sogenannte Solid Polymers Solu¬ tions (SPS). Gegenüber wachshaltigen weisen SPS-Bindersysteme fol¬ gende Vorteile auf:
- die damit spritzgegossenen Grünlinge bleiben während dem Aus¬ treiben des Binders formstabil; nach Entfernen der niedermolekularen Komponente verbleibt im Grünling eine Porenstruktur, durch welche die gasförmigen Crack- produkte der Polymerkomponente entweichen können; die niedermolekulare Komponente ist unterhalb des Schmelzpunktes des Bindersystems leicht austreibbar und rückgewinnbar.
SPS-Bindersysteme sind z. B. aus dem obengenannten Vortragsmanu¬ skript von Chan I. Chung bekannt, beispielsweise ein System von 70 % Acetanilid, 20 ^Polymer und 10 "^Stearinsäure.
Die bekannten SPS-Bindersysteme auf der Basis Polystyrol oder Poly- vinylacetat und niedermolekularen Verbindungen wie Acetanilid, Diphenylsulfon, Diphenylcarbonat, Antipyrin, Naphtalin oder Decalin weisen jedoch den Nachteil auf, daß die niedermolekularen Komponen¬ ten gesundheitsschädlich und somit aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht überall einsetzbar sind. Weiterhin enthalten die bekannten
Bindersysteme Benetzungshilfsmittel wie z. B. Stearinsäure. Diese ist für die Fließfähigkeit der Compounds notwendig, stellt jedoch die Ursache einiger Schwierigkeiten des Verfahrens dar.
Vorteile der Erfindung
Demgegenüber sind die erfindungsgemäßen Bindersysteme auf nichttoxi¬ schen niedermolekularen Komponenten aufgebaut und die Polymerkompo¬ nenten sind so ausgewählt, daß Benetzungshilfsmittel, wie z. B. Stearinsäure, nicht notwendig sind. Als niedermolekulare Komponente eignen sich Cyclododecan, Cyclododecanon, Cyclododecanol oder Stearylalkohol.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird als niedermolekulare Komponente Cyclododecan eingesetzt. Cyclododecan schmilzt bei 60°C, ist physiologisch weitgehend unbedenklich und kann sehr leicht und rasch, durch Sublimation oder durch Verdunsten aus dem Spritzling entfernt werden. Es bildet mit Polyolefinen un¬ terhalb deren Erstarrungstemperatur homogene Schmelzen.
Besonders vorteilhaft ist es weiterhin, als Polymerkomponente Poly- olefine mit einem Fließindex von 190/1,2 von 1 bis 350 g pro 10 Minuten (nach DIN 53 735, bei 190 °C und 1,2 kg Belastungsgewicht), vorwiegend von 190/1,2 = 5 bis 50 g pro 10 Minuten einzusetzen. Ein solches, relativ niedrigviskoses Polypropylen, kann z. B. durch oxi- dativen Abbau der meisten handelsüblichen Polypropylentypen erhalten werden. Durch die Variation des Abbaugrades im angegebenen Bereich kann das Bindersystem leicht für Metallpulver unterschiedlicher Korngrößen sowie für unterschiedliche Formteile angepaßt werden.
Unter Luft oxidativ abgebaute Polypropylene enthalten polare Grup¬ pen. Sie benetzen die mit einer Oxydhaut überzogenen Metallpulver besser als unmodifizierte Polypropylene mit gleichem Fließindex. Da¬ durch erübrigt sich ein Zusatz von Benetzungshilfsmitteln.
Das erfindungsgemäße binäre Bindersystem wird mit Metallpulvern un¬ ter Schutzgas im Kneter compoundiert. Durch die Schutzgasatmosphäre beim Compoundieren wird die durch viele Metallpulver katalysierte oxydative Dehydrierung der Polymerkomponente verhindert. Beim Compoundieren unter Luft würde ein partiell dehydriertes Polypropy¬ len entstehen. Dieses ergibt beim Cracken unter Schutzgas im Metall¬ pulvergerüst unzulässig hohe Restkohlenstoffgehalte, welche beim Sintern zu Gefügefehlern führen, wie z. B. Carbidbildung an den Korngrenzen, Lunker und Risse infolge Methanbildung.
Dadurch, daß in den Verfahrensstufen des thermischen Austreibens des Binders und des Sinterns definiert zwischen Luft-, Stickstoff-, Was¬ serstoff- oder Ammoniakatmosphäre gewechselt wird, läßt sich der Restkohlenstoffgehalt in den Sinterteilen in einem weiten Bereich beliebig einstellen und z. B. nach Wunsch unter 0,01 % senken.
Weiterhin ist es besonders vorteilhaft, das thermische Austreiben des Binders in Zeitabschnitten mit jeweils konstanter Aufheizge¬ schwindigkeit durchzuführen. Die Pyrolysedauer ist dadurch geringer als mit den herkömmlichen Temperatur-Zeit-Stufenfunktionen.
Durch die zusätzliche Vorwärmung des einströmenden Schutzgases wird die Temperatur in Crack- und Sinteröfen gleichmäßiger. Dies redu¬ ziert die für das thermische Austreiben des Binders notwendige Zeit und den Verzug filigraner Formteile beim Sintern.
Zeichnung
Die Zeichnung dient der Erläuterung des gattungsgemäßen MIM-Verfah- rens. In der Figur sind die Stufen des MIM-Verfahrens dargestellt.
Beschreibung der Ausführungsbeispiele
Beispiel 1
Zunächst wird eine handelsübliche Polypropylentype durch Mastifizie- ren bei 200 °C an Luft auf einen Fließindex 190/1,2 von 20 g pro 10 Minuten oxidativ abgebaut. Dabei entweichen niedrigsiedende Abbau¬ produkte, welche sich bei der Oxidation von Additiven, wie Stabili¬ satoren, bilden.
Zur Herstellung des Compounds werden eingesetzt:
93,00 Gew.-% 430 L-Stahlpulver mit einer mittleren Korngröße von ca. 10 um,
4,75 Gew.-% oxidativ abgebautes Polypropylen mit Fließindex 190/1,2 = 20 g pro 10 Minuten und
2,25 Gew.-% Cyclododecan.
Die Aufbereitung erfolgt unter Schutzgas, bei 180 °C in einem vaku¬ umdichten SIGMA-Kneter, der vor dem Aufheizen gründlich mit Schutz¬ gas gespült wurde. Während des Abkuhlens bei laufendem Kneter granu¬ liert sich das Compound von selbst.
In einem nächsten Verfahrensschritt wird das Granulat auf einem Ex¬ truder zu Spritzlingen verarbeitet.
Das thermische Austreiben des Binders aus den Spritzlingen und das
Sintern erfolgt in mehreren Stufen: zunächst dreistündiges Erhitzen bei 120 °C in leichtem N -Strom zur Entfernung des Cyclododecans, Aufheizen mit 120 °C/h unter N -Strom auf 260 °C, Aufheizen mit 20 °C/h unter N -Strom auf 330 °C, Aufheizen mit 10 °C/h unter N -Strom auf 430 °C, rasches Aufheizen unter H -Strom auf 1280 °C und l,5stündiges Erhitzen bei 1280 °C.
Derart aus 430 L-Stahlpulver hergestellte Teile wiesen Dichten von 98,5 % der theoretisch möglichen Dichte auf.
Beispiel 2
Ausgegangen wird von
93,00 Gew.- % Fe35Co-Pulver mit einer mittleren Korngröße von ca.
10 um,
4,75 Gew.- % oxidativ abgebautes Polypropylen mit Fließindex 190/1,2 = 20 g pro 10 Minuten und
2,25 Gew.- % Cyclododecan.
Die Herstellung und Verarbeitung des Compounds aus den obengenannten Stoffen erfolgt analog zu Ausführungsbeispiel 1, mit dem Unter¬ schied, daß die Sintertemperatur 1310 °C beträgt, gegenüber 1280 °C im ersten Ausführungsbeispiel. Die danach erhaltenen Teile ergaben Dichten von ca. 91 %; sie konnten jedoch durch heißisostatisches Pressen bei 1200 °C und 2000 bar auf 99 % ihrer theoretischen Dichte nachverdichtet werden.
Selbstverständlich sind neben Polypropylenen auch andere Polyolefine bzw. Copolymere aus Olefinen mit polaren Monomeren in Verbindung mit Cyclododecan als Binder für das MIM-Verfahren geeignet.
Claims
1. Bindersystem zur Herstellung von metallischen Formteilen unter Verarbeitung von Metallpulver durch Spritzgießen, mit einer Polymer¬ komponente und einer niedermolekularen Binderkomponente, dadurch ge¬ kennzeichnet daß als Polymerkomponente Polyethylen und/oder Polypro¬ pylen und als niedermolekulare Binderkomponente Cyclododecan, Cyclo- dodecanon, Cyclododecanol oder Stearylalkohol ausgewählt wird.
2. Bindersystem nach Anspruch 1, dadurch 'gekennzeichnet, daß als Po¬ lymerkomponente Polypropylen und als niedermolekulare Binderkompo¬ nente Cyclododecan eingesetzt wird.
3. Bindersystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch ge¬ kennzeichnet, daß die Polymerkomponente durch oxidativen Abbau eines höhermolekularen Polymoren gewonnen wird.
4. Bindersystem nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, dadurch gekenn¬ zeichnet, daß die Polymerkomponente einen Fließindex in einem vorge¬ gebenen Bereich aufweist.
5. Bindersystem nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Fließindex 190/1,2 der Polymerkomponente im Bereich 1 bis 350 g/min, insbesondere 5 bis 50 g/min liegt.
6. Verfahren zum Spritzgießen von Metallpulver mit einem Bindersy¬ stem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei zunächst ein Compound aus Metallpulver und Bindersystem hergestellt wird, das Compound in einem nächsten Verfahrensschritt granuliert und an¬ schließend zu einem Grünling spritzgegossen wird, wonach das Form¬ teil durch thermisches Austreiben des Binders und Sintern fertigge¬ stellt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Herstellung des Com¬ pounds, das thermische Austreiben des Binders und das Sintern in ei¬ ner inerten oder reduzierenden Schutzgas-Atmosphäre erfolgen.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die inerte oder reduzierende Atmospähre eine Stickstoff-, Wasserstoff- oder Am¬ moniakatmosphäre ist und daß durch die Auswahl der Schutzgase in den einzelnen Verfahrensschritten der gewünschte Restkohlenstoffgehalt der Sinterteile eingestellt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Schutzgas vorgewärmt ist.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeich¬ net, daß das thermische Austreiben des Binders und das Sintern in Zeitabschnitten mit jeweils konstanter Aufheizgeschwindigkeit durch¬ geführt werden.
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